Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 30.10.2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Dem am 00.00.1941 geborenen Kläger wurde mit Bescheid der Beklagten vom 16.6.2006 Regelaltersrente (RAR) ab dem 1.5.2006 bewilligt. Diese Rente wurde mit Bescheid vom 28.12.2006 im Hinblick auf den Beitragsanteil des Klägers zur Kranken- und Pflegeversicherung neu berechnet.
Der Kläger legte gegen beide Bescheide Widerspruch ein und machte insbesondere geltend, die Meldebeträge und die Rentenbeitragszahlungen entsprächen zwar der Richtigkeit, die Rente sei aber nicht nach den Richtlinien der Zeit berechnet, in der er Rentenbeiträge gezahlt habe. Sein Altersregelsatz müsse etwa 27-35 % höher sei. Zum anderen müsse eine klare Trennung von Steuern und Sozialbeiträgen gewährleistet sein. Der Rentenbescheid sei nicht prüffähig: Die angegebenen Durchschnittseinkommen seien nicht nachvollziehbar. Es dürften nur die Einkommen der Rentenbeitragzahler berücksichtigt werden. Außerdem rüge er die von den Rentenkassen vorgenommenen Fremdleistungen, die durch die Ausgleichszahlungen des Bundes nicht gedeckt seien. Es sei verfassungswidrig, dass der Bund die Rentenkassen geplündert habe, um politische Renten zu zahlen an Personen, die nie in die Rentenkasse eingezahlt hätten.
Durch Bescheid vom 4.4.20007 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers zurück, da dieser nicht konkret begründet habe, dass die Rentenberechnung dem geltenden Recht widerspreche.
Mit der am 17.4.2007 zum Sozialgericht Münster (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren vertieft; seine Sache diene der Rechtsfortschreibung und sei im Interesse der Allgemeinheit zu klären.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 30.4.2007 die Rente des Klägers wegen einer Änderung des Beitragsatzes zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 1.3.2007 neu berechnet.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
unter Abänderung der Bescheide vom 16.6.2006, 28.12.2006 und 30.4.2007 die Beklagte zu verurteilen,
A) für alle Jahre ab 1955 bis 2006 den Geldpunktewert, Durchschnittslohn und den Inflationsgrad jeden Jahres mit in den Bescheid einzubauen.
B) Die Grundlagen des solidarischen Rentensystem vorzulegen.
C) Die Fremdleistungsbeträge zurück zu verlangen.
D) Den Nachweis zu erbringen, wie der Durchschnittslohn ermittelt wurde.
E) Einen Bescheid zu erstellen, in dem der zustehende Inflationsausgleich berücksichtigt wurde.
F) Die dann ermittelten Unterzahlungen seit dem Widerspruch vom 13.07.2006 nachzuzahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat dem Kläger eine Informationsschrift ("Wie berechne ich meine Rente?") zur Verfügung gestelllt und weitere Erläuterungen zur Rentenberechnung gegeben.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 30.10.2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger sei durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert, da diese nicht rechtswidrig seien.
Mit der Klage begehre der Kläger im Ergebnis eine höhere Rente
1.dadurch, dass bei dem zugrundezulegenden Durchschnittsentgelt bei Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte nur die Beitragszahler in der Rentenversicherung zu berücksichtigen seien,
2.dadurch, dass ein Inflationsausgleich zu zahlen sei,
3. dadurch, dass die Rentenversicherung für die Fremdleistungszahlungen von dem Bund einen vollen Ausgleich verlange.
Darüber hinaus begehre er die Grundlagen des solidarischen Rentensystems vorzulegen und den Nachweis zu erbringen, wie der Durchschnittslohn ermittelt wurde.
Der Kläger verkenne, dass die Beklagte durch die Gesetze gebunden sei und die Gesetze, so wie sie vom Gesetzgeber erlassen wurden, anzuwenden habe. Die Beklagte sei nicht über die dem Kläger erteilten Mitteilungen hinaus zu grundsätzlichen Auskünften über die Grundlagen des Rentenversicherungssystem verpflichtet, zumal nicht zu erkennen sei, was der Kläger unter Grundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung verstehe. Insoweit er dies durch das Gericht überprüft sehen möchte, sei seine Klage bereits unzulässig. Dasselbe gelte für seinen Antrag zu C.
