Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 26.09.2013 geändert. Anstelle der Antragsgegnerin wird der Beigeladene im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller ab dem 04.07.2013 bis zum 31.03.2014 vorläufig Leistungen nach dem SGB II i.H.v. 70% des jeweils geltenden Regelbedarfs für Alleinstehende unter den in dem Beschluss des Sozialgerichts genannten Bedingungen zu gewähren. Der Beigeladene hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII), hilfsweise nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II).
Der am 00.00.1973 in L geborene Antragsteller ist griechischer Staatsbürger. Er lebte überwiegend in Griechenland. Nach seinen Angaben hat er sich auch vor seinem aktuellen Aufenthalt schon einmal in Deutschland aufgehalten; er habe einige Monate in N "schwarz" gearbeitet und sei dann nach Griechenland zurückgekehrt.
Im März 2011 reiste der Antragsteller erneut in die Bundesrepublik ein. Er arbeitete zunächst ca. einen Monat in einem Restaurant in X bei C, gab diese Tätigkeit jedoch wegen empfundener Überlastung auf. Am 05.05.2011 meldete er sich in E an und beantragte am 23.05.2011 die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II; dabei legte er einen Mietvertrag für eine Unterkunft zu einer Pauschalmiete von monatlich 120,00 EUR vor. Mit Bescheid vom 31.05.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.08.2011 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Hiergegen erhob der Antragsteller am 09.09.2011 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund (S 29 AS 3957/11).
Am 02.01.2012 beantragte er darüber hinaus die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (S 29 AS 1/12 ER). In einem Termin vom 09.02.2012 vor dem Sozialgericht erklärte der Vertreter des Beigeladenen dessen Bereitschaft, Leistungen in Höhe des Regelsatzes und der Kosten der Unterkunft (120,00 EUR monatlich) ab dem 01.05.2011 rückwirkend zu gewähren. In Ausführung dieses Anerkenntnisses bewilligte der Beigeladene dem Antragsteller mit Bescheiden vom 22.02.2012 und 28.02.2012 Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.05.2011 bis 18.12.2011. Mit Schreiben vom 19.03.2012 teilte der Beigeladene dem Antragsteller mit, weitere Ansprüche kämen nicht in Betracht, da der Antragsteller nach der Vorbehaltserklärung der Bundesrepublik Deutschland zum Europäischen Fürsorgeabkommen (EFA) mit Wirkung zum 19.12.2011 nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2 SGB II von Leistungsansprüchen nach dem SGB II ausgeschlossen sei. Der Antragsteller äußerte über seinen Prozessbevollmächtigten Zweifel an der Wirksamkeit des erklärten Vorbehaltes zum EFA. Mit Bescheid vom 10.04.2012 bewilligte ihm der Beigeladene daraufhin weitere Leistungen nach dem SGB II vom 19.12. bis 31.12.2011; nach der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung kann dieser mit dem Widerspruch angefochten werden.
Am 19.04.2012 beantragte der Antragsteller erneut beim Sozialgericht eine einstweilige Anordnung gegen den Beigeladenen (S 29 AS 1574/12 ER). Der SGB II-Träger sei an sein Anerkenntnis gebunden, der Vorbehalt zum EFA völkerrechtswidrig. Die Versagung von Leistungen nach dem SGB II verstoße überdies gegen die (seit Mai 2010 in Kraft befindliche) EU-Verordnung 883/2004. Mit Beschluss vom 16.07.2012 lehnte hat das Sozialgericht diesen Antrag ab. Eine Eilbedürftigkeit für eine gerichtliche Entscheidung sei nicht erkennbar, weil der Antragsteller in Ausführung des früheren Anerkenntnisses (vom 09.02.2012) eine Nachzahlung von etwa 3.500,00 EUR erhalten habe, die noch nicht verbraucht sein könne. Die dagegen vom Antragsteller eingelegte Beschwerde wies das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 02.10.2012 zurück (L 19 AS 1393/12 B ER). Aufgrund der schwachen Verbindung des Antragstellers zum deutschen Arbeitsmarkt sei davon auszugehen, dass er nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sei. Die Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft sei in Rechtsprechung und Kommentierung umstritten. Ebenso umstritten sei, ob das EFA einer Anwendung dieser Ausschlussvorschrift des SGB II entgegenstehe, und ob der von der Bundesrepublik Deutschland am 19.12.2011 erklärte Vorbehalt hinsichtlich der Leistungen nach dem SGB II wirksam sei. Da sich die Rechtslage im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht endgültig klären lasse, sei eine Folgenabwägung zu treffen; diese gehe zu Lasten des Antragstellers aus. Denn bei einem unterstellten Leistungsausschluss nach dem SGB II habe er Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII. Für solche Leistungen bestehe jedoch kein Anordnungsgrund, weil der anwaltlich vertretene Antragsteller trotz eines Hinweises des Gerichts diese Leistungen nicht beantragt bzw. noch keine Mitteilung darüber gemacht habe.
