Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.05.2013 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die Beschwerde der Kläger ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das erstinstanzliche Verfahren zu Recht abgelehnt.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 lit. b Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der Fassung des Artikel 7 Nr. 11 lit. b des Gesetzes zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen, zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze – BUK-NOG – vom 19.10.2013 (BGBl I, 2013, 3836, 3847) ausgeschlossen.
Dahingestellt bleiben kann, ob das von den Klägern geführte Verfahren in der Hauptsache der Zulassung bedürfte. Dies ist vorliegend unklar, weil die Kläger zwar die Verfassungswidrigkeit der Regelsatzhöhe rügen, aber im Klageverfahren nicht mitgeteilt haben, in welcher Höhe ihrer Auffassung nach Regelleistungen zu zahlen seien.
Sofern die Kläger für den streitigen Leistungszeitraum vom 01.12.2011 bis 31.03.2011 monatlich um ca. 95 Euro höhere Regelleistungen pro Person begehren, bedürfte die Hauptsache gem. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG nicht der Zulassung (95 Euro à 2 Personen à 4 Monate = 760 Euro). Aber auch dann, wenn die Kläger (nur) die Zahlung eines geringeren Betrages verfolgen wollen, so dass die Hauptsache der Zulassung bedürfte, ist die Beschwerde zulässig. Grund hierfür ist, dass die geänderte Gesetzesfassung des § 172 Abs. 3 Nr. 2 lit. b Sozialgerichtsgesetz im vorliegenden Beschwerdeverfahren bereits grundsätzlich keine Anwendung findet, obwohl die einschränkende Neuregelung gem. Art. 17 Abs. 1 BUK-NOG am Tag nach der Verkündung, somit am 25.10.2013 in Kraft getreten ist.
Zwar ist nach dem allgemeinen Grundsatz des intertemporalen Prozessrechts bei fehlenden Übergangsvorschriften auch in bereits anhängigen Verfahren ab Inkrafttreten der Rechtsänderung grundsätzlich das neue Prozessrecht anzuwenden (vgl. z.B. BVerfG Beschluss vom 07.07.1992 – 2 BvR 1631/90 juris Rn. 43; Beschluss vom 12.07.1983 – 1 BvR 1470/82 juris Rn. 59; Entscheidung vom 31.05.1960 – 2 BvL 4/59 juris Rn. 29). Dem Gesetzgeber ist es nicht verwehrt, ein bisher nach der jeweiligen Verfahrensordnung statthaftes Rechtsmittel abzuschaffen oder den Zugang zu einem an sich eröffneten Rechtsmittel von neuen einschränkenden Voraussetzungen abhängig zu machen, wobei dies grds. auch für bereits bei Gericht anhängige Verfahren geschehen kann (BVerfG Beschluss vom 07.07.1992 – 2 BvR 1631/90 juris Rn. 36). Eine Ausnahme gilt dann, wenn ein Beteiligter nach bisherigem Recht eine schutzwürdige Position erlangt hat, die es nach neuem Verfahrensrecht nicht mehr gibt (vgl. Jungeblut in BeckOK SGG § 172 Rn. 26, § 144 Rn. 3a; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 172 Rn. 1a; BSG Beschluss des Großen Senats vom 19.02.1992 – GS 1/89 juris Rn. 4). Auch das Verfahrensrecht kann Rechtspositionen gewähren, die in ihrer Schutzwürdigkeit materiell-rechtlichen Gewährleistungen vergleichbar sind (BVerfG Beschluss vom 07.07.1992 – 2 BvR 1631/90 juris Rn. 42). Mit der Einlegung eines nach der jeweiligen Verfahrensordnung statthaften und zulässigen Rechtsmittels wird eine gewichtige verfahrensrechtliche Position begründet (BVerfG aaO juris Rn. 43). Die rechtsstaatlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und Rechtsmittelsicherheit sowie des Vertrauensschutzes gebieten, dass eine prozessrechtliche Einschränkung der Statthaftigkeit von Rechtsmitteln oder die Verschärfung der Zulassungsvoraussetzungen grundsätzlich nicht Rechtsmittel unzulässig werden lässt, die nach altem Rechtszustand zulässig eingelegt wurden. Etwas anderes gilt nur, wenn dies durch eine hinreichend deutliche gesetzliche Übergangsregelung angeordnet wird. Fehlen abweichende gesetzliche Bestimmungen, führt eine nachträgliche Beschränkung von Rechtsmitteln gerade nicht zum Fortfall der Statthaftigkeit bereits eingelegter Rechtsmittel (BVerfG aaO mwN). Die durch den Grundsatz der Rechtsmittelsicherheit gestützte Position des Rechtsmittelführers erhält dann ein Gewicht, das den Schutz des Vertrauens in den Fortbestand der Zulässigkeit eines eingelegten Rechtsmittels auch verfassungsrechtlich gebietet (BVerfG aaO Rn. 45).
