Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Klägerin für das Berufungsverfahren gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 06.02.2019 wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die am 00.00.10.1992 geborene Klägerin ist mit dem am 00.00.1975 geborenen Mario N verheiratet und lebt mit diesem in einem Haushalt. Die Klägerin ist die Mutter von zwei ebenfalls in dem gemeinsamen Haushalt lebenden, am 00.00.2012 und am 00.00.2013 geborenen Kindern. Die Klägerin erhält für die Kinder Kindergeld und sie bezieht Wohngeld als Mietzuschuss für die von der Familie bewohnte Mietwohnung. Die Klägerin ist seit Juni 2016 voll erwerbsgemindert iSd § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, da sie außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach dem Rentenbescheid der DRV Knappschaft-Bahn-See vom 25.04.2017 erhält die Klägerin bis zum 30.06.2019 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Der Ehemann ist seit Juli 2016 ebenfalls voll erwerbsgemindert iSd § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI und bezieht nach dem Rentenbescheid der DRV Rheinland vom 19.01.2017 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum 31.01.2020.
Mit Bescheid vom 31.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.03.2018 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Kinderzuschlag vom 23.01.2018 ab. Ein Anspruch auf Kinderzuschlag bestehe gem. § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG nur, wenn dadurch Hilfebedürftigkeit iSd SGB II vermieden werden könne. Da beide Elternteile nicht erwerbsfähig seien und keines der beiden Kinder das 15. Lebensjahr vollendet habe, sei kein Familienmitglied leistungsberechtigt iSd SGB II, weshalb auch kein Anspruch auf Kinderzuschlag bestehe.
Hiergegen hat die Klägerin am 20.03.2018 Klage erhoben. Das Sozialgericht hat Auskünfte der DRV Rheinland und der DRV Knappschaft-Bahn-See eingeholt. Beide Rentenversicherungsträger haben bestätigt, dass die jeweiligen Renten bewilligt werden, weil die Klägerin und ihr Ehemann außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Das Sozialgericht hat die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Mit Gerichtsbescheid vom 06.02.2019 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Anspruchsvoraussetzung des § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG sei nicht erfüllt, da durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II nicht vermieden werden könne, da kein Mitglied der Haushaltsgemeinschaft leistungsberechtigt nach dem SGB II sei. Den Ausschluss von Kinderzuschlag für Personen, die keinen Zugang zu SGB II-Leistungen haben, habe das BSG mit dem Urteil vom 15.12.2010 – B 14 KG 1/09 R bestätigt. Diese für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG ergangene Entscheidung sei auf die Kläger zu übertragen. In beiden Fällen werde der Sinn und Zweck des Kinderzuschlags, mit dem vermieden werden solle, dass Eltern nur wegen der Unterhaltsbelastung für ihre Kinder auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld angewiesen sind, nicht erreicht.
Gegen diese am 08.02.2019 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin am 06.03.2019 Berufung eingelegt und für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe beantragt. Sie hält den Ausschluss von Personen, die "dem Rechtskreis des SGB XII unterliegen", von der Möglichkeit, Kinderzuschlag zu erhalten, für eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung und damit verfassungswidrig. Ein Vergleich von SGB XII-Berechtigten mit Asylbewerbern verbiete sich, da bei Asylbewerbern Anreize zur Einreise vermieden werden sollten, was auf Anspruchsberechtigte nach dem SGB XII nicht zutreffe. Ob Personen in der Situation der Klägerin Leistungen nach dem SGB II oder dem SGB XII beanspruchen könnten, hänge von Zufällen ab. Würden die Klägerin oder ihr Ehemann beispielsweise eine s.g. "Arbeitsmarktrente" beziehen, wäre ihnen der Zugang zu SGB II-Leistungen und damit zum Kinderzuschlag nicht verschlossen. Gleiches gelte, wenn eines der Kinder das 15. Lebensjahr vollendet hätte. Ein von solchen Zufällen abhängiger Leistungsausschluss sei nicht zu rechtfertigen.
