NZB als unzulässig verworfen.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 12.12.2013 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens auch im Berufungsverfahren. Der Streitwert wird für beide Rechtszüge jeweils auf 5.000,00 EUR festgesetzt. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Klägers, nach § 117 Abs. 1 SGB XII Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen.
Der 1950 geborene Kläger ist von Beruf Steuerberater. Er ist der Sohn der am 00.00.1922 geborenen, seit 1979 verwitweten Frau M (im Folgenden: Hilfeempfängerin), die an einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung leidet. Bis zum 30.07.2012 lebte sie in I. Ab dem 30.07.2012 war sie zunächst in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung untergebracht, bevor sie am 23.08.2012 in das Evangelische Altenzentrum St. K in C umzog. Die hierfür entstehenden, nicht durch eigenes Einkommen (Witwenrente) und andere Sozialleistungen abgedeckten Heimpflegekosten sowie die Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen werden durch die Beklagte getragen.
Mit Bescheid vom 28.08.2012 forderte die Beklagt den Kläger zur Auskunftserteilung bezüglich seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse auf. Sie habe von einem sozialhilferechtlichen Bedarf der Hilfeempfängerin nach dem SGB XII Kenntnis erhalten. Der Kläger gehöre zu deren unterhaltspflichtigen Verwandten. Unterhaltsansprüche gingen nach § 94 Abs. 1 SGB XII auf die Beklagte als Sozialhilfeträger über.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Seine Mutter habe ihn nicht unterhalten können, als er selbst unterhaltsberechtigt gewesen sei. Sie sei in zweiter Ehe verheiratet gewesen, seit dem 01.01.1979 sei sie verwitwet. Die daraufhin gewährte Witwenrente sei das erste Einkommen gewesen, das sie in ihrem Leben bezogen habe. Sie habe nie einen Beruf erlernt oder eine Tätigkeit ausgeübt und sei immer auf Grund ihrer Ehen unterhaltsberechtigt gewesen. Er habe seit seinem 14. Lebensjahr für sich selbst gesorgt; bis dahin habe sein Vater seinen Unterhalt bestritten. 1965 und 1966 sei die Hilfeempfängerin obdachlos gewesen. Er lehne deshalb jegliche Auskünfte und auch jeglichen Unterhalt ab.
Mit weiterem Schreiben vom 25.09.2012 forderte die Beklagte den Kläger unter Hinweis auf § 1611 BGB auf, die behaupteten Verfehlungen der Hilfeempfängerin zu erläutern. Der Kläger legte daraufhin einen Versicherungsverlauf der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 25.01.1984 über seine Pflichtbeitragszeiten vom 01.04.1966 bis zum 28.02.1972 vor und teilte dazu mit, seine Mutter habe ihre Unterhaltspflicht gröblichst vernachlässigt. Seine Großmutter habe ihn unterhalten. Die Hilfeempfängerin sei immer der Meinung gewesen, dass andere (so sein Vater) für ihren Lebensunterhalt zu sorgen hätten. Als weiteren Nachweis legte er ein Schreiben der Schwester der Hilfeempfängerin, Anneliese Beckers, vom 12.10.2012 vor. Diese bestätigte darin, dass der Kläger sich seit seinem 14. Lebensjahr selbst versorgt habe und ihre Mutter, die Großmutter des Klägers, diesen bis 1969 während seiner Lehre bei sich untergebracht habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 14.11.2012). Die vom Kläger vorgebrachten Gründe seien nicht so gravierend, dass sie ohne Prüfung und rechtliche Überlegungen eine Verweigerung der Auskunftserteilung rechtfertigen könnten. Dass der Vater den Lebensunterhalt des Klägers bis zum 14. Lebensjahr bestritten habe, weil die Mutter ohne jegliches Einkommen gewesen sei, begründe keine besondere Härte. Grundsätzlich sei es auch heute noch so, dass der Kindesunterhalt durch den Barunterhalt des einen und den Betreuungsunterhalt des anderen Elternteiles erbracht werde. Es sei seinerzeit auch üblich gewesen, mit 14 Jahren eine Lehre zu beginnen. Auch die Tatsache, dass die Hilfeempfängerin den Kläger während ihrer Obdachlosigkeit bei der Großmutter untergebracht habe, stelle keinen Grund für die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs dar. Es sei daher nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass der Kläger als Unterhaltspflichtiger heranzuziehen sei.
