Die Entschädigung der Sachverständigen Dr. N für das orthopädische Gutachten vom 07.11.2007 wird auf 1574,71 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Sachverständige Dr. N hat unter dem 07.11.2007 ein orthopädisches Gutachten gefertigt.
Bei der Bezifferung der Kosten hat sie einen Stundensatz nach der Honorargruppe M2 (60 EUR) sowie eine Stundenzahl von 25 angesetzt. Insgesamt wurde unter dem 07.11.2007 ein Gesamtbetrag von 1.860,32 EUR geltend gemacht.
Die Kostenbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Dortmund hat den Entschädigungsbetrag mit Beschluss vom 26.11.2007 auf 1.574,71 EUR festgesetzt. Sie ist dabei von einem Stundensatz nach der Honorargruppe M2 (60 EUR) sowie einer Stundenzahl von 21 ausgegangen.
Die Sachverständige hat daraufhin mit Schreiben vom 04.12.2007 richterliche Festsetzung beantragt. Sie führt aus, dass die Anfertigung, Auswertung und Befundung einer computergesteuerten Bewegungsanalyse eines Wirbelabschnittes eine zusätzlich durchgeführte, technische Untersuchung darstelle. Es handele sich um eine Leistung, die regelmäßig in den Verfahren vor den Sozialgerichten erbracht werde und dort noch niemals moniert worden sei. Auf die Ergebnisse werde im Gutachten auf den Seiten 24 und 25 sowie 28 Bezug genommen. Sie würden zudem in die Ergebnisse der Untersuchung mit einfließen. In die Position Konzeptentwurf, Beurteilung und Beantwortung der Fragen sei die Auswertung von Literatur, eine fachorthopädische Beurteilung der Fragestellung sowie die Auseinandersetzung mit anders lautenden Beurteilungen in der Akte eingeflossen. Dies sei auf 12 Seiten erfolgt. Daher rechtfertige sich der Ansatz von 6 Stunden für diese Position.
Die Kostenbeamtin hat mit Verfügung vom 04.12.2007 der Erinnerung nicht abgeholfen. Sodann hat als Vertreter der Staatskasse der Bezirksrevisor in seinem Schreiben vom 28.03.2008 eine Stellungnahme angekündigt, die aber nicht erfolgt ist.
II.
Die Entschädigung der Sachverständigen Dr. N ist auf 1574,71 EUR festzusetzen. Die Kostenbeamtin hat die Kosten insoweit ordnungsgemäß festgesetzt.
1) Bei der Festsetzung der Vergütung ist ein Zeitaufwand von 21 Stunden zu Grunde zu legen.
Gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 JVEG erhält ein Sachverständiger für jede Stunde ein Honorar von 50,00 bis 85,00 Euro. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 JVEG richtet sich die Bemessung der Stundenzahl nach der für die Gutachtenerstellung erforderlichen Zeit. Der Zeitaufwand ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen, wobei er sich danach richtet, wieviel Zeit ein Sachverständiger mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität benötigt, um sich nach sorgfältigem Aktenstudium ein Bild von den zu beantwortenden Fragen machen zu können und nach eingehenden Überlegungen seine gutachterliche Stellungnahme zu den ihm gestellten Fragen schriftlich niederzulegen. Berücksichtigung finden dabei der Umfang des unterbreiteten Sachstoffs, der Grad der Schwierigkeit der zu beantwortenden Beweisfragen unter Berücksichtigung der Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet und die Bedeutung der Sache (siehe zum Ganzen: LSG NRW, Beschluss vom 02.05.2005, Az.: L 4 B 5/05; LSG NRW, Beschluss vom 06.04.2005, Az.: L 4 B 16/04; LSG NRW, Beschluss vom 19.01.2005, Az.: L 4 B 9/04; Hartmann, Kostengesetze, 39. Auflage 2009, § 8 JVEG Rn. 20 ff.). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich benötigte Zeit richtig sind. Ein Anlass zur Überprüfung besteht nach der Rechtsprechung des LSG NRW, wenn der angesetzte Zeitaufwand zur erbrachten Leistung ungewöhnlich hoch erscheint (LSG NRW, Beschluss vom 02.05.2005, Az.: L 4 B 5/05; LSG NRW, Beschluss vom 06.04.2005, Az.: L 4 B 16/04; Hartmann, Kostengesetze, 39. Auflage 2009, § 8 JVEG Rn. 36).
