Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 10.12.2013 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung von Rechtsanwalt L aus U für ein auf die Gewährung einer Witwenrente gemäß § 46 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) gerichtetes Hauptsacheverfahren.
Die am 00.00.1951 geborene Klägerin hatte am 4.7.1986 den am 00.00.2004 verstorbenen B C (Versicherter) geheiratet. Sowohl die Klägerin als auch der Versicherte besaßen im Zeitpunkt der Eheschließung die türkische Staatsangehörigkeit. Zu der – in der Türkei durchgeführten – Scheidung existieren zwei voneinander abweichende Urkunden. Nach einer (ersten), mit einem Rechtskraftvermerk versehenen Scheidungsurkunde ist die Ehe aufgrund eines am 9.6.1987 rechtshängig gewordenen Scheidungsverfahrens am 7.10.1987 geschieden worden. In dem türkischen Einwohnermeldebuch ist als Scheidungsdatum der 8.10.1987 vermerkt.
Eine weitere Urkunde weist als Scheidungsdatum den 25.7.1991 aus.
Am 11.6.1991 schloss der Versicherte eine Ehe mit Frau T C, die nach dem Tod des Versicherten auf ihren Antrag vom 16.4.2004 Witwenrente aus der Versicherung des Versicherten erhalten hat.
Im März 2007 beantragte die Klägerin vor dem Amtsgericht (AG) U die nachträgliche Durchführung des Versorgungsausgleichs (§ 1587e Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs [BGB]). Hierbei bezog sich die Klägerin zunächst auf eine Scheidungsurkunde vom 25.7.1991. Sie hat behauptet, in dem Scheidungsverfahren nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen zu sein; ihr gegenüber seien auch keine wirksamen Zustellungen vorgenommen worden. Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherte in dem Scheidungsverfahren eine andere Person als seine angebliche Ehefrau "vorgeführt" habe.
Nachdem Frau T C verstorben war, bat die Klägerin am 2.4.2012 bei der Beklagten um Prüfung, ob sie als Bezugsberechtigte der Witwenrente an die Stelle der späteren Ehefrau getreten sei. Sofern erheblich sei, ob die Ehe des Versicherten mit Frau T C eine Scheinehe darstelle, sei nach dem Inhalt eines in einem versorgungsausgleichsrechtlichen Verfahren vor dem Amtsgericht (AG) U eingeholten Gutachtens des Herrn Prof. Dr. S, Forschungsstelle für türkisches Recht der Universität C vom 12.12.2007 eine Auskunft des türkischen Justizministeriums einzuholen. Zudem habe sich in dem versorgungsausgleichsrechtlichen Verfahren auch ergeben, dass die Scheidung der zwischen dem Versicherten und der Klägerin geschlossenen Ehe nicht wirksam erfolgt sei.
Mit Bescheid vom 6.7.2012 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Witwenrente ab, da im Zeitpunkt des Todes eine gültige Ehe zwischen der Klägerin und dem Versicherten nicht mehr bestanden habe. Nach einem ihr vorliegenden Auszug aus dem türkischen Einwohnermeldebuch sei die Ehe am 7.10.1987 geschieden worden. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Scheidung bestünden nicht.
Den gegen diesen Bescheid am 31.7.2012 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.9.2012 als unbegründet zurück. Unter Vertiefung der Ausführungen des Ausgangsbescheides verwies die Beklagte ergänzend auf das Ergebnis des vor dem AG U geführten versorgungsausgleichsrechtlichen Verfahrens, wonach der Klägerin für eine auf den Zeitraum vom 1.7.1986 bis zum 30.6.1987 bezogene Ehezeit Entgeltpunkte von dem Konto des Versicherten übertragen worden sei. Diese Entscheidung sei seit dem 14.6.2008 rechtswirksam. Auch dies stütze die Annahme, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Todes bereits seit langem nicht mehr mit dem Versicherten verheiratet gewesen und damit auch nicht dessen Witwe sei.