Die Beklagte habe einen Rentenbescheid entsprechend den gesetzlichen Grundlagen erteilt. Der Kläger bestreite auch nicht, dass die von der Beklagten in dem Bescheid zugrunde gelegten Rentenbeitragszeiten und die Meldebeträge richtig seien. Seine Ausführungen befassten sich nicht damit, dass die Beklagte das Gesetz unzutreffend angewandt habe, er lege vielmehr eine seinen Vorstellungen entsprechende Berechnungsweise zugrunde bzw. wolle diese von der Beklagten angewandt sehen. Diese entspreche nicht der Rechtslage.
Insoweit der Kläger begehre, die Beklagte möge offen legen, wie die Durchschnittsentgelte ermittelt wurden, sei darauf hinzuweisen, dass diese Durchschnittsentgelte vom Gesetzgeber in einer Tabelle zu § 70 SGB VI festgesetzt worden seien und die Beklagte selbst eine solche Ermittlung nicht durchgeführt habe, vielmehr auch insoweit an die Vorgaben des Gesetzgebers gebunden sei. Das Gericht sei ebenfalls an die Gesetze gebunden und könne eine Verfassungswidrigkeit nicht erkennen.
Insoweit der Kläger einen Inflationsausgleich verlange, sei ebenfalls lediglich auszuführen, dass dieses gesetzlich nicht vorgesehen sei und das Begehren einer Grundlage entbehre. Dazu sei auch darauf hinzuweisen, dass entgegen der Ansicht des Klägers die Rentenversicherung nicht die Beiträge als Kapital festlege, sondern die Rentenzahlungen im Umlageverfahren aus den Beiträgen der aktiven Rentenbeitragszahler erfolgten. Die Verfassung verleihe dem Versicherten keinen Anspruch darauf, dass die an ihn zu erbringenden Rentenzahlungen gemessen an den persönlich erbrachten individuellen Beiträgen im Ergebnis eine bestimmte Rendite im Sinne etwa einer Garantieverzinsung beinhalten. Schon im Bereich der privaten Rentenversicherung seien entsprechende Renditegarantien (wobei von einer Rendite sowohl im Bereich der gesetzlichen wie auch in dem der privaten Rentenversicherung sinnvollerweise nur in Bezug auf eine durchschnittliche und nicht etwa auf die individuelle Rentenbezugsdauer gesprochen werden könne) nur in sehr eingeschränktem Maße und regelmäßig nur an den Nominalwert des Geldes anknüpfend üblich.
Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung sei zunächst zu berücksichtigen, dass die Beiträge keineswegs nur das Altersrentenrisiko, sondern namentlich auch das Risiko einer vorzeitigen Erwerbsminderung, der Versorgung von Hinterbliebenen und des Rehabilitationsbedarfes nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften abzudecken hätten. Darüber hinaus werde in der Sozialversicherung das Versicherungsprinzip entscheidend durch Gesichtspunkte modifiziert, die der Privatversicherung fremd seien. Denn die gesetzliche Rentenversicherung beruhe wesentlich auf dem Gedanken der Solidarität ihrer Mitglieder sowie des sozialen Ausgleichs und enthalte von jeher auch ein Stück sozialer Fürsorge (Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 29.12.1999- 1 BvR 679/98, BVerfGE 76,256,301). So würden beispielsweise mehr als 4 Prozentpunkte aus dem Beitragssatz auf die vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistung der Hinterbliebenenrente verwandt, ohne dass dagegen verfassungsrechtliche Bedenken bestünden (Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 29.12.1999, aaO).