Der Antragsteller hatte allerdings aufgrund dieses Hinweises des Landessozialgerichts bereits am 03.09.2012 Leistungen nach dem SGB XII bei der Antragsgegnerin beantragt.
Mit Bescheid vom 08.10.2012 lehnte die Antragsgegnerin eine Leistungsgewährung ab. Es bestehe lediglich ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitssuche; deshalb sei der Antragsteller gem. § 23 Abs. 3 SGB XII auch von den Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen. Als erwerbsfähige Person könne er ohnehin nach § 21 SGB XII keine Leistungen für den Lebensunterhalt erhalten. Er sei berechtigt, in Deutschland einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, und deshalb erwerbsfähig. Dem Grunde nach bestehe deshalb ein Anspruch nach dem SGB II. In seinem dagegen gerichteten Widerspruch führte der Antragsteller aus, nach Auffassung des Landessozialgerichts bestehe gerade kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Ihm müsse deshalb Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII gewährt werden.
Der Antragsteller beantragte am 24.10.2012 beim Sozialgericht Dortmund den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Antragsgegnerin (S 43 SO 422/12 ER).
Am 29.10.2012 wurde das Haus, in dem sich das Zimmer des Antragstellers befand, wegen baurechtlicher Mängel geräumt und versiegelt. Seither ist der Antragsteller obdachlos.
Mit Beschluss vom 14.01.2013 lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Der Antragsteller sei nach § 21 SGB XII als Erwerbsfähiger von Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen. Die Vorschrift greife auch dann, wenn kein Anspruch nach dem SGB II bestehe. Sie grenze die Leistungssysteme des SGB II und des SGB XII voneinander ab; maßgeblich sei allein die Erwerbsfähigkeit. Der Antragsteller sei nach Lage der Akten erwerbsfähig.
Im dagegen geführten Beschwerdeverfahren (L 9 SO 37/13 B ER) trug der Antragsteller vor, er verfüge nur über sehr schlechte Deutschkenntnisse und sei daher nicht in der Lage, Bewerbungen abzufassen. Es habe sich noch nicht bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet, sich jedoch selbst – bisher erfolglos – um Arbeit bemüht. Zwischen Mai 2012 und Februar 2013 habe er sich in verschiedenen griechischen Restaurants als Kellner beworben, ferner bei dem Eigentümer des ehemals von ihm bewohnten Hauses als Hausmeister. Beim Beigeladenen habe er nach dessen Leistungsbewilligung im Februar 2012 mehrfach vorgesprochen und um Vermittlung eines Arbeitsplatzes gebeten. Der Antragsteller legte hierzu eine Einladung des Beigeladenen vom 15.03.2012 vor, wonach er am 19.04.2012 bei seinem Fallmanager vorstellig werden möge, um über seine berufliche Situation zu sprechen. Diese Vorsprache fand nicht mehr statt, nachdem der Beigeladene unter dem 19.03.2012 die Weitergewährung von Leistungen nach dem SGB II abgelehnt hatte.
Mit Beschluss vom 28.05.2013 wies das Landessozialgericht die Beschwerde zurück. Es könne offen bleiben, ob der Antragsteller als Erwerbsfähiger bereits nach § 21 SGB XII von den Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen sei. Angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalles sei jedenfalls bei summarischer Prüfung im Rahmen einer Folgenabwägung von einer Anwendbarkeit des SGB XII auszugehen. Ein Anspruch scheitere jedoch an der Glaubhaftmachung eines tatsächlichen Inlandsaufenthaltes. Es bestünden erhebliche Zweifel, dass sich der Antragsteller weiter in E aufhalte. Zweifelhaft sei bereits, ob das vom Antragsteller angemietete Zimmer überhaupt zu dauerhaften Wohnzwecken geeignet gewesen und tatsächlich genutzt worden sei; möglicherweise habe es lediglich melderechtlichen Zwecken dienen sollen. Der Antragsteller sei zudem der Einladung des Beigeladenen zur Vorsprache am 19.04.2012 nicht gefolgt und habe dadurch gezeigt, dass er kein Interesse an der Veränderung seiner beruflichen Situation gehabt habe. Den Verdacht, dass er sich nicht mehr im Inland aufhalte, habe er auch nicht ausräumen können. Nach Räumung des von ihm angeblich bewohnten Hauses sei er obdachlos. Diese stehe zwar grundsätzlich einem Leistungsanspruch nicht entgegen. In solchen Fällen seien jedoch erhöhte Anforderungen an den Nachweis des tatsächlichen Aufenthaltes zu stellen; diese habe der Antragsteller nicht erfüllt.
Den Widerspruch des Antragstellers gegen den Ablehnungsbescheid vom 05.10.2012 wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2013 zurück. Als Erwerbsfähiger sei der Antragsteller gem. § 21 SGB XII von Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen. Die Leistungssysteme nach dem SGB II und SGB XII schlössen sich gegenseitig aus; zur Abgrenzung sei auf die Eingliederungsmöglichkeiten in den Arbeitsmarkt abzustellen. Darüber hinaus sei der Antragsteller nach § 23 Abs. 3 SGB XII von den Leistungen ausgeschlossen; denn sein Aufenthaltsrecht ergebe sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche. Zwar enthalte auch das SGB II in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 einen solchen Ausschluss. Da dieser jedoch gegen europäisches Recht verstoße, sei er nicht anwendbar, so dass dem Antragsteller Leistungen nach dem SGB II zu gewähren seien.