Mit seiner hiergegen vor dem Sozialgericht Dortmund erhobenen Klage vom 12.12.2012 hat der Kläger geltend gemacht, er lehne aus rechtlichen, sittlichen und gesetzlichen Gründen das Auskunftsersuchen der Beklagten ab.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 28.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2012 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 12.12.2013). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei nach § 1601 BGB potenziell Unterhaltsverpflichteter und damit grundsätzlich zur Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse verpflichtet. Die Rechtmäßigkeit des streitigen Auskunftsverlangens setze gerade nicht voraus, dass der Hilfeempfängerin ein Unterhaltsanspruch tatsächlich und nachweislich zustehe. Die Auskunft solle die Beklagte vielmehr erst in die Lage versetzen, das Bestehen eines konkreten Unterhaltsanspruchs zu prüfen. Zwar sei nach dem sog. Grundsatz der Negativ-Evidenz ein Auskunftsersuchen (nur) dann rechtswidrig, wenn von vornherein, also ohne nähere Prüfung, ohne Beweiserhebung und ohne eingehende rechtliche Überlegung ersichtlich sei, dass ein konkreter Unterhaltsanspruch nicht bestehe. Vorliegend sei dies jedoch nicht der Fall; ohne nähere zivilrechtliche Prüfung könne nicht entschieden werden, ob der Tatbestand des § 1611 Abs. 1 BGB tatsächlich erfüllt sei. Schließlich sei die Heranziehung des Klägers zur Auskunftserteilung auch zur Durchführung des SGB XII erforderlich und verhältnismäßig.
Gegen den ihm am 14.12.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 14.01.2014 Berufung eingelegt. Er meint, aus den präsenten Beweismitteln – der schriftlichen Aussage seiner Tante sowie seinen Versicherungsverlauf – sei ohne weitere Ermittlungen ersichtlich, dass er nicht zur Angabe seiner Einkünfte verpflichtet sei. Während ihrer Obdachlosigkeit sei die Hilfeempfängerin in einem Raum der Stadt Gevelsberg untergebracht gewesen. Sie habe dort sexuelle Kontakte unterhalten. Dies habe er – der Kläger – nicht ertragen können. Als er einmal von seiner Großmutter zu seiner Mutter geschickt worden sei, habe er seine Mutter halb bis ganz nackt vorgefunden. Auch "das männliche Gegenstück" habe er gesehen. Er sei angeekelt gewesen und habe jahrelang unter dem Vorfall gelitten, auch deshalb, weil ein pädophiler Vikar ihm bereits früher einmal nachgestellt habe. Bis heute habe er Probleme mit körperlichen Kontakten. Er habe daher nach diesem Vorfall etwa 15 Jahre überhaupt keinen Kontakt zu der Hilfeempfängerin mehr gehabt. Aufgrund dieser sittlichen Verfehlungen sei seine Inanspruchnahme im Sinne von § 1611 BGB grob unbillig. Zum Nachweis der Verfehlungen beantrage er die Erstellung eines soziologischen Gutachtens. Die Beklagte werde aufgefordert, ihn zivilrechtlich zu verklagen. Er beantrage, das vorliegende Verfahren bis zum Abschluss des zivilrechtlichen Verfahrens ruhen zu lassen.
