Auf die Anschlussbeschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 13.06.2019 geändert und die Vergütung des Sachverständigen für das unter dem 17.07.2017 erstattete Gutachten auf 2.121,05 Euro festgesetzt. Die Beschwerde des Sachverständigen wird zurückgewiesen. Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Der Senat entscheidet wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache in voller Besetzung ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter (§ 4 Abs. 7 Satz 1 bis 3 JVEG).
Die in Anbetracht der begehrten Heraufsetzung der Vergütung um 2.142,- Euro nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 Satz 1 JVEG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Sachverständigen, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist unbegründet. Die zulässige (vgl. Meyer/Höver/Bach/Oberlack/Jahnke, JVEG, 27. Aufl. 2018, § 4 Rn. 14 m.N.), ebenfalls wegen der begehrten Herabsetzung der Vergütung um 476,01 Euro nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 Satz 1 JVEG statthafte und mangels gesetzlicher Anordnung weder einer Frist noch der Abhilfe durch das erstinstanzliche Gericht unterliegende Anschlussbeschwerde der Staatskasse ist demgegenüber begründet. Das Sozialgericht hat die dem Sachverständigen für die Erstattung seines Gutachtens vom 17.07.2017 zustehende Vergütung zu Unrecht auf 2.597,06 Euro festgesetzt. Vielmehr steht dem Sachverständigen nur eine Vergütung von 2.121,05 Euro zu.
1. Für die gemäß §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 1 Satz 1 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) nach Zeitaufwand zu bemessende Vergütung sind lediglich 1.650,- Euro anzusetzen. Der Ansatz der Honorargruppe M3 im Sinne der Anlage 1 zum JVEG (100,- Euro pro Stunde) ist dabei zwischen den Beteiligten unstreitig und auch in der Sache nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des Sachverständigen und auch des Sozialgerichts ist jedoch lediglich ein Zeitaufwand von 16,5 Stunden als erforderlich anzusehen.
Nach §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 1 Satz 1 JVEG richtet sich die Vergütung des Sachverständigen nach der für die Gutachtenerstellung erforderlichen Zeit. Wie viel Zeit erforderlich ist, hängt nicht von der individuellen Arbeitsweise des Sachverständigen ab, sondern ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen. Erforderlich ist derjenige Zeitaufwand, den ein Sachverständiger mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität benötigt, um sich nach sorgfältigem Studium ein Bild von den zu beantwortenden Fragen machen zu können und nach eingehender Überlegung seine gutachtlichen Darlegungen zu den ihm gestellten Fragen schriftlich niederzulegen. Dabei ist der Umfang des unterbreiteten Sachstoffs, der Grad der Schwierigkeit der zu beantwortenden Beweisfragen unter Berücksichtigung seiner Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet und die Bedeutung der Sache angemessen zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung des zuständigen Senats, statt vieler Beschluss vom 20.02.2015 – L 15 KR 376/14 B -, juris Rn. 28 m.w.N.).
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sowie des zuvor für Vergütungsansprüche von Sachverständigen zuständigen 4. Senats des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen gliedert sich die Erstellung eines Gutachtens zur Gewährleistung eines objektiven Maßstabs hinsichtlich des erforderlichen Zeitaufwandes in vier vergütungspflichtige Arbeitsschritte (vgl. z.B. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 25.02.2005 – L 4 B 7/04 -, juris Rn. 22 ff. m.w.N.):
1. Zeitaufwand für Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten,
2. Zeitaufwand für Untersuchung und Anamnese,
3. Zeitaufwand für Abfassung der Beurteilung,
4. Zeitaufwand für Diktate und Durchsicht.
Ausgehend von dieser eine gleichmäßige Rechtsanwendung gewährleistenden und im Hinblick auf die Anforderungen an ein sozialmedizinisches Sachverständigengutachten (vgl. hierzu z.B. Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschl. v. 22.04.2008 – L 1 B 89/08 SK -, juris Rn. 4; Giesbert, in jurisPK-SGG, § 128 Rn. 55) sachgerechten Strukturierung lässt sich unter Zugrundelegung des Vortrags des Sachverständigen ein Zeitaufwand von mehr als 16,5 Stunden nicht begründen.
