Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 22.03.2001 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Auszahlung eines zu Gunsten der Beigeladenen zu 2) verrechneten Teils der Rente des Beigeladenen zu 1) an sich.
Die Klägerin ist die Ehefrau des Beigeladenen zu 1), der aufgrund eines Antrages vom 17.05.1994 seit dem 01.12.1994 Altersrente von der Beklagten bezieht.
Mit Vereinbarung vom 21.12.1985 trat der Beigeladene zu 1) "zur Sicherung von Rückzahlungsansprüchen im Wege der Sicherungsübereignung seine sämtlichen Eigentumsrechte an seiner Angestelltenversicherung auf Altersruhegeld" an die Klägerin ab. Diese Vereinbarung wurde der Beklagten erstmals am 21.09.1992 übersandt und erst dadurch bekannt.
Bereits am 24.05.1991 ermächtigte die Beigeladene zu 2) die Beklagte im Vorgriff auf einen zu erwartenden Rentenbezug, die Rente mit rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 01.06.1987 bis zum 31.07.1987 einschließlich Säumniszuschlägen und Zinsen in Höhe von insgesamt 22.058,35 DM zu verrechnen.
Nach Anhörung der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) verrechnete die Beklagte mit an die Klägerin gerichtetem Bescheid vom 26.11.1999 und Widerspruchsbescheid vom 03.03.2000 aufgrund der Verrechnungsermächtigung der Beigeladenen zu 2) deren Forderungen gegen den Rentenanspruch, soweit dieser die Pfändungsfreigrenzen in Höhe von 1.220,– DM überstieg. Mit Bescheid vom 07.04.2000 hat die Beklagte die Rente neu berechnet und an der Verrechnung zu Gunsten der Beigeladenen zu 2) festgehalten. Mit Bescheid vom 26.09.2000 hat die Beklagte den verrechneten Betrag vermindert.
Im Klageverfahren hat die Klägerin gemeint, die Verrechnung zu Gunsten der Beigeladenen sei nicht rechtmäßig, weil die zu ihren Gunsten erfolgte Abtretung der Rentenansprüche vorrangig sei.
Mit Urteil vom 22.03.2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat aus §§ 406 BGB, 53 Abs. 5 SGB I abgeleitet, dass die Verrechnung gegenüber der Abtretung vorrangig sei.
Gegen diese am 02.05.2001 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 16.05.2001 erhobene Berufung. Die Klägerin meint, § 53 Abs. 5 SGB I sei nicht auf Fälle anzuwenden, in denen die Abtretung bereits vor dem 01.01.1989 erfolgt ist. Sie stützt diese Ansicht auf Art. 6 des Ersten SGBÄndG vom 20.07.1998 (BGBl. I 1046). Die Abtretung sei auch gemäß § 406 BGB vorrangig, weil die Ansprüche, mit denen verrechnet wird, erst 1987 fällig geworden seien, eine Rentenanwartschaft jedoch schon früher bestanden habe.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 22.03.2001 abzuändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 26.11.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2000 und Abänderung der Bescheide vom 07.04.2000 und 26.09.2000 die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die pfändbaren Anteile der Rente des Beigeladenen zu 1) auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, nicht aber begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf den pfändbaren Teil der Rente des Beigeladenen zu 1).
Grundsätzlich kann die Klägerin von der Beklagten die Zahlung eines Teils der dem Beigeladenen zu 1) bewilligten Altersrente beanspruchen, denn sie ist in Anwendung der allgemeinen Regel des § 398 Satz 2 BGB – jedenfalls in Höhe des begehrten pfändbaren Teils der Rente – Inhaberin des Zahlungsanspruchs geworden. Dieser ist ihr durch Vereinbarung mit dem Beigeladenen zu 1) vom 21.12.1985 wirksam abgetreten worden. Soweit die Pfändungsgrenzen überschritten werden, ist die Abtretung auch öffentlich-rechtlich zulässig (§ 53 Abs. 3 SGB I).
Das Sozialgericht hat indes zu Recht ausgeführt, dass der Klägerin ein Zahlungsanspruch nicht zusteht. In Höhe der von der Beklagten zu Gunsten der Beigeladenen zu 2) vorgenommenen Verrechnung ist der Zahlungsanspruch erloschen (§ 389 BGB).
