Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11. September 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin gemäß §§ 61, 62 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) von Juli bis Dezember 1999 bzw. in den Jahren Jahr 2000 und 2001 von Zuzahlungen zu Arznei-, Verband- und Heilmitteln, Hilfsmitteln sowie zu stationären Vorsorge – und Rehabilitationsleistungen zu befreien war und ihr deshalb ein Anspruch auf Erstattung der von ihr verauslagten Fahrtkosten und Arzneimittelzuzahlungen zusteht.
Die im April 1950 geborene, schwerbehinderte Klägerin (1999: Grad der Behinderung 90, Nachteilsausgleich: erhebliche und außergewöhnliche Gehbehinderung, Begleitungserfordernis im Personenverkehr) leidet im Wesentlichen an den Folgen einer Poliomyelitis (Kinderlähmung) und (jedenfalls wohl seit etwa 1998) an einer rheumatoiden Polyarthritis (PCP); des Weiteren ist u.a. aus dem anhängigen Parallelverfahren der Klägerin L 16 KR 138/02 = S 4 KR 285/99 bekannt, dass die Klägerin wiederholt wegen Allergien und einer chronischen Bronchitis in ärztlicher Behandlung steht und seit längerer Zeit geltend macht, sie leide an den Folgen einer Holzschutzmittelvergiftung. Sie bezieht seit 1988 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, deren Höhe 1999 zunächst 1832,29 DM, ab Juli 1999 dann 1856,91 DM und ab Juli 2000 schließlich 1868,06 DM monatlich betrug. Bis Juni 1999 war sie nach übereinstimmenden Angaben der Beteiligten von Zuzahlungen befreit.
Mit Schreiben vom 03.01.2000 (bei der Beklagten eingegangen am 13.01.2000) beantragte sie, sie von Zuzahlungen zu befreien, und ergänzte mit Schreiben vom 09.02.2000, sie habe schon Mitte 1999 die weitere Zuzahlungsbefreiung beantragt. Zur Begründung ihres Antrags legte sie eine Aufstellung über Fahrkosten (470,16 DM), über "sonst. Kosten wg. Erkrankung" in Höhe von 2.400,00 DM und "sonst. Kosten wg. Behinderung" in Höhe von 1.500,00 DM sowie die Kopie einer Seite aus einem Kostennachweis-Heft mit zwei Apotheken-Eintragungen für September und Dezember 1999 in Höhe von 180,95 DM vor. Die ihr entstandenen krankheitsbedingten Gesamtkosten gab sie mit "ca.4.625,16 DM" an.
Mit einem ersten Bescheid vom 14.01.2001 lehnte die Beklagte den Antrag auf eine volle Zuzahlungsbefreiung (gemäß § 61 SGB V) bzw. die Übernahme der notwendigen Fahrkosten (§ 60 Abs. 2 SGB V) ab, weil das Einkommen der Klägerin die maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze überschreite. Sie wies dabei auf die Möglichkeit einer teilweisen Befreiung hin und bat die Klägerin dazu am 17.01.2000, eine ärztliche Bescheinigung über eine Dauerbehandlung und eine Aufstellung "von Zuzahlungen von der Apotheke" vorzulegen sowie einen Antragsvordruck zwecks Erstattung von Fahrkosten auszufüllen und zu unterschreiben. Die Klägerin reichte keinerlei Unterlagen ein und verwies am 09.02.2000 darauf, ihre Behinderungen und ihre chronische Erkrankung seien bereits nachgewiesen. Falls die Beklagte eine Bescheinigung des Arztes benötige, forderte sie die Beklage auf, die Bescheinigung dort ausfüllen zu lassen und trug vor, sie sei bis zum 30.06.1999 von den Zuzahlungen befreit gewesen und habe bis zu diesem Zeitraum "über der Höchstgrenze Zahlungen geleistet. Daraufhin erbat die Beklagte von der Klägerin Bescheinigungen des behandelnden Arztes über die Behandlungstage und die Erforderlichkeit der Transportkosten, außerdem nochmals eine Aufstellung der Apotheke über von der Klägerin geleistete Zuzahlungen (18.02.2000). Nachdem sich die Klägerin nicht geäußert hatte, entschied die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 28.02.2000, der Klägerin stehe keine vollständige Befreiung nach § 61 SGB V zu. Eine abschließende Bearbeitung zu § 62 SGB V ("teilweise Befreiung von Zuzahlungen") sei nicht möglich. Dabei wies sie nochmals darauf hin, bezüglich der Fahrkosten benötige sie die Angabe der Behandlungstage und eines Nachweises über die Erforderlichkeit. Für die Erstattung von Zuzahlungen benötige sie einen Ausdruck der Apotheke über geleistete Zuzahlungen für 1999. Es sei im übrigen nicht erkennbar, ob es sich bei dem für den 21.12.1999 bescheinigten Betrag von 175,00 DM um "Rezepteigenanteile" handele.
