Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 01. August 2003 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Fahrtkosten, die der Kläger als Rechtsnachfolger seiner verstorbenen Ehefrau geltend macht.
Die im März 2002 an den Folgen eines Speiseröhren-Karzinoms verstorbene, bis dahin in W/Niederlande lebende Ehefrau des Klägers war vom 01.01.2000 bis zum 31.07.2001 bei der beklagten Krankenkasse über den Kläger familienversichert.
Mit Schreiben vom 10.06.2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Kostenübernahme folgender Fahrtkosten.
1. 28. November 2000: Die Fahrt mit seiner Ehefrau von W nach B zu Dr. L sowie die Weiterfahrt zum Krankenhaus nach Q mit dem eigenen Pkw.
2. 28. November 2000: Begleitfahrt vom Krankenhaus Q zum Krankenhaus nach N mit dem eigenen Pkw. Die Ehefrau des Klägers wurde mit dem Krankenwagen in das Krankenhaus nach N verlegt.
3. 08. Dezember 2000: Fahrt mit dem Pkw vom Wohnort zu dem Krankenhaus nach N und zurück. Die Ehefrau des Klägers wurde aus dem Krankenhaus entlassen.
4. 13. Dezember 2000: Fahrt zur stationären Einlieferung der Ehefrau des Klägers in das Krankenhaus nach N.
5. 20. Dezember 2000: Begleitfahrt mit dem eigenen Pkw vom Krankenhaus N zum Krankenhaus nach I. Die Ehefrau des Klägers wurde mit dem Krankenwagen in das Krankenhaus nach I verlegt.
6. 05. April 2001: Fahrt vom Wohnort nach I und zurück aufgrund der Entlassung der Ehefrau des Klägers aus dem Krankenhaus I.
Der Kläger überreichte mit Schreiben vom 11.07.2002 Bescheinigungen der behandelnden Ärzte seiner Ehefrau, wonach seine Ehefrau alleine nicht transportfähig war und eine Begleitung benötigte. Er trug vor, auch die Kosten der Begleitfahrten seien zu ersetzen, da er für die Anamnese habe anwesend sein müssen. Außerdem betrage der Eigenanteil nicht 13,- EUR, sondern 12,78 EUR.
Mit Bescheid vom 03.09.2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Kostenerstattung in Höhe von 40,20 EUR erfolgen könne. Dabei wurden im Einzelnen folgende Beträge anerkannt:
1. Für die Fahrten am 08. Dezember 2000
Hinfahrt ohne Begleitperson (62 km x 0,19 EUR = 11,78 EUR)
Rückfahrt mit Begleitperson (62 km x 0,21 EUR = 13,02 EUR)
abzüglich eines Eigenanteils nach § 60 Abs. 2 S. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) in Höhe von 13,00 EUR
– Erstattung von 11,80 EUR
2. Für die Fahrten am 13. Dezember 2000:
Hinfahrt ohne Begleitperson (62 km x 0,19 EUR = 11,78 EUR)
Rückfahrt mit Begleitperson (62 km x 0,21 EUR = 13,02 EUR)
abzüglich eines Eigenanteils nach § 60 Abs. 2 S. 1 SGB V in Höhe von 13,00 EUR
– Erstattung von 11,80 EUR
3. Für die Fahrten am 05. April 2001:
Hinfahrt ohne Begleitperson (74 km x 0,19 EUR = 14,06 EUR)
Rückfahrt mit Begleitperson (74 km x 0,21 EUR = 15,54 EUR)
abzüglich eines Eigenanteils nach § 60 Abs. 2 S. 1 SGB V in Höhe von 13,00 EUR – Erstattung von 16,60 EUR
Für die erste Fahrt am 28. November 2000 vom Wohnort zu Dr. L und zum Krankenhaus nach Q könne keine Erstattung erfolgen, da die Fahrtkosten den Eigenanteil von 13,00 EUR nicht überschritten. Eine Erstattung für die zweite Fahrt am 28. November 2000 vom Krankenhaus Q zum Krankenhaus N sowie für die Fahrt am 20. Dezember 2000 vom Krankenhaus N zum Krankenhaus I sei nicht möglich, da es sich um Begleitfahrten handele, die nicht zu den von der Krankenkasse zu zahlenden Aufwendungen gehörten.