Im Erörterungstermin am 22.10.2014 hat der Kläger erklärt, er würde seine Mutter sehr gern bei sich zu Hause aufnehmen und pflegen. Allerdings habe mittlerweile die Caritas das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Hilfeempfängerin, so dass seine Mutter weiterhin im Heim bleiben müsse. In der mündlichen Verhandlung hat er u.a. ausgeführt, er sehe sich als damaliger Schutzbefohlener seiner Mutter in extremer Weise geschädigt. Sie habe die Familie, die unter dem ausdrücklichen Schutz des Grundgesetzes stehe, geschädigt. Er sei durch seine Mutter in extreme Ausnahmesituationen gekommen, und er könne erst jetzt als älterer Mann damit umgehen. Wenn er aber nunmehr wieder damit konfrontiert werde, werfe ihn das wieder zurück. Für ihn stelle das eine Körperverletzung, einen Ausnahmezustand dar.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 12.12.2013 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 28.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.
I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstandes nach §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft, weil keine der Fallgruppen, für die eine Beschränkung der Berufung vorgesehen ist, vorliegt. Der Kläger wendet sich gegen ein Auskunftsersuchen der Beklagten betreffend seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Dem Auskunftsersuchen kann ein bezifferbarer wirtschaftlicher Wert nicht zugeordnet werden, weil mit dessen Hilfe überhaupt erst festgestellt werden soll, ob und ggf. in welcher Höhe ein nach den §§ 93 ff. SGB XII überleitungsfähiger Zahlungsanspruch besteht (vgl. dazu bereits Urteil des Senats vom 07.05.2012 – L 20 SO 32/12 Rn. 17 sowie LSG NRW, Urteil vom 16.05.2013 – L 9 SO 212/12 Rn. 27). Die Klage ist damit weder auf eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung i.S.d. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG gerichtet, noch handelt es sich um eine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts i.S.d. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG.
II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).
1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 28.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2012, mit dem der Beklagte Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers begehrt. Gegen diesen wendet sich der Kläger mit seiner zulässigen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG).
2. Richtiger Klagegegner ist die Beklagte als die den Bescheid erlassende Stelle. Sie erbringt der Hilfeempfängerin tatsächlich Sozialhilfeleistungen; im Übrigen ist sie auch – ohne dass der Senat klären muss, ob es für die Rechtmäßigkeit des Auskunftsverlangens letztlich darauf ankommt – der dafür örtlich und sachlich zuständige Sozialhilfeträger (§ 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII, § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 lit. a AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 1 AV-SGB XII NRW), weil die Hilfeempfängerin vor der erstmaligen Aufnahme in eine Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten (Stadt I) hatte.
3. Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 117 Abs. 1 S. 1 SGB XII. Danach haben die Unterhaltspflichtigen, ihre nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und die Kostenersatzpflichtigen dem Träger der Sozialhilfe über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu geben, soweit die Durchführung des SGB XII es erfordert. Durch die Norm wird eine eigenständige öffentlich-rechtliche Pflicht zur Auskunftserteilung begründet, der ein Auskunftsanspruch des Sozialhilfeträgers gegenübersteht. Dieser wird durch die Vorschrift ermächtigt, die Auskunftspflicht durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verpflichteten geltend zu machen und bei dessen Weigerung im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchzusetzen (vgl. dazu bereits Urteil des Senats vom 07.05.2012 – L 20 SO 32/12 Rn. 18 sowie LSG NRW, Urteil vom 16.05.2013 – L 9 SO 212/12 Rn. 29, jeweils m.w.N.).
4. Bedenken hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit des streitbefangenen Bescheides bestehen nicht.
a) Zwar ist vor Erlass des Bescheides vom 28.08.2012 keine Anhörung des Klägers im Sinne von § 24 Abs. 1 SGB X erfolgt. Dies ist jedoch unschädlich, weil die Anhörung in der Durchführung des Widerspruchsverfahrens nachgeholt wurde (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X).
