Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 03.02.2017 wird zurückgewiesen. Dem Kläger werden nach § 192 Sozialgerichtsgesetz Kosten in Höhe von 225,00 EUR auferlegt. Im Übrigen sind Kosten auch in zweiter Instanz nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig sind die Untätigkeit der Beklagten in Bezug auf den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 15.10.2014 und ein mögliches Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Klägers.
Der Kläger ist seit dem 01.01.2013 bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Mit Bescheid vom 15.10.2014 stellte die Beklagte fest, dass die bisherige Beitragseinstufung auf Basis der Mindestbemessungsgrundlage weiterhin bestehen bleibe. Hiergegen erhob der Kläger unter dem 24.10.2014 Widerspruch. Die im Bescheid angegebene Krankenversicherungsnummer (XXX) sei falsch. Seit dem Bescheid vom 11.04.2013 führe die Beklagte ihn unter der Nummer 000. Eine unnötige Zweitversicherung mit falscher Krankenversicherungsnummer lehne er ab.
Am 20.05.2015 hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben, woraufhin die Beklagte mit Klageerwiderung vom 18.06.2015 den Bescheid vom 15.10.2014 (auch im Namen der Pflegekasse) aufgehoben hat. Bezüglich der Beitragseinstufung teilte sie mit, dass es bei den mit Bescheid vom 07.08.2014 getroffenen Feststellungen verbleibe.
Der Kläger hat die Untätigkeitsklage weiter aufrecht erhalten und eine Entscheidung des allein zuständigen Widerspruchsausschusses der Beklagten über seinen Widerspruch vom 24.10.2014 begehrt. Das Anerkenntnisangebot der Beklagten nehme er nicht an. Das Verfahren sei erst nach bedingungsloser Aufhebung erledigt. Den Verweis auf den Bescheid vom 07.08.2014 lehne er ab, weil dieser Bescheid nicht Gegenstand dieses Verfahrens sei. Er sei auch nicht damit einverstanden, dass bestimmte, außergerichtlich zwischen den Beteiligten gewechselte Schreiben, die die Beklagte bei Gericht eingereicht habe, sowie bestimmte Schriftsätze der Beklagten "im hiesigen Verfahren zum Gegenstand" gemacht würden.
Der Kläger hat erstinstanzlich schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, über seinen Widerspruch vom 24.10.2014 gegen den Bescheid vom 15.10.2014 korrekt zu entscheiden.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass auch die Ausgangsbehörde und nicht nur der Widerspruchsausschuss für die Aufhebung eines mit Widerspruch angefochtenen Bescheides zuständig sei.
Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 03.02.2017). Die Klage sei unzulässig (geworden). Nach § 88 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) könne eine Untätigkeitsklage erhoben werden, wenn über einen Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht entschieden worden sei, wobei als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gelte. Werde dem Widerspruch allerdings nach Klageerhebung abgeholfen, sei die Hauptsache vom Kläger für erledigt zu erklären (§ 88 Abs. 1 Satz 3 SGG), es sei denn, es bestehe ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Erkläre – wie hier – der Kläger die Hauptsache nicht für erledigt und liege auch kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vor, sei die Klage durch Endurteil als (nunmehr) unzulässig abzuweisen, da durch die Vornahme der zuvor als nicht getätigt kritisierten Handlung das Rechtsschutzbedürfnis entfallen sei. Es komme dann kein Anerkenntnisurteil gemäß § 202 SGG i.V.m. § 307 Zivilprozessordnung (ZPO) in Betracht. Ein solches könne die Beklagte nicht (mehr) umsetzen, da keine Untätigkeit mehr vorliege. Nachdem die Beklagte den durch Widerspruch des Klägers angefochtenen Bescheid vom 15.10.2014 nach Klageerhebung vollumfänglich und auch im Namen der Pflegekasse aufgehoben habe, fehle der Klage das notwendige Rechtsschutzbedürfnis. Die Beklagte sei als Ausgangsbehörde zur Aufhebung auch befugt gewesen, das ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 85 Abs. 1 und 2 SGG. Die Klageerwiderung habe auch nicht bloß ein Angebot der Beklagten enthalten, dass der Kläger noch hätte annehmen müssen. Der Verweis der Beklagten im angefochtenen Bescheid auf den infolge der Abhilfe weiter geltenden Bescheid vom 07.08.2014 hindere die Rechtmäßigkeit der Aufhebung nicht. Es handele es sich um keinen Verfügungssatz, sondern eine rechtliche Einschätzung der Folgen der Abhilfe. Es bestehe auch kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Klägers, insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt einer Wiederholungsgefahr. Der Kläger habe ein solches nicht dargelegt, sondern sich allein dagegen gewandt, dass die Beklagte auch in Zukunft die von ihm für unzutreffend erachtete Krankenversicherungsnummer XXX verwende. Dies sei jedoch eine Frage nach den materiellen Voraussetzungen des angefochtenen und inzwischen wieder aufgehobenen Verwaltungsakts, nicht aber Gegenstand der ursprünglichen Untätigkeitsklage und könne daher kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse begründen. Schließlich werde der Kläger auch nicht dadurch in seinen Rechten verletzt, dass die Beklagte außergerichtlich zwischen den Beteiligten gewechselte Schreiben zu den Gerichtsakten gereicht habe. Hierzu sei sie befugt gewesen, denn diese Unterlagen seien Bestandteil der Verwaltungsakte der Beklagten gewesen, die das Gericht gem. § 104 Satz 5 SGG angefordert habe.
Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 07.02.2017 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 05.03.2017 Berufung eingelegt. Seine Klage vom 20.05.2015 halte er aufrecht. Der Gerichtsbescheid sei unnötig und unrechtmäßig. Die Beklagte habe nur ein eingeschränktes Anerkenntnis abgegeben. Er habe nicht zustimmt und sei hierzu auch nicht verpflichtet gewesen. Inhalt des ursprünglich angefochtenen Bescheides vom 15.10.2014 sei auch die darin zu Unrecht verwandte Krankenversicherungsnummer XXX gewesen. Es bestehe insoweit auch ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse und Wiederholungsgefahr.
Der Kläger beantragt,
1. den hiesigen Gerichtsbescheid aufzuheben,
2. das Anerkenntnis des Beklagten vom 18.06.2015/Stempel SG D 22.06.2015 Az.: S 34 KR 417/15 der hiesigen Entscheidung zu Grunde zu legen, den Teil I Rechtfolge: Bezüglich der Beitragseinstufung für das Kalenderjahr 2014 verbleibt es daher bei den mit Änderungsbescheid vom 07.08.2014 getroffenen Feststellungen aufzuheben und der Beklagten alle Kosten aufzuerlegen.
Ich mache geltend: Die Bestandskraft des Beitragsbescheides vom 11.04.2013 für die Zeit vom 01.01.2013 bis heute.
Vorläufig aufgezeichnet, vorgespielt und genehmigt.
Der Beklagtenvertreter beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie könne der Berufungsbegründung nicht entnehmen, wodurch der Kläger im vorliegenden Verfahren noch beschwert sei.
Nach Anhörung der Beteiligten hat der Senat den Rechtsstreit zur gemeinsamen Entscheidung mit den Ehrenamtlichen Richtern auf den Berichterstatter übertragen (Beschluss vom 03.09.2018).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
1. Über die Berufung des Klägers entscheidet der Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern gemäß § 153 Abs. 5 SGG. Die Voraussetzungen hierfür liegen vor: So hat in erster Instanz das SG die Klage durch Gerichtsbescheid abgewiesen (§ 105 SGG). Weiter ist der Kläger vom Senat dazu angehört worden, dass er beabsichtigt, den Rechtsstreit zur gemeinsamen Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern auf den Berichterstatter zu übertragen. Dies hat der Senat am 03.09.2018 nach pflichtgemäßem Ermessen beschlossen. Dabei hat er die Arbeitsbelastung des Senats und den Umstand berücksichtigt, dass es sich um ein einfach gelagertes Verfahren handelt, das nicht der vollen Richterbank bedarf (Frehse in Jansen, SGG, 4. Auflage, 2012, § 153 Rn. 49; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, 2017, § 153 Rn. 24).
2. Der Senat konnte in der Sache entscheiden, obwohl der Beklagtenvertreter im Termin "nur" eine Kopie seiner Generalvollmacht vorgelegt und der Kläger dies "gerügt" hat. Selbst wenn die Beklagte im Termin nämlich nicht (wirksam) vertreten gewesen sein sollte, so war die vom Kläger eingelegte Berufung zurückzuweisen, weil die von ihm erhobenen Klagen unzulässig sind. Im Übrigen gehört der Sitzungsvertreter der Beklagten als ihr Beschäftigter zu den nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGG vertretungsberechtigten Personen. Die konkrete Bevollmächtigung ist wirksam mittels der in Kopie zu den Akten gereichten Generalvollmacht nachgewiesen worden (§ 73 Abs. 6 Satz 1 SGG; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 07.04.2011 – L 6 U 3907/10 -; vgl. zur Unangebrachtheit besonderer Formstrenge und zur Zulässigkeit der Herreinreichung mittels Telefax/Fernkopie: Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, 2017, § 73 Rn. 62 m.w.N.). Die Stellung des Sitzungsvertreters als Beschäftigter der Beklagten und seine Bevollmächtigung sind dem Kläger sowie dem Gericht schließlich nicht nur aus den Schriftsätzen dieses Verfahrens bekannt, sondern auch aus den mündlichen Verhandlungen der Beteiligten in mehreren Parallelverfahren vor dem Senat.
