Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 30.01.2012 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt in dem Hauptsacheverfahren die Zuerkennung höherer Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X).
Der am 00.00.1987 geborene Kläger stand in der Vergangenheit seit Jahren im Leistungsbezug bei der Beklagten, die ihm Grundleistungen nach § 3 AsylbLG gewährte. Seit Januar 2009 erhielt er (höhere) Analogleistungen nach § 2 AsylbLG.
Am 03.09.2009 beantragte er unter Hinweis auf § 44 SGB X die Rücknahme der nach § 3 AsylbLG ergangenen Bewilligungsbescheide für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis Dezember 2008 sowie die Gewährung von Analogleistungen für den genannten Zeitraum. Nach Überprüfung bot die Beklagte dem Kläger zunächst an, für die Zeit von Januar 2005 bis Dezember 2008 insgesamt einen Betrag i.H.v. 1.504,83 EUR nachzuzahlen; hierauf ging der Kläger nicht ein.
Mit Bescheid vom 23.02.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.04.2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen nach § 2 AsylbLG unter Berücksichtigung von § 44 SGB X für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2008 i.H.v. 1.504,83 EUR. Sie wies darauf hin, dass im Hinblick auf den sog. "Aktualitätsgrundsatz" rückwirkend nicht die volle Differenz zwischen den gewährten Grund- und den zu gewähren gewesenen Analogleistungen nachzuzahlen sei.
Am 29.04.2010 erhob der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Duisburg, mit der er sein Begehren auf höhere Leistungen weiterverfolgt. Mit der Klageerhebung beantragte er zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Bevollmächtigten; diesen Antrag lehnte das Sozialgericht mit Beschluss vom 23.05.2011 ab, weil trotz Erinnerung die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht vorgelegt worden waren.
Das Klageverfahren ruhte im Hinblick auf das beim Bundessozialgericht (BSG) anhängige Revisionsverfahren – B 8 AY 1/10 R (Beschluss des Sozialgerichts vom 07.10.2010). In jenem Verfahren war zu klären, ob bei der Nachzahlung von Analogleistungen nach § 44 SGB X der "Aktualitätsgrundsatz" Berücksichtigung finden kann. Nach Abschluss des Revisionsverfahrens beantragte der Kläger am 21.09.2011 die Wiederaufnahme des Klageverfahrens sowie erneut die Bewilligung von Prozesskostenhilfe diesmal unter Beiordnung von Rechtsanwalt I; die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers ging am 24.01.2012 beim Sozialgericht ein.
In der Zeit vom 01.04.2010 bis zum 31.12.2010 (9 Monate) und vom 16.05. bis 31.08.2011 (3½ Monate) war der Kläger erwerbstätig. Ein Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG stand ihm deswegen nicht zu; seinen Lebensunterhalt konnte er (in den meisten Monaten) vielmehr aus seinem Erwerbseinkommen bestreiten. Inzwischen bezieht er erneut Leistungen nach § 2 AsylbLG.
Die Beklagte vertritt nunmehr die Auffassung, die Klage sei abzuweisen, weil das BSG im Urteil vom 09.06.2010 – B 8 AY 1/10 R (Rn. 20) erneut klargestellt habe, dass eine Nachzahlung von Leistungen nach § 44 SGB X nur erfolgen könne, wenn ununterbrochen Bedürftigkeit im Sinne des AsylbLG, des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches oder des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches vorliege. Der Kläger sei jedoch – in den vorgenannten Zeiträumen – aufgrund seiner Erwerbstätigkeit nicht mehr bedürftig gewesen.