Eine (klare) Übergangsregelung des Gesetzgebers zur Änderung des § 172 Abs. 3 SGG fehlt und lässt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte der Neufassung des BUK-NOG entnehmen. Beschwerden gegen ablehnende PKH-Beschlüsse, die vor dem 25.10.2013 eingelegt worden sind, sind über dieses Datum hinaus entsprechend weiterhin auch dann statthaft, wenn sie in der Hauptsache der Zulassung der Berufung bedürfen. Die Neufassung des § 172 Abs. 3 Nr. 2 lit. b SGB II findet damit auf die von den Klägern am 29.05.2013 eingelegte Beschwerde keine Anwendung.
Die Beschwerde ist aber unbegründet.
Prozesskostenhilfe wird nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) nur gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Eine hinreichende Erfolgsaussicht des den Zeitraum vom 01.12.2011 bis zum 31.03.2012 betreffenden Verfahrens kann sich hier allein aus den in Schrifttum und Rechtsprechung bestehenden Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der ab dem 01.01.2011 geltenden Regelsätze ergeben, weil eine fehlerhafte Berechnung der Leistungen durch den Beklagten von den Klägern nicht gerügt wird und im Übrigen auch nicht ersichtlich ist.
Nachdem die für das Rechtsgebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zuständigen Senate des Bundessozialgerichts (BSG) eine Verfassungswidrigkeit der Regelleistungen jedenfalls für alleinstehende Erwachsene, erwachsene Ehepartner, die zusammenleben sowie für einen Paarhaushalt mit Kind verneint haben (vgl. BSG Urteile vom 12.07.2012 – B 14 AS 153/11 R und B 14 AS 189/11 R; Urteile vom 28.03.2013 – B 4 AS 12/12 R und B 4 AS 47/12 R) und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Verfassungsbeschwerden gegen die Urteile vom 12.07.2012 nicht zur Entscheidung angenommen hat (BVerfG Beschluss vom 20.11.2012 – 1 BvR 2203/12 unveröffentlicht; BVerfG Beschluss vom 27.12.2012 – 1 BvR 2471/12 unveröffentlicht) besteht eine hinreichende Erfolgsaussicht für eine Klage auf höhere Leistungen nach dem SGB II für die Kläger nicht (vgl. auch LSG NRW Beschluss vom 19.06.2013 – L 19 AS 761/13 B unveröffentlicht; Beschluss vom 23.05.2013 – L 7 AS 182/13 B juris Rn. 4). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem beim BVerfG noch anhängigen Vorlageverfahren (1 BvL 10/12). Allein die Möglichkeit einer der höchstrichterlichen Rechtsprechung entgegengesetzten Entscheidung des BVerfG bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg für das Klageverfahren; vielmehr genügt grundsätzlich die Beurteilung der Erfolgsaussichten anhand der vorhandenen Rechtsprechung des zuständigen obersten Fachgerichts (BVerfG Beschluss vom 30.08.2006 – 1 BvR 2393/05 juris Rn. 21). Im vorliegenden Fall ist darüber hinaus ergänzend zu berücksichtigen, dass der Beklagte bereits im Widerspruchsbescheid vom 29.10.2012 zugesichert hat, den Klägern im Falle einer positiven Entscheidung des BVerfG von Amts wegen höhere Leistungen auch für die Zeit ab 01.01.2012 zu bewilligen.
Kosten sind gem. § 73a SGG i.V.m. 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattungsfähig.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 11.12.2013
Zuletzt verändert am: 11.12.2013