a) Für die Arbeitsschritte "Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten", hier ausnahmsweise Literaturstudium und "Diktat und Durchsicht" ist entgegen der Auffassung des Sozialgerichts entsprechend den Zugeständnissen des Beschwerdegegners nur ein Zeitaufwand von insgesamt 6,35 Stunden (1,2 Stunden Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten, 0,9 Stunden Literaturstudium und 4,25 Stunden Diktat und Durchsicht), also gerundet 6,5 Stunden, zugrunde zu legen. Dies entspricht den Angaben des Beschwerdeführers in der ursprünglich eingereichten, am 18.07.2017 beim Sozialgericht eingegangenen Rechnung vom 17.07.2017. Diese Angaben sind im Rahmen der richterlichen Festsetzung nach § 4 Abs. 1 JVEG und auch im Beschwerdeverfahren nicht zu überschreiten.
aa) Bei den Angaben des Sachverständigen zum Zeitaufwand handelt es sich um Tatsachenvortrag des Sachverständigen, den das jeweils befasste Gericht nicht daraufhin zu hinterfragen hat, ob der angesetzte Zeitaufwand vielleicht zu niedrig bemessen ist. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Sachverständige den angegebenen Zeitaufwand tatsächlich (subjektiv) benötigt hat. Für die Annahme, dass ein ärztlicher Sachverständiger einen geringeren als den tatsächlich angefallenen Zeitaufwand angibt, besteht in der Regel kein Anlass (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 29.03.2006 – L 4 B 19/06 -; Beschl. v. 28.11.2007 – L 4 B 1/07 -). Dieser grundsätzlich als gegeben anzunehmende tatsächliche Zeitaufwand ist sodann lediglich darauf zu überprüfen, ob er objektiv erforderlich war. Ein Sachverständiger kann jedoch nie mehr als den Zeitaufwand vergütet bekommen, den er tatsächlich aufgewendet hat.
bb) Es ist auch nicht zulässig, den vom Sachverständigen zu einem Arbeitsschritt angegebenen Zeitaufwand einem anderen Arbeitsschritt zuzuschlagen. Auch insoweit handelt es sich um Angaben des Sachverständigen im Tatsächlichen, die das Gericht grundsätzlich als gegeben hinzunehmen hat (so bereits Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). Die vom Senat in ständiger Rechtsprechung zugrunde gelegten Arbeitsschritte dienen der Strukturierung des Vergütungsanspruchs des Sachverständigen in tatsächlicher Hinsicht, um den vom Sachverständigen angesetzten Zeitaufwand justiziabel prüfen zu können. In der Sache handelt es sich um jeweils selbstständige Teile eines Streitgegenstandes, die der Sachverständige nach der auch im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach dem JVEG geltenden Dispositionsmaxime selbst zu bestimmen hat. Fordert der Sachverständigen für einen Arbeitsschritt eine Vergütung aufgrund eines konkret angegeben Zeitaufwandes, wird dieser Sachverhalt dem Gericht als Teilstreitgegenstand unterbreitet. Das Gericht ist dann nicht befugt, den Zeitaufwand in einem Arbeitsschritt durch Kürzung des Zeitaufwandes in einem anderen Arbeitsschritt zu erhöhen. Dies wäre in der Sache eine Erweiterung des Teilstreitgegenstandes, die nur der antragstellende Sachverständige selbst in den zeitlichen Grenzen des § 2 Abs. 1 JVEG (siehe dazu sogleich) vornehmen kann. Insoweit gilt das gleiche wie bei einer Klageänderung im Prozess durch Veränderung oder Erweiterung des maßgeblichen Lebenssachverhaltes (Klagegrund), die nur durch eine Prozesshandlung des Klägers, nicht aber durch das Gericht von Amts wegen vorgenommen werden kann.
Dass es u.U. unbeanstandet geblieben wäre, wenn der Sachverständigen für einzelne Arbeitsschritte einen höheren, angeblich tatsächlich benötigten Zeitaufwand angesetzt hätte, führt zu keiner anderen Bewertung. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts den Sachverhalt durch eigene Annahmen im Tatsächlichen so zu gestalten, dass der Sachverständige die maximal mögliche Vergütung erhält. Vielmehr ist der Sachverständige selbst im eigenen Interesse gehalten, innerhalb der Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG vollständig und zutreffend zu dem von ihm tatsächlich benötigten Zeitaufwand bei dem jeweiligen Arbeitsschritt vorzutragen (vgl. insoweit auch Thüringer LSG, Beschl. v. 09.12.2014 – L 6 SF 723/14 E -, juris Rn. 9). Die Angaben des Sachverständigen sind nach den Ausführungen zu aa) grundsätzlich nicht daraufhin zu hinterfragen, ob der tatsächlich (subjektiv) benötigte Zeitaufwand zu niedrig angesetzt ist.