II.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 06.02.2019 hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg iSd §§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 114 ZPO.
Ein Rechtsschutzbegehren hat hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen Rechtsfrage abhängt. Die Prüfung der Erfolgsaussichten für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Schwierige, bislang ungeklärte Rechtsfragen dürfen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können. Prozesskostenhilfe ist auch zu bewilligen, wenn in der Hauptsache eine Beweisaufnahme erforderlich ist und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen wird (BVerfG Beschlüsse vom 04.05.2015 – 1 BvR 2096/13, vom 09.10.2014 – 1 BvR 83/12 und vom 19.02.2008 – 1 BvR 1807/07; ständige Rechtsprechung des Senats, vergl. nur Beschlüsse vom 16.01.2019 – L 7 AS 1085/18 B, vom 20.04.2016 – L 7 AS 1645/15 B und vom 15.02.2016 – L 7 AS 1681/15 B).
Auch unter Beachtung dieser weiten Maßstäbe sind Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung zu verneinen. Ungeachtet des Fehlens ausdrücklicher höchstrichterlicher Rechtsprechung zu der hier maßgeblichen Rechtsfrage – Anspruch auf Kinderzuschlag für Personen, die voll erwerbsgemindert sind und mit ihren Kindern, die das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in einem Haushalt leben – ist die Rechtslage nicht schwierig und ungeklärt, weil sie sich ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt und Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der Rechtslage nicht bestehen.
Der Anspruch auf Kinderzuschlag setzt gem. § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG in der für den streitigen Zeitraum maßgeblichen, noch bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung (zur Änderung ab 01.01.2020 vgl. Art. 2 StaFamG vom 28.04.2019 – BGBl I 2019, 530) voraus, dass durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vermieden wird. Diese Bestimmung erfordert eine fiktive Prüfung eines SGB II-Leistungsanspruchs unter Außerachtlassung des Kinderzuschlags (BSG Urteil vom 26.07.2016 – B 4 KG 2/14 R). Personen, die dem Grunde nach keinen Zugang zu Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II haben, können auch keinen Kinderzuschlag beanspruchen. Denn der Kinderzuschlag bezweckt – zusammen mit dem Kindergeld und dem auf die Kinder bezogenen Wohngeldanteil – den typischen Bedarf von Kindern abzudecken und so zu verhindern, dass Eltern, die ihren eigenen Bedarf zu decken in der Lage sind, allein wegen der Kinder auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II angewiesen sind (vgl. BT-Drs. 15/1516, S. 1 f.; zu aktuellen Fassung durch das StaFamG in diesem Sinne auch BT-Drs. 19/7504 S. 32: "Es soll weiterhin gewährleistet werden, dass Eltern nicht nur wegen ihrer Kinder auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II angewiesen sind").
Weder die Klägerin noch ihr Ehemann noch die Kinder haben einen Zugang zu Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Klägerin und ihr Ehemann sind keine erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II einen Leistungsanspruch haben, denn sie sind nicht erwerbsfähig. Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 8 Abs. 1 SGB II). Dies trifft auf die Klägerin und ihren Ehemann nicht zu, da sie nach den Feststellungen der Rentenversicherungsträger die Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI erfüllen, mithin wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die Kläger haben nicht geltend gemacht, dass diese Feststellungen unrichtig seien. Da die Eltern keine erwerbsfähigen Leistungsberechtigten sind, haben die Kinder, die das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und daher selbst keine erwerbsfähigen Leistungsberechtigten sind und keine Bedarfsgemeinschaft begründen können, keinen abgeleiteten Leistungsanspruch gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II ("Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben").
