Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.12.2012 geändert. Dem Kläger wird für das Klageverfahren ab 13.09.2012 ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt I, Korschenbroich, bewilligt. Kosten haben die Beteiligten einander im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Streitig ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Klageverfahren, in dem der Kläger vom Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum März und April 2012 begehrt.
Der 1984 geborene Kläger steht bei dem Beklagten im Bezug von laufenden Leistungen nach dem SGB II. Leistungen wurden ihm im Zeitraum bis Februar 2012 und aufgrund eines beim Beklagten am 02.05.2012 eingegangenen Fortzahlungsantrags ab Mai 2012 gezahlt. Zahlungen für die Monate März und April 2012 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 30.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2012 mit der Begründung ab, dass es für diesen Zeitraum an einer rechtzeitigen Antragstellung fehle.
Hiergegen hat der Kläger am 28.08.2012 Klage beim Sozialgericht Düsseldorf (SG) erhoben und einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt. Er macht geltend, am 01.03.2012 einen Fortzahlungsantrag wie bereits häufig zuvor per Fax gestellt zu haben. Hierzu hat er ein Faxsendeprotokoll vorgelegt, das die Transaktion und die erste Seite der Faxsendung anzeigt. Es könne nicht zu seinen Lasten gehen, wenn der Beklagte versäumt habe, den Antrag zur Akte zu nehmen. Er sei der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast, soweit sein Machtbereich reiche, nachgekommen. Der Beklagte möge nunmehr darlegen und beweisen, dass er den Antrag nicht erhalten habe. Hierzu habe das Sozialgericht unter Berücksichtigung höchstrichterlich entwickelter Parameter im Rahmen der Amtsermittlung ggf. tätig zu werden.
Das SG hat den PKH-Antrag mit Beschluss vom 28.12.2012 mangels hinreichender Aussicht der Sache auf Erfolg abgelehnt. Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II würden gem. § 37 SGB II nur auf Antrag gewährt. In den Verwaltungsakten befinde sich aber kein Antrag vom 01.03.2012. Eine eventuelle Absendung eines Faxes stelle keinen Antrag dar. Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Übermittlung per Telefax sei auf die am Empfangsort erstellte körperliche Urkunde abzustellen. Ein Telefax sei deshalb erst zugegangen, wenn es beim Empfänger ausgedruckt werde. Ein Absendenachweis stelle keinen Beweis für einen Zugang dar. Er beweise lediglich das Zustandekommen der Verbindung. Im Übrigen sei durch das Übersendeprotokoll auch nicht bewiesen, ob es sich bei diesem wirklich um ein abgesandtes Fax handele oder ob hier Manipulationen vorgenommen worden seien. Für Manipulationen spreche, dass als Datum nur 1.3 vermerkt sei. Im Übrigen falle auf, dass bei den Seiten eine Zahl von 8 angegeben werde, während der als Anlage übersandte Antrag nur 7 Seiten umfasse. Dies könne letztlich jedoch dahinstehen, denn in der Verwaltungsakte befänden sich Faxe mit nicht zu erkennendem Absender, die offensichtlich von dem Beklagten mit dem Vermerk "vom Schrifttyp ist es ein Werdermann-Fax" versehen worden seien. Daraus ergebe sich, dass der Kläger in der Vergangenheit möglicherweise Faxe an den Beklagten geschickt habe, die nicht einzuordnen gewesen seien. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger auch im vorliegenden Fall wieder an den "Tücken der Technik" gescheitert sei. Damit sei kein Vorwurf an ihn verbunden, ein Antrag vor Mai jedoch auch nicht bewiesen.
Gegen den ihm am 16.01.2013 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 24.01.2013 Beschwerde eingelegt. Ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen hat er ausgeführt, dass die Datumsangabe im Faxsendebericht nicht auf eine Manipulation hindeute. Gemäß der Kopfzeile dieses Berichts habe die Übersendung am 01.03.2012 um 22.19 Uhr geendet. Die Faxgeräte des Herstellers HP gäben die Jahreszahl nicht erneut in der weiter unten gelegenen Datenzeile an. Auch die Seitenzahl 8 sei zutreffend; fehlerhaft sei bei der Übersendung der Kopie des Antrags ein Blatt nicht mit vorgelegt worden. Er weise darauf hin, dass die gleiche Problematik zwischen den Parteien bereits in früheren Rechtsstreitigkeiten thematisiert worden und seinerzeit die technischen Gegebenheiten des Faxgerätes letztlich unstreitig als gegeben hingenommen worden seien. Das Sozialgericht verkenne in seinem Beschluss die höchstrichterlich entwickelten Grundsätze zur Beweislast für den Zugang eines Antrags.