Hiergeben erhob der Antragsteller am 08.07.2013 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund (S 43 SO 295/13), die noch anhängig ist.
Am 04.07.2013 beantragte er zudem erneut den – vorliegend streitgegenständlichen – Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Antragsgegnerin. Die Senate des Landessozialgerichts gingen übereinstimmend davon aus, dass auf ihn das SGB XII anwendbar sei. Soweit der 9. Senat in seinem letzten Beschluss Zweifel an seinem Aufenthalt im Inland geäußert habe, seien diese Zweifel nicht berechtigt. Denn seit seinem Auszug hole er bei der ehemals von ihm bewohnten Wohnung fast täglich seine Post ab, die eine Nachbarin für ihn in Empfang nehme. Er habe auch seine Arbeitsbemühungen hinreichend dargelegt. Sein Lebensunterhalt werde von karitativen Einrichtungen notdürftig sichergestellt. Sollten Ansprüche nach dem SGB XII nicht in Betracht kommen, sei der Beigeladene zu Regelleistungen nach dem SGB II zu verpflichten.
Der Antragsteller hat beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB XII zu gewähren,
hilfsweise den Beigeladenen im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zu gewähren.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Der Antragsteller sei seit Dezember 2012 nicht mehr bei ihr vorstellig geworden, so dass erhebliche Zweifel an seinem tatsächlichen Aufenthalt im Inland bestünden.
Der Antragsteller hat Bescheinigungen von karitativen Einrichtungen (u.a. der "E Suppenküche") vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass er diese regelmäßig während der Öffnungszeiten aufsucht und dort kostenlos versorgt wird. Darüber hinaus hat er vorgetragen, sich Anfang Juli und Anfang September 2013 – allerdings erfolglos – um eine Arbeitsstelle als Reinigungskraft bemüht zu haben.
Mit Beschluss vom 26.09.2013 hat das Sozialgericht die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller ab dem 04.07.2013 und längstens bis zur Entscheidung in der Hauptsache (S 43 SO 295/13) vorläufig Sozialhilfe nach dem SGB XII i.H.v. 70% des jeweils geltenden Leistungssatzes für die Regelbedarfsstufe 1 zu erbringen, falls der Antragsteller zwischen dem 01. und 15. des jeweiligen Monats (erstmals für den Monat Oktober 2013) bei der Antragsgegnerin vorspricht. Sollte der Antragsteller dem nicht nachkommen, stünden ihm aufgrund der jetzigen sozialgerichtlichen Entscheidung keine Leistungen zu. Der Antragsteller habe sich ferner täglich ab Oktober 2013 zu dessen Öffnungszeiten bei dem Diakonischen Werk in E zu melden; soweit er dem insgesamt dreimal unentschuldigt nicht nachkomme, stünden ihm ebenfalls keine Leistungen aufgrund der jetzigen gerichtlichen Entscheidung zu. Das Sozialgericht hat sich der Entscheidung des 9. Senats des Landessozialgerichts angeschlossen. Danach sei angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls auf den Antragsteller das SGB XII anzuwenden. Der Antragsteller habe nunmehr auch seinen tatsächlichen Inlandsaufenthalt glaubhaft gemacht. Ausweislich der Bescheinigungen von karitativen Einrichtungen suche er diese regelmäßig während der Öffnungszeiten auf. Dem Antragsteller stehe jedoch nur ein Anspruch auf 70% der Leistungen nach der jeweils aktuellen Regelbedarfsstufe 1 zu, da er derzeit obdachlos sei und deshalb zumindest vorläufig auf einen Teil der Regelleistung verzichten könne. Er müsse jedoch regelmäßig bei der Antragsgegnerin und dem Diakonischen Werk vorsprechen, um seine weitere Leistungsberechtigung nachzuweisen.
Hiergegen hat die Antragsgegnerin am 21.10.2013 Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller habe Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, die solchen nach dem SGB XII vorgingen.
Der Senat hat das Jobcenter E gem. § 75 Abs. 2 SGG zum Verfahren beigeladen (Beschluss vom 05.12.2013).
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 26.09.2013 abzuändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen, soweit er sich gegen die Antragsgegnerin richtet.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen,
hilfsweise, den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 26.09.2013 abzuändern und den Beigeladenen im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zu gewähren.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er ist der Auffassung, der Antragsteller sei nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen.
Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 13.01.2014 mitgeteilt, der Antragsteller erfülle die Auflagen aus dem Beschluss des Sozialgerichts und erhalte nach wie vor Leistungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen. Beide sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Sie ist im Sinne einer anstelle der Antragsgegnerin erfolgenden Verpflichtung des Beigeladenen auch begründet.
1. Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer Regelungsanordnung setzt die Glaubhaftmachung (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)) eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die begehrten Leistungen (Anordnungsanspruch) sowie einer Eilrechtsschutz rechtfertigenden Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) voraus. Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander. Es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt.
Aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) können sich besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen. Dies gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen. Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht (vgl. zu alledem BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05).
2. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin war der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 26.09.2013 dahingehend zu ändern, dass anstelle der Antragsgegnerin der Beigeladene im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet wird, dem Antragsteller ab dem 04.07.2013 bis zum 31.03.2014 vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu den in dem Beschluss des Sozialgerichts für den Antragsteller aufgestellten Bedingungen zu gewähren.
Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen eingeschränkten Prüfungsdichte erscheint es als überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeissuchende nach dem SGB II hat. Von Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII ist er folgerichtig gem. § 21 SGB XII ausgeschlossen. Dementsprechend hat der Hauptantrag des Antragstellers keinen Erfolg.
Entsprechend dem Hilfsantrag des Antragstellers war jedoch der Beigeladene einstweilig zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II zu gewähren. Insoweit hat der Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
a) Die Voraussetzungen für eine Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II liegen beim Antragsteller vor. Er hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a Abs. 1 SGB II noch nicht erreicht. Zudem ist er erwerbsfähig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II). Als griechischer Staatsangehöriger und damit als Bürger der Europäischen Union ist er gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt und darf zudem ohne Arbeitserlaubnis in Deutschland eine Beschäftigung aufnehmen. Anhaltspunkte etwa für das Vorliegen einer Krankheit, welche ihn an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens drei Stunden täglich hindern könnte, bestehen nach bisherigem Erkenntnisstand nicht. Der Antragsteller ist zudem hilfebedürftig i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II; denn bei summarischer Prüfung verfügt er weder über Einkommen noch über Vermögen, sondern bezieht derzeit lediglich Sozialhilfeleistungen von der Antragsgegnerin.
Der Antragsteller hat insbesondere auch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Der Senat sieht keinen Grund, hieran zu zweifeln, nachdem die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 13.01.2014 mitgeteilt hat, der Antragsteller erfülle seine Auflagen aus dem Beschluss des Sozialgerichts und beziehe nach wie vor Leistungen. Dementsprechend hält er sich weiterhin in E auf.
b) Im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes kann jedoch nicht abschließend geklärt werden, ob zu Lasten des Antragstellers der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II greift. Danach sind Ausländer von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgenommen, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt.
aa) Zwar sind nach dem Gesetzeswortlaut die Voraussetzungen dieses Leistungsausschlusses im vorliegenden Fall erfüllt (zum Erfordernis der positiven Feststellung eines Aufenthaltsrechts allein zum Zweck der Arbeitssuche für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vgl. BSG, Urteil vom 25.01.2012 – B 14 AS 138/11 R Rn. 20). Denn nach der im einstweiligen Rechtsschutz nur möglichen eingeschränkten Prüfungsdichte kann sich das Aufenthaltsrecht des Antragstellers in der Bundesrepublik allein aus dem Zweck der Arbeitsuche (und damit aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 FreizügG/EU) ergeben.
(1) Ein Aufenthaltsrecht nach anderen Vorschriften des FreizügG/EU (das die Unionsbürgerrichtlinie RL 2004/38/EG vom 29.04.2004 in nationales Recht umsetzt) ist nicht ersichtlich. Nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen nach Maßgabe des FreizügG/EU ein Recht zur Einreise und zum Aufenthalt. Seit Antragstellung im vorliegenden Verfahren (04.07.2013) ist der Antragsteller jedoch weder (i.S.v. § 2 Abs.2 Nr. 1 FreizügG/EU) als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen, noch hat er (i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU) eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt.
§ 2 Abs. 3 S. 2 FreizügG/EU kann zu Gunsten des Antragstellers keine Wirkungen entfalten. Zum einen ist die Arbeitslosigkeit im Anschluss an die nach erstmaliger Einreise in die Bundesrepublik kurze Zeit in N "schwarz" ausgeübte Arbeit keine Arbeitslosigkeit im Sinne der Vorschrift. Denn Schwarzarbeit ist keine Tätigkeit, welche i.S. der Vorschrift ein Aufenthaltsrecht wegen Arbeitnehmertätigkeit (nach Abs. 1 Nr. 1) anschließend perpetuieren kann. Eine illegale, insbesondere unter Umgehung von Sozialversicherungsbeiträgen ausgeübte Tätigkeit ist vielmehr nicht geeignet, Arbeitnehmerfreizügigkeit zu verschaffen; sie kann von vornherein kein Aufenthaltsrecht nach § 2 FreizügG/EU vermitteln (vgl. Beschlüsse des LSG NRW vom 15.06.2012 – L 19 AS 834/12 B ER sowie vom 22.06.2012 – L 19 AS 845/12 B ER; ebenso Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 05.03.2012 – L 29 AS 414/12 B ER zu nicht legaler selbständiger Tätigkeit). Zum anderen kann die vom Antragsteller nach seiner Wiedereinreise kurzzeitig in X ausgeübte Tätigkeit in der Gastronomie im Jahre 2011 jedenfalls aktuell keine Wirkungen zu seinen Gunsten mehr entfalten. Denn selbst bei (ggf.) unfreiwilliger, durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit bleibt ein aus legaler, aber weniger als ein Jahr dauernder Tätigkeit erworbenes Freizügigkeitsrecht als Arbeitnehmer nur für die Dauer von sechs Monaten unberührt (§ 2 Abs. 3 S. 2 FreizügG/EU); anschließend erlischt es mithin wieder.