Auf den Widerspruch des Klägers vom 08.09.2002 lehnte die Beklagte mit einem weiteren Bescheid vom 20.09.2002 eine Erstattung weiterer Fahrtkosten ab.
Zur Begründung seines hiergegen eingelegten Widerspruchs führte der Kläger aus, die Kostenerstattung bleibe weit hinter den tatsächlich entstandenen Kosten zurück. Die Eigenbeteiligung von 13,00 EUR sei verfassungswidrig und verletze den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Begleitung vom Krankenhaus Q in das Krankenhaus N sei notwendig gewesen, da seine Ehefrau nicht ansprechbar gewesen sei. Ärztliche Notwendigkeitsbescheinigungen lägen vor.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2002 zurück.
Mit der am 05.11.2002 beim Sozialgericht (SG) Dortmund erhobenen Klage hat der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren vertieft und vorgetragen, die Begleitung seiner Frau sei zur Anamneseerhebung notwendig gewesen. Die Eigenbeteiligung von 13,00 EUR (die rechnerisch ohnehin 12,78 EUR betrage) pro Fahrt verstoße gegen das Solidaritätsprinzip und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Es müsse berücksichtigte werden, dass einzelne Versicherte sehr unterschiedlich weit von Krankenhäusern entfernt wohnten.
Das SG hat die Beklagte nach Abtrennung weiterer Streitgegenstände mit Urteil vom 01.08.2003 aufgrund einer Änderung des Bundesreisekostengesetzes mit Wirkung vom 01.01.2001 verurteilt, weitere Fahrtkosten von 4,44 EUR zu erstatten, und die Klage im Übrigen abgewiesen, da die Fahrten des Klägers am 28.11.2000 und 20.12.2000 nicht notwendig im Sinne des § 60 Abs. 1 SGB V gewesen seien. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung hat das SG verneint. Auf die Entscheidungsgründe wird im Übrigen Bezug genommen.
Gegen das ihm am 19.08.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.08.2003 Nichtzulassungsbeschwerde (L 16 B 56/03 KR NZB) erhoben. Mit Beschluss vom 01.12.2003 hat der Senat die Berufung zugelassen, da das SG, von seiner Rechtsauffassung ausgehend, den Sachverhalt hinsichtlich der medizinischen Notwendigkeit der Begleitfahrten habe weiter aufklären müssen.
Der Kläger ist der Auffassung, entscheidend sei, dass seine Anwesenheit bei der Anamnese im Krankenhaus N und am 20.12.2000 im Krankenhaus I erforderlich gewesen sei. Die Eigenbeteiligung von 13,- EUR sei insofern verfassungswidrig, als diejenigen Versicherten benachteiligt würden, die nicht stadt- und krankenhausnah wohnten. Es handele sich um eine "Zwangsenteignung" bei "eigentumsähnlichen Ersatzansprüchen", die aus "zwangsweise erhobenen Krankenkassenbeiträgen erwachsen seien". Der Eigenanteil diene offenbar dazu, homosexuelle Partner kostenfrei mitzuversichern. Der Eigenanteil müsse auf 13 km pro Fahrt festgelegt werden.
Die Beklagte hat dem Kläger auf Hinweis des Gerichts weitere Fahrtkosten ausgehend von einer Eigenbeteiligung von 12,78 EUR statt 13,00 EUR nebst Zinsen erstattet.
Der Kläger hat trotz ausdrücklicher Aufforderung durch den Senat die von ihm geltend gemachte Forderung nicht beziffert.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat über die Berufung des Klägers entscheiden können, obwohl dieser zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist und sich auch nicht hat vertreten lassen, § 126 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da der Kläger mit der Ladung zum Termin auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht mehr beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, nachdem die Beklagte dem Umstand, dass der Eigenanteil fehlerhaft berechnet worden war, durch Zahlung des Differenzbetrages Rechnung getragen hat.
Der Kläger als Rechtsnachfolger seiner verstorbenen Ehefrau hat keinen Anspruch auf Erstattung weiterer Fahrtkosten.