Die Ermächtigung der Beklagten zur Verrechnung mit Ansprüchen der Beigeladenen zu 2) ergibt sich aus § 52 SGB I. Hiernach kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 die Aufrechnung zulässig ist.
Mit Beitragsansprüchen kann gemäß § 51 Abs. 2 SGB I aufgerechnet werden, soweit der Leistungsberechtigte dadurch nicht hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des BSHG über die Hilfe zum Lebensunterhalt wird.
Die Ermächtigung der Beigeladenen zu 2) liegt vor. Bei deren Ansprüchen handelt es sich um Beitragsansprüche, weshalb § 51 Abs. 2 SGB I einschlägig ist. Für eine als Folge der Verrechnung eintretende Sozialhilfebedürftigkeit der Klägerin enthält der Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte, weshalb dahinstehen kann, ob es nach einer wirksamen Abtretung eines Rentenanspruchs auf die Hilfsbedürftigkeit des Zessionars überhaupt ankommt.
Wie das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat, geht die Verrechnung der Abtretung vor. Dies ergibt sich bereits aus der analogen Anwendung von § 406 BGB (hierzu Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht – Seewald – Rdnr. 32 zu § 53). Gemäß § 406 1. Alt. BGB kann der Schuldner eine ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehende Forderung auch dem neuen Gläubiger gegenüber aufrechnen, es sei denn, dass er bei dem Erwerbe der Forderung von der Abtretung Kenntnis hatte. Die Beigeladene zu 2) hat ihre Forderung 1987 erworben, von der Abtretung hat die Beklagte erst 1992 erfahren. Auch für eine frühere Kenntnis der Beigeladenen zu 2) von der Abtretung enthält der Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte.
Selbst wenn die Beklagte oder die Beigeladene zu 2) vor Erwerb der Forderung von der Abtretung Kenntnis gehabt hätten, würde dies den Vorrang der Abtretung nicht begründen. Denn § 53 Abs. 5 SGB I bestimmt – nur insoweit von § 406 BGB ab weichend (hierzu Verbandskommentar Rdnr. 10 zu § 53) -, dass die Kenntnis von der Abtretung bei Erwerb der Forderung die Aufrechnung oder Verrechnung nicht ausschließt. Im Gegensatz zur Meinung der Klägerin ist diese Vorschrift anwendbar. § 53 Abs. 5 SGB I wurde eingeführt mit Wirkung vom 01.01.1989 durch Art. 1 Ziff. 4 des Ersten SGBÄndG vom 20.07.1988. Nach Art. 6 Abs. 2 dieses Gesetzes gilt § 53 Abs. 5 SGB I für die nach dem 31.12.1988 fällig werdenden Ansprüche. Der Anspruch des Beigeladenen zu 1) wurde weit nach diesem Zeitpunkt fällig (hierzu § 41 SGB I, vgl. auch § 118 Abs. 1 SGB VI).
Auch § 406 2. Alt. BGB begründet den Vorrang der Abtretung nicht. Hiernach ist die Aufrechnung ausgeschlossen, wenn die Forderung erst nach Erlangung der Kenntnis und später als die abgetretene Forderung fällig geworden ist. Die Forderung der Beigeladenen zu 2) ist bereits 1987 fällig geworden (§ 23 SGB IV), d.h. weit vor Erlangung der Kenntnis im Jahre 1992. Auch ist sie nicht später als der Rentenanspruch, son dern weit früher fällig geworden.
Die Beklagte hat die somit vorliegende Ermächtigungsgrund lage zutreffend angewandt, insbesondere hat sie im angefochtenen Bescheid Ermessen ausgeübt, indem sie zutreffend darauf hingewiesen hat, dass Einwände gegen die Angemessen heit der Verrechnung im Anhörungsverfahren nicht erhoben wurden. Angesichts dessen ist für andere Ermessenserwägungen bei einem solchen Sachverhalt kein Raum.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Erstellt am: 13.08.2003
Zuletzt verändert am: 13.08.2003