Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.5.2019 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 28.969,55 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf (SG) vom 17.5.2019 ist nicht begründet.
Das SG hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.11.2018 zur Betriebsnummer xxx zu Recht abgelehnt. Gleichermaßen ist auch eine aufschiebende Wirkung der vor dem SG am 24.6.2019 erhobenen Klage (Az. S 44 BA 107/19) gegen den mittlerweile ergangenen Widerspruchsbescheid vom 27.5.2019 nicht anzuordnen.
Gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese auf Antrag ganz oder teilweise anordnen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine – wie hier erfolgte – Entscheidung über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten haben gem. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch für Säumniszuschläge (st. Rspr. Des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 11.3.2016 – L 8 R 506/14 B ER – juris Rn. 49 m.w.N.).
Die Entscheidung, ob eine aufschiebende Wirkung ausnahmsweise gem. § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 S. 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (hierzu unter 1.) oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (hierzu unter 2.).
1. Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Suspensivinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 12.4.2017 – L 8 R 987/15 B ER – juris Rn. 2 f.; Beschl. v. 11.3.2016 – L 8 R 506/14 B ER – juris Rn. 51 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben ist die aufschiebende Wirkung der Klage nicht anzuordnen, da deren Erfolg nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Es spricht nicht mehr dafür als dagegen, dass sich der Bescheid vom 29.11.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.5.2019, mit dem die Antragsgegnerin vom Antragsteller für den Zeitraum vom 1.8.2012 bis 31.12.2014 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 115.878,21 Euro einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 43.333,50 Euro nachfordert, im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird.
Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 S. 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Nach dieser Vorschrift erlassen die Träger der Rentenversicherung gegenüber den Arbeitgebern die erforderlichen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide.
Der Bescheid vom 29.11.2018 ist formell rechtmäßig ergangen; insbesondere ist der Antragsteller vor dessen Erlass mit Schreiben vom 10.7.2018 gemäß § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) angehört worden.
Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht sind Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes nach der im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung in einem die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigenden Umfang nicht gegeben. Es spricht derzeit mehr dafür als dagegen, dass K. E., E. L., F. P., N. H., I. H2., B. N., G. T., M. D., V. M., C. T1. und L. O. bei dem Antragsteller in den der Beitragsnacherhebung zugrunde gelegten Zeiträumen im "C-Stübchen" in D sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren und Beiträge in der von der Antragsgegnerin festgestellten Höhe zu entrichten sind. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die zutreffenden und ausführlichen Gründe der angefochtenen Entscheidung des SG Düsseldorf, denen er sich inhaltlich vollumfänglich anschließt (vgl. § 142 Abs. 2 S. 3 SGG).
Das Beschwerdevorbringen des Antragstellers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung, da die bisherigen Ausführungen im Wesentlichen ohne inhaltliche Auseinandersetzung insbesondere mit der Beweiswürdigung des angefochtenen Beschlusses des SG wiederholt werden.
Soweit der Antragsteller ergänzend die Glaubwürdigkeit der Zeugin D. T2. und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen gegenüber dem Hauptzollamt (HZA) D vom 5.4.2016 anzweifelt, trägt er einen seine Behauptung stützenden Sachverhalt weder schlüssig vor, noch macht er diesen entsprechend § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO), z.B. in Form aussagekräftiger eidesstattlicher Versicherungen, glaubhaft. Ein fachkundig vertretener Prozessbeteiligter muss hierauf vom Gericht nicht hingewiesen werden. Dies gilt vorliegend umso mehr, als das Erfordernis der Glaubhaftmachung der von einem Antragsteller in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes behaupteten Tatsachen zu den grundlegenden Prinzipien des Verfahrensrechts gehört.
Auch aus den beigezogenen Ermittlungsakten x Js xxx/14 der Staatsanwaltschaft B, insbesondere dem Protokoll der Hauptverhandlung vom 17.4.2018, ergeben sich keine Erkenntnisse zu Gunsten des Antragstellers.
2. Zutreffend hat das SG auch das Vorliegen einer unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte für den Antragsteller durch die sofortige Vollziehung des Beitragsbescheides verneint.
Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für ihn verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind (st. Rspr. des Senats, z. B. Beschl. v. 7.3.2019 – L 8 BA 75/18 B ER – juris Rn. 17).
Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelingt darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz und/oder die Zerschlagung seines Geschäftsbetriebes zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber zumindest nicht weiter gefährdet wäre als zurzeit (Senatsbeschl. v. 7.3.2019 – L 8 BA 75/18 B ER – juris Rn. 17). Hierbei muss der Beitragsschuldner auch darlegen und glaubhaft machen, ob er bei Fortsetzung seines Geschäftsbetriebs unter Einhaltung aller rechtlichen Bestimmungen in der Lage ist, derart rentabel zu wirtschaften, dass die noch offene Beitragsforderung in überschaubarer Zeit beglichen werden kann.
Dafür ist hier indessen nichts ersichtlich. Es fehlt bereits der umfassende Vortrag zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers, der die privaten Einkommens- und Vermögensverhältnisse beinhalten muss, da der Antragsteller selbst als natürliche Person zur Beitragszahlung verpflichtet ist.
Auch in dem Parallelverfahren L 8 BA 28/20 B ER betreffend die vom Antragsteller betriebene Spielhalle "Q" in R ist – trotz zweimaligen Hinweises des Senats vom 6. und 14.4.2020 – ein erschöpfender und umfassender Vortrag zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers sowie die Glaubhaftmachung der entsprechenden Tatsachen nicht erfolgt. Ein derartiger Vortrag ist insbesondere nicht in der (dortigen) eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers vom 8.4.2020 enthalten. So fehlen Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen gänzlich und sind die Angaben zu seinen Einkünften nicht konkret. Die in jenem Verfahren erfolgte Darlegung erheblicher wirtschaftliche Belastungen aufgrund der Corona-Epidemie unter Vorlage der Bescheide der Stadt D vom 30.3.2020 über die Gewährung von Soforthilfen und der Bundesagentur für Arbeit vom 25.3.2020 über die Bewilligung von Kurzarbeitergeld kann die notwendige umfassende Darstellung und Glaubhaftmachung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers nicht ersetzen.
Hinsichtlich etwaiger mit dem Forderungseinzug verbundener wirtschaftlicher Härten hat sich der Antragsteller an die zuständige Einzugsstelle zu wenden. Diese hat als Anspruchsinhaberin bzw. gesetzliche Prozessstandschafterin des Anspruchs auf Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (vgl. § 28h Abs. 1 S. 3 SGB IV) über Fragen des Forderungseinzugs zu befinden und insoweit über eine etwaige Stundung, einen Erlass oder die Niederschlagung der Beitragsforderung (§ 76 Abs. 3 SGB IV) sowie die Einstellung bzw. Beschränkung der Zwangsvollstreckung (vgl. § 257 Abgabenordnung) zu entscheiden (vgl. zur Zuständigkeit der Einzugsstelle im Rahmen des Beitragseinzugs auch BSG Urt. v. 28.5.2015 – B 12 R 16/13 R – juris Rn. 23).
Mit diesem Beschluss ist der Beschluss des Senats vom 28.6.2019 gegenstandslos.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 52 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache (115.878,21 Euro) als Streitwert anzusetzen ist (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 21.2.2012 – L 8 R 1047/11 B ER – juris Rn. 38 m.w.N.).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 09.07.2020
Zuletzt verändert am: 09.07.2020