Hinsichtlich der (Begleit-)Fahrten vom 28.11. und 20.12.2000 besteht schon dem Grunde nach kein Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 60 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der bis zum 31.12.2003 maßgeblichen Fassung kommt eine Kostenerstattung nur in Betracht, wenn Fahrten im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse notwendig waren (seit 01.01.2004: zwingend notwendig).
Zweifelsfrei ist zwar auch ein Zusammenhang der Begleitfahrten mit der stationären Behandlung der Ehefrau des Klägers zu bejahen. "Im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse notwendig" im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist eine Fahrt allerdings nur, wenn mit ihr der Zweck verfolgt wird, den erkrankten Versicherten an den Ort zu transportieren, an dem die Leistung bestimmungsgemäß erfolgen soll (vgl. etwa Krauskopf/Baier, Soziale Krankenversicherung, Stand Juni 2003, § 60 RdNr. 6 m.w.N.).
Daraus ergibt sich, dass § 60 SGB V nur Fahrten erfasst, die unmittelbar den Versicherten, dem die Leistung der Krankenkasse zu Gute kommt, betreffen. Es sind also Fahrten dieses Versicherten und damit, wie sich aus dem Gesamtregelungsgehalt des § 60 SGB V ergibt, Transportfahrten gemeint.
Zwar sind auch die Fahrtkosten einer Begleitperson unter Umständen zu erstatten. Dies setzt aber voraus, dass aus medizinischen Gründen der Transport selbst nur mit Begleitung möglich ist. Dies war bei den dem Grunde nach noch streitigen Fahrten nicht der Fall. Darüber hinaus kommt eine Fahrtkostenerstattung bei der Mitaufnahme einer Begleitperson in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 26.03.1980, Breithaupt 1981, 93). Dies ergibt sich aber aus der vorliegend nicht einschlägigen Bestimmung des § 11 Abs. 3 SGB V.
Der Gesetzgeber hat eine Fahrtkostenerstattung für Konstellationen der hier zu beurteilenden Art nicht vorgesehen. Dies erscheint auch sachgerecht. Regelmäßig dürfte eine Begleitung, etwa um bei der Anamnese behilflich zu sein, schon nicht erforderlich sein (vorliegende medizinische Unterlagen, Einweisungen, die Möglichkeit telefonischer Nachfrage bei Ärzten, Angehörigen). Zudem erfolgt die Begleitung regelhaft schon im Eigeninteresse eines nahen Angehörigen.
Auch soweit der Kläger sich gegen die Berücksichtigung eines Eigenanteils von zuletzt noch 12,78 EUR (25 DM) wendet, vermag er mit den von ihm geäußerten Bedenken nicht durchzudringen. Die Vorschrift des § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der bis zum 31.12.2001 maßgeblichen Fassung ist von der Beklagten zu Recht angewandt worden. Diese Vorschrift verstößt auch nicht gegen höherrangiges (Verfassungs-) Recht. Dies ergibt sich schon daraus, dass die § 61 Abs. 1, § 62 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung für (soziale) Härtefälle eine vollständige oder teilweise Befreiung auch von den einem Versicherten entstehenden Fahrtkosten vorsahen. Die Ausführungen des Klägers zum Sozialstaatsprinzip und zur Verhältnismäßigkeit überzeugen den Senat daher nicht. Entsprechendes gilt für den vom Kläger vermuteten Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz. Bereits das SG hat darauf hingewiesen, dass der Eigenanteil des § 60 Abs. 2 SGB V alle Versicherten trifft. Gerade dem Umstand, dass nicht alle Versicherten in unmittelbarer Nähe der Leistungserbringer wohnen, wird die Regelung eines Eigenanteils gerecht, da die Aufwendungen des Versicherten je Fahrt begrenzt und kalkulierbar sind. Im Übrigen ist es dem Gesetzgeber gestattet, in der Praxis umsetzbare Regelungen zu schaffen, die ihrem Zweck – hier Begrenzung der Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen – gerecht werden. Auf die Regelungen des §§ 61, 62 SGB V a.F. ist in diesem Zusammenhang erneut zu verweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Es bestand kein Anlass, die Revision zuzulassen, denn weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) noch weicht das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab und beruht auf dieser Abweichung (§ 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG).
Erstellt am: 18.05.2004
Zuletzt verändert am: 18.05.2004