Die Heilung eines Anhörungsfehlers im Widerspruchsverfahrens setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts voraus, dass die Behörde dem Betroffenen in dem angefochtenen Verwaltungsakt die wesentlichen Tatsachen mitteilt, auf die sie ihre Entscheidung stützt, wobei es hinsichtlich der Wesentlichkeit auf die – u.U. unzutreffende – Rechtsauffassung der Behörde ankommt. Außerdem muss dem Betroffenen Gelegenheit gegeben werden, zu den von der Behörde für entscheidungserheblich gehaltenen Tatsachen Stellung zu nehmen; dies ist in der Regel durch die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheids gewährleistet, es sei denn, die Behörde verwertet im Widerspruchsverfahren neue Tatsachen zu Lasten des Betroffenen. Schließlich muss die Behörde im Widerspruchsbescheid erkennen lassen, dass sie die vorgebrachten Argumente des Widerspruchsführers zur Kenntnis genommen und abgewogen hat (LSG NRW, Urteil vom 16.05.2013 – L 9 SO 212/12 Rn. 34 m.w.N. u.a. der Rspr. des BSG). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Dem Kläger waren die wesentlichen Tatsachen bekannt, auf die der Beklagte seine Entscheidung stützte. Er hatte im Widerspruchsverfahren darüber hinaus ausreichend Gelegenheit, seine Rechtsauffassung darzustellen. Die Beklagte hat sich im Widerspruchsbescheid auch mit dem Vorbringen des Klägers auseinandergesetzt.
b) Einer Anhörung der Hilfeempfängerin bedurfte es im vorliegenden Verfahren nicht. Denn anders als bei einer Überleitungsanzeige nach § 93 SGB XII (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 02.02.2010 – B 8 SO 17/08 R Rn. 13) können die Rechte des Hilfeempfängers bei einem Auskunftsersuchen wie dem Vorliegenden von vornherein nicht betroffen sein (so bereits Urteil des Senats vom 07.05.2012 – L 20 SO 32/12 R Rn. 22 sowie LSG NRW, Urteil vom 16.05.2013 – L 9 SO 212/12 Rn. 36).
c) Der Beteiligung sozial erfahrener Dritter vor Erlass des Widerspruchsbescheides nach § 116 Abs. 2 SGB XII bedurfte es vorliegend nicht, weil Gegenstand des streitbefangenen Bescheides weder die Ablehnung von Sozialhilfe noch die Festsetzung ihrer Art und Höhe, sondern lediglich ein Auskunftsersuchen ist. Dass sie gleichwohl erfolgte, steht der Rechtmäßigkeit des Auskunftsersuchens nicht entgegen. Denn § 116 Abs. 2 SGB XII verpflichtet lediglich in den dort näher bezeichneten Fällen zur beratenden Beteiligung sozial erfahrener Personen, verbietet indessen deren Beteiligung in anderen Fällen nicht (so für die entsprechende Vorschrift des § 114 Abs. 2 BSHG bereits BVerwG, Urteil vom 17.05.1973 – V C 108.72).
5. Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 117 Abs. 1 S. 1 SGB XII lagen (und liegen) vor. Die Beklagte war und ist daher berechtigt, die vom Kläger erbetenen Auskünfte zu fordern.
a) Das Auskunftsersuchen der Beklagten war hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 SGB X.
aa) Dem Bescheid vom 28.08.2012 konnte der Kläger zweifelsfrei entnehmen, welches Verhalten – die Auskunftserteilung über seine wirtschaftlichen Verhältnisse – von ihm gefordert wurde. Aus dem beigefügten Vordruck ergab sich zudem, welche konkreten Informationen vom Kläger benötigt wurden.
bb) Dass der Bescheid keine detaillierteren Auskünfte zur konkreten Art und Höhe der der Hilfeempfängerin erbrachten Leistungen enthielt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn der Bescheid vom 28.08.2012 unterrichtete den Kläger zumindest darüber, dass bei der Hilfeempfängerin ein sozialhilferechtlicher Bedarf nach den Bestimmungen des SGB XII bestand. Wenn die konkrete Art der erbrachten Hilfe nach dem SGB XII nicht bezeichnet wird, macht dies ein Auskunftsersuchen nicht rechtswidrig. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Art der Leistung keinen Ausschlussgrund i.S.d. § 94 Abs. 1 S. 3 letzter Halbsatz SGB XII begründen kann. Nur in einem solchen Fall würde bei fehlender Mitteilung der Leistungsart dem potenziell Unterhaltsverpflichteten die Möglichkeit genommen, schon im Auskunftsverfahren zu berücksichtigende Einwendungen vorzutragen. Da im vorliegenden Fall die Hilfeempfängerin jedoch keine Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII erhält, lag (und liegt) ein solcher Ausschlussgrund von vornherein nicht vor; der Kläger kann deshalb durch fehlende Informationen zur Hilfeart nicht in seinen Rechten beeinträchtigt sein.