Die Klägerin, ihr Ehemann und ihre Kinder sind hinsichtlich eines Anspruchs auf Kinderzuschlag nicht gleichzusetzen mit Altersrentnern vor Erreichung der jeweiligen Regelaltersgrenze, die mit einer nicht erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person zusammenleben. Diese Personengruppe kann allerdings nach der zutreffenden DA der Beklagten (DA KiZ 106a 140 Abs. 7) einen Anspruch auf Kinderzuschlag haben. Diese Altersrentner können zwar aufgrund des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II nicht selber Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beanspruchen, da sie jedoch als erwerbsfähig anzusehen sind, können sie eine Bedarfsgemeinschaft begründen (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II) und einen Sozialgeldanspruch für ihre nicht erwerbsfähigen Angehörigen gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II auslösen. Im Gegensatz dazu sind die Klägerin und ihr Ehemann – vergleichbar mit einem Altersrentner nach Überschreitung der Altersgrenze nach § 7a SGB II (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II) – wegen fehlender Erwerbsfähigkeit von vornherein keine erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, weshalb sie auch keinen Sozialgeldanspruch für ihre Kinder auslösen können.
Diese Unterscheidung ist nicht verfassungswidrig, sie stellt insbesondere keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG dar. Nach dieser Norm ist der Gesetzgeber gehalten, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem einem Personenkreis eine Begünstigung gewährt wird, einem anderen die Begünstigung aber vorenthalten bleibt. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung nicht finden lässt. Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Bei der Prüfung, ob eine Anspruchsnorm den begünstigten Personenkreis vom nicht begünstigten Personenkreis im Einklang mit dem allgemeinen Gleichheitssatz abgrenzt, ist nicht maßgeblich, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner hierbei grundsätzlich weiten Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (Urteil des Senats vom 17.09.2009 – L 7 AS 78/08 mwN auf die einschlägige verfassungsgerichtliche Rechtsprechung).
Die Abgrenzung der anspruchsberechtigten Personen erfolgt nicht – wie die Klägerin meint – "zufällig" und damit ohne sachlich rechtfertigenden Grund und evtl. ggfs. willkürlich, sondern orientiert sich an dem Kriterium der Erwerbsfähigkeit von mindestens einem Haushaltsmitglied und damit dem Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft. Die Orientierung des Anspruchs auf Kinderzuschlag an der Erwerbsfähigkeit von mindestens einem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ist sachgerecht, da der Kinderzuschlag – wie ausgeführt – an die Stelle eines ansonsten gegeben Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld gem. § 19 Abs. 1 SGB II) treten soll, der ebenfalls die Erwerbsfähigkeit mindestens einer haushaltsangehörigen Person voraussetzt.
Der generelle Ausschluss von nicht erwerbsfähigen und dem Rechtskreis des SGB XII zuzurechnenden Personen vom Kinderzuschlag ist ebenfalls nicht verfassungswidrig (ebenso SG Koblenz Urteil vom 18.05.2006 – S 11 KG 14/05). Auch insoweit ist ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nicht erkennbar. Es ist dem Gesetzgeber nicht verwehrt, die Zuordnung zu einem Leistungssystem und Leistungsansprüche davon abhängig zu machen, ob eine Person erwerbsfähig ist oder nicht. Dies gilt auch für den Zugang zum Kinderzuschlag. Mit dem Kinderzuschlag wollte der Gesetzgeber einen Arbeitsanreiz durch gezielte Förderung einkommensschwacher Familien schaffen (vgl. BT-Drs. 15/1516, S. 1 ff.). Dies wird namentlich deutlich durch die Regelungen des § 6a Abs. 4 BKGG in der bis zum 30.06.2019 gF (ab 01.07.2019 § 6a Abs. 6 BKGG), der die Anrechnung von Erwerbseinkommen gegenüber anderen Einkommensarten privilegiert. Da Leistungen nach dem SGB XII grundsätzlich – von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen – nur Personen erhalten können, die nicht erwerbsfähig sind (§ 21 Satz 1 SGB XII), liefe der Förderungszweck des Kinderzuschlags ins Leere, wenn ihn auch Personen beanspruchen könnten, die gerade nicht in der Lage sind, eine Erwerbstätigkeit auszuüben.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 07.01.2021
Zuletzt verändert am: 07.01.2021