Im Gegensatz zu den Ausführungen des Klägers sei der Gesetzgeber auch nicht schlechthin gehindert, der Rentenversicherung "Fremdlasten" aufzuerlegen. Nach dem Solidarprinzip der Sozialversicherung sei die Auferlegung solcher Ausgleichslasten nicht an sich schon ein verfassungswidriges Sonderopfer. Nicht die natürliche Homogenität der Versicherten bestimme den Rahmen des zulässigen Ausgleichs, sondern grundsätzlich der sozialpolitische Wille des Gesetzgebers. Deshalb liege es bei Einführung einer Pflichtversicherung in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, den Mitgliederkreis so abzugrenzen, wie es ihm für eine leistungsfähige Solidargemeinschaft erforderlich erscheine (Hinweis auf BVerfGE 44,70,90).
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, zu deren Begründung der Kläger im Wesentlichen seinen bisherigen Vortrag wiederholt. Der Rentenversicherungsträger könne sich nicht lapidar auf die Gesetzgebung berufen; er sei zunächst dem Beitragszahler verpflichtet und habe dessen Interessen zu vertreten. Die Beklagte verkenne auch die Ziele der Sozialgesetzgebung und die in den Art. 1, 20 und 28 Grundgesetz (GG) festgelegten Grundsätze. Die Bundesregierung beteilige sich an Falschinformationen.
Vorsorglich weist er darauf hin, dass er eine Klage an das BVerfG beabsichtige und deshalb den Instanzenzug durchlaufen müsse, so dass sein Rechtsmittel nicht als rechtsmissbräuchliche Prozessführung bezeichnet werden könne.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 30.10.2008 aufzuheben und nach seinem Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und ihre Bescheide weiterhin für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, weil der Kläger mit der ihm ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist und Anlass zur Vertagung nicht bestanden hat.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Wegen der Begründung nimmt der Senat zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides Bezug, § 153 Abs. 2 SGG. Auch das zweitinstanzliche Vorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Die dem Kläger erteilten Bescheide sind weder materiell noch formell rechtswidrig.
Mit den angefochtenen Bescheiden hat die Beklagte über den Anspruch des Klägers auf RAR entschieden; damit ist der zulässige Gegenstand der Klage bestimmt. Die Rente des Klägers ist aber den geltenden Vorschriften des SGB VI entsprechend berechnet worden; eine Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers fehlt. Soweit der Kläger höhere RAR fordert, erweist sich deshalb seine Klage, wie das SG richtig ausgeführt hat, als unbegründet.
Zu Unrecht rügt der Kläger, die Bescheide der Beklagten – insbesondere die darin vorgenommene Rentenberechnungen- seien nicht nachvollziehbar.
Gemäß § 35 Abs. 1 SGB X sind in der Begründung des Verwaltungsaktes die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Diesen Anforderungen genügen die angefochtenen Bescheide fraglos. Sie weisen nämlich eine ausführliche und zutreffende Begründung zu allen wesentlichen Punkten namentlich der Rentenberechnung auf, die die Entscheidung nachvollziehbar und überprüfbar macht. Die aus der Sicht des Klägers bestehende Unverständlichkeit mag außer an der Komplexität der Rentenberechnung an den Erkenntnismöglichkeiten des Klägers liegen, auf welche die Beklagte keinen Einfluss hat.
Ohnehin scheint es dem Kläger im Kern weniger um die Verständlichkeit der Begründung der Bescheide zu gehen als darum, dass die Rentenberechung und die dafür maßgeblichen Gesetze an seine persönlichen Vorstellungen darüber, was richtig und sinnvoll sei, angepasst werden sollen. Soweit der Kläger jenseits der individuellen Rentenberechnung liegende Ziele verfolgt und Forderungen wie nach "Vorlage der Grundlagen des solidarischen Rentensystems" oder auf Rückzahlung der "Fremdleistungsbeträge" erhebt, ist seine Klage vom SG zutreffend als unzulässig abgewiesen worden. Auch insoweit nimmt der Senat auf die Begründung des angefochten Gerichtsbescheides Bezug. Im übrigen ist der Kläger auf die Lektüre der vom SG zutreffenden zitierten Rechtsprechung des BVerfG u.a. zu den sogenannten versicherungsfremden Leistungen (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 29.1.1998 – B 12 KR 35/95 , SozR 3-2600 § 158 Nr. 1) zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen hat nicht bestanden.
Erstellt am: 02.04.2009
Zuletzt verändert am: 02.04.2009