cc) Ebenso ist unschädlich, dass dem Kläger der konkrete Beginn der Leistungen an die Hilfeempfängerin nicht mitgeteilt wurde. Denn die Leistungspflicht des Klägers aus einem an die Beklagte übergegangenen Anspruch kann nach § 94 Abs. 4 S. 1 SGB XII ohnehin erst mit Zugang der Anzeige über die Leistungserbringung erfolgen, hier also erst mit Zugang des Bescheides vom 28.08.2012.
dd) Dem Kläger wurde hinreichend dargelegt, dass er als Unterhaltspflichtiger im Sinne der Vorschriften des BGB in Betracht kommt. Gleichzeitig wurde er auf den gesetzlichen Anspruchsübergang nach § 94 Abs. 1 SGB XII hingewiesen. Er wurde damit umfassend über die für ihn relevanten Umstände informiert. Weiterer Angaben, insbesondere zum Bedarf und zu den Einkünften der Hilfeempfängerin, bedurfte es für eine hinreichende Bestimmtheit im Sinne von § 33 SGB X nicht. Die Mitteilung derart sensibler, personenbezogener Daten ist zur Konkretisierung des an den Kläger gerichteten Handlungsgebotes (Auskunftserteilung) nicht erforderlich. Sie ist auch mit Blick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das als Teil des in Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht nur dem Kläger, sondern auch der Hilfeempfängerin zusteht, nicht angezeigt (so bereits Urteil des Senats vom 07.05.2012 – L 20 SO 32/12 Rn. 25).
b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 117 Abs. 1 SGB XII sind erfüllt.
aa) Der Kläger ist als potenziell unterhaltspflichtig gegenüber der Hilfeempfängerin – seiner Mutter – anzusehen, so dass er grundsätzlich zur Auskunftserteilung verpflichtet ist. Denn die Rechtmäßigkeit eines Auskunftsverlangens setzt nicht voraus, dass der Hilfeempfängerin gegenüber ihrem Sohn ein Unterhaltsanspruch tatsächlich und nachweislich zusteht. Ein Auskunftsanspruch ist vielmehr nur dann ausgeschlossen, wenn von vornherein, d.h. ohne nähere Prüfung, ohne Beweiserhebung und ohne eingehende rechtliche Überlegungen ersichtlich ist, dass ein Unterhaltsanspruch nicht besteht (sog. Negativ-Evidenz, vgl. dazu Urteil des Senats vom 07.05.2012 – L 20 SO 32/12 Rn. 27 ff. sowie daraufhin BSG, Beschluss vom 20.12.2012 – B 8 SO 75/12 B Rn. 7 f.).
Denn es ist nicht Aufgabe der Sozialgerichte, unterhaltsrechtlichen Fragen näher nachzugehen. Schon in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts war anerkannt, dass unter Beachtung der Aufgabenzuweisung in dem gegliederten Rechtsschutzsystem der Bundesrepublik Deutschland, welches bereits verfassungsrechtlich vorgegeben ist (vgl. Art. 92 ff. GG), die Prüfung unterhaltsrechtlicher Fragen den insoweit rechtswegmäßig kompetenten Zivilgerichten obliegt. Nur wenn ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch nach objektivem, materiellem Recht offensichtlich ausgeschlossen ist – und insofern ist mit Blick auf die gegliederte Aufgabenzuweisung strikte Zurückhaltung geboten (BVerwG, Urteil vom 05.10.1978 – V C 54.77) – ist eine gleichwohl erlassene, erkennbar sinnlose Überleitungsanzeige aufzuheben (ständige Rechtsprechung des BVerwG, u.a. Urteil vom 06.11.1975 – V C 28.75; Urteil vom 05.10.1978 – V C 61/77; Urteil vom 13.12.1990 – 5 C 21/88). Dieser Rechtsprechung hat sich das BSG angeschlossen (vgl. BSG a.a.O.).
Für die hier streitbefangene Auskunftspflicht nach § 117 Abs. 1 SGB XII, die verfahrensrechtlich die Vorstufe zum Übergang von Ansprüchen nach §§ 93 ff. SGB XII insbesondere gegen Unterhaltspflichtige bildet, gelten keine strengeren Anforderungen (BVerwG, Urteil vom 21.01.1993 – 5 C 22/90 zu der inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 116 Abs. 1 BSHG); denn ihr Zweck ist es, dem Sozialhilfeträger erst die Prüfung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang der Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) durch Inanspruchnahme Dritter, namentlich des zur Auskunft Herangezogenen, hergestellt werden kann (BVerwG, Urteil vom 21.01.1993 – 5 C 22/90), und bei Ungewissheit einer Unterhaltsverpflichtung zur Sachverhaltsklärung beizutragen (Blüggel, jurisPK-SGB XII, § 117 SGB XII, Rn. 28, Stand: 19.01.2015). Dieser Zweck gebietet es, als "Unterhaltspflichtige" im Sinne von § 117 Abs. 1 SGB XII alle Personen anzusehen, die als Unterhaltsschuldner in Betracht kommen, d.h. nicht offensichtlich ausscheiden (BVerwG, Urteil vom 21.01.1993 – 5 C 22/90 zu § 116 Abs. 1 BSHG). Auch im Rahmen des § 117 Abs. 1 SGB XII ist daher das Vorliegen einer Negativ-Evidenz alleiniger Prüfungsmaßstab für die materielle Rechtmäßigkeit des behördlichen Handelns.
Vorliegend ist keineswegs gänzlich ausgeschlossen, dass der Kläger als Sohn der Hilfeempfängerin und damit als Verwandter in gerader Linie nach § 1601 BGB zum Unterhalt verpflichtet ist. Soweit der Kläger sinngemäß vorträgt, die Hilfeempfängerin habe ihren Unterhaltsanspruch ihm gegenüber jedenfalls verwirkt, weil sie ihn niemals finanziell unterhalten und sich ab seinem 14. Lebensjahr nicht mehr um ihn gekümmert habe, erscheint ein Unterhaltsanspruch allein aus diesem Grund jedenfalls nicht als offensichtlich ausgeschlossen. Die Prüfung eines solchen Anspruchs – einschließlich einer etwa notwendigen Beweiserhebung zu tatsächlichen Umständen – obliegt nach dem zuvor Gesagten allein den Zivilgerichten (die den Tatbestand der Verwirkung ohnehin eher restriktiv auszulegen scheinen; vgl. zur Verwirkung des Elternunterhaltes bei Kontaktabbruch schon im Kindesalter nur BGH, Urteil vom 12.02.2014 – XII ZB 607/12).
Dementsprechend war auch dem Beweisantrag des Klägers, durch ein soziologisches Gutachten tiefgreifende Beeinträchtigungen, die ihm die Hilfeempfängerin zugefügt habe, feststellen zu lassen, nicht nachzugehen. Mögen solche Beeinträchtigungen für die zivilgerichtliche Beurteilung eines Unterhaltsanspruchs auch Bedeutung haben, so sind sie jedenfalls für die sozialgerichtliche Prüfung eines vorgelagerten Auskunftsverlangens (noch) nicht von Belang.
