Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 21.02.2011 geändert und der Antragstellerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt T, E, bewilligt. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Klägerin Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten für eine Klage betreffend die Höhe der Erstattung von Rechtsanwaltskosten im Widerspruchsverfahren zu bewilligen ist.
Mit Bescheid vom 12.02.2009 forderte der Beklagte unter Aufhebung früherer Leistungsbewilligungen einen Betrag von insgesamt 15.267,67 Euro von der Klägerin zurück. Dem hiergegen gerichteten Widerspruch des Bevollmächtigten der Klägerin half er mit Bescheid vom 30.06.2009 ab und erkannte die Kosten des Widerspruchsverfahrens dem Grunde nach als erstattungsfähig an.
Mit Schreiben vom 02.07.2009, korrigiert durch Schreiben vom 03.07.2009 überreichte der Bevollmächtigte der Klägerin dem Beklagten eine Rechnung über einen Betrag von 702,52 Euro an anwaltlichen Kosten. Hierbei legte er als Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) die Höchstgebühr von 520,00 Euro zugrunde.
Der Beklagte erkannte mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 20.10.2009 notwendige Aufwendungen in Höhe von 369,32 Euro an und lehnte den Kostenantrag im Übrigen ab. Es sei lediglich eine Geschäftsgebühr in Höhe von 240,00 Euro anzusetzen. Den Widerspruch der Klägerin vom 12.11.2009 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.01.2010 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 16.02.2010 beim Sozialgericht (SG) Dortmund Klage erhoben und die beantragte Kostenfestsetzung weiter verfolgt. Sie ist der Auffassung, dass die in Ansatz gebrachten Gebühren der Billigkeit entsprächen. Die Angelegenheit sei als schwierig zu bewerten, weil die Kommunikation zwischen ihr und ihrem Anwalt Fremdsprachenkenntnisse erfordert habe. Darüber hinaus sei das Verfahren für sie im Hinblick auf die immens hohe Rückforderungssumme von überragender Bedeutung gewesen. Die zurückgeforderten Beträge hätten ihr Gesamtjahreseinkommen um das Mehrfache überstiegen. Auch sei die anwaltliche Tätigkeit im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren grundsätzlich – wegen des für dieses Rechtsgebiet benötigten Fachwissens – als schwierig einzustufen. Schließlich habe ihr Anwalt wegen des langen von der Rückforderung umfassten Zeitraums die komplette Akte, also mehrere hundert Seiten sichten müssen.
Mit Beschluss vom 21.02.2011 hat das SG den Antrag der Klägerin auf Gewährung von PKH abgelehnt. Hier liege insgesamt gesehen ein durchschnittlicher Fall vor, so dass der Ansatz der Mittelgebühr durch den Beklagten nicht zu beanstanden sei. Wenngleich die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin überdurchschnittlich gewesen sei, werde dieser Umstand durch die weit unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse kompensiert.
Gegen den ihr am 28.02.2011 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 23.03.2011 Beschwerde erhoben und im Wesentlichen ihr Vorbringen wiederholt. Ergänzend hat sie ausgeführt, dass allein die Erstgespräche zwischen ihr und ihrem Anwalt insgesamt ca. 3 Stunden gedauert hätten. Sie habe Dutzende von Unterlagen beigebracht. Nach den beiden Erstgesprächen seien mindestens fünf weitere Gespräche erfolgt. Allein im Zeitraum zwischen Widerspruchseinlegung und Akteneinsicht, die wiederum ca. eine Stunde beansprucht habe, sei sie drei Mal bei ihrem Anwalt erschienen, da sie diesen auf weitere Sachverhalte habe hinweisen wollen. Noch bevor Akteneinsicht genommen worden sei, sei für ihren Anwalt ein Arbeitsaufwand von über fünf Stunden entstanden. Die Sache sei weiter durch ihr Alter, ihre schlechten Deutschkenntnisse und noch schlechteren Rechtskenntnisse erschwert worden. Mit einem gesamten Zeitaufwand von 7-8 Stunden sei die Betreibung des Verfahrens auch weit überdurchschnittlich umfangreich gewesen. Auch die Rechtsfrage, wann bei mehreren Auslandsaufenthalten nicht mehr vom Hauptwohnsitz Deutschland ausgegangen werden könne, sei rechtlich äußerst umstritten.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht (SG) Dortmund den Antrag auf Gewährung von PKH abgelehnt.
Voraussetzung für die Gewährung von PKH ist nach § 73a Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) unter anderem, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht nach vorläufiger Prüfung den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 73a Rn 7a; st. Rspr. des erkennenden Senats, z.B. Beschluss vom 23.03.2010 – L 6 B 141/09 AS). Der Erfolg braucht nicht sicher zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte, darf der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt werden (BVerfG Beschluss vom 13.03.1990 – 2 BvR 94/88 juris Rn 26 – BVerfGE 81, 347). Eine Beweisantizipation ist in engen Grenzen möglich. Kommt eine Beweisaufnahme jedoch ernsthaft in Betracht und liegen keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen würde, ist PKH in der Regel zu gewähren (BVerfG Beschluss vom 29.09.2004 – 1 BvR 1281/04 juris Rn 14 – NJW-RR 2005, 140).
Ausgehend hiervon ist der Klägerin PKH zu gewähren. Das Klageverfahren hat hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die vielfältigen Darlegungen der Klägerin zur außergewöhnlichen Bedeutung der Angelegenheit sowie zum Umfang und zur Schwierigkeit der Tätigkeit ihres Anwalts legen es nahe bereits aufgrund dieses Vortrags oder ggf. nach weiterer Beweisermittlung, bei wertender Gesamtbetrachtung von einer mehr als durchschnittlichen Tätigkeit auszugehen.
Kosten im Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 23.08.2011
Zuletzt verändert am: 23.08.2011