Auch ein Aufenthaltsrecht als nichterwerbstätiger Unionsbürger nach § 4 FreizügG/EU besteht nicht; der Antragsteller verfügt nicht über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel. Schließlich kann er sich auch nicht auf ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU oder ein Aufenthaltsrecht als Familienangehöriger nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU berufen.
(2) Kommt mithin allein ein Aufenthaltsrecht des Antragstellers zum Zwecke der Arbeitssuche nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU in Betracht, so sind dessen Voraussetzungen bei der im einstweiligen Verfahren allein möglichen summarischen Prüfung nicht zu verneinen.
Ein solches Aufenthaltsrecht erfordert, dass der EU-Bürger ernsthaft einen Arbeitsplatz sucht und seine Bemühungen nach derzeitiger Aktenlage objektiv nicht aussichtslos sind (vgl. zu den Voraussetzungen eines solchen Aufenthaltsrechts BayVGH Beschluss vom 16.01.2009 – 19 C 08.3271, Rn. 6 f. m.w.N.). Der Antragsteller hat im früheren Beschwerdeverfahren L 9 SO 37/13 B ER zwar vorgetragen, er habe nur sehr schlechte Deutschkenntnisse und sei deshalb nicht in der Lage sei, Bewerbungen abzufassen. Er habe sich auch noch nicht bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet, sich jedoch selbst – wenn auch bisher erfolglos – um Arbeit bemüht. So habe er sich zwischen Mai 2012 und Februar 2013 in verschiedenen griechischen Restaurants als Kellner beworben, darüber hinaus beim Eigentümer des ehemals von ihm bewohnten Hauses als Hausmeister. Im vorliegenden Verfahren hat er zudem vorgetragen, sich Anfang Juli und Anfang September 2013 – ebenfalls erfolglos – um eine Arbeitsstelle als Reinigungskraft bemüht zu haben. Es muss der Prüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, ob diese Angaben des Antragstellers zutreffen, und ob er begründete Aussichten hat, in Deutschland einen Arbeitsplatz zu finden. Ausgeschlossen erscheint dies jedenfalls nicht, da er (nach seinem Vortrag, der im Hauptsacheverfahren noch zu verifizieren sein wird) bereits für kurze Zeit in einem Restaurant in X gearbeitet hat. Auch der Beigeladene scheint von einer Vermittlungsfähigkeit auszugehen; anderenfalls machte die von ihm erfolgte Einladung des Antragstellers zu einer Vorsprache bei seinem Fallmanager, um über seine berufliche Situation zu sprechen, keinen Sinn.
Anhand der derzeit vorliegenden Erkenntnisse geht der Senat deshalb davon aus, dass der Antragsteller ein Aufenthaltsrecht zum Zwecke der Arbeitssuche besitzt. Dementsprechend kommt es im vorliegenden Verfahren nicht darauf an, ob Leistungen nach dem SGB II überhaupt beansprucht werden können, wenn kein Aufenthaltsrecht mehr besteht (vgl. dazu LSG NRW, Urteil vom 10.10.2013 – L 19 AS 129/13, Revision anhängig unter B 4 AS 64/13 R; a.A. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15.11.2013 – L 15 AS 365/13 B ER).
bb) Bei einem Aufenthaltsrecht allein zum Zweck Arbeitssuche greift zwar nach dem Gesetzeswortlaut der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II.
(1) In Rechtsprechung und Literatur ist allerdings umstritten, ob dieser Leistungsausschluss mit europäischem Recht vereinbar ist, insbesondere mit Art. 24 der Richtlinie 2004/38/EG und Art. 4 der Verordnung (EG) 883/2004 (vgl. zum Meinungsstand LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15.11.2013 – L 15 AS 365/13 B ER). Das Bundessozialgericht hat mit Beschluss vom 12.12.2013 – B 4 AS 9/13 R (im Folgenden: Vorlagebeschluss) ein bei ihm anhängiges Verfahren nach Art. 267 Abs. 1 und Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ausgesetzt, um eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Vereinbarkeit von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit europäischem Recht herbeizuführen.
