Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 14.12.2011 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für ihre Klage auf Übernahme der Kosten eines Widerspruchsverfahrens nach § 63 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X).
Vor dem Hintergrund mehrerer bereits laufender Streitverfahren betreffend Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) erließ die Rechtsvorgängerin des Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagter) in Ausführung eines vor dem Sozialgericht in dem Verfahren S 21 AS 255/09 geschlossenen Vergleiches den Überprüfungsbescheid vom 26.05.2010, mit dem eine Abänderung der ursprünglichen Leistungsbewilligung abgelehnt wurde. Dieser Bescheid enthält den Hinweis, er könne mit dem Widerspruch angefochten werden. Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.07.2010 als unzulässig im Hinblick auf die Identität des Streitgegenstandes mit dem eines bereits eingeleiteten Verfahrens und entschied, dass die im Widerspruchsverfahren ggf. entstandenen notwendigen Aufwendungen nicht erstattet werden. Hiergegen hat die Klägerin am 24.08.2010 Klage erhoben, mit der sie eine Verurteilung des Beklagten zur Übernahme der Kosten des Widerspruchsverfahrens erstrebt.
Den für diese Klage gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Sozialgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 14.12.2011 im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, zu Recht habe der Beklagte entschieden, dass der Widerspruch im vorliegenden Verfahren wegen eines bereits laufenden Verfahrens unzulässig gewesen sei. Zur Kostenentscheidung, deren Abänderung mit der Klage begehrt worden ist, verhält sich der Beschluss nicht.
Gegen den am 23.12.2011 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Klägerin, mit der sie annimmt, der Beklagte habe durch Erteilung einer entsprechenden Rechtsbehelfsbelehrung den Widerspruch im vorliegenden Verfahren für zulässig erklärt, die Klägerin zur Verhinderung von Nachteilen Widerspruch eingelegt. Auch hätten die Widerspruchsverfahren miteinander verbunden werden können. So habe der Beklagte das Widerspruchsverfahren veranlasst und müsse nun die Kosten tragen. Auf das Revisionsverfahren zum Az. B 4 AS 142/11 R werde hingewiesen.
II.
Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht entschieden, dass Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Klageverfahrens der Klägerin nicht zusteht, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht die hierfür nach §§ 73a des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -, 114 der Zivilprozessordnung – ZPO – erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht aufweist.
Ein Anspruch auf Erstattung des Widerspruchsverfahrens aus § 63 SGB X steht ihr schon deshalb nicht zu, weil der Widerspruch nicht "erfolgreich" gewesen ist. Erfolgreich ist nach soweit ersichtlich völlig einheitlicher Rechtsprechung aller Obergerichte ein Widerspruch, wenn auf ihn hin der angefochtene Bescheid ganz oder teilweise aufgehoben wird (Urteil des BSG vom 18.12.2001 – B 12 KR 42/00 R -) bzw. dem Widerspruch durch Zuerkennung eines weiteren oder eines erweiterten "Rechtes" abgeholfen wird (z.B. Beschluss des Senats vom 19.01.2011 – L 19 AS 13/11 B; Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 63 Rn 19).
Die mit der Beschwerdebegründung postulierte Anwendung des sog. "Veranlassungsprinzips" begründet die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht des vorliegenden Verfahrens unter mehreren Gesichtspunkten nicht.
Zum einen ist eine über den Wortlaut von § 63 SGB X hinausgehende erweiternde Auslegung schon aufgrund der Entstehungsgeschichte der Norm abzulehnen. Nach den Materialien zu § 63 SGB X (Gesetzesentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 8/2034, S. 36 zu § 61 des Entwurfes) entspricht diese Vorschrift (bis auf hier nicht einschlägige Abweichungen) § 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG).
Dort ist aber bewusst von der Aufnahme einer gesonderten Bestimmung über die Kostentragung bei einer unrichtig erteilten Rechtsbehelfsbelehrung abgesehen worden in der Überzeugung, dass derartige Fälle nach staatshaftungsrechtlichen Grundsätzen abgewickelt werden sollten.
In der Begründung des Gesetzesentwurfes zu der später in § 80 VwVfG aufgenommenen Vorschrift heißt es (BT-Drs. 7/910, S. 92 zu § 76 Abs. 1 des Entwurfes): "Um eine zu kasuistische Regelung zu vermeiden, sind auch besondere Bestimmungen über die Kostentragung bei falscher Rechtsmittelbelehrung oder falscher Sachbehandlung durch die Behörde nicht aufgenommen (worden). Fälle dieser Art können weitgehend nach § 839 BGB abgewickelt werden".
Der in diesen Materialien zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers steht auch zur Überzeugung des Senats einer analogen Anwendung von § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X i.S.d. "Veranlassungsprinzips" entgegen, da hiernach keine dem gesetzgeberischen Konzept widersprechende (planwidrige) Gesetzeslücke festzustellen ist (vgl. hierzu insbesondere die der mit der Beschwerdebegründung genannten Sprungrevisionen B 4 AS 142/11 R zugrundeliegende Entscheidung des SG Detmold im Urteil vom 15.07.2011 – S 28 AS 2512/10 m.w.N.).
Zum anderen steht auch der Umstand, dass der Streitgegenstand eines nachfolgenden Widerspruchsverfahrens Gegenstand bereits anhängiger Verfahren ist, einer zusprechenden Kostenentscheidung im Rahmen von § 63 SGB X entgegen. Ob dies der Fall ist, richtet sich entgegen der Beschwerdebegründung auch nicht danach, ob ein Verwaltungsträger durch Erteilung einer ggf. falschen Rechtsbehelfsbelehrung den Widerspruch "zugelassen" hat, vielmehr nach der gesetzlichen Regelung in §§ 86, 96 SGG. Dem ggf. zu berücksichtigenden Gesichtspunkt, dass die Einlegung eines Widerspruchs durch eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung veranlasst worden ist, kann vor diesem Hintergrund (nur) im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 193 Abs. 1 SGG im Rahmen der Verfahren entsprochen werden, in denen ein Streitgegenstand zum Zeitpunkt der Einlegung des Widerspruches zulässigerweise behandelt wurde (ständige obergerichtliche Rechtsprechung u.a. im Urteil des BSG vom 20.10.2010 – B 13 R 15/10 R, Rn 23 nach juris m.w.N.).
Kosten des Beschwerdeverfahrens nach Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind entsprechend § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG endgültig.
Erstellt am: 27.03.2012
Zuletzt verändert am: 27.03.2012