Auf die Beschwerden der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 26.05.2014 geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 25.04.2014 gegen den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt vom 16.04.2014 wird angeordnet. Der Antragstellerin wird für das Verfahren in der ersten Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin O aus C beigeordnet. Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin in beiden Instanzen.
Gründe:
Die Beschwerden der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Gelsenkirchen vom 26.05.2014 sind hinsichtlich des Widerspruchs der Antragstellerin vom 25.04.2014 gegen den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt vom 16.04.2014 mit dem Gültigkeitszeitraum 16.4.2014 bis 15.10.2014 zulässig und begründet.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommt nur dann in Betracht kommt, wenn der in Streit stehende Bescheid des Antragsgegners offensichtlich rechtswidrig ist oder aber hinsichtlich deren Rechtmäßigkeit zumindest ernsthafte Zweifel bestehen bzw. eine Vollziehung der angefochtenen Entscheidungen des Antragsgegners eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte für den Antragsteller darstellt. Die Tatsachen sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen, § 86b SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordung (ZPO).
Der Widerspruch des Antragstellerin vom 25.04.2014 gegen den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt vom 16.04.2014 hat gem. § 39 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) keine aufschiebende Wirkung.
Die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung liegen vor, denn es bestehen ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Bescheids vom 16.04.2014.
Der Bescheid ist bezüglich der Pflichten der Antragstellerin im Rahmen der erweiterten Unterstützung der Eigenbemühungen im Hinblick auf die Pflichten der Antragstellerin gegenüber dem K-D (Best Ager) – Berliner Platz 8,44579 Castrop Rauxel – nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). § 33 Abs. 1 SGB X bestimmt, dass ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein muss. Dies macht erforderlich, dass der Betroffene aus der gewählten Formulierung schlüssig nachvollziehen kann, was von ihm erwartet wird und welche Konsequenzen sich aus einer Pflichtverletzung ergeben (LSG NRW, Beschluss vom 23. August 2013 – L 7 AS 1398/13 B ER). Aus dem Bestimmtheitsgrundsatz nach § 33 Abs. 1 SGB X folgt insbesondere, dass der Inhalt der Regelung hinreichend bestimmt ist. Aus der Regelung muss sich ergeben, welcher Lebenssachverhalt mit welcher Rechtsfolge geregelt ist (Pattar in: jurisPK-SGB X, § 33 SGB X, Rn. 19). Inhaltlich hinreichend bestimmt ist ein Verwaltungsakt dann, wenn für den verständigen Beteiligten der Wille der Behörde unzweideutig erkennbar wird und eine unterschiedliche subjektive Bewertung nicht möglich ist (BSG, Urteil vom 29.01.1997 – 11 RAr 43/96). Nicht ausreichend für die Bestimmtheit ist, dass der Regelungsgehalt durch zukünftig hinzutretende Ereignisse, die außerhalb der Sphäre des Betroffenen liegen, nach Erlass des Verwaltungsaktes überhaupt erst zutage tritt. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien hat das SG zwar die Bestimmtheit der Pflicht 6 aus dem die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt vom 16.04.2014 angenommen. Die Pflicht 6 regelt die Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Ansprechpartner im Job-Club (Best Ager), Herrn K, bis spätestens 15.05.2014. Die Pflicht umfasst die Durchführung eines ersten Gesprächs. Den Anforderungen an den Bestimmtheitsgrundsatz hingegen entspricht die Pflicht 7 nach Auffassung des Senats nicht. Die Pflicht 7 regelt die Verpflichtung der Antragstellerin,
"dem Job-Club bei allen Aktivitäten … der Beratung und Vermittlung zur Stärkung/Unterstützung des obigen Ressourcenbereichs und damit zur Erreichung des Förderungsziels zur Verfügung zu stehen und aktiv mitzuarbeiten. Die von Ihnen erwarteten Aktivitäten beinhalten nicht nur eine intensive Zusammenarbeit mit Ihrer/Ihrem persönlichen Unternehmen-Scout, sondern auch die Teilnahme an allen vom K-D organisierten Veranstaltungen, die Ihnen dort zur Stärkung/Unterstützung … verbindlich unterbreitet werden. Hierzu zählen insbesondere Veranstaltung zu den Themen Bewerbungsmanagement, Selbstmarketing, Übung zu Vorstellungsgesprächen sowie Hilfestellung bei der Stellensuche und der Erstellung von Bewerbungsunterlagen."
Aus dieser Verpflichtung geht im Erlasszeitpunkt nicht hervor, wann, welche bzw. in welchem zeitlichen Umfang und wie oft die Antragstellerin diese Verpflichtung – insbesondere zur Teilnahme an den Veranstaltungen des K-D – trifft. Es liegt auch außerhalb der Sphäre der Antragstellerin, dieses zu beeinflussen. Es ist zwar nachvollziehbar, dass sich erst aus dem Erstgespräch mit dem persönlichen U-Scout, so wie in Pflicht 6 niedergelegt, die Art und der Umfang der weiteren Förderung der Antragstellerin ergeben wird. Ein Leistungsempfänger darf jedoch nicht mit dem Risiko einer Leistungsminderung im Sinne der §§ 31 – 31b SGB II belastet werden, wenn seine Pflicht im Einzelfall nicht hinreichend bestimmt ist. Aus der beigefügten Anlage zur Belehrung über die Rechtsfolgen ergibt sich nicht, dass das Verhalten der Antragstellerin hinsichtlich der auferlegten Verpflichtungen aus der "Pflicht 7" sanktionslos gestellt ist. Insoweit beinhaltet die Pflicht 7 keinen rechtsfolgenlosen Fahrplan der Förderung der Antragstellerin durch den K-D für die kommenden Monate nach Durchführung des Erstgesprächs. Die Rechtsfolgenbelehrung unterscheidet bei einer etwaigen Leistungsminderung nicht zwischen Verletzungen der Pflicht der Antragstellerin um Bemühungen zur Eingliederung in Arbeit und der Verletzung von Pflichten im Rahmen der erweiterten Unterstützung der Eigenbemühungen der Antragstellerin. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der in der "Pflicht 7" aufgeführten verpflichtenden Teilnahme an verbindlich unterbreiteten Trainingsmaßnahmen wie Bewerbungsmanagement, Selbstmarketing, Übung zu Vorstellungsgesprächen, Stellensuche und Erstellung von Bewerbungsunterlagen. Damit wird zulasten der Antragstellerin ein etwaiger Pflichtverstoß vorverlagert, ohne dass auf eine prüfbare konkrete Einzelmaßnahme abgestellt wird.
Darüber hinaus regelt der Verwaltungsakt vom 16.04.2014 auch die Fahrtkosten zu der Maßnahme nicht. Der Antragsgegner verpflichtet sich lediglich, für die Kosten für Vorstellungsgespräche aufzukommen. Eine Regelung für die Fahrtkosten zur Maßnahme enthält der Verwaltungsakt hingegen nicht.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Ausgangsverfahren ist nach § 73a SGG, § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) begründet, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 24.09.2014
Zuletzt verändert am: 24.09.2014