Entsprechendes gilt auch für den Vortrag des Klägers, er sei in seiner Jugend unfreiwillig Zeuge von sexuellen Handlungen seiner Mutter geworden. Dies unterstellt, führt es nicht offensichtlich zu einer Verwirkung eines Unterhaltsanspruchs gegen ihn als Sohn. Vielmehr ist wiederum allein im zivilgerichtlichen Verfahren zu klären, ob ein solches Erlebnis als traumatische Erfahrung, die jedenfalls ohne einen entsprechenden Vorsatz der Mutter erfolgte (der Kläger trägt selbst vor, zufällig Zeuge geworden zu sein), zu einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs führt.
bb) Das Auskunftsverlangen der Beklagten erscheint auch als erforderlich. Denn erst die Kenntnis der Einkommens- und Vermögensverhältnisses des Klägers ermöglicht der Beklagten eine Prüfung, ob die Geltendmachung eines übergegangenen Unterhaltsanspruchs gegenüber dem Kläger zur Durchsetzung des Nachrangs der Sozialhilfe sinnvoll erscheint. Insoweit dient die Auskunftspflicht nach § 117 Abs. 1 SGB XII als bloße Vorstufe zur Realisierung etwaiger Unterhaltsansprüche nicht nur deren Vereinfachung, sondern auch der Vermeidung von Unterhaltsverfahren, die sich bei Kenntnis der Einkommens- und Vermögenssituation eines potenziell Unterhaltsverpflichteten als nicht erfolgversprechend darstellen (vgl. BSG, Beschluss vom 20.12.2012 – B 8 SO 75/12 B Rn. 8).
cc) Auch Ausschluss- bzw. Härtegründe im Sinne des § 94 Abs. 1 S. 2 bis 4 bzw. Abs. 3 S. 1 SGB XII liegen nicht vor. Wäre das der Fall, so wäre ein Auskunftsersuchen ausgeschlossen, weil es dann einer Ermittlung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers von vornherein nicht bedürfte (vgl. dazu nur Urteil des Senats vom 07.05.2012 – L 20 SO 32/12 Rn. 50 m.w.N.). Anhaltspunkte für einen dieser Tatbestände sind jedoch nicht ersichtlich.
Insbesondere gehört der Kläger selbst offensichtlich nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII. Er hat im Übrigen auch nichts vorgetragen, was eine unbillige Härte i.S.d. § 94 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XII begründen könnte. Eine solche wäre etwa anzunehmen, wenn die Inanspruchnahme des Unterhaltsverpflichteten aus der Sicht des Sozialhilferechts soziale Belange vernachlässigen würde, wenn also von dem Unterhaltspflichtigen in dieser Situation üblicherweise nicht (mehr) erwartet werden kann, nun (auch noch) im Hinblick auf den Unterhaltsanspruch in die Pflicht genommen zu werden. Ob dies etwa dann in Betracht käme, wenn durch die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen eine nachhaltige Störung des Familienfriedens eintreten würde, die das weitere Verbleiben des Hilfeempfängers im Familienverband erschweren würde (vgl. dazu Urteil des Senats a.a.O. m.w.N.), kann hier offen bleiben. Denn dass eine vergleichbare Situation in der Familie des Klägers existiert, ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die Hilfeempfängerin bereits dauerhaft in der Pflegeeinrichtung untergebracht ist.
Allein das vom Kläger vorgetragene Verhalten der Mutter in seiner Kindheit und Jugend vermag eine unbillige Härte ebenfalls nicht zu begründen. Insoweit macht der Kläger letztlich ausschließlich Gründe geltend, die aus seiner Sicht zu einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs führen würden. Umstände, die bereits zivilrechtlich der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs entgegenstehen, können jedoch bei der sozialhilferechtlichen Härteprüfung wegen der eigenständigen Bedeutung des dortigen Härtebegriffs keine Berücksichtigung finden; denn sie führen regelmäßig schon dazu, dass der Unterhaltsanspruch nicht besteht oder ihm dauerhafte Einwendungen entgegenstehen (z.B. wegen Verwirkung). Selbst Sachverhaltskonstellationen, die möglicherweise nicht alle Tatbestandsvoraussetzungen der unterhaltsrechtlichen Verwirkung (§ 1611 BGB) erfüllen, können wegen ihrer unterhaltsrechtlich zu beurteilenden Relevanz nicht zur Anwendung des § 94 Abs. 3 SGB XII führen (vgl. Armbruster in jurisPK-SGB XII, § 94 SGB XII, Rn. 183, Stand: 01.05.2014).