Knapp ein Jahr später, am 14.02.2001, machte die Klägerin mit Schreiben vom 12.02.2001 (unter Vorlage einer Bescheinigung über die Rentenhöhe) geltend, sie habe für 1999 erhöhte Kosten nachgewiesen und sei von Zuzahlungen zu befreien; sie beantrage für das Jahr 2000 nochmals die Befreiung von Zuzahlungen. Die Beklagte lehnte mit Bescheid den Antrag auf "Befreiung von den Zuzahlungen nach § 61 SGB V" ab, da das monatliche Bruttoeinkommen die Einkommensgrenze übersteige. Eventuell komme aber eine teilweise Befreiung nach § 62 SGB V in Betracht. Um dies prüfen zu können, bat die Beklagte um Vorlage der Quittungen für Zuzahlungen im Jahre 2000 sowie der ärztlichen Verordnungen zu den Fahrtkosten. Die Klägerin wiederum legte lediglich eine Bescheinigung des behandelnden Internisten Dr. N vom 09.04.2001 vor, wonach sie sich bei ihm seit dem 12.01.1999 wegen derselben Erkrankung in Dauerbehandlung befinde.
Nochmals am 22.10.2001 und am 03.03.2002 machte die Klägerin bei der Beklagten geltend, sie sei von Zuzahlungen zu befreien. Dazu teilte die Beklagte der Klägerin schließlich mit Schreiben ihrer Beschwerdestelle vom 22.03.2002 erneut mit, angesichts ihres Bruttoeinkommens sei eine vollständige Befreiung von den Zuzahlungen nach § 61 SGB V nicht möglich. Hinsichtlich der teilweisen Befreiung nach § 62 SGB V (Erstattung von nachgewiesenen Zuzahlungen, die 2 % der jährlichen Bruttoeinnahmen übersteigen) sei eine Prüfung nicht möglich, weil seit 1999 Zuzahlungsnachweise fehlten. Was den in § 62 SGB V auch vorgesehenen völligen Wegfalls von Zuzahlungen betreffe, komme es darauf an, ob seit Beginn der nachgewiesenen Dauererkrankung am 12.01.1999 ein volles Kalenderjahr verstrichen sei, in welchem die Zuzahlungen mindestens 1 % der jährlichen Bruttoeinnahmen der Klägerin ausmachten. Dafür sei auf das Kalenderjahr 2001 abzustellen. Für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen müsse die Klägerin daher entsprechende Zuzahlungsbelege einreichen.
Nachdem die Beklagte die von der Klägerin mehrfach geforderte Entscheidung über die Zuzahlungsbefreiung als dauerhaft erkrankte Versicherte nicht getroffen hatte, erhob die Klägerin am 24.04.2002 beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf Untätigkeitsklage.
Die Beklagte sah die erhobene Klage auch als Widerspruch an und wies diesen mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2002 zurück: für die Klägerin käme eine vollständige Zuzahlungsbefreiung nach § 61 SGB V nicht in Betracht; auch eine Erstattung bzw. die teilweise Zuzahlungsbefreiung (offenbar gemeint: nach § 62 SGB V) scheitere daran, dass für 1999 und 2000 keine Zuzahlungen von mehr als 1 % der Jahresbruttoeinnahmen der Klägerin nachgewiesen seien.
