Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.11.2008 abgeändert. Der Klägerin wird für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S, E, gewährt. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Klägerin vom 04.12.2008 ist auch begründet.
Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gelten für die Gewährung von Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Danach ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, auf seinen Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 114 ZPO). Für die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht reicht "die reale Chance zum Obsiegen", nicht hingegen eine "nur entfernte Erfolgschance". Prozesskostenhilfe darf also nur verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, aber fernliegend ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. April 2000, 1 BvR 81/00, NJW 2000, S. 1936).
Ergänzend bestimmt § 121 Abs. 2 ZPO, dass einer Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt nur dann beigeordnet wird, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Die Erforderlichkeit der Beiordnung richtet sich nach Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage, den sprachlichen und intellektuellen Fähigkeiten des um Prozesskostenhilfe Nachsuchenden sowie danach, ob auch ein Bemittelter in einer vergleichbaren Situation vernünftigerweise einen Rechtsanwalt beauftragt hätte (vgl. hierzu etwa auch Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2009, § 73a Rn. 9b). Das nicht lediglich auf die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage abzustellen ist, betont auch das Bundesverfassungsgericht (vgl. etwa Kammerbeschluss vom 18. Dezember 2001, 1 BvR 391/01, NZS 2002, S. 420), wenn es ausführt:
"( …) Das Vorliegen der Voraussetzungen der Beiordnung eines Rechtsanwalts beurteilt sich im Einzelfall nicht nur nach Umfang und Schwierigkeit der Sache, sondern auch nach der Fähigkeit des Beteiligten, sich mündlich und schriftlich auszudrücken (vgl. BVerfGE 63, 380 (394)). Das Gericht muss erwägen, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. Davon ist regelmäßig dann auszugehen, wenn im Kenntnisstand und in den Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht ( ) besteht (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 17. Februar 1997, NJW 1997, S. 2103 f.)." Die schlichte Festellung des Sozialgerichts, bei einer auf Bescheidung eines Antrages nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) gerichteten Untätigkeitsklage könne von einer schwierigen oder schwer überschaubaren Prozesssituation nicht die Rede sein, zumal besondere Umstände weder ersichtlich noch vorgetragen seien, greift zu kurz.
Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin die Erstattung von Kosten für ein Tätigwerden ihres Bevollmächtigten im Zusammenhang mit Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) begehrt. Im Übrigen lässt sich den Verwaltungsakten der Beklagten, die erst der Senat beigezogen hat, entnehmen, dass bereits zahlreiche Widerspruchsverfahren der Klägerin zu bearbeiten waren, und sich bereits hieraus eine gewisse Unübersichtlichkeit ergeben könnte.
Zudem kann den Ausführungen des Sozialgerichts (und der zitierten Rechtsprechung: LSG NRW, Beschluss vom 21.08.2008 – L 5 B 22/08 R) in dieser Allgemeinheit auch aus weiteren Gründen nicht gefolgt werden. Dabei ist zu beachten, dass das Rechtsinstitut der Untätigkeitsklage im sozialgerichtlichen Verfahren und deren Voraussetzungen dem juristischen Laien nicht ohne Weiteres bekannt sein dürften und müssen. Ist ohnehin ein Rechtsanwalt tätig, wird die Kontrolle der von der Verwaltung zu wahrenden Fristen regelmäßig diesem obliegen. Die Erhebung der Untätigkeitsklage erfolgt in diesem Zusammenhang zweckmäßigerweise durch den bereits tätigen Rechtsanwalt.
Unter Berücksichtigung des aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgrundsatz, der in Art. 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegt ist und für die Rechtsschutzgewährung in Art. 19 Abs. 4 GG besonderen Ausdruck findet, Gebots einer weitgehenden Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. zur ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts etwa BVerfGE 78, 104 (117 f.); 81, 347 (357); st.Rspr.) dürfen auch die Anforderungen an die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht überspannt werden (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.01.2006 – L 23 B 1090/05 SO PKH). Dies gilt auch im Zusammenhang mit Untätigkeitsklagen gemäß § 88 SGG (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.12.2006 – L 5 B 678/06 AS PKH sowie LSG NRW, Beschluss vom 08.12.2008 – L 9 B 170/08 AS).
Da die Beklagte nach Lage der Akten den Widerspruch der Klägerin vom 15.08.2008 auch weiterhin nicht beschieden hat (trotz Abgabe an die Widerspruchsstelle bereits im September 2008), kann der Untätigkeitsklage derzeit hinreichende Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden. Als Empfängerin von Leistungen nach dem SGB XII ist die Klägerin wirtschaftlich nicht in der Lage, die Kosten selbst aufzubringen.
Kosten sind nicht zu erstatten (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 19.03.2009
Zuletzt verändert am: 19.03.2009