Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 11.05.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der 1979 geborene Antragsteller bezieht seit dem 01.07.2005 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Er ist verheiratet und hat zwei Kinder (geboren am 00.00.2004 und 00.00.2002). Er hat sieben Jahre als Verpacker gearbeitet. Vom 07.11. – 16.12.2005 hat er bei der Gesellschaft für berufliche Ausbildung und Weiterbildung mbH eine Trainingsmaßnahme einschließlich eines Praktikums bei der Firma L durchgeführt. Seit dem 16.03.2006 ist er im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit für die S GmbH in einem von der Arbeiterwohlfahrt getragenen Kindergarten in P tätig. Dieser wird vom 26.06. bis zum 14.07.2006 wegen Betriebsferien geschlossen. Bereits als ihm von der Antragsgegnerin Anfang März 2006 die genannte Arbeitsgelegenheit vorgeschlagen worden war, wies der Antragsteller darauf hin, dass er voraussichtlich im Juni 2006 vier bis fünf Wochen Urlaub in der Türkei machen wolle. Der zuständige Sachbearbeiter der Antragsgegnerin wies darauf hin, dass dem Urlaub für diesen Zeitraum nicht zugestimmt werden könne.
Mit Schreiben vom 14.03.2006 beantragte der Antragsteller durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten Urlaub für den Zeitraum 30.06. bis zum 21.07.2006. Er habe auch bei Tätigkeit in einem "1-Euro-Job" Anspruch auf Urlaub. Schon im Jahr 2005 habe er keinen Urlaub machen können.
Mit Schreiben vom 16.03.2006 wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass grundsätzlich Urlaub genehmigt werden könne, sofern dadurch nicht eine Maßnahme zur Eingliederung gefährdet werde oder ein aktuelles Stellenangebot für ihn vorliege. Bei einer Ortsabwesenheit von 22 Tagen könne die Maßnahme durch den Träger nicht fortgeführt werden. Es sei dem Antragsteller aber vorgeschlagen worden, den Urlaub auf einen Zeitraum nach Abschluss der Arbeitsgelegenheit zu verschieben. Dies habe er abgelehnt, da das Wetter "dann nicht mehr seinen Wünschen entspreche". Die gesetzliche Grundlage eines Urlaubsanspruchs sei nicht bekannt. Im Übrigen seien mit dem Antragsteller am 03.11.2005 und 02.03.2006 Eingliederungsvereinbarungen geschlossen worden.
Mit Schreiben vom 12.04.2006 verwies der Antragsteller auf die o.g. Betriebferien und bat um Mitteilung, ob Bedenken gegen eine Urlaubsabwesenheit innerhalb der Betriebsferien bestünden.
Die Antragsgegnerin teilte daraufhin mit Schreiben vom 18.04.2006 mit, der Träger der Arbeitsgelegenheit werde den Antragsteller während der Betriebsferien an anderer Stelle einsetzen. Der Träger erhalte für volle sechs Monate Mehraufwandsentschädigung seitens der Antragsgegnerin und sei auch vertraglich verpflichtet, durchgehend Einsatzstellen anzubieten. Alg-II-Beziehern könne Ortsabwesenheit im Übrigen maximal 21 Tage gestattet werden, nicht aber wie begehrt 22 Tage.
Am 10.05.2006 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Gelsenkirchen beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Ortsabwesenheit des Antragstellers in der Zeit vom 24.06. bis zum 14.07.2006 zuzustimmen. Andere Bezieher von Alg-II-Leistungen hätten im Jahr 2005 in Schulen bzw. Kindergärten in P gearbeitet und "Ferien" bekommen. Ersatzarbeit hätten sie nicht leisten müssen. Der Urlaub solle die kulturellen Bindungen zur Türkei erhalten. Die Ehefrau der Antragstellerin habe ihre Mutter letztmalig im Jahr 2004 gesehen. Die Erwägungen im Schriftsatz vom 18.04.2006 seien sachfremd, da finanzieller Art. Die Sache sei eilbedürftig, so dass der Antragsteller nicht auf ein Klage- und Widerspruchsverfahren verwiesen werden könne. Der Antragsteller habe ein Anrecht, bis zu drei Wochen abwesend zu sein und gleichwohl Leistungen zu beziehen. Zur Glaubhaftmachung hat der Antragsteller eine eidesstattliche Versicherung vom 02.05.2006 überreicht.
Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 3 SGB II stehe dem Antragsteller der volle gesetzliche Urlaubsanspruch nach den Vorgaben des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) erst nach einer Wartezeit von sechs Monaten zu. Bis dahin könne der Antragsteller lediglich Urlaub von zwei Tagen für jeden vollen Monat der Beschäftigung beanspruchen. Der Antragsteller könne nach Beendigung der Maßnahme einen Antrag auf Zustimmung zur Ortsabwesenheit stellen.
Mit Beschluss vom 11.05.2006 hat das Sozialgericht den Antrag des Antragstellers abgelehnt und zur Begründung auf die auch nach seiner Auffassung anwendbaren Vorgaben des BUrLG verwiesen. Der Antragsteller befinde sich in einer vergleichbaren Situation wie viele Arbeitnehmer eines regulären Beschäftigungsverhältnisses, denen in den ersten sechs Monaten regelmäßig ein Urlaubsanspruch der begehrten Dauer nicht zustehe.
Die hiergegen erhobene Beschwerde vom 22.05.2006 hat der Antragsteller nicht weiter begründet, sondern auf sein bisheriges Vorbringen verwiesen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 11.05.2006 zu ändern und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Ortsabwesenheit des Antragstellers in der Zeit vom 24.06. bis zum 14.07.2006 zuzustimmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie der Gerichtsakten Bezug genommen, der der Entscheidung zu Grunde liegt.
II.
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Nichtabhilfebeschluss vom 19.06.2006), ist unbegründet.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor. Danach kann, soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG nicht vorliegt, das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt aber nur in Betracht, wenn ein Anordnungsanspruch im Sinne eines materiell-rechtlichen Anspruchs sowie ein Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit vorliegen und beide zumindest glaubhaft gemacht sind.
Hier ist schon ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Das SGB II enthält keine Regelungen hinsichtlich der Frage, wann die Behörde einer Ortsabwesenheit – wie hier erstinstanzlich ausdrücklich beantragt – zuzustimmen hat. Hinsichtlich der Frage des Urlaubsanspruchs haben das Sozialgericht und die Antragsgegnerin zutreffend auf die Regelung des § 16 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 3 hingewiesen, die das BUrlG für (entsprechend) anwendbar erklärt. Die danach maßgeblichen Regelungen der §§ 4, 5 BUrlG begründen zum Zeitpunkt des begehrten Urlaubsantritts am 24.04.2006 einen Urlaubsanspruch des Antragstellers von lediglich sechs Tagen. Der Senat geht insoweit aufgrund des Schriftsatzes der Antragsgegnerin vom 11.05.2006 davon aus, dass auch diese einen entsprechenden Urlaubsanspruch unterstellt. Außerdem hat die Antragsgegnerin bereits im Verwaltungsverfahren ausgeführt, dass gegen die Genehmigung eines Urlaubs grundsätzlich nichts einzuwenden sei.
Eine Anspruchsgrundlage für die begehrte Zustimmung zu einer (weiteren) Ortsabwesenheit ist nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin selbst geht offenbar zwar von der grundsätzlichen Anwendbarkeit der "Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit zur Pflicht des Arbeitslosen, Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten zu können" (Erreichbarkeits-Anordnung – EAO -) vom 23. Oktober 1997 aus. Ob dem ohne Einschränkung zu folgen ist, kann zur Überzeugung des Senats unentschieden bleiben.
Denn während der Ausübung einer Arbeitsgelegenheit, die die sog. Verfügbarkeit des Arbeitssuchenden gemäß der Intention des SGB II einschränkt, dürfte wegen der Regelung des § 16 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 3 SGB II und des Verweises auf das BUrlG allenfalls eine eingeschränkte Anwendbarkeit und damit eine weitere Ortsabwesenheit nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht kommen, die in der Person des Antragstellers liegen, sich aber auch aus der Intention des SGB II selbst ergeben können (etwa Vorstellungsgespräche im Rahmen der Stellensuche).
Solche Umstände hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.
Der Senat vermag im Übrigen schon nicht nachzuvollziehen, warum der Antragsteller den Urlaub in der Türkei nicht, wie von der Antragsgegnerin vorgeschlagen, auf einen Zeitpunkt nach Beendigung der Arbeitsgelegenheit verschieben kann. Der Antragsteller hat keine schulpflichtigen Kinder und ist daher nicht auf die Schulferien beschränkt.
Mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs sind Ausführungen zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes entbehrlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 22.02.2007
Zuletzt verändert am: 22.02.2007