(2) Der Senat orientiert sich bis zu einer Entscheidung des EuGH an dessen bisheriger Rechtsprechung, zuletzt im Urteil vom 19.09.2013 – C-140/12. Nach dieser Entscheidung kann eine besondere beitragsunabhängige Leistung nach Art. 3 Abs. 3 der VO (EG) 883/2004 zugleich eine Sozialhilfeleistung i.S.v. Art. 7 Abs. 1 Buchstabe b, Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie RL 2004/38/EG sein. Die Verordnung und die Richtlinie dienten danach unterschiedlichen Zwecken, so dass die Begriffe nicht deckungsgleich seien.
Bei den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II handelt es sich zum einen um eine besondere beitragsunabhängige Leistung nach Art. 3 Abs. 3 der VO (EG) 883/2004 (vgl. BSG, Vorlagebeschluss Rn. 33 sowie Urteil vom 18.01.2011 – B 4 AS 14/10 R; Greiser in Eicher/Schlegel, SGB III, Art. 61 Rn. 32; Kador in jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2011, Art. 70 VO (EG) 883/2004 Rn. 27; a.A. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26.02.2010 – L 15 AS 30/10 B ER). Durch das Erfordernis der Erwerbsfähigkeit (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II) als Voraussetzung für die Leistungsberechtigung eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft besteht ein Bezug zu den Leistungen bei Arbeitslosigkeit i.S. des Art. 3 Abs. 1 Buchst. h VO (EG) 883/2004. Anders als die beitragsbezogene Versicherungsleistung des Alg I nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) werden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II aber unabhängig von Beschäftigungs-, Mitglieds- oder Beitragszeiten gewährt und haben keine an den bisherigen Verdienst anknüpfende Entgeltersatzfunktion. Die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hängt allein vom Vorliegen von Bedürftigkeit ab. Es erfolgt eine beitragsunabhängige Finanzierung durch Steuermittel (vgl. BSG, Vorlagebeschluss, a.a.O.).
Zum anderen sind die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bei summarischer Prüfung als Sozialhilfeleistungen i.S.v. Art. 7 Abs. 1 Buchstabe b, Art. 24 der RL 2004/38/EG anzusehen (so auch BSG, Vorlagebeschluss Rn. 41; LSG Bayern, Beschluss vom 06.11.2013 – L 7 AS 639/13 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15.11.2013 – L 15 AS 365/13 B ER; a.A. Spellbrink/G. Becker in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 7 Rn. 55; Greiser/Kador, SGb 2013, 608, 609). Der Begriff der Sozialhilfeleistungen i.S.d. Richtlinie bezieht sich nach der Rechtsprechung des EuGH auf sämtliche von öffentlichen Stellen eingerichteten Hilfssysteme auf nationaler, regionaler oder örtlicher Ebene, die ein Einzelner in Anspruch nimmt, der nicht über ausreichende Existenzmittel zur Bestreitung seiner Grundbedürfnisse und derjenigen seiner Familie verfügt, und der deshalb während seines Aufenthalts möglicherweise die öffentlichen Finanzen des Aufnahmemitgliedstaats belasten muss, was Auswirkungen auf das gesamte Niveau der Beihilfe haben kann, die dieser Staat gewähren kann (EuGH, a.a.O. Rn. 61). Hiervon abzugrenzen sind Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen (EuGH, Urteil vom 04.06.2009 – C-22/08).
Zweck der Grundsicherungsleistungen des SGB II ist die laufende Sicherung des Lebensunterhalts. Zentrale Leistungsvoraussetzung ist Hilfebedürftigkeit i.S.v. § 9 SGB II. Die Leistungshöhe bemisst sich nach dem erforderlichen Lebensunterhalt. Im SGB II enthaltene Programmsätze zu Selbsthilfe (§ 1 Abs. 2) und Erwerbsverpflichtung (§ 2) bieten keine Grundlage für eine Kürzung der laufenden Leistungen. Die Erwerbsfähigkeit einer Person in einer Bedarfsgemeinschaft dient in erster Linie der Zuordnung zum jeweils einschlägigen Grundsicherungsregime (SGB II oder SGB XII); dabei entspricht die Höhe der laufenden Leistungen nach dem SGB II grundsätzlich der Leistungshöhe der Sozialhilfe nach dem SGB XII. Eine aktive Suche nach Beschäftigung ist nicht Voraussetzung für den Bezug laufender Leistungen; allein die Möglichkeit, diese Leistungen (auch) bei erwerbsbezogenen Pflichtverletzungen gemäß § 31 SGB II zu reduzieren, vermittelt den laufenden Leistungen keineswegs einen Leistungszweck der Erleichterung des Zugangs zum Arbeitsmarkt. Einen solchen Zweck haben vielmehr allein die Bestimmungen der §§ 14 bis 16e SGB II; die dort vorgesehenen Leistungen sind jedoch von den laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts eindeutig abgrenzbar und haben keinen Einfluss auf deren Höhe (vgl. LSG Bayern, Beschluss vom 06.11.2013 – L 7 AS 639/13 B ER).
(3) Der Antragsteller unterfällt dem persönlichen Geltungsbereich der VO (EG) 883/2004. Nach Art. 2 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 gilt diese Verordnung für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen. Unter "Rechtsvorschriften" sind nach Art. 1 Buchst. I VO (EG) 883/2004 für jeden Mitgliedstaat die Gesetze, Verordnungen, Satzungen und alle anderen Durchführungsvorschriften in Bezug auf die in Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 genannten Zweige der sozialen Sicherheit zu verstehen. Damit wird ein Bezug des Betreffenden zu einem Sozialversicherungs- oder Familienleistungssystem in einem der Mitgliedstaaten gefordert.
Der Antragsteller hat zumindest einen Monat in Deutschland gearbeitet; mangels gegenteiliger Anhaltspunkte geht der Senat dabei für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes davon aus, dass es sich insoweit um eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit gehandelt hat (was aber im Hauptsacheverfahren noch zu verifizieren sein wird). Besteht damit ein Bezug zu einen Sozialversicherungssystem, ist die VO (EG) 883/2004 auf den Antragsteller anwendbar.
(4) Der Antragsteller kann sich deshalb insbesondere auch auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 4 VO (EG) 883/2004 berufen. Danach haben Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.
Der Senat folgt insoweit bei summarischer Prüfung der Auffassung des Bundessozialgerichts (Vorlagebeschluss Rn. 35), dass dieser Gleichbehandlungsgrundsatz auch für die besonderen beitragsunabhängigen Leistungen gilt. Zwar besteht demgegenüber nach Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG für die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die Gewährung von Sozialhilfeleistungen an die Staatsangehörigen anderer Mitgliedsstaaten einzuschränken. Der damit drohende Konflikt zwischen dem für beitragsunabhängige Leistungen geltenden Gleichbehandlungsgrundsatz der VO (EG) 883/2004 und dem Ausschlusstatbestand für Sozialhilfeleistungen in Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie ist im Anschluss an das Urteil des EuGH vom 19.09.2013 – C-140/12 jedoch dahingehend aufzulösen, dass der Ausschlusstatbestand der Richtlinie einschränkend auszulegen ist.
Nach dieser Entscheidung des EuGH folgt eine Einschränkung des Ausschlusstatbestandes fehlender Existenzmittel aus Artt. 8 Abs. 4, 14 Abs. 3 und 24 Abs. 2 sowie dem 16. Erwägungsgrund der Richtlinie, ferner aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie dem generellen Ziel des Unionsrechts, die Freizügigkeit zu fördern. In Art. 7 Abs. 1 Buchstabe b RL 2004/38/EG sei hineinzulesen, dass die Sozialhilfeleistungen "nicht unangemessen" in Anspruch genommen werden dürfen (Rn. 63 bis 72 der Entscheidung; siehe dazu Greiser in ZESAR 2014, 18, 22). Die nationalen Behörden und Gerichte müssten deshalb befugt sein, unter Berücksichtigung aller Faktoren und der Verhältnismäßigkeit zu prüfen, ob die Gewährung einer Sozialleistung eine unangemessene Belastung für das Sozialhilfesystem des Mitgliedsstaates darstellt (Rn. 72, 79).
Diese systematischen Erwägungen des EuGH – der (a.a.O. Rn. 72, 79) ausdrücklich eine Einzelfallentscheidung der Behörden bzw. der nationalen Gerichte fordert – können auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II angewandt werden. Ein genereller Ausschluss für arbeitsuchende EU-Ausländer von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ist deshalb bei summarischer Prüfung nicht zulässig. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist vielmehr europarechtskonform einschränkend auszulegen (siehe dazu Greiser in jurisPK-SGB XII, 1. Aufl. 2011 , Vorbemerkung (Fassung vom 06.08.2013) Rn. 37 ff.).
(5) Zusammenfassend geht der Senat bei summarischer Prüfung davon aus, dass der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht für Unionsbürger gilt, die das Leistungssystem nicht unangemessen in Anspruch nehmen. Eine unangemessene Inanspruchnahme liegt insbesondere dann nicht vor, wenn ein Unionsbürger nachweislich und mit konkreter Erfolgsaussicht Arbeit sucht; denn dann bestehen begründete Anhaltspunkte dafür, dass die Leistungen nach dem SGB II nicht auf Dauer bzw. jedenfalls nur ergänzend in Anspruch genommen werden müssen (vgl. LSG Bayern, Beschluss vom 06.11.2013 – L 7 AS 639/13 B ER).
cc) Für das konkrete vorliegende Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes lässt sich allerdings nicht abschließend klären, ob der Antragsteller dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II unterfällt.
Insoweit hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren vor dem Landessozialgericht L 9 SO 37/13 B ER vorgetragen, nur sehr schlechte Deutschkenntnisse zu besitzen und daher nicht in der Lage zu sein, Bewerbungen abzufassen. Er habe sich auch noch nicht bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet. Zugleich will er sich aber selbst – wenn auch bisher erfolglos – um Arbeit bemüht haben. Zwischen Mai 2012 bis Februar 2013 habe er sich bei verschiedenen griechischen Restaurants als Kellner beworben, ferner beim Eigentümer des ehemals von ihm bewohnten Hauses als Hausmeister. Im vorliegenden Verfahren trägt er vor, sich Anfang Juli und Anfang September 2013 – ebenfalls ohne Erfolg – um eine Arbeitsstelle als Reinigungskraft bemüht zu haben.
Der Senat kann auch in Ansehung dieses Vorbringens im vorliegenden Eilverfahren nicht abschließend feststellen, ob der Antragsteller aufgrund seiner Qualifikation und seiner Bewerbungsbemühungen eine konkrete Aussicht darauf hat, in Deutschland einen Arbeitsplatz zu finden; dies muss vielmehr dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Ausgeschlossen erscheint das Finden einer Beschäftigung in Deutschland jedoch nicht, zumal der Antragsteller nach seinen (im Hauptsacheverfahren noch zu verifizierenden) Angaben bereits für kurze Zeit in einem Restaurant in X tätig war. Auch der Beigeladene scheint von einer Vermittlungsfähigkeit auszugehen; denn er hat den Antragsteller unter dem 15.03.2012 zu einer Vorsprache bei seinem Fallmanager eingeladen, um über seine berufliche Situation zu sprechen. Vor diesem Hintergrund erscheint es für den Senat bei der einstweilig nur möglichen eingeschränkten Prüfungsdichte als zumindest überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller nicht dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II unterfällt; bei (nur) summarischer Prüfung hat er deshalb Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II.
dd) Im Hauptsacheverfahren wird das Sozialgericht auch zu prüfen haben, ob der Antragsteller weiterhin (ernstlich) arbeitsuchend ist, und ob er konkrete Aussichten hat, einen Arbeitsplatz zu finden. Sollte dies der Fall sein, spricht Vieles dafür, dass der Ausschluss in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in Anwendung der (bisherigen) Rechtsprechung des EuGH nicht auf ihn anwendbar ist. Sollte sich jedoch herausstellen, dass der Antragsteller dem Leistungsausschluss im SGB II unterfällt, wäre zu entscheiden, ob ihm Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII zu gewähren ist. Hierfür kann – was ggf. genau zu prüfen wäre – sprechen, dass Griechenland Unterzeichnerstaat des EFA ist, und dass sich zugleich die Vorbehaltserklärung der Bundesregierung zum EFA nicht auf die Leistungen nach dem SGB XII, sondern nur auf das SGB II bezieht (siehe dazu Greiser in jurisPK-SGB XII, 1. Aufl. 2011, Vorbemerkung (Fassung vom 06.08.2013) Rn. 64 ff.).
3. Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Ohne vorläufige Leistungen kann er seinen Lebensunterhalt nicht in zumutbarer Weise sicherstellen. Insbesondere erscheint ein Verweis auf die weitere Inanspruchnahme nur notdürftiger Versorgung durch freiwillige Gaben karitativ tätiger Stellen mit Blick auf das Grundrecht auf (staatliche) Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 09.02.2009 – 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09 Rn. 136) ausgeschlossen. Dem Antragsteller ist es deshalb nicht zumutbar, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
4. Der Senat hat nicht zu entscheiden, ob die vom Sozialgericht ausgesprochene Verpflichtung zu einer Leistungsgewährung lediglich im Umfang von 70% des jeweils geltenden Regelbedarfs für Alleinstehende rechtmäßig ist (zu Bedenken dagegen vgl. etwa Beschluss des Senats vom 29.05.2007 – L 20 B 28/07 SO ER Rn. 8 (dabei sinnentstellende Wiedergabe der diesbezüglichen Erwägungen im juris-Orientierungssatz 3)). Gleiches gilt für die dem Antragsteller vom Sozialgericht für diese Leistungsgewährung auferlegten weiteren Bedingungen. Denn Beschwerde führt einzig die Antragsgegnerin; auch wenn der Senat statt ihrer den Beigeladenen für einstweilen verpflichtet hält, kann diese Verpflichtung mangels Beschwerde des Antragstellers in ihrem Umfang nicht über die vom Sozialgericht ausgesprochene Verpflichtung hinausgehen.
5. Der Senat beschränkt die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners auf das Ende des Monats der (voraussichtlichen) Zustellung der gerichtlichen Entscheidung. Er geht jedoch davon aus, dass der Beigeladene bei unveränderter Sach- und Rechtslage weiterhin vorläufige Leistungen erbringen wird. Anderenfalls stünde es dem Antragsteller frei, erneut um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachzusuchen.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens. Da der Beigeladene den geltend gemachten Anspruch im Beschwerdeverfahren nicht anerkannt hat, sondern durch den Senat verpflichtet werden musste, hat er die notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten. Dies gilt auch angesichts des Umstandes, dass er im erstinstanzlichen Verfahren noch nicht beteiligt war; denn aus Sicht des Senats hätte eine Beiladung auch erstinstanzlich erfolgen müssen, und es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beigeladene in diesem Falle – anders als im jetzigen Beschwerdeverfahren – seine einstweilige Leistungspflicht anerkannt hätte.
7. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 06.03.2014
Zuletzt verändert am: 06.03.2014