Die Klägerin hat ihre Untätigkeitsklage nicht als erledigt angesehen, weil die Beklagte nicht ihrem Befreiungsantrag entsprochen habe. Vielmehr hat sie mit der am 18.07.2002 bei dem SG zusätzlich erhobenen Anfechtungsklage geltend gemacht, die Beklagte habe die Bescheinigung ihres Hausarztes über die vorliegende Dauererkrankung nicht zur Kenntnis genommen und die im Nachweisheft belegten Kosten nicht anerkannt.
Die Klägerin hat vor dem SG sinngemäß beantragt,
den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 19.06.2002 aufzuheben und ihr die in den Jahren 1999, 2000 und 2001 geleisteten Zuzahlungen und Fahrkostenanteile zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klagen abzuweisen,
und vorgetragen, mit dem Widerspruchsbescheid sei die Untätigkeitsklage erledigt. Im Übrigen hat sie nichts weiter vorgetragen.
Das SG hat die Klagen verbunden und durch Urteil vom 11.09.2003 abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die wegen der Nichterteilung eines Widerspruchsbescheides erhobene Klage habe sich mit dessen Erlass erledigt. Der Klägerin fehle insoweit das Rechtsschutzbedürfnis. Im Übrigen sei die Klage abzuweisen. Denn es seien weder die Voraussetzungen des § 61 noch die des § 62 SGB V erfüllt. Das Renteneinkommen der Klägerin (monatlich 1868,06 DM) liege über dem monatlichen Grenzwert von 40 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße (d.h. 1792,00 DM für 1999). Auch die einprozentige, besondere individuelle Belastungsgrenze des § 62 SGB V für dauerhaft Erkrankte (hier: 222,83 DM) sei nicht überschritten, da die Klägerin außer den Bestätigungen über Apothekenrechnungen in Höhe von 180,95 DM keine weiteren Zahlungsnachweise vorgelegt habe.
Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe des SG verwiesen.
Das ihr am 14.11.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 08.12.2003 mit der Berufung angefochten. Sie vertritt im Wesentlichen weiterhin die Auffassung, sie sei von Zuzahlungen aufgrund der nachgewiesenen chronischen Erkrankungen zu befreien. Die Fahrtkosten (für 1999) habe sie auf einem besonderen Blatt aufgelistet. Für die Folgejahre sei sie zu befreien, weil sie bereits Zuzahlungen (offenbar gemeint: über der individuellen Belastungsgrenze) geleistet habe.
Die Klägerin ist trotz ordnungsgemäßer Terminsbenachrichtigung zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen und hat sich auch nicht vertreten lassen.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des SG Düsseldorf vom 11.09.2003 abzuändern, den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 19.06.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr – der Klägerin – einen Bescheid über den Wegfall der Zuzahlungen und Fahrkostenbeteiligungen für die Zeit vom 01.07.1999 bis zum 31.12.2001 zu erteilen bzw. ihr die in diesem Zeitraum vorgenommen Zuzahlungen und Fahrkostenbeträge zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für richtig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der von den Beteiligten zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung gewechselten Schriftsätze. Im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat über das von der Klägerin betriebene Rechtsmittel entscheiden können, obwohl die Klägerin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist und sich auch nicht hat vertreten lassen, § 126 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Denn die Klägerin ist mit der am 18.02.2004 zugestellten Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden. Entgegen dem Antrag der Klägerin war der Verhandlungstermin auch nicht aufzuheben und zu verlegen. Die Klägerin hatte ausreichend Gelegenheit zur Akteneinsicht. Auch wenn kurz vor dem Verhandlungstermin die Akten nicht noch dem örtlich nahe gelegenen Amtsgericht (zur Erleichterung für die schwer behinderte Klägerin) übersandt werden konnten, weil die rechtzeitige Rückgabe nicht sichergestellt war, so hatte die Klägerin doch jederzeit Möglichkeit, nach entsprechender Anmeldung die Akten bei der Geschäftsstelle des erkennenden Senats einzusehen. Entgegen den Bedenken der Klägerin ist die Klägerin auch nicht durch bauliche Mängel (kein behindertengerechter Zugang) gehindert, Akteneinsicht bei Gericht zu nehmen. Die Einrichtungen des LSG sind behindertengerecht zu erreichen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Düsseldorf vom 11.09.2003 ist unbegründet. Das SG hat die Klagen zu Recht abgeiwesen und dabei die Untätigkeitsklage zutreffend als unzulässig angesehen, im übrigen zutreffend seine Befugnis zur Sachentscheidung ohne Rechtsfehler bejaht und mit überzeugender Begründung entschieden, dass der angefochtene Widerspruchsbescheid der Beklagten rechtmäßig ist und die Klägerin nicht beschwert.