Eine sozialhilferechtliche Härte liegt schließlich auch nicht deshalb vor, weil der Kläger sich durch das Verfahren und die damit verbundenen Erinnerungen erheblichen psychischen Belastungen ausgesetzt sieht. Einer Auseinandersetzung mit Gründen, die einem Unterhaltsanspruch der Hilfeempfängerin gegenüber dem Kläger entgegenstehen, bedarf es nach dem zuvor Gesagten im vorliegenden Verfahren betreffend die Auskunftspflicht nicht. Gegenstand dieses Verfahrens ist vielmehr allein die Verpflichtung des Klägers zur Offenlegung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Erst, wenn sich im Anschluss daran ein zivilgerichtliches Unterhaltsverfahren anschließt, wäre eine Beurteilung und Aufarbeitung der vom Kläger umrissenen Geschehnisse erforderlich. Der Senat verkennt dabei nicht, dass es dem Kläger schwerfallen mag, zwischen dem Auskunfts- und dem Unterhaltsverfahren tatsächlich zu trennen, weil sich für ihn beide Verfahren lediglich als unterschiedliche Stufen eines einheitlichen Vorgangs darstellen. Zu beachten ist jedoch, dass das vorliegende Auskunftsersuchen nicht zwangsläufig in einer Unterhaltsforderung der Beklagten münden muss. Denn wäre bereits auf Grund der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers ein Unterhaltsanspruch ausgeschlossen, so bedürfte es einer Auseinandersetzung mit Verwirkungstatbeständen von vornherein nicht. Erst in einem zivilgerichtlichen Verfahren träfen den Kläger insoweit möglicherweise Darlegungs- und Beweisobliegenheiten, welche eine deutlich konkretere psychische Belastung mit sich bringen könnten. Durch das vorgeschaltete Auskunftsverfahren eröffnet sich für den Kläger daher durchaus eine Chance, eine konkretere inhaltliche Befassung mit unterhaltsrechtlichen Verwirkungsaspekten zu vermeiden.
dd) Die verlangte Auskunftserteilung nimmt den Kläger schließlich auch nicht im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unangemessen in Anspruch. Insbesondere wird dadurch sein in Art. 2 Abs. 1 GG geschütztes Persönlichkeitsrecht, vor allem sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, nicht in rechtswidriger Weise verletzt, sondern durch § 117 Abs. 1 S. 1 SGB XII im (höherrangigen) Allgemeininteresse, namentlich der Herstellung des Nachrangs der Sozialhilfe, in zulässiger Weise eingeschränkt (LSG NRW, Urteil vom 14.09.2009 – L 20 SO 96/08 Rn. 26). Dem von der Beklagten auf Anfrage des Senats vorgelegten Vordruck für die von dem Kläger erbetenen Auskünfte ist keine Angabe zu entnehmen, die nicht erforderlich wäre, um eine etwaige Unterhaltspflicht des Klägers feststellen zu können. Das Ersuchen der Beklagten geht damit nicht weiter, als es die Zweckbindung der Auskunft und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zulassen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 21.01.1993 – 5 C 22/90 zu § 116 BSHG).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Weder der Kläger noch die Beklagte gehören zum kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 SGG.
IV. Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht.
V. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 sowie § 63 Abs. 2 GKG. Ein Abschlag ist auf den Auffangstreitwert für Auskunftsansprüche nicht vorzunehmen; denn § 52 Abs. 2 GKG eröffnet diese Möglichkeit nicht, wenn die Bestimmung eines konkreten Streitwerts nach der Bedeutung nicht möglich ist (vgl. BSG, Beschluss vom 14.05.2012 – B 8 SO 78/11 B Rn. 12). Die Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 3 GKG.
Erstellt am: 28.04.2015
Zuletzt verändert am: 28.04.2015