Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 15.11.2011 geändert. Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Klageverfahrens unter Beiordnung von Rechtsanwalt E in N für die Zeit ab 26.10.2011 gewährt. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Beklagte forderte mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2011 Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.05.2011 in Höhe von insgesamt 297,50 EUR von der Klägerin wegen anderweitiger Aufteilung des Kindergeldes im gleichen Zeitraum zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf die genannten Bescheide verwiesen.
Dagegen reichte für die Klägerin ihr Bevollmächtigter am 23.09.2011 einen als "Klage" überschriebenen Schriftsatz ein und führte aus, " die Klage solle nur durchgeführt werden, wenn" – entsprechend seinem gleichzeitig gestellten Antrag – "Prozesskostenhilfe bewilligt wird". Im Übrigen wurde zur Rechtswidrigkeit der Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung des Beklagten und zum gutgläubigen Verbrauch der Überzahlung weiter vorgetragen. Dem Schriftsatz war eine am 24.06.2011 von der Klägerin unterzeichnete Prozessvollmacht beigefügt. Der Beklagte wandte dagegen ein, die Klage sei unter einer Bedingung erfolgt, dies sei als Prozesshandlung unzulässig. Deshalb liege bislang nur ein PKH-Gesuch vor. Dem ist die Klägerin entgegen getreten: Sie sei davon ausgegangen, dass die Klage zwar bedingungslos eingereicht, das weitere Verfahren aber von der Bewilligung der PKH abhängig sei. Falls diese Vorgehensweise missverständlich sei, beantrage sie Widereinsetzung in den vorigen Stand. Zudem erklärte sie nun zur Klarstellung, das Verfahren solle nur durchgeführt werden, wenn die "Prozesskostenhilfe bewilligt wird". Beigefügt war der ausgefüllte Vordruck zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Prüfung der PKH-Voraussetzungen im Übrigen.
Mit Beschluss vom 15.11.2011 hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Klage biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Sie sei unzulässig, da die Klägerin sie unter einer Bedingung erhoben habe; diese Prozesshandlung sei unwirksam. Eine dann eventuell später erhobene Klage sei wegen Verfristung unzulässig. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme mangels unverschuldeter Verzögerung seitens der Klägerin auch nicht in Betracht.
Gegen den ihr am 23.11.2011 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 23.12.2011 Beschwerde eingelegt. Die Klage sei nicht bedingt erhoben worden, es handele sich um eine "ganz normale" Klage. Mit Blick auf das PKH-Gesuch sei lediglich hinzugefügt worden, dass im Falle der Ablehnung der Prozesskostenhilfe das Verfahren nicht durchgeführt werde. Mit der Beschwerde werde PKH begehrt, weil die Klägerin die Rückforderung des Beklagten wegen Wegfalls der Bereicherung weiterhin ablehne.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen einschließlich des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag der Klägerin, ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt E zu bewilligen zu Unrecht abgelehnt.
Prozesskostenhilfe wird nach § 73 a Abs. 1 S.1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) nur gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Rechtsverfolgung der Klägerin bietet nach der hier gebotenen summarischen Überprüfung hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Die Klage ist zulässig. Sie wurde nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2011 am 23.09.2011 noch innerhalb der einmonatigen Klagefrist des § 87 SGG erhoben. Die Erhebung erfolgte nicht unter einer die Wirksamkeit der Prozesserklärung hindernden Bedingung (vgl hierzu Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 90 Rn. 4 a m.w.N., ferner § 151 Rn. 2; vgl. auch Bundessozialgericht – BSG – Urt. v 13.10.1992 – 4 RA 36/92). Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts war die Klageerhebung nicht davon abhängig gemacht worden, dass der Klägerin zur Durchführung des Klageverfahrens Prozesskostenhilfe bewilligt werde.
Die Auslegung der im Schriftsatz vom 22.09.2011 enthaltenen prozessrechtlichen Erklärungen ergibt, dass die anwaltlich vertretene Klägerin Klage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt hat.
Bei der Verbindung von PKH-Antrag und Klageerhebung sind grundsätzlich drei Fallgestaltungen zu unterscheiden (s. auch LSG Berlin-Brandenburg Beschl. v 03.01.2007 – L 5 B 1178/06 AS PKH, juris Rn. 5): Die Klage wird unabhängig von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhoben (1), sie wird (nur) unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhoben (2) oder es handelt sich um Ausführungen in einem Entwurf der Klageschrift, die lediglich der Begründung des PKH-Gesuchs dienten (3). Im Rahmen der Auslegung kommt es nicht auf den inneren Willen der Beteiligten, sondern auf den in der Erklärung verkörperten Willen an (BSG, a.a.O.; Bundesverwaltungsgericht Buchholz 310 § 166 VwGO Nr. 22).
Zur Überzeugung des Senats liegt hier die erste Variante vor: Der Schriftsatz vom 22.09.2001 ist an das (Sozial-)Gericht adressiert, mit "Klage" im Fettdruck überschrieben und enthält die Erklärung: "Namens und in beigefügter Vollmacht erhebe ich Klage mit dem Antrag …". Klageerhebung und Antrag werden im Weiteren nicht eingeschränkt. Die Vollmacht ist der Klageschrift beigefügt. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird "gleichzeitig" gestellt. Wenn die Klägerin im Anschluss an diese nach Form und Inhalt prozessrechtlichen Erklärungen ausführt: "Die Klage soll nur durchgeführt werden, wenn Prozesskostenhilfe bewilligt wird.", ist dies im Gesamtkontext in dem von ihr geäußerten Sinne zu verstehen, dass hier die Durchführung des Klageverfahrens gemeint sei. Jedenfalls beinhaltet dieser Satz aber nicht mit der für prozessrechtliche Erklärungen erforderlichen Klarheit, die Erhebung der Klage als solche werde in dem Sinne eingeschränkt, dass sie nur unter einer Bedingung erfolge, streng genommen: erfolgt sei.
Die (zulässige) Klage bietet auch hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig. Ob Maßstab für die Beurteilung des Aufhebungsbescheides für den gesamten Anspruchszeitraum und mit Blick auf alle Bemessungsgrundlagen im Ergebnis § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X ist, ist eine zumindest in dieser Fallkonstellation nicht einfach zu beantwortende Rechtsfrage. Ob der Klägerin dann grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorgehalten werden kann, bedarf nach der hier gebotenen summarischen Überprüfung weiterer Feststellungen.
Kosten werden im PKH-Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 21.03.2012
Zuletzt verändert am: 21.03.2012