Die Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 11.01.2008 werden zurückgewiesen. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt T für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die Beschwerden des Antragstellers, denen das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 22.01.2008), sind zulässig, aber nicht begründet.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Der geltend gemachte Hilfeanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund), die Eilbedürftigkeit, sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO] ). Können ohne den vorläufigen Rechtsschutz schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden. Die grundrechtlichen Belange der Antragsteller sind dabei umfassend in die Abwägung einzustellen (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 = NVwZ 2005, 927).
Auch unter Berücksichtigung dieser Vorgaben können die Voraussetzungen eines Anordnungsanspruches derzeit nicht als glaubhaft gemacht angesehen werden.
Im Ergebnis zutreffend hat deshalb das Sozialgericht einen Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verneint.
Ein Anspruch auf die begehrten Zahlungen ergibt sich nicht aus § 3 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), weil hiernach auch der notwendige Bedarf der Unterkunft als Sachleistung zu gewähren ist. Der Antragsteller war zunächst in einem städtischen Übergangswohnheim untergebracht, ohne dass ersichtlich ist, dass dem Antragsteller ein weiterer Aufenthalt in dieser Einrichtung unzumutbar wäre. Die Antragsgegnerin hat daher in der Vergangenheit den notwendigen Bedarf der Unterkunft sichergestellt. Der zutreffende Hinweis des Sozialgerichtes darauf, dass im Rahmen der Leistungen nach § 3 Abs. 1 AsylbLG für die Unterkunft keine Geldleistungen vorgesehen sind (vgl. nur GK-AsylbLG, § 3 Rdnr. 30), ist von dem Antragsteller nicht aufgenommen und inhaltlich widerlegt worden.
Auch aus § 3 Abs. 2 AsylbLG kann ein Anspruch des Antragstellers auf Gewährung der begehrten Leistungen nicht abgeleitet werden. § 3 Abs. 2 AsylbLG durchbricht das in Abs. 1 vorgesehene Sachleistungsprinzip nur für die Fälle, in denen der Antragstelller außerhalb einer Aufnahmeeinrichtung im Sinne des § 44 Asylverfahrensgesetz untergebracht und eine vom Sachleistungsprinzip abweichende Leistungsgewährung erforderlich ist. Dabei besteht ein Rangverhältnis dergestalt, dass auch bei einer Unterbringung außerhalb der o.g. Einrichtungen die Leistung vorrangig als Sachleistung zu erbringen ist, mithin es der Antragsgegnerin grundsätzlich gesetzlich nahe gelegt wird, den Bedarf an Unterkunft zunächst durch Sachleistungen, also angebotene Wohngelegenheiten, sicherzustellen. Hiervon kann im Rahmen der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens dann abgewichen werden, wenn dies "nach den Umständen erforderlich" ist. Davon, dass vorliegend eine Ermessensreduzierung auf Null vorliege, die der Antragsgegnerin nur die Möglichkeit lasse, dem Antragsteller Geldleistungen für die Beteiligung an den Kosten der Wohnung seiner geschiedenen Ehefrau zur Verfügung zu stellen, konnte sich der Senat im Rahmen der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sachlage auch unter Berücksichtigung der Wertungen in Artikel 6 Grundgesetz nicht überzeugen.
Soweit der Antragsteller vorträgt, dass sich ein Anspruch auf die begehrten anteiligen Wohnkosten unter Berücksichtigung des grundrechtlichen Schutzes der Ehe in Artikel 6 Abs. 1 GG ergeben müsse, so verkennt dies, dass der Antragsteller aufgrund der bereits 2002 erfolgten Scheidung in keiner Ehe mit Frau Ghotbi Vayeghan mehr lebt und infolgedessen der besondere Schutz der Ehe in Artikel 6 Abs. 1 GG keine Auswirkungen auf den vorliegenden Sachverhalt mehr haben kann. Eine Nachwirkung einer Ehe dergestalt, dass bereits seit mehr als 5 Jahren geschiedene Ehegatten im Lichte des Artikel 6 Abs. 1 GG in sozialleistungsrechtlicher Hinsicht anders zu behandeln wären als andere Partner einer Lebensgemeinschaft wie z.B. einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, ist der Rechtsordnung fremd.