Mit Beschluss vom 30.01.2012 hat das Sozialgericht auch den neuerlichen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwaltes abgelehnt. Die Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg mehr. Die pauschalierte Berechnung der Beklagten sei zwar nach Maßgabe der Entscheidung des BSG vom 09.06.2011 – B 8 AY 1/10 R wohl nicht rechtmäßig gewesen. Das BSG habe jedoch erneut ein temporäres Entfallen der Bedürftigkeit als anspruchsvernichtend angesehen; maßgeblicher Zeitpunkt sei insofern die letzte Tatsacheninstanz. Damit scheide ein Nachzahlungsanspruch im Überprüfungsverfahren auch dann aus, wenn zwar bei Antragstellung durchgehend Bedürftigkeit bestanden habe, diese aber nachfolgend vor Abschluss eines Klageverfahrens entfallen oder unterbrochen worden seien. Nach dem Inhalt der vom Kläger vorgelegten Lohnabrechnungen sei dieser seit April 2010 in verschiedenen Monaten vorübergehend nicht bedürftig im Sinne des AsylbLG gewesen. Eines erneuten Ruhens des Verfahrens bis zum Abschluss des beim BSG nunmehr anhängigen Revisionsverfahrens B 7 AY 4/11 R, in dem erneut zu prüfen sei, unter welchen Voraussetzungen einem Leistungsempfänger ein Nachzahlungsanspruch auf der Grundlage von § 2 AsylbLG i.V.m. § 44 SGB X zustehe, bedürfe es nicht; denn das BSG habe diese Rechtsfrage im Urteil vom 09.06.2011 – B 8 AY 1/10 R bereits beantwortet. Zwar habe das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 23.05.2011 – L 20 AY 139/10 (Revision anhängig unter B 7 AY 4/11 R) wegen dieser Rechtsfrage noch die Revision zugelassen. Dies sei jedoch noch vor der "klärenden" Entscheidung des BSG vom 09.06.2011 erfolgt.
Gegen den Beschluss des Sozialgerichts richtet sich die am 30.01.2012 eingelegte Beschwerde des Klägers. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei die Frage der rückwirkenden Gewährung von Analogleistungen bei zwischenzeitlichem Bedürftigkeitswegfall nicht bereits beantwortet. Das BSG werde diese Frage in dem Revisionsverfahren B 7 AY 4/11 R noch einer Klärung zuführen.
Die Beklagte teilt die Rechtsauffassung des Sozialgerichts, es sei zu einem anspruchsvernichtenden Bedürftigkeitswegfall gekommen. Diese Rechtsfrage sei bereits abschließend vom BSG geklärt (Urteil vom 09.06.2011 – B 8 AY 1/10 R). Einer Klärung in dem Revisionsverfahren B 7 AY 4/11 R bedürfe es insoweit nicht mehr; die Revision habe dort nur zugelassen werden müssen, weil im Zeitpunkt der Entscheidung des LSG die Entscheidung des BSG noch nicht vorgelegen habe. Darüber hinaus liege beim Kläger zudem keine rechtlich besondere Fallkonstellation vor, wie dies etwa bei einem Bedürftigkeitswegfall nur durch Wohngeldbezug oder Bezug von Kinderzuschlag der Fall sei, wo über die Ergebnisse des Verfahrens B 8 AY 1/10 R hinaus weitere rechtliche Überlegungen erforderlich seien.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
1) Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter beizuordnen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet u.a. dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn der Fall eine (schwierige) Rechtsfrage aufwirft, die höchstrichterlich noch nicht geklärt, aber klärungsbedürftig ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 73a Rn. 7b m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 07.02.2012 – 1 BvR 1263/11 Rn. 13).
Im Falle des Klägers besteht eine solche Klärungsbedürftigkeit bei summarischer Prüfung nicht. Das Sozialgericht geht vielmehr zutreffend davon aus, dass mit dem Urteil des BSG vom 09.06.2011 – B 8 AY 1/10 R die Folgen eines Bedürftigkeitswegfalls für einen Nachleistungsanspruch nach § 44 SGB X grundsätzlich geklärt sind. Die Revisionszulassung für das weitere Revisionsverfahren B 7 AY 4/11 R war noch notwendig, weil die Entscheidung im Verfahren B 8 AY 1/10 R noch nicht vorgelegen hatte.
Hiergegen spricht auch nicht, dass zwischenzeitlich ein weiteres Revisionsverfahren B 7 AY 3/12 R anhängig ist, obwohl in der zugrundeliegenden Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 21.07.2011 – L 7 AY 879/11 die Revision nicht zugelassen worden war. Denn die Zulassung einer Revision kann etwa auch auf dem Zulassungsgrund des § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG beruhen. Angesichts der eindeutigen Ausführungen des BSG im Verfahren B 8 AY 1/10 R (Rn. 20) geht der Senat davon aus, dass der Revisionszulassung im Verfahren B 7 AY 3/12 R nicht der Revisionsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugrundegelegen hat.
Die Zulassung der Revision durch den Senat in dem Urteil vom 24.10.2011 – L 20 SO 114/10 (anhängig unter B 7 AY 1/12 R) führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis, weil dieses Verfahren einen – noch für klärungsbedürftig – gehaltenen Sonderfall betraf.
2) Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten (§§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. 127 Abs. 4 ZPO).
3) Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 13.06.2012
Zuletzt verändert am: 13.06.2012