Gegenstand des Verfahrens ist nach dem erkennbaren Begehren der Klägerin – neben dem gegen die Beklagte erhobenen Untätigkeitsvorwurf – allein die Entscheidung der Beklagten, dass die Klägerin von den Zuzahlungspflichten bzw. von der Pflicht, Fahrtkosten selber zu tragen, weder ganz oder teilweise nach § 62 SGB V in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung (alte Fassung = a.F.) befreit ist. Nicht angefochten hat die Klägerin die Bescheide der Beklagten vom 14.01.2000, 28.02.2000, 14.02.2001 und vom 22.03.2002, sie sei nicht schon nach § 61 SGB V a.F. (vollständig) von den Zuzahlungen zu befreien. Denn sie hat sich zu keinem Zeitpunkt gegen die Feststellung der Beklagten gewandt, ihr monatliches Renteneinkommen überschreite den in § 61 Abs. 2 Nr. 1 genannten Grenzwert der unzumutbaren Belastung (1999: 1764,00 DM; 2000/2001: 1792,00 DM). Vielmehr hat die Klägerin durchgängig betont, ihr stehe die Befreiung als dauerhaft/chronisch Erkrankte zu, wie dies allein in § 62 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz SGB V a.F. normiert ist. Darüber hat die Beklagte erstmals im Widerspruchsbescheid entschieden, nachdem sie vorher immer wieder in ihren Bescheiden betont hatte, sie könne eine Entscheidung zur Befreiung nach § 62 SGB V a.F. erst treffen, sobald die Klägerin entsprechende Belege eingereicht habe.
Die von der Klägerin erhobene Untätigkeitsklage ist unzulässig geworden, denn der Klägerin fehlt das Rechtsschutzinteresse an einer solchen Klage, nachdem die Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 19.06.2002 auch die Befreiung von der Zuzahlung und Entrichtung von Fahrkosten nach §§ 62 und 60 Abs. 2 Satz 2 SB V abgelehnt hat.
Zwar hat die Beklagte zu der von der Klägerin begehrten Feststellung zu § 62 SGB V keinen "originären" Bescheid erlassen, den die Klägerin mit dem Widerspruch hätte anfechten können. Diese von der Klägerin begehrte Sachentscheidung ist jedoch mit dem Widerspruchsbescheid vom 19.06.2002 erfolgt, ohne dass es eines erneuten Vorverfahrens oder eines zusätzlichen Bescheides bedurft hätte; denn all dies wäre überflüssig und verfahrensunwirtschaftlich; schließlich hat mit dem Bescheid der Widerspruchsstelle die verwaltungsmäßig letztentscheidende Stelle im Sinne von § 36 a SGB IV (auch unter Hinzuziehung ehrenamtlich tätiger Mitglieder) die abschließende Verwaltungsauffassung zu erkennen gegeben (im Ergebnis einhellig: Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 7. Aufl. 2002, § 78 RN 7 a; Hennig-Schlegel, SGG-Loseblatt-Kommentar, Stand 08/2003, § 78 RN 16; Peters-Sautter-Wolf, SGG-Loseblatt-Kommentar, Stand 2003, § 78 Anm. 4 f.).
Dass die Entscheidung nicht den von der Klägerin erhofften Inhalt hatte, ist für die Frage nach dem Rechtsschutzbedürfnis bei der Untätigkeitsklage unerheblich. Entscheidend ist nur, ob die vermisste Sachentscheidung der Beklagten zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bereits ergangen ist. Dies hat das SG zutreffend festgestellt.