Auch der in Artikel 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verankerte Schutz der Familie kann vorliegend zu keiner anderen Beurteilung führen. Der Antragsteller hatte sich von dieser Familie einschließlich seiner noch minderjährigen Tochter getrennt und sich über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren offenbar darauf beschränkt, einen Umgang mit seiner Tochter E allenfalls außerhalb einer familiären Lebens- und Wohngemeinschaft zu pflegen. Es ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich, dass es zwingende Gründe nunmehr geböten, allein aufgrund eines Sinneswandels des Antragstellers, (dessen Sinn sich auch wieder ändern kann) im Rahmen eines Eilverfahrens eine Geldleistung zu gewähren, damit der Antragsteller in einer Privatwohnung leben kann. Es wird dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, durch nähere Befragung der geschiedenen Ehefrau des Antragstellers und ggf. des Kindes zu ermitteln, ob die Bindungen zwischen diesen und dem Antragsteller zwischenzeitlich wieder so verfestigt sind, dass es das Kindeswohl gebietet, auch den Antragsteller wieder in die Wohngemeinschaft aufzunehmen. Allenfalls dann wird eine Ermessensreduzierung auf Null angenommen werden können.
Im Eilverfahren führt auch die Wertung des Artikel 6 Abs. 2 S.1 GG (Elternrecht) nicht zu einer abweichenden Beurteilung, denn die darin geregelten Einwirkungs- und Wahrnehmungsrechte werden durch die Entscheidung der Antragsgegnerin nicht in Frage gestellt. Dies muss jedenfalls einstweilen dann gelten, wenn der Antragsteller über fünf Jahre hinweg aus Gründen, die die Antragsgegnerin nicht zu vertreten hat, ohnehin auf eine umfassende Ausübung seines Elternrechtes im Rahmen eines räumlichen Zusammenlebens verzichtet hat. Es wird ihm insoweit bis zum Ausgang eines etwaigen Hauptsacheverfahrens keine Situation zugemutet, die sich wesentlich von derjenigen unterscheidet, die er in den vergangenen fünf Jahren erlebt hat; Gründe, die dies nunmehr – anders als zurvor – unzumutbar erscheinen ließen, sind nicht ersichtlich.
Es wird im Übrigen zumindest – ohne dass der Senat dies im vorliegenden Zusammenhang entscheiden müsste – zu prüfen sein, ob dem Antragsteller durch eine Versagung der begehrten Leistung das gemeinsame Wohnen mit seiner geschiedenen Frau und seiner Tochter unmöglich gemacht wird. Denn der Leistungsträger der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II), in dessen Leistungsbezug die geschiedene Ehefrau des Antragsteller mit ihrer Tochter steht, wird zu erwägen haben, ob angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers eine Abweichung der Verteilung der Wohnkosten nach Kopfteilen geboten und an der Entscheidung festgehalten werden kann, die Kosten der Unterkunft der geschiedenen Ehefrau des Antragstellers und ihres Kindes um den Kopfanteil des Antragstellers (ein Drittel) zu kürzen. Denn es wird in Rechtsprechung und Kommentarliteratur die Auffassung vertreten, dass eine Abweichung von der Aufteilung nach Kopfteilen dann geboten sein kann, wenn ein Mitbewohner den auf ihn entfallenden Wohnungsanteil nicht aufbringen kann (vgl. hierzu Berlit in LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 22 Rdnr. 24 m.w.N.; allgemeiner von "Sonderfällen" sprechend: BSG, Urteil v. 23.11.2006, B 11b AS 1/06 R, Rdnr. 28 bei juris = Breithaupt 2007, S. 775 f.).
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Die Beschwerde gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe kann aus den o.g. Gründen ebenfalls keinen Erfolg haben, weil es dem Verfahren von vornherein an einer hinreichenden Erfolgsaussicht mangelte (§ 114 Abs. 1 ZPO). Die Kostenentscheidung beruht insoweit auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Aus den o.g. Gründen fehlt auch der Beschwerde die hinreichende Erfolgsaussicht i.S.d. §§ 73a SGG, 114 Abs.1 ZPO, so dass auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen war.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 02.04.2008
Zuletzt verändert am: 02.04.2008