cc) Die in der am 26.03.2018 beim Sozialgericht eingegangenen Rechnung vom 12.03.2018 geänderten Angaben zum angeblich tatsächlich benötigen Zeitaufwand für die Arbeitsschritte "Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten" (gerundet 3 Stunden) und "Diktat und Durchsicht" (14 Stunden) sind nicht zu berücksichtigen. Insoweit handelt es sich bei der Rechnung vom 12.03.2018 um eine Nachforderung, die nur zu berücksichtigen wäre, wenn sie innerhalb der Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG geltend gemacht worden wäre (vgl. zur Geltung von § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG bei Nachforderungen Bayerisches LSG, Beschl. v. 06.10.2015 – L 15 SF 323/14 -, juris Rn. 59 m.w.N.). Dies ist jedoch nicht der Fall. Die 3-Monats-Frist begann gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG mit dem Eingang des schriftlichen Gutachtens beim Sozialgericht am 18.07.2017. Im Zeitpunkt des Eingangs der Rechnung vom 12.03.2018 am 26.03.2018 war sie lange abgelaufen. Eine Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 JVEG, die ohnehin nur auf Antrag zu gewähren wäre, kommt nicht in Betracht, denn der Beschwerdeführer hat die geänderte Rechnung nicht ohne sein Verschulden erst nach Ablauf der Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG eingereicht. Der Beschwerdeführer hat in seinem Anschreiben vom 21.03.2018 ausgeführt, er habe bei der Abrechnung der Vergütung in der ursprünglich eingereichten Rechnung irrtümlich die noch in der Rechnungsvorlage befindlichen Stundenangaben aus einem Vorgutachten in einer anderen Sache übernommen und nicht den in der hier behandelten Sache benötigten Zeitaufwand angegeben. Damit hat er selbst eingeräumt, dass er die ursprüngliche Rechnung nicht unter Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erstellt und damit fahrlässig, also schuldhaft gehandelt hat.
Eine andere Bewertung ist nicht deshalb geboten, weil der Gesamtbetrag der Vergütung (4.739,06 Euro) in der ursprünglich eingereichten Rechnung vom 17.07.2017 und in der korrigierten Rechnung vom 12.03.2018 identisch ist. In Konsequenz der Ausführungen zu bb), wonach es sich bei den Angaben zum Zeitaufwand für die einzelnen Arbeitsschritte und damit die auf die jeweiligen Arbeitsschritte entfallenden Teile des Vergütungsanspruchs um Teilstreitgegenstände handelt, stellt die nachträgliche Erhöhung des angeblich tatsächlich benötigten Zeitaufwandes für einen Arbeitsschritt insoweit unabhängig davon, ob sich der Vergütungsanspruch insgesamt erhöht, eine Nachforderung dar. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dem Sachverständigen nach Einreichung seiner Rechnung durch den zuständigen Kostenbeamten oder den Vertreter der Staatskasse aufgezeigt wurde, dass der angesetzte Arbeitsaufwand für einen Arbeitsschritt objektiv nicht erforderlich ist, wohingegen für einen anderen Arbeitsschritt möglicherweise ein höherer Zeitaufwand als erforderlich angesehen würde. In diesem Fall verfolgt der Sachverständige mit der Einreichung einer neuen Rechnung, in der er die Zeitangaben bei dem einen Arbeitsschritt kürzt und bei dem Arbeitsschritt, bei dem mehr als der ursprünglich angegebene Zeitaufwand anerkannt werden könnte, den Zeitaufwand erhöht, trotz im Ergebnis gleichbleibender Gesamtvergütung das Ziel, insgesamt eine höhere Vergütung zu erhalten. Schließlich muss er aufgrund der Stellungnahme des zuständigen Kostenbeamten mit einer Kürzung der geltend gemachten Vergütung rechnen. Die Einreichung einer entsprechend korrigierten Rechnung dient dann erkennbar dazu, die Kürzung möglichst gering zu halten.
