Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 15.09.2005 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 06.10.2005), ist unbegründet.
Hierbei lässt der Senat die in Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich beantwortete Frage offen, ob eine vorläufige Zahlungseinstellung nach §§ 40 Abs. 2 Satz SGB II i.V.m. 331 SGB III auch bei anfänglich rechtswidrigen Bescheiden möglich ist.
Denn vorliegend sprechen sowohl der Gesichtspunkt der Erfolgsaussichten der Beschwerde zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses als auch das Veranlassungsprinzip dafür, die Antragsgegnerin mit den außergerichtlichen Kosten der Antragsteller bei der Entscheidung nach § 193 Abs. 1 SGG zu belasten.
Für einen mutmaßlichen Erfolg der Beschwerde spricht bereits, dass das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen von § 331 SGB III zweifelhaft gewesen ist. Die vorläufige Zahlungseinstellung setzt nach dieser Vorschrift die Kenntnis von Tatsachen voraus, die kraft Gesetzes zum Ruhen oder zum Wegfall des Anspruchs führen. Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass eine positive Kenntnis erforderlich ist. Ein bloßer Verdacht genügt auch im Hinblick auf den nicht unerheblichen Eingriff in die Rechte des Leistungsbeziehers nicht (Radüge in Hauck-Noftz, SGB III, Stand September 2005, § 331 Rdnr. 9). Ein entsprechender Kenntnisstand ist nicht stets mit dem Zugang der Mitteilung eines Dritten erreicht; Informationen über die maßgeblichen Fakten müssen vielmehr einen Sicherheitsgrad erreichen, der vernünftige, nach den Erfahrungen des Lebens objektiv gerechtfertigte Zweifel schweigen lässt (Eicher in Eicher, Schlegel, SGB III, Stand Juli 2005, § 331 Rdnr. 9 m.w.N.).
Zum Zeitpunkt der Zahlungseinstellung hatte die Antragsgegnerin jedoch keine Kenntnis in diesem Sinne von Einkünften oder Vermögen der Antragsteller, welche ihre Hilfebedürftigkeit i.S. von § 9 SGB II ausschließen und zu einer Aufhebung der Bewilligung führen könnten. Die Antragsgegnerin wusste lediglich von dem Besitz der Antragsteller eines Großbildfernsehers, einer Einbauküche und eines Computers. Sie kannte jedoch den alleine ausschlaggebenden Wert der genannten Gegenstände nicht.
Hinsichtlich des PKW, dessen Nutzung durch die Antragstellerin zu 2) beobachtet worden war, kannte die Antragsgegnerin zum Zeitpunkt der vorläufigen Zahlungseinstellung nicht einmal die Eigentumsverhältnisse. Ein verlässlicher Schluss auf anspruchsausschließende Einkünfte der Antragsteller auf dieser Grundlage war erst recht nicht möglich. Stellt die Antragsgegnerin auf dieser Grundlage die Zahlungen an die Antragsteller vorläufig ein und trifft ihre Auffassung hinsichtlich Vermögen und Einkünften nicht zu, zwingt sie Antragsteller, die wegen fortgestehender Hilfebedürftigkeit auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen sind, zur Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes. Die Antragsgegnerin hat daher auch nach dem Veranlassungsprinzip (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 193 Rdnr. 12b m.w.N.) die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu tragen.
Eine Beschwerde gegen diese Entscheidung an das Bundessozialgericht ist nach § 177 SGG nicht zulässig.
Erstellt am: 14.11.2005
Zuletzt verändert am: 14.11.2005