Die Erstellung eines Gutachtens gliedert sich dabei in 4 vergütungspflichtige Arbeitsschritte: Zeitaufwand für das Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten, Zeitaufwand für Untersuchungen und Anamnese, Zeitaufwand für Abfassung der Beurteilung und Zeitaufwand für Diktat und Durchsicht (LSG NRW, Beschluss vom 02.05.2005, Az.: L 4 B 5/05; LSG NRW, Beschluss vom 06.04.2005, Az.: L 4 B 16/04; LSG NRW, Beschluss vom 19.01.2005, Az.: L 4 B 9/04).
a) Für die Bestimmung des Zeitaufwands im Arbeitsschritt "Abfassung der Beurteilung" kommt es entscheidend auf den Umfang und die Schwierigkeit der gedanklichen Arbeit des Sachverständigen im Einzelfall an. Zu diesem Arbeitsschritt gehört die diktatreife Vorbereitung der Beurteilung ohne Wiedergabe der Anamnese, der Untersuchungsergebnisse oder Befunde, einschließlich der Begründung der vom Sachverständigen getroffenen Schlussfolgerungen. Die Bestimmung des Zeitaufwands darf dabei nicht schematisch anhand der Seitenzahl des Gutachtens erfolgen, allerdings stellt diese zumindest einen wichtigen Anhaltspunkt dar (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 02.05.2005, Az.: L 4 B 5/05; LSG NRW, Beschluss vom 06.04.2005, Az.: L 4 B 16/04). Bei der Bewertung muss auch Berücksichtigung finden, dass die Schwierigkeit der gedanklichen Arbeit des Sachverständigen bereits bei der Bestimmung der Honorargruppe die wesentliche Rolle spielt. Von der Gutachterin werden vorliegend 6 Stunden angesetzt. Die eigentliche Beurteilung erfolgt auf den Seiten 27 bis 36. Unter Zugrundelegung der oben genannten Kriterien erscheint ein Zeitaufwand von 4 Stunden Stunden als angemessen, um die entsprechenden Beweisfragen des Gerichts zu beantworten. Dabei muss berücksichtigt werden, dass der Gutachterin beim Abfassen der Beurteilung sowohl die Untersuchungsergebnisse als auch die Anamnese bekannt sind, so dass allein der Zeitaufwand für die Darlegung der Schlussfolgerungen und Beantwortung der Beweisfragen des Gerichts auf Grundlage dieser Erkenntnisse erfasst wird. Es kommt hinzu, dass die Gutachterin schon häufig Gutachten zu diesem speziellen Fragenkomplex erstellt hat, so dass keine besonderen gedanklichen Schwierigkeiten bei der Beantwortung der Beweisfragen bestanden. Soweit die Sachverständige zudem darauf verweist, dass zur Beantwortung umfangreiche Literaturstudien notwendig waren, lässt sich dies dem Gutachten nicht entnehmen. Weder findet sich eine Auflistung, welche Literatur genutzt wurde, noch wurde in der Beantwortung der Beweisfragen und Mitteilung der Ergebnisse auf Literaturquellen – mit einer Ausnahme auf der Seite 34 – Bezug genommen. Schon gar nicht ist erkennbar, dass dies zur Beantwortung notwendig geworden wäre. Es gehört insoweit zu den Aufgaben eines Sachverständigen, sich mit dem für seinen Fachbereich bedeutsamen Schrifttum zu beschäftigen. Der entsprechende Zeitaufwand gehört zu den allgemeinen Unkosten und ist nicht vergütungsfähig (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 28.10.2003, Az.: L 4 B 5/03). Die Auseinandersetzung mit anderslautenden Beurteilung in der Akte ist Inhalt jedes Gutachtens und führt hier nicht dazu, eine besondere Schwierigkeit anzunehmen.
b) Letztlich kann die Position Anfertigung, Auswertung und Befundung einer computergesteuerten Bewegungsanalyse eines Wirbelsäulenabschnittes keine Berücksichtigung finden.
Die Sachverständige hat schon keine korrigierte Rechnung zu den Akten gereicht, in der sie den Zeitaufwand einer der oben genannten Positionen zugeordnet hätte. Eine solche kann auch nicht willkürlich durch das Gericht vorgenommen werden.
Daneben ist § 10 JVEG zu berücksichtigen, der die Vergütung besonderer Leistungen regelt. Nach § 10 Abs. 1 JVEG bemisst sich das Honorar, wenn der Sachverständige eine Leistung erbringt, die in der Anlage 2 bezeichnet ist, nach dieser Anlage. Für Leistungen der in Abschnitt O des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen bezeichneten Art bemisst sich nach § 10 Abs. 2 JVEG das Honorar nach dem 1,3 fachen Gebührensatz. Wird für die Erbringung der Leistung zusätzliche Zeit benötigt, erhält der Berechtigte gemäß § 10 Abs. 3 JVEG ein Honorar nach der Honorargruppe M1.
Da Leistungen nach der Anlage 2 zu § 10 JVEG nicht vorliegen, käme eine Abrechnung auf Grundlage von § 10 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 JVEG in Betracht. Allerdings ist zweifelhaft, ob ein Fall des Abschnitts O der GOÄ vorliegt. Einschlägig könnte ebenso Ziffer 410 der GOÄ sein. Eine Abrechnung auf Grundlage des § 10 Abs. 2 JVEG muss aber aus anderem Grund ausscheiden. Denn eine Aufschlüsselung in einen Wert nach der GOÄ für die computergesteuerte Befundung gegebenenfalls zuzüglich eines Zeitaufwandes für die Untersuchung nach M1 ist hier nicht erfolgt. Erforderlich für eine Vergütung wäre aber die Übersendung einer ordnungsgemäßen Rechnung, in der der Vergütungsanspruch aufgeschlüsselt nach den verschiedenen Ansprüchen vollständig geltend gemacht wird (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 03.11.2008, Az.: L 15 SF 154/08 P KO; Thüringer LSG, Beschluss vom 18.06.2007, Az.: L 6 B 77/07 SF). Das wäre bei Anwendung des § 10 Abs. 2 JVEG hier nicht der Fall. Die Aufschlüsselung kann nicht nachgeholt werden. Nach § 2 Abs. 1 S. 1 JVEG erlischt der Anspruch auf Vergütung, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird. Die Frist beginnt nach S. 2 im Fall der schriftlichen Begutachtung oder der Anfertigung einer Übersetzung mit Eingang des Gutachtens oder der Übersetzung bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat. Nach dem Ablauf der Drei-Monats-Frist erlischt der Anspruch ohne weiteres und unabhängig von einer Aufforderung durch das Gericht zu einer Bezifferung (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 03.11.2008, Az.: L 15 SF 154/08 P KO).
Greift § 10 JVEG nicht ein, so kommt eine Vergütung nach § 9 JVEG in Betracht. Eine analoge Anwendung der GOÄ scheidet dagegen aus (vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 21.12.2006, Az.: L 6 B 22/06 SF; Hartmann, Kostengesetze, 39. Auflage 2009, § 10 JVEG Rn. 3). Allerdings ist dies nur möglich, wenn das Gericht vom Sachverständigen eine Tätigkeit verlangt, die über die Leistungen nach der Anlage 2 und nach der GOÄ in Verbindung mit § 10 Abs. 2 JVEG hinausgeht (Hartmann, Kostengesetze, 39. Auflage 2009, § 10 JVEG Rn. 3; a.A. wohl Thüringer LSG, Beschluss vom 21.12.2006, Az.: L 6 B 22/06 SF). Eine solche Aufforderung durch das Gericht ist nicht erfolgt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Durchführung dieser Untersuchung zur Beantwortung der Beweisfragen notwendig war, so dass keine Erstattung der Kosten möglich ist.
c) Daraus folgt im Ergebnis ein zeitlicher Aufwand von 21 Stunden.
2) Die sonstigen Kosten sind ebenfalls richtig berechnet worden.
3) Zusammenfassend berechnet sich die Vergütung unter Zugrundelegung eines Honorarsatzes von 60,00 Euro pro Stunde wie folgt:
Gesamtzeitaufwand 21 Stunden: 1260,00 Euro
Sachkosten: 63,29 Euro
Umsatzsteuer 19%: 251,42 Euro
Gesamt: 1574,71 Euro
Erstellt am: 31.08.2010
Zuletzt verändert am: 31.08.2010