So liegt der Fall auch hier. Aufgrund der Festsetzung der Kostenbeamtin vom 24.08.2017, die die unter aa) und bb) dargelegten Grundsätze nicht beachtet hat, durfte der Beschwerdeführer zunächst davon ausgehen, dass für "Aktenstudium" 2,5 Stunden und für "Diktat und Korrektur" 10 Stunden angesetzt werden würden, wohingegen für "Abfassung der Beurteilung" lediglich 14 Stunden als objektiv erforderlich angesehen wurden. Damit war die Kostenbeamtin bei den Arbeitsschritten "Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten" und "Diktat und Durchsicht" über die tatsächlichen Angaben des Beschwerdeführers hinaus gegangen, während sie bei dem Arbeitsschritt "Abfassung der Beurteilung" eine erhebliche Kürzung gegenüber den vom Beschwerdeführer insoweit ursprünglich angegebenen etwa 32 Stunden vorgenommen hatte. Nachdem sich der Beschwerdeführer gerade hiermit nicht einverstanden erklärt und richterliche Festsetzung beantragt hatte, vertrat der Beschwerdegegner in seinem Schreiben vom 09.02.2018 die Auffassung, es sei auch bei den Arbeitsschritten "Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten" und "Diktat und Durchsicht" von den tatsächlichen Angaben des Beschwerdeführers in der Rechnung vom 17.07.2017 auszugehen, wohingegen der erforderliche Zeitaufwand für den Arbeitsschritt "Abfassung der Beurteilung" sogar noch weitergehend auf 10 Stunden zu kürzen sei. Erst anschließend hat der Beschwerdeführer seine korrigierte Rechnung vom 12.03.2018 eingereicht. Er hat dabei offensichtlich versucht, seinen Vergütungsanspruch dadurch zu optimieren, dass er den angeblich tatsächlich benötigten Zeitaufwand für den Arbeitsschritt "Abfassung der Beurteilung" deutlich auf etwa 20,5 Stunden reduziert und zugleich den angeblich benötigten Zeitaufwand für die Arbeitsschritte "Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten" und "Diktat und Durchsicht" entsprechend so erhöht, dass einerseits hier das nach der schon im Schreiben der Kostenbeamtin referierten Rechtsprechung des Senats maximal Mögliche erreicht und zugleich der Zeitaufwand insgesamt, d.h. für alle Arbeitsschritte zusammen, unverändert blieb. Ein solcher Versuch der Erlösoptimierung stellt sich auch wertungsmäßig als Nachforderung dar. Insoweit gilt nichts anderes, als wenn ein nach § 109 SGG beauftragter Sachverständiger nachträglich seine Vergütungsforderung auf weniger als 120% des eingezahlten Kostenvorschusses begrenzt, um eine Deckelung auf den eingezahlten Kostenvorschuss gem. § 8a Abs. 4 JVEG zu vermeiden und immerhin bis zu 120% des eingezahlten Kostenvorschusses als Vergütung erhalten zu können (siehe hierzu Bayerisches LSG, a.a.O., OLG Oldenburg, Beschl. v. 24.02.2017 – 5 W 15/17 -, juris Rn. 15 ff.).
dd) Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass der Senat es für zulässig erachtet hat, dass ein Sachverständiger einen fälschlich § 10 JVEG zugeordneten, zutreffenderweise jedoch nach Zeit zu vergütenden Aufwand in zeitlicher Hinsicht erst im Beschwerdeverfahren und damit weit nach Ablauf der Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG konkretisiert (vgl. den Beschl. des Senats v. 10.05.2019 – L 15 U 264/18 B -, juris Rn. 4 f.). Soweit der auf den betreffenden Aufwand entfallende Vergütungsanteil nicht erhöht wird, wird dem Gericht dadurch kein anderer Teilstreitgegenstand unterbreitet. Es findet auch tatsächlich keine Nachforderung statt. Vielmehr war der betreffende Aufwand unverändert von Anfang an Gegenstand des Vergütungsfestsetzungsverfahrens. Es bedurfte wegen der unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Sachverständigen lediglich einer nachträglichen Ergänzung des Tatsachenvortrags. Hiermit ist die nachträgliche Geltendmachung eines höheren Zeitaufwandes für einen Arbeitsschritt und die damit einhergehende Erhöhung der Vergütungsforderung für diesen Arbeitsschritt nicht vergleichbar.
2. Für den Arbeitsschritt "Abfassung der Beurteilung" hat das Sozialgericht in Übereinstimmung mit der Auffassung des Beschwerdegegners zutreffend einen Zeitaufwand von 10 Stunden für objektiv erforderlich erachtet.
