Auf die Erinnerung des Erinnerungsführers wird die Kostenrechnung vom 21.02.2013 – L 11 SF 274/13 EK AS – aufgehoben. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Erinnerungsführer wendet sich gegen die Kostenrechnung vom 21.02.2014, mit der ihm nach Beendigung des Rechtsstreits L 11 SF 274/13 EK AS beruhend auf dem mit Beschluss vom 17.02.2014 festgesetzten Streitwert von 2.400,00 EUR eine Verfahrensgebühr nach § 3 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Nr. 7113 des Kostenverzeichnisses i.H.v. 216,00 EUR auferlegt worden ist. Er ist der Auffassung, eine Verfahrensgebühr sei nicht entstanden, da es zunächst nur um die Gewährung von Prozesskostenhilfe gegangen wäre.
II.
Über eine Erinnerung i.S. des § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG entscheidet nach Abs. 4 Satz 1 der Vorschrift grundsätzlich ein Mitglied des Gerichts als Einzelrichter, es sei denn, dass wie vorliegend geschehen der Berichterstatter das Verfahren dem Senat überträgt, weil er der Sache grundsätzliche Bedeutung zumisst.
Auf die Erinnerung ist die beanstandete Kostenrechnung aufzuheben.
1.
Grundsätzlich ist die Kostenrechnung vom 21.02.2014 allerdings rechtmäßig.
Nach §§ 12a, 12 Abs. 1 und 6 Abs. 1 GKG wird in sozialgerichtlichen Verfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren und strafrechtlicher Ermittlungsverfahren die Verfahrensgebühr mit Einreichung der Klageschrift fällig. Wird das vor dem für derartige Verfahren zuständigen Landessozialgericht geführte Verfahren u.a. vor Schluss der mündlichen Verhandlung durch Zurücknahme der Klage (hier einschließlich Rücknahme des Prozesskostenhilfegesuchs) beendet, ermäßigt sich nach Nr. 7113 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG die Verfahrensgebühr um die Hälfte (2,0facher Satz). Die Höhe der Gebühr richtet sich gemäß § 3 Abs. 1 GKG nach dem Streitwert. Der Streitwert ist gemäß § 2 Abs. 1 GKG nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Diese ist vorliegend nach dem rechtskräftigen Beschluss des Senats vom 17.02.2014 mit 2.400,00 EUR zu bemessen. Bei Streitwerten über 2.000,00 EUR und bis zu 3.000,00 EUR beträgt eine Gebühr nach § 34 Abs. 1 GKG i.V.m. der Anlage 2 zu § 34 GKG 108,00 EUR. Zwei Gebühren zu 108,00 EUR sind 216,00 EUR.
2.
Eine Nichterhebung von Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung gemäß § 21 GKG kommt nicht in Betracht.
Die Entscheidung über die Nichterhebung der Kosten, die nach § 21 Abs. 2 Satz 1 GKG das Gericht trifft, ist Bestandteil des Verfahrens über den Kostenansatz einschließlich des Erinnerungsverfahrens nach § 66 GKG (Bundesfinanzhof (BFH), Beschluss vom 25.03.2013 – X E 1/13 – m.w.N.) und deswegen unselbständiger Teil der vorliegenden Entscheidung.
Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Die "Sache" i.S.d. Vorschrift ist das Verfahren, in dem die Kosten erhoben werden (BFH, Beschluss vom 08.09.1993 – II E 1/93 -). Das ist vorliegend das unter dem Aktenzeichen L 11 SF 274/13 EK AS geführte Entschädigungsklageverfahren.
Es ist indes nicht erkennbar, inwieweit das Entschädigungsklageverfahren fehlerhaft behandelt worden sein sollte. Insbesondere greift der Einwand des Erinnerungsführers nicht, es habe sich lediglich um ein auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gerichtetes Verfahren gehandelt, bei dem keine Verfahrensgebühren entstehen. Dies ist nämlich nicht der Fall. Der Erinnerungsführer hat mit seinem Schriftsatz vom 04.09.2013 gleichzeitig Klage i.S.d. §§ 198 ff. GVG erhoben und die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt. Bei gleichzeitiger Einreichung von Prozesskostenhilfegesuch und Klage wird neben dem Prozesskostenhilfe-Verfahren auch der Rechtsstreit als solcher anhängig und entsteht damit die Verfahrensgebühr (u.v.a. Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.01.1952 – III ZR 196/50 -; Oberlandesgericht (OLG) Rostock, Beschluss vom 31.03.2008 – 1 W 22/08 -; Hartmann, Kostengesetze, 4 Auflage, § 6 GKG Rdn. 6 jeweils m.w.N.). Anders verhält es sich hingegen, wenn der Antragsteller eindeutig klarstellt, dass er den Klageantrag nur bedingt für den Fall der Prozesskostenhilfebewilligung stellen will. Eine solche Klarstellung geschieht z.B. dadurch, dass die Klageschrift als "Entwurf" oder als "beabsichtigte Klage" bezeichnet wird. Die Klarstellung kann auch durch die Erklärung erreicht werden, über die Prozesskostenhilfe solle vorab entschieden werden oder die Klage solle erst nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe erhoben werden. Stellt die Partei klar, dass sie die Klage nur bedingt für den Fall der Prozesskostenhilfebewilligung erheben will, so ist die Klage auch dann nicht beim Gericht anhängig geworden, wenn der Schriftsatz inhaltlich den Anforderungen einer Klageschrift entspricht (u.v.a. OLG Rostock, Beschluss vom 31.03.2008 a.a.O.). Eine solche Klarstellung ist hier nach eingehender Wertung der Klageschrift des Erinnerungsführers jedoch nicht erfolgt.
3.
Es liegt aber ein Fall des § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG vor. Danach kann u.a. bei Zurücknahme eines Antrags von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht. Kein Zweifel besteht daran, dass die einschränkungslose gleichzeitige Klageerhebung und Beantragung von Prozesskostenhilfe auf Unkenntnis des Erinnerungsführers über die rechtlichen Verhältnisse beruht. Diese Unkenntnis erachtet der Senat vorliegend ausnahmsweise auch als unverschuldet. Als unverschuldet angesehen werden kann grundsätzlich nur dasjenige, was man bei einer zumutbaren Bemühung hätte vermeiden können. Indes sind die Anforderungen an den unvertretenen Beteiligten auch nicht zu überspannen und die Gesamtumstände zu berücksichtigen (vgl. dazu Hartmann a.a.O., § 21 Rdn. 49). Dementsprechend zieht der Senat in seine Abwägungen u.v.a. ein, das kein Fall der wegen der sog. Publizitätswirkung unbeachtlichen Unkenntnis formeller Gesetze (s. dazu Senat, Beschluss vom 30.06.2014 – L 11 SF 364/12 VE AS -), sondern ein – wie die tägliche Praxis selbst in Verfahren anwaltlich vertretener Kläger zeigt – schwieriger, vor allem nicht immer fehlerfrei gelöster Fall der Rechtsanwendung vorliegt, dass der unvertretene, nach Aktenlage nahezu mittellose Kläger mit Ausnahme seiner Verfahren wegen der Höhe der Grundsicherung über keine Prozesserfahrung und insbesondere keine Kenntnisse der Abwicklung gerichtskostenpflichtiger Verfahren verfügt und dass schließlich sein Gesamtverhalten auf ein durchaus auch am Gemeinwohl ausgerichtetes Kostenbewusstsein hinweist.
4.
Die Entscheidung über die Erinnerung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).
Erstellt am: 10.09.2014
Zuletzt verändert am: 10.09.2014