Die Beschwerden der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.12.2011 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I. Die Antragstellerin steht im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II).
Am 01.12.2011 ist beim Sozialgericht um 11:00 Uhr ein Telefax des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin eingegangen. Darin ist ausgeführt, die Antragstellerin sei an diesem Tag morgens bei ihrer Bank gewesen, wo man ihr mitgeteilt habe, es seien bislang noch keine Leistungen des Antragsgegners eingegangen. Sie habe darauf eine Mitarbeiterin des Antragsgegners angerufen und nachgefragt, aus welchem Grund die Leistungen noch nicht angewiesen worden seien. Diese habe erklärt, es sei etwas Schriftliches unterwegs. Die Antragstellerin versicherte zudem, dass ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet sei.
Sie hat beantragt,
ihr unter Beiordnung von Rechtsanwalt L Prozesskostenhilfe zu bewilligen sowie den Antragsgegner zu verpflichten, ihr Leistungen nach dem SGB II für Lebenshaltung und Kosten der Unterkunft zu bewilligen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und Gewährung von Prozesskostenhilfe abzulehnen sowie nach § 193 SGG zu entscheiden, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind.
Ein Telefonat der Antragstellerin werde bestritten. Ein solches lasse sich von Seiten des Antragsgegners nicht nachvollziehen. Um 11:22 Uhr habe er die Antragstellerin hinsichtlich bestehender Meldeversäumnisse persönlich angehört. Dabei sei festgestellt worden, dass die Zahlungen wieder aufgenommen werden konnten. Um ca. 12:00 Uhr sei die Antragsstellerin dann bei der Leistungsabteilung vorstellig geworden, wo sie einen Barabschlag in Höhe von 150,00 EUR erhalten habe. Die übrigen Leistungen für Dezember 2011 seien angewiesen worden.
Mit Beschluss vom 19.12.2011, der Antragstellerin zugegangen am 22.12.2011, hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Rechtsschutzbedürfnis habe zum Zeitpunkt des Antrags bei Gericht nicht bestanden. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.
Am 23.12.2011 hat die Antragstellerin Beschwerde beim Sozialgericht eingelegt. Es sei zwar zutreffend, dass eine Auszahlung am 01.12.2011 erfolgt sei. Gleichwohl sei ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu bejahen, da die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe erforderlich gewesen sei. Schon in der Vergangenheit habe eine vollständige Auszahlung der Leistungen nicht erreicht werden können. Zu dieser Frage sei ein weiteres Eilverfahren vor dem Sozialgericht anhängig. Da in der Vergangenheit Kontaktaufnahmen mit dem Antragsgegner gescheitert seien, sei die Antragstellerin auch im vorliegenden Fall darauf nicht zu verweisen gewesen. Es sei Prozesskostenhilfe zu bewilligen und der Antragsgegner habe die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Sie beantragt ausdrücklich,
ihr unter Beiordnung von Rechtsanwalt L Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren und das Ausgangsverfahren zu bewilligen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgericht zurückzuweisen und zu entscheiden, dass nach § 193 SGG außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind.
Die Vorsprache der Antragstellerin am 01.12.2011 sei ausreichend gewesen, um eine Abschlagszahlung in bar und die übrigen Leistungen für Dezember 2012 auf das Konto zu erhalten. Der Einschaltung des Sozialgerichts habe es daher nicht bedurft. Es sei darauf zu verweisen, dass dem Antragsgegner zum Zeitpunkt der Vorsprache der Antragstellerin (11.22 Uhr) die Stellung eines Antrags per Fax durch ihren Prozessbevollmächtigten um 11.00 Uhr nicht bekannt gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte des Antragsgegners sowie die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die Beschwerden der Antragstellerin sind unbegründet. Das Sozialgericht hat – auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens – den Erlass der begehrten Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches (d. h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie das Vorliegen des Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen.
Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund im Sinne der Eilbedürftigkeit einer gerichtlichen Regelung nicht hinreichend glaubhaft gemacht (vgl. zur Glaubhaftmachung BSG Beschluss v. 08.08.2001 – B 9 V 23/01 B). Es bestehen schon erheblich Zweifel daran, ob die bloße Auskunft der Antragstellerin, sie sehe ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet, für eine Glaubhaftmachung der besonderen Eilbedürftigkeit ausreicht. Diese Formulierung suggeriert, dass eine wirtschaftliche Notlage in Zukunft droht und legt damit eine akute Notlage nicht nahe.
Im Ergebnis kommt es hierauf aber nicht an, da von einem Anordnungsrund nur dann auszugehen ist, wenn die Antragsstellerin alle zumutbaren Möglichkeiten der Selbsthilfe erfolglos ausgeschöpft hat (vgl. dazu auch den Beschluss des Senats v 24.11.2010 – L 19 AS 1754/10 B – m.w.N.). Dies hatte sie zum Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht aber noch nicht. Der Antragstellerin war zumutbar, persönlich beim Antragsgegner vorzusprechen. Dies hat sie unmittelbar nach Eingang des Antrags bei Gericht auch getan, woraufhin ihr Leistungen gezahlt worden sind. Dieses Geschehen macht – worauf das Sozialgericht zu Recht hinweist – deutlich, dass gerichtliche Hilfe zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht erforderlich gewesen ist. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ändert sich hieran auch nichts dadurch, dass Antragsstellerin und Antragsgegner wegen anderer Sachverhalte derzeit noch Rechtsstreite führen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Aus vorstehenden Gründen hat das Sozialgericht auch zu Recht die Gewährung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht des Begehrens abgelehnt, § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Kosten des Beschwerdeverfahrens bei Versagung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Da die Beschwerde gegen die Ablehnung der einstweiligen Anordnung keine Aussicht auf Erfolg bietet, liegen auch die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO) im Beschwerdeverfahren nicht vor.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 14.03.2012
Zuletzt verändert am: 14.03.2012