Am 4.10.2012 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) Münster Klage erhoben, mit der sie das auf die Gewährung einer Witwenrente gerichtete Klagebegehren weiterverfolgt. Zwar sei im türkischen Einwohnermeldebuch verzeichnet, dass die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten am 7.10.1987 geschieden worden sei; diese Scheidung sei jedoch nicht wirksam, weshalb eine Wiederverheiratung des Versicherten am 11.6.1991 auch nicht habe wirksam erfolgen können. Nach den Feststellungen des Herrn Prof. Dr. S sei ausgeschlossen, dass die Ehe des Versicherten mit der Klägerin am 7.10.1987 geschieden worden sei. Die anderslautende Eintragung im türkischen Einwohnermeldebuch beruhe auf Unzuverlässigkeiten in der Rechtsanwendung der türkischen Justiz. Auch das vor dem AG U geführte Verfahren führe zu keiner anderen Beurteilung der Rechtslage. Da die Entscheidung über den Versorgungsausgleich der Rechtskraft fähig sei, die auch dann eintrete, wenn das Gericht sein Urteil unter Missachtung einer anderweitigen Rechtshängigkeit der Sache erlassen habe, trete die Wirkung der im Versorgungsausgleichsverfahren getroffenen Entscheidung auch dann ein, wenn das Familiengericht die Tatsache der Scheinehe des Versicherten mit Frau T C nicht erkannt habe. Da die Entscheidung im Versorgungsausgleichsverfahren nicht auf die materielle Richtigkeit abstelle, habe in dem sozialgerichtlichen Verfahren eine gesonderte Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Scheidung vor der türkischen Justiz zu erfolgen (Schriftsatz vom 6.6.2013).
Mit Beschluss vom 10.12.2013 hat das SG den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Voraussetzungen von Prozesskostenhilfe seien nicht erfüllt, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung schon keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Wenngleich an der ursprünglichen Heirat der Klägerin mit dem Versicherten keine Zweifel bestünden, sei offensichtlich, dass die Ehe rechtswirksam geschieden worden sei. Dieses folge aus dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten des Herrn Prof. Dr. S vom 12.12.2007. In diesem sei bekräftigt worden, dass das scheinbar später ausgestellte Scheidungsurteil "eindeutig gefälscht" sei. Demgegenüber habe Herr Prof. Dr. S ausgeführt, dass das Urteil vom 17.10.1987 "inhaltlich und äußerlich den Standards entspreche" und "viel für seine Echtheit" spreche.
Auch der Umstand, dass der Klägerin im Rahmen des Versorgungsausgleichsverfahrens bezogen auf eine vom 1.7.1986 bis zum 30.06.1987 bestehende Ehezeit Entgeltpunkte übertragen worden seien, spreche dafür, dass die Klägerin selbst von einer Scheidung der Ehe mit dem Versicherten ausgegangen sei. Insofern kollidiere das Klagebegehren mit dem Begehren auf nachträgliche Durchführung des Versorgungsausgleichs.
Gegen den am 12.12.2013 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 12.12.2013 Beschwerde eingelegt. Die Entscheidung setze sich nicht hinreichend mit ihren Ausführungen im Schriftsatz vom 6.3.2013 auseinander. Die ihrer Ansicht nach erkennbare Untätigkeit des Gerichts sei mit den ersichtlichen Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage zu erklären sei. Allein dieser Umstand rechtfertigte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten. Zudem wird Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen Gerichtsakte des AG U betreffend das dort unter dem Aktenzeichen 1 F 000/07 geführte Verfahren.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt L zu Recht abgelehnt.
Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussichten bestehen dabei zum einen, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt, zum anderen, wenn eine entscheidungserhebliche Tatsache zwischen den Beteiligten strittig ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Beweisaufnahme mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Lasten des Antragstellers ausgehen würde (statt vieler BVerfG, Beschluss vom 08.12.2009, 1 BvR 2733/06, NJW 2010, 1129 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben lassen sich hinreichende Erfolgsaussichten für die beabsichtigte Rechtsverfolgung gegenwärtig nicht feststellen.
Gemäß § 46 Abs. 2 SGB VI haben Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie (1.) ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen, (2.) das 47. Lebensjahr vollendet haben oder (3.) erwerbsgemindert sind.
Dass die Klägerin im Sinne dieser Anspruchsgrundlage "Witwe" des Versicherten ist, ist derzeit weder ersichtlich, noch hat die Klägerin bisher in einem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtfertigenden Maße dargelegt, dass eine gerichtliche Beweisaufnahme zu ihren Gunsten ausgehen kann.