Auf Nachfrage des Senats hat der Beklagte mitgeteilt, dass nicht mehr feststellbar sei, ob am 01.03.2012 Faxeingänge unter der laut Sendeprotokoll angewählten Nummer zu verzeichnen gewesen seien oder ob eine Störung des Empfangsgerätes, das Faxe über den PC (Outlook) empfange, vorgelegen habe. Um Speicherressourcen zu schonen, würden systembedingt vierwöchig alle eingegangenen Faxe und anderen Daten gelöscht. Die möglichen Faxeingänge vom 01.03.2012 seien daher nicht mehr reproduzierbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Zu Unrecht hat es das Sozialgericht abgelehnt, dem Kläger PKH für das vorliegende Klageverfahren zu bewilligen.
Voraussetzung für die Gewährung von PKH ist nach § 73a Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO), dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, der Beteiligte die Kosten der Prozessführung, nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint und die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich ist (§ 121 Abs. 2 ZPO).
Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht nach vorläufiger Prüfung den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 73a Rn. 7a). Der Erfolg braucht nicht sicher zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte, darf der Antrag auf Gewährung von PKH abgelehnt werden (vgl. BSG Beschluss vom 17.02.1998 – B 13 RJ 83/97 R Rn. 26).
Eine Beweisantizipation ist in eng begrenztem Rahmen möglich. Kommt jedoch eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht und liegen keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgehen würde, so kann Prozesskostenhilfe nicht verweigert werden (vgl. BVerfG Beschluss vom 14.04.2003 1 BvR 1998/02 Rn. 11 mwN; Beschluss vom 29.09.2004 – 1 BvR 1281/04 Rn. 14).
Letzteres ist vorliegend der Fall. Da der Kläger ohne Weiteres auch im hier streitgegenständlichen Zeitraum die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfüllen würde, kommt es für einen Erfolg des Klageverfahrens allein auf die Frage an, ob der Kläger rechtzeitig einen Fortzahlungsantrag gestellt hat. Vom Sozialgericht sind insoweit weitere Ermittlungen vorzunehmen. Der vom Kläger vorgelegte Faxsendebericht belegt zunächst seine Angaben, er habe am 01.03.2012 einen Fortzahlungsantrag an den Beklagten gesendet. Ob das Empfängerfaxgerät am fraglichen Tag und zum fraglichen Zeitpunkt technische Mängel aufwies, was ggf. gegen eine Übersendung sprechen würde (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.05.1999 3 Wx 53/99 juris Rn. 21 f.), lässt sich nach den Angaben des Beklagten nicht ermitteln. Eine fehlende Antragstellung bei dem Antrag nach § 37 Abs. 1 S. 1 SGB II handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung kann daher nur dann angenommen werden, wenn sich aufgrund weiterer Ermittlungen ergäbe, dass entweder das Sendeprotokoll manipuliert worden ist oder das Faxsendegerät des Klägers eine Übertragungsstörung nicht erkannt hat (vgl. BSG Beschluss vom 20.10.2009 B 5 R 84/09 B juris Rn. 11). An konkreten Anhaltspunkten für eine Manipulation durch den Kläger oder einer Übertragungsstörung seitens seines Gerätes fehlt es. Zu den vom Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss angeführten Zweifeln hat der Kläger Erläuterungen abgegeben, die ohne weitere sachkundige technische Kenntnisse nicht zu widerlegen sind. Zudem wäre zu ermitteln, ob der Kläger nicht nach dem Bekanntwerden des Schreibens des Beklagten vom 04.11.2012, mit dem er im Rahmen der behördlichen Beratungspflichten auf die Notwendigkeit der erneuten Stellung eines Fortzahlungsantrages hingewiesen worden ist, im Rahmen einer persönlichen Vorsprache zum Ausdruck gebracht hat, dass er über Februar 2012 hinaus Leistungen beziehen wolle. Die Antragstellung ist nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB II an keine Frist gebunden.
Die Beiordnung des Rechtsanwalts des Klägers ist erforderlich im Sinn von §§ 73a SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO. Die Klage ist nicht mutwillig und der Kläger ausweislich seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage, die Prozesskosten selbst aufzubringen (§§ 73a SGG i.V.m. 114, 115 ZPO).
Kosten sind im Beschwerdeverfahren gem. § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.
PKH für das Beschwerdeverfahren um die Bewilligung von PKH ist nicht zu bewilligen, da unter Prozessführung i.S.v. § 114 ZPO nur das eigentliche Streitverfahren, nicht aber das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren zu verstehen ist (vgl. z.B. BGH Beschluss vom 08.06.2004 VI ZB 49/03 juris Rn. 6 unter Verweis auf Beschluss vom 30.05.1984 VIII ZR 298/83).
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Lente-Poertgen Philippi Boerner
Beglaubigt
Flegel Regierungsbeschäftigter
Erstellt am: 18.06.2013
Zuletzt verändert am: 18.06.2013