3. Streitgegenstand des Verfahrens ist zum einen die vom Kläger weiter verfolgte Untätigkeitsklage. Diese hat er – ausdrücklich vom Gericht hiernach gefragt – nicht zurückgenommen bzw. für erledigt erklärt. Zum anderen begehrt der Kläger festzustellen, dass er die Untätigkeitsklage zu Recht erhoben hat, dass er allein unter der Versicherungsnummer 000 versichert ist und dass der insoweit entgegenstehende Bescheid der Beklagten vom 07.08.2014 rechtswidrig ist.
Nicht begehrt der Kläger – auch wenn die Formulierung seines Antrags im Berufungsverfahren darauf hindeutet – den Erlass eines Anerkenntnisurteils, denn er behauptet nicht, die Beklagte habe seinen Klageanspruch anerkannt. Vielmehr ist er nach wie vor der Ansicht, dass dies nicht der Fall ist, er daher ihr "Anerkenntnis" auch nicht annehmen und den Rechtsstreit für erledigt erklären könne.
Zur spontanen, kaum verständlichen Neuformulierung des Berufungs- und Klageantrags im Termin ist es "nur" deswegen gekommen, weil das Gericht den Kläger zuvor auf die mangelnde Erfolgsaussicht des Berufungsverfahrens hingewiesen hatte. Der Kläger versuchte daraufhin durch Umformulierung seiner Anträge die Berufung doch noch zum Erfolg zu verhelfen, ohne dass er inhaltlich von seinem bisherigen Begehren und Anträgen abweichen wollte oder gar ist.
4. Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 143, 144, 151 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat nach eigener Prüfung insofern auf Gerichtsbescheid des SG vom 03.02.2017 (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend weist er darauf hin, dass es keine doppelte Versicherung des Klägers bei der Beklagten gibt. Die unterschiedlichen, von der Beklagten verwandten Versicherungsnummern sind nicht Teil des Regelungsgehalts der angefochtenen Bescheide geworden. Die Beklagte hat lediglich zunächst die kassenindividuelle Krankenversicherungsnummer des Klägers (000) statt der neuen bundeseinheitlichen und krankenkassenunabhängigen Nummer (XXX) auf ihren an den Kläger gerichteten Schreiben und Bescheiden verwandt. Die Nummern dienten und dienen allein der Kennzeichnung desselben Versicherungsverhältnisses und begründen keine zwei unterschiedlichen Versicherungsverhältnisse. Das hat die Beklagte bereits mehrfach ausdrücklich und zutreffend gegenüber dem Kläger erklärt. Beiträge zu zwei unterschiedlichen Versicherungsverhältnissen sind von ihr nie erhoben worden.
5. Dem Kläger waren Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG i.H.v. 225,00 EUR aufzuerlegen. Er ist in der mündlichen Verhandlung vom Vorsitzenden auf die Aussichtslosigkeit der Fortsetzung des Verfahrens, die Missbräuchlichkeit der weiteren Inanspruchnahme des Gerichts sowie die für den Fall der Fortsetzung des Verfahrens in Betracht kommende Auferlegung von Gerichtskosten hingewiesen worden und hat den Rechtsstreit trotz dieser Hinweise fortgeführt. Dieses Verhalten ist rechtsmissbräuchlich. Eine missbräuchliche Rechtsverfolgung liegt vor, wenn die Weiterführung des Rechtsstreits von jedem Einsichtigen als aussichtslos angesehen werden muss (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 19.12.2002 – 2 BvR 1255/02 -; Senat, Beschluss vom 16.11.2015 – L 11 KR 342/15 -; Urteil vom 20.01.2010 – L 11 KR 80/07 -). Vorliegend war kein sachlicher Grund gegeben, das offensichtlich aussichtslose Klage- bzw. Berufungsverfahren fortzuführen. Das hat der Kläger zur Überzeugung des Senats nach Erläuterung im Termin verstanden, den Rechtsstreit dennoch fortbetrieben.
Die Kostenentscheidung im Übrigen beruht auf den §§ 183, 193 Abs. 1 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 18.03.2019
Zuletzt verändert am: 18.03.2019