Das SG hat die gegen den Widerspruchsbescheid gerichtete Anfechtungs- und Leistungsklage zu Recht (stillschweigend) als zulässig angesehen. Denn, wie bereits betont, bedurfte es keines (erneuten) Vorverfahrens mehr. Fehlerfrei hat das SG auch die Voraussetzungen des § 62 SGB V a.F. (in Hinblick auf die Fahrkostenübernahme in Verbindung mit § 60 Abs. 2 Satz 2 SGB V a.F.) verneint. Nach dieser Vorschrift hat die Krankenkasse die der Versicherten während eines Kalenderjahres entstehenden notwendigen Fahrkosten und Zuzahlungen zu Arznei-, Verband- und Heilmitteln zu übernehmen, soweit sie die Belastungsgrenze übersteigen. Das Gesetz sieht zwei verschiedene Belastungsgrenzen mit unterschiedlichen Rechtsfolgen vor:
1. Die allgemeine Belastungsgrenze beträgt zwei vom Hundert der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt (Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz). Sobald diese Grenze überschritten ist, entfallen für den Rest des Kalenderjahres Zuzahlungen und Fahrkostenbeteiligungen; ggf. gezahlte Beträge sind zu erstatten bzw. zu übernehmen,
2. eine besondere, individuelle Belastungsgrenze galt für chronisch Kranke schon nach altem, zwischen dem 01.01.1999 und dem 31.12.2003 geltenden Recht (§ 62 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz SGB V a.F.): für Versicherte, die wegen derselben Krankheit in Dauerbehandlung sind und ein Jahr lang Zuzahlungen in Höhe von ein vom Hundert der jährlichen Bruttoeinnahmen geleistet (und Fahrkosten entrichtet) haben, entfallen die in § 62 Abs.1 Satz 1 SGB V a.F. genannten Zuzahlungen (und Fahrkosten) nach Ablauf des ersten Jahres für die weitere Dauer dieser Behandlung, also für das zweite Jahr der Dauerbehandlung. Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten (vgl. den Bescheid vom 22.03.2002) ist nach dem Sinn und dem Wortlaut der Vorschrift nicht erforderlich, dass ein volles Kalenderjahr ablaufen muss, bevor die Befreiung eintritt; nach Beginn einer Dauererkrankung vermutet der Gesetzgeber daran anknüpfende stetige Belastungen der Versicherten, von denen sie entlastet werden sollen. Da das Gesetz in diesem Zusammenhang nicht von einem "Kalenderjahr" spricht (wie noch in § 62 Abs. 1 Satz 1), reicht der Ablauf eines Jahres, um nunmehr eine völlige Freistellung von Kosten zu erreichen (vgl. dazu auch Krauskopf- Baier, Soziale Krankenversicherung, Loseblattkommentar, Stand 2003, § 62 SGB V, Randnummer 12 f. unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung). In der Folgezeit wird dann nach dem Wortlaut des Gesetzes auch nicht mehr die finanziellen Voraussetzung für die Befreiung (Belastungsgrenze von ein v.H.) geprüft, sondern allein die Frage, ob die Dauererkrankung weiterhin bei Ablauf des zweiten Jahres (also des ersten Befreiungsjahres) noch vorliegt.
Zu 1. (Überschreiten der Belastungsgrenze von zwei vom Hundert der jährlichen Bruttoeinnahmen): Im Jahr 1999 betrug das Jahresbruttoeinkommen der Klägerin (6x 1832,29 DM plus 6 x 1856,91 DM – Rentenerhöhung ab. 01.07.1999 – =) 22.135,20 DM; zwei v.H. machen 442,70 DM aus. In diesem Jahr war die Klägerin nach eigenen, von der Beklagten bestätigten Angaben von Zuzahlungen befreit. Für das zweite Halbjahr 1999 hat sie – wie bereits das SG betont hat – lediglich 180,95 DM an Zuzahlungen nachgewiesen, wobei die Zweifel der Beklagten an der Richtigkeit dieser Bescheinigungen dahin stehen können. Denn die angeblich zusätzlich geleisteten Fahrkosten hat die Klägerin lediglich behauptet, jedoch nicht durch Quittungen nachgewiesen, obgleich die Beklagte sie ständig um die Vorlage von Belegen ersucht hatte. Soweit die Klägerin außerdem – offenbar pauschal – sonstige Kosten wegen Krankheit und Behinderung geltend gemacht hat, gibt es keine gesetzliche Grundlage, nach §§ 60, 62 SGB V auf Pauschalen zurückzugreifen. Bei alldem mag dahin stehen, weshalb die Klägerin nur im ersten Halbjahr 1999 von der Zuzahlung befreit gewesen sein soll. Denn dazu haben weder die Klägerin noch die Beklagte Berechnungsunterlagen oder Bescheide vorgelegt.
Für die Folgejahre hat die Klägerin nicht einmal die Höhe von ihr entstandenen Kosten vorgetragen. Dementsprechend kann die Klägerin aus dieser Anspruchsvariante keine Forderungen herleiten.
zu 2. (Wegfall der Zuzahlungen und Fahrkostenanteile der Versicherten nach einem Jahr einer nachgewiesenen Dauererkrankung bei Versorgung mit Arzneimittel pp. und Inanspruchnahme von Fahrten, die in Zusammenhang mit einer Kassenleistung nötig werden): Durch die Bescheinigung des Arztes Dr. N ist nachgewiesen, dass sich die Klägerin mindestens seit 12.01.1999 in Dauerbehandlung befand; es kann nach den Erkenntnissen im Parallelverfahren L 16 KR 138/02 davon ausgegangen werden, dass dieser Zustand auch schon seit 1995/96 bestand. Das erste Jahr der Dauerbehandlung lief demgemäß bei Inkrafttreten des neuen Rechts vom 01.01. bis zum 31.12.1999. In diesem Zeitraum betrug das Bruttoeinkommen der Klägerin, – wie oben bei 1.) berechnet – 22.135,20 DM; ein v.H. entspricht 221,35 DM. Der allein anrechenbare Betrag beläuft sich – wie schon dargestellt – auf allenfalls 180,95 DM, liegt also ebenfalls noch unter der Belastungsgrenze. Dies bedeutet, dass – selbst bei der ärztlich bescheinigten weiteren Behandlung ihrer Erkrankung – kein automatischer Wegfall der Zuzahlungs-/Fahrkostenverpflichtung ab 01.01.2000 – auch für das Jahr 2001 (letztlich ggf. noch darüber hinaus) – als bewiesen angenommen werden kann. Es ist Sache der Versicherten, die Voraussetzungen für Zuzahlungsbefreiungen und Fahrkostenübernahmen zu belegen oder der Beklagten die Möglichkeit der Ermittlung zu geben. Dazu gehört die Vorlage von Zuzahlungsquittungen, etwa in Nachweisheften, wie sie von den Krankenkassen zur Verfügung gestellt werden; dazu gehören aber auch die Quittungen und Rechnungen von Taxiunternehmen oder sonstigen Krankenbeförderern, welche die Versicherten im eigenen Interesse sammeln und vorlegen sollen. Darüber hinaus müssen den Krankenkassen auch die Genehmigung des behandelnden Arztes (im Original oder in Kopie) für den jeweiligen Krankentransport vorgelegt werden. Im Zweifel reichen Angaben der Versicherten über den Transportunternehmer und den jeweils behandelnden Arzt aus, um der Kasse die Möglichkeit zu geben, die notwendigen Belege dort anzufordern. Derartige Angaben hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt gemacht; sie hat es nicht einmal für nötig gehalten, die Tage, an denen Fahrkosten angefallen sind ("Behandlungstage"), der Beklagten und dem Senat trotz wiederholten Ersuchens zu übermitteln.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG. Auch soweit die Beklagte der Klägerin zunächst Veranlassung gegeben haben dürfte, die Untätigkeitsklage zu erheben, wäre es angesichts des nachlässigen eigenen Verhaltens der Klägerin nicht sachgerecht, die Beklagte wegen dieses weniger bedeutsamen Teil des Gesamtstreites mit Kosten zu belasten, zumal der Klägerin offensichtlich auch keine Vertretungskosten entstanden sind.
Anlass, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, bestand nicht.
Erstellt am: 02.04.2004
Zuletzt verändert am: 02.04.2004