Der Arbeitsschritt "Abfassung der Beurteilung" umfasst die Beantwortung der vom Gericht gestellten Fragen und der näheren Begründung, also den Teil des Gutachtens, den das Gericht bei seiner Entscheidung verwerten kann, um ohne medizinischen Sachverstand seiner Entscheidung begründen zu können. Dazu gehört die diktatreife Vorbereitung der Beurteilung ohne Wiedergabe der Anamnese, der Untersuchungsergebnisse oder Befunde, einschließlich der Begründung der vom Sachverständigen getroffenen Schlussfolgerung, wie zum Beispiel die Auseinandersetzung mit entgegenstehenden Vorgutachten, anders lautenden Befunden sowie die Auseinandersetzung mit kontroversen Meinungen. In diesem Arbeitsschritt wird die eigentliche Gedankenarbeit im Zusammenhang mit der Auswertung der erhobenen Befunde, deren Würdigung im Hinblick auf die Beweisfrage sowie die diktatreife Vorbereitung abgegolten. Der Zeitaufwand insoweit ist nicht schematisch nach der Seitenzahl des Gutachtens festzusetzen. Maßgeblich ist vielmehr der Umfang und die Schwierigkeit der gedanklichen Arbeit des Sachverständigen im Einzelfall (vgl. zum Ganzen Beschl. des Senats v. 20.02.2015 – L 15 KR 376/14 B -, juris Rn. 29).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Sozialgericht zutreffend einen erforderlichen Zeitaufwand von 10 Stunden angenommen. Der Senat schließt sich den Ausführungen des Sozialgerichts an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Das Beschwerdevorbringen führt zu keiner anderen Bewertung. Der Senat teilt die Auffassung des Beschwerdeführers, dass eine Kürzung des vom Sachverständigen angegebenen Zeitaufwandes nur mit Augenmaß erfolgen darf (siehe hierzu bereits LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 29.03.2006 – L 4 B 19/06 -; Beschl. v. 28.11.2007 – L 4 B 1/07 -). Hier erscheint jedoch der vom Beschwerdeführer angegebene Zeitaufwand von ursprünglich etwa 32 Stunden und korrigiert 20,5 Stunden ungewöhnlich hoch. Die deshalb erforderliche kritische Analyse des schriftlichen Sachverständigengutachtens vom 17.07.2017 führt zu der Erkenntnis, dass ein deutlich geringerer Zeitaufwand, nämlich 10 Stunden, objektiv erforderlich war.
So finden sich im Gutachten nach Beantwortung der Beweisfrage Nr. 4 unter Bezugnahme auf die Beweisfrage Nr. 5 von Seite 10 bis 49 allgemeine Ausführungen zu "CMD-Erkrankungen". Eingeleitet werden die Ausführungen wie folgt:
"Nach Auswertung der unten angegebenen Literatur können die bei der Klägerin bestehenden okklusalen Interferenzen (progene Verzahnung 23) ein Gesundheitsrisiko für die Ausbildung von CMD-Erkrankungen im craniomandibulären Bereich darstellen (1, 2, 3), auch ohne dass eine Kiefer- oder Zahnfehlstellung vorliegt, die das Kauen, Beißen und Sprechen erheblich beeinträchtigt."
Diese und die folgenden Ausführungen lassen einen Bezug zur Beweisfrage Nr. 5 nicht erkennen. Die Beweisfrage Nr. 5 lautete vielmehr:
"Können die Beschwerden der Klägerin auch durch andere Behandlungsmaßnahmen (z.B. durch einen Aufbissbehelf bei gleichzeitiger Absenkung der Vertikalen) vollständig gelindert werden?"
Diese Beweisfrage, die erkennbar auf das allgemeine Erfordernis der Notwendigkeit einer Krankenbehandlung abhebt, hat der Sachverständige erst auf Seite 49 letzter Satz bis Seite 51 Mitte beantwortet. Bezeichnenderweise hat er hier nochmals auf "5)" und damit auf die Beweisfrage Nr. 5 Bezug genommen. Seine Ausführungen gehen dabei auf die vorangegangenen Ausführungen nicht ausdrücklich ein. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, warum die umfangreichen vorangehenden Ausführungen für die Beantwortung der Beweisfrage Nr. 5 notwendig gewesen sein sollen. Dem Senat erscheint es auch nicht plausibel, dass und warum diese Ausführungen der Lesbarkeit, Verständlichkeit und Verwertbarkeit des Gutachtens dienen sollen. Vielmehr ist nach Auffassung des Senats das Gegenteil der Fall. Bezeichnenderweise hat die anwaltlich vertretene Klägerin nach Erhalt des Gutachtens zunächst irrtümlich gemeint, das Gutachten bestätige ihr Begehren.
Mit seinen etwa 40 Seiten umfassenden Ausführungen von Seite 10 bis Seite 49 ist der Beschwerdeführer damit über den Gutachtenauftrag hinausgegangen. Der Kammervorsitzende hat den Gutachtenauftrag nach der Eingabe des Beschwerdeführers vom 29.04.2017 auch nicht erweitert. Er hat vielmehr mit Richterbrief vom 21.06.2017 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die konkrete Höhe der Vergütung vom konkreten Zeit- und Arbeitsaufwand abhängig ist. Eine Erