Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragsgegnerin vorläufig die Kosten, die für eine zirkuläre Keratotomie am rechten Auge des Antragstellers entstehen würden, zu übernehmen hat. Der am XX.XX.1982 geborene Antragsteller ist Mitglied der Beklagten. Er leidet seit seiner frühen Jugend an Neurodermitis in einer aggressiven Form, so daß auch die Hautpartien seines Gesichtes betroffen sind und eine erhöhte Anfälligkeit für Virusinfektionen besteht. Diese Infektionen haben inzwischen auch auf die Augen und dort insbesondere die Hornhäute übergegriffen. An beiden Augen kam es zur Bildung eines fortschreitenden Keratokonus (= fortschreitende Ausdünnung und kegelförmige Verformung der Hornhaut). Am linken Auge mußte im April 2005 eine komplizierte Keratoplastik durchgeführt werden. Die Sehfähigkeit des rechten Auges sank vom 22.03. – 14.06.2007 von 50% auf 15%. Der Antragsteller beantragte die streitbefangene Behandlung, indem er eine Bescheinigung des ihn behandelnden Arztes für Augenheilkunde Dr. L, Bochum, vom 22.03.2007 vorlegte. Ausweislich dieser Bescheinigung laufe ein weiteres Fortschreiten der Erkrankung auf eine Keratoplastik auch am rechten Auge hinaus, es sei denn, man führe eine zirkuläre Keratotomie durch. Mit diesem Verfahren habe man seit mehr ais sieben Jahren bei gleichen Fällen gute Erfahrungen gemacht. Man bitte darum, die voraussichtlichen Kosten für diese Behandlung i.H.v. 1.790 EUR zu übernehmen. Die Antragsgegnerin schaltete den MDK ein. Dieser führte in seinem Gutachten vom 27.07.2007 im wesentlichen aus, bei der begehrten zirkulären Keratotomie handele es sich um einen refraktiv-chirurgischen Hornhauteingriff zur Reduzierung der Hornhautverkrümmung bei bestehendem Keratokonus. Man bezeichne dieses Verfahren auch ais astigmatische Keratotomie, die ein oberflächliches Schnittverfahren in die Hornhaut darsteile und im vorliegenden Falle kreisförmig angewandt werden solle. Laut der Kommission Refraktive Chirurgie des Berufsverbandes der Augenärzte könne das refraktiv-chirurgische Verfahren aufgrund langjähriger Erfahrungen als wissenschaftlich anerkannt angesehen werden. Es sei zur Reduzierung des Astigmatismus besonders nach Katarakt-Operation oder Keratoplastik geeignet. Allerdings sei das Risiko eines irregulären Astigmatismus nicht auszuschließen und die Genauigkeit sei für eine Volikorrektur zu gering. Ais Kontraindikationen seien grundsätzlich chronisch-progressive Hornhauterkrankungen, Kollagenosen, Behandlungen vor Vollendung des 18. Lebensjahres und instabile Refraktion anzusehen. Die begehrte Maßnahme sei nicht in der Anlage Ader BUB-Richtlinien aufgeführt. Deswegen könne aus sozialmedizinischer Sicht eine Kostenübernahme nicht empfohlen werden. Medizinisch bleibe darüber hinaus festzuhalten, daß bei dem Antragsteller mit der Diagnose eines Keratokonus an beiden Augen eine chronisch-¬progressive Hornhauterkrankung vorliege, so daß die geplante refraktiv-chirurgische Hornhautoperation nicht empfohlen werden könne, da die Erkrankung fortschreite, es im Rahmen der Erkrankung zur Verdünnung der Hornhaut komme und es zu begleitenden Komplikationen u.a. mit Perforation, deutlicher Progredienz des Keratokonus und instabiler Refraktion auch nach dieser begehrten Maßnahme kommen könne. Die chronisch- progessive Hornhauterkrankung sei auch im vorliegenden Falle als Kontraindikation anzusehen, so wie es auch in der Stellungnahme der Kommission Refraktive Chirurgie des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands enthalten sei. Ob die Versorgung mit einer Kontaktlinse in diesem speziellen Einzelfall zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung möglich sei, sei abhängig vom Hornhautbefund (entsprechend den Hilfsmittel-Richtlinien). Zur Stabilisierung des Hornhautbefundes gebe es keine vertragsärztlichen und auch keine sicheren außervertraglichen Maßnahmen. Mit Bescheid vom 01.08.2007 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Kostenübernahme ab. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus, der vom Gesetzgeber eingesetzte Gemeinsame Bundesausschuß beurteile neue Verfahren und Therapien unter Berücksichtigung aller medizinischen Erkenntnisse auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen hin. Weil die Wirksamkeit für das beantragte Verfahren nicht durch eindeutige wissenschaftliche Studien bewiesen sei, sei die Methode vom Gemeinsamen Bundesausschuß nicht anerkannt worden. Die gesetzlichen Krankenkassen dürften deshalb für diese Methode keine Kosten übernehmen. Am 30.08.2007 erhob der Antragsteller im wesentlichen mit der Begründung Widerspruch, zumindest bestehe ein Anspruch auf die streitbefangene Kostenübernahme nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes vom 06.12,2005, Az. 1 BvR 347/98. Es bestehe zwar keine lebensbedrohliche Erkrankung, wohl aber drohe der dauerhafte Verlust eines Sinnesorgans. Außerdem bestehe keine alternative Behandlungsmethode, für die die Antragsgegnerin die Kosten übernehmen würde. Darüber hinaus bestehe die hohe Wahrscheinlichkeit, daß die begehrte Behandlungsmethode den Funktionsverlust der Hornhaut aufhalte und ihre Funktionsfähigkeit teilweise wiederherstelle. Sehhilfen, wie Haftschalen oder eine Brille, seien im vorliegenden Falle lediglich geeignet, die Folgen der Sehstörung zu lindern, könnten jedoch nicht das Fortschreiten des Keratokonus aufhalten. Am 30.08.2007 hat der Antragsteller einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung im wesentlichen mit der Begründung seines Widerspruches gestellt. Der Antragsteller beantragt sinngemäß, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig die Kosten für eine zirkuläre Keratotomie am rechten Auge des Antragstellers zu übernehmen. Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß, den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sie trägt zur Begründung im wesentlichen vor, die zirkuläre Keratotomie werde privat außerhalb der privatärztlichen Versorgung erbracht und sei damit den neuen Untersuchung^- und Behandlungsmethoden zuzuordnen. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften nur dann über die gesetzliche Krankenversicherung abgerechnet werden, wenn sie in ihrer Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen, was sich aus § 135 Abs. 1 SGB V ergebe. Die Prüfung und Feststellung, ob eine neue Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche, obliege nicht der einzelnen Krankenkasse, sondern dem Gemeinsamen Bundesausschuß. Die vom Gemeinsamen Bundesausschuß getroffene Entscheidung ist für die gesetzlichen Krankenkassen, Ärzte und Versicherten nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes bindend. Das Ergebnis seiner Beurteilung werde in der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztlicher Versorgung) veröffentlicht, in der Anlage 2 der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung seien die Methoden aufgeführt, die nicht als Untersuchungs- und Behandlungsmethoden anerkannt seien. Hierzu gehörten nach Nr. 13 dieser Anlage sämtliche Verfahren der refraktiven Augenchirurgie. Eine Kostenübernahme bzw. Sachleistung sei deswegen ausgeschlossen. Gleichwohl habe man den MDK eingeschaltet. Dieser habe eine konkrete Kontraindikation für die begehrte Maßnahme festzustellen vermocht. Nichts anderes lasse sich entgegen der Auffassung des Antragstellers aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 06.12.2005, Az. 1 BvR 347/98, herleiten. Ein Leistungsanspruch sei nach der im Anschluß an diesen Beschluss ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts selbst bei Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung nicht gegeben, wenn – wie im vorliegenden Falle – der Gemeinsame Bundesausschuß zu einer negativen Bewertung gelangt sei, weil ein Nachweis über hinreichende Erfolgsaussichten in jenem Falle nicht vorliege. Der Ausschluß einer Behandlungsmethode aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung kraft Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses sei verfassungsrechtlich unbedenklich, wie das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 07.11.2006, Az. B 1 KR 24/06 R, ausdrücklich ausgeführt habe.
Entscheidungsgründe:
II. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist im Sinne einer Regelungsanordnung gemäß § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG zulässig, aber unbegründet. Gemäß § 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 1 und 2 ZPO erfordert eine begründete Regelungsanordnung einen Anordnungsgrund sowie einen Anordnungsanspruch. Im vorliegenden Falle mangelt es an einem glaubhaft gemachten Anordnungsanspruch. Dies folgt daraus, daß beim aktuellen Sach- und Streitstand der Ausgang eines Hauptsacheverfahrens sich nicht als ungewiß darstellte, weil eine entsprechende Klage offensichtlich unbegründet sein würde. Dabei macht sich das Gericht die zutreffenden Ausführungen der Antragsgegnerin in der Antragserwiderung zu eigen, wobei ausdrücklich der Erwähnung bedarf, daß sich die entsprechenden Ausführungen des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 07.11.2006, Az. B 1 KR 24/06 R, in Rdnr. 24 wiederfinden. Dort heißt es u.a. ausdrücklich: "Andererseits ist für eine Anspruchsbegründung aufgrund grundrechtsorientierter Auslegung regelmäßig kein Raum mehr, wenn der Bundesausschuß – nach nicht zu beanstandender Prüfung – zu einer negativen Bewertung gelangt ist: Dann ist auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluß einer Behandlungsmethode aus dem GKV-Leistungskatalog nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert sind." Mangels Anordnungsanspruches kann es auf sich beruhen, was es mit dem Anordnungsgrund auf sich hat. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Erstellt am: 03.12.2019
Zuletzt verändert am: 03.12.2019