"Witwe" im Sinne des § 46 Abs. 2 SGB VI wird eine Frau grundsätzlich nur dann, wenn zwischen ihr und dem Versicherten im Zeitpunkt des Todes eine rechtsgültige Ehe bestanden hat (vgl. z.B. BSGE 45, 180, 181 = SozR 2200 § 1264 Nr. 1). Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand ist nicht in einem für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderlichen Grad wahrscheinlich, dass zwischen der Klägerin und dem Versicherten im Zeitpunkt des Todes des Versicherten noch eine wirksame Ehe bestanden hat.
a. Auf die seitens der Klägerin für klärungsbedürftig erachtete Frage, ob die zwischen dem Versicherten und Frau T C am 11.6.1991 geschlossene Ehe wirksam gewesen ist, kommt es von vornherein nicht an. Selbst wenn – wie die Klägerin meint – diese Ehe als "Scheinehe" anzusehen ist, hätte dieser Umstand auf die Wirksamkeit einer zuvor erfolgten Scheidung keine Auswirkungen.
b. Dass die zwischen der Klägerin und dem Versicherten geschlossene Ehe in dem insoweit maßgebenden Zeitpunkt des Todes des Versicherten nicht mehr rechtsgültig bestanden hat, steht für den Senat nach derzeitigen Erkenntnisstand außer Zweifel.
(1) Dass die zwischen dem Versicherten und der Klägerin am 4.7.1986 in der Türkei geschlossene Ehe nicht rechtsgültig zustande gekommen ist, macht die Klägerin nicht geltend.
(2) Sämtliche derzeit aktenkundigen Erkenntnisgrundlagen sprechen dafür, dass jedenfalls am 8.4.2004 die Ehe zwischen der Klägerin und dem Versicherten nicht mehr bestanden hat.
Eine Scheidung unterliegt dem Recht, das im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebend ist (Art. 17 Abs. 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch [EGBGB]). Dass für das Scheidungsverfahren nach Maßgabe des § 17 Abs. 1 Satz 2 EGBGB deutsches Recht Anwendung findet, macht die Klägerin selbst nicht geltend.
(a) Soweit die Klägerin aus der Stellungnahme des Herrn Prof. Dr. S dessen Einschätzung ableitet, es sei ausgeschlossen, dass die Ehe des Versicherten mit der Klägerin am 7.10.1987 geschieden worden sei, folgt der Senat dieser Interpretation der gutachterlichen Stellungnahme nicht. Dieser hat – im Gegenteil – ausdrücklich bekräftigt, dass die von der Klägerin im versorgungsausgleichsrechtlichen Verfahren vor dem AG U selbst vorgelegte Scheidungsurkunde jenseits kleinerer Merkwürdigkeiten in sich konsistent sei und wegen der Wahrung inhaltlicher und äußerlicher Standards viel für dessen Echtheit spreche.
Zur weiteren Begründung nimmt der Senat insoweit zunächst Bezug auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss, denen er sich nach eigener Prüfung anschließt (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
(b) Die in der Türkei durchgeführte Scheidung genießt auch Gestaltungswirkung für das deutsche Recht; die Wirksamkeit der Scheidung ist insbesondere nicht von einer Anerkennung für den deutschen Rechtsbereich abhängig.
Zwar entfalten Urteile grundsätzlich nur unmittelbare Rechtswirkungen in dem Gebiet des Staates, in dem sie erlassen worden sind, weshalb eine im Ausland getroffene Entscheidung in Familiensachen grds. der förmlichen Anerkennung nach Maßgabe des § 107 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) bedarf. Vorliegend ist jedoch zur Herbeiführung der Wirksamkeit der in der Türkei erfolgten Ehescheidung eine förmliche Anerkennung indes nicht erforderlich. Gemäß § 107 Abs. 1 Satz 2 FamFG ist eine förmliche Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in Familiensachen nämlich entbehrlich, wenn eine Ehe – wie vorliegend – durch ein Gericht oder eine Behörde des Staates aufgelöst wurde, dem beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Scheidung angehörten (sog. Heimatstaatenentscheidung).
c. Anhaltspunkte für erforderliche Ermittlungen von Amts wegen, die gegenwärtig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtfertigen könnten, sind derzeit nicht erkennbar und von der Klägerin auch nicht aufgezeigt worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 02.07.2015
Zuletzt verändert am: 02.07.2015