Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichtes Aachen vom 01.12.2011 geändert. Der Antragstellerin wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt T aus B beigeordnet. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Das Sozialgericht (SG) hat den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das einstweilige Rechtsschutzverfahren zu Unrecht abgelehnt.
Nach § 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit den §§ 114,115 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Diese Voraussetzungen sind gegeben. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Voraussetzungen ist grundsätzlich der der Beschlussfassung, im Falle der Verzögerung durch das Gericht der Zeitpunkt der Entscheidungsreife (vgl. Zöller, Kommentar zur ZPO, 28. Auflage 2010, § 119 Rn. 44, 46 m.w.N.; Thomas/Putzo, Kommentar zur ZPO, 32. Auflage 2011, § 119 Rn. 4). Zwar hatte die Antragstellerin ohne vorherige Kenntnis des Prozessbevollmächtigten gegenüber dem Antragsgegner im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 25.11.2011 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Sozialgericht Aachen vom 23.11.2011 (LS 4 AS 1104/11 ER) zurückgezogen und den Antragsgegner ermächtigt, diese Erklärung an das Sozialgericht Aachen weiter zu leiten. Zuvor hatte sie einen Weiterbewilligungsantrag unter dem 25.11.2011 ausgefüllt und am selben Tag für die Monate Oktober und November 2011 eine Barzahlung als Vorschussleistungen in Höhe von 831,20 Euro erhalten.
Zum Zeitpunkt der Rücknahme der einstweiligen Anordnung durch die Antragstellerin am 25.11.2011 (Eingang beim SG am 28.11.2011) lagen zur Überzeugung des Senats neben der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen der Antragstellerin die für eine Entscheidung antragsrelevanten Unterlagen vor. Aus dem aktuellen Kontoauszug und der Versicherung an Eides Statt vom 23.11.2011 war zu entnehmen, dass die Antragstellerin mittellos war. Dem Antrag war auch ein Schreiben der STAWAG vom 17.11.2011 beigefügt, in dem diese bei Nichtzahlung der Forderung in Höhe von 148,20 Euro die Antragstellerin darauf hinwies, dass sie (die STAWAG) im Falle der Nichtzahlung den Netzbetreiber gemäß § 19 Grundversorgungsverordnung mit der Sperrung der Versorgung ab dem 28.11.2011 beauftragen werden.
Zum Zeitpunkt des Eingangs der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sind auch ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund gegeben gewesen. Der Anspruch ergibt sich bereits aus der vom Antragsgegner am 25.11.2011 erfolgten Barzahlung. Eine Eilbedürftigkeit kann im Hinblick auf die zeitweise Mittellosigkeit der Antragstellerin unter Berücksichtigung der drohenden Stromsperre nicht in Abrede gestellt werden.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners war auch vorliegend die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten geboten. Die Begründung des Antragsgegners, die Antragstellerin hätte sich ohne anwaltliche Hilfe mit dem Leistungsbereich in Verbindung setzen können, um den Grund für die Nichtzahlung der Leistungen zu erfragen, greift vorliegend nicht. Denn die Antragstellerin hatte sich bereits mit Schreiben vom 18.10.2011 (Eingang 19.10.2011) an den Antragsgegner gewandt und mitgeteilt, immer noch kein Geld auf ihrem Konto zu haben. Sie hätte den Antrag ausgefüllt und vorige Woche Montag eingeworfen. Sie könne keinen Strom bezahlen. Eine Antwort auf dieses Schreiben erhielt sie nicht. Selbst wenn der Eingang des Antragsformulars nicht feststellbar war, hätte der Antragsgegner das Schreiben vom 18.10.2011 als Antrag auf Weitergewährung von Leistungen angesehen können, zumindest wäre ein kurzfristiger Hinweis an die Antragstellerin bezüglich des Grundes der Nichtzahlung geboten gewesen.
Mithin lagen bereits vor der Rücknahme des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung die für die Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe relevanten Unterlagen sowie eine hinreichende Erfolgsaussicht vor. Ob, wie der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin ausführt, die Erklärung der Antragstellerin vom 25.11.2011 wegen Verstoßes gegen das anwaltliche Umgehungsverbot einen Anfechtungsgrund darstellt, war für das Beschwerdeverfahren nicht entscheidungserheblich.
Die Antragstellerin ist nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gemäß § 73a SGG in Verbindung mit § 115 ZPO außerstande, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Die Prozesskostenhilfe ist daher ratenfrei zu bewilligen.
Außergerichtliche Kosten sind im Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 13.03.2012
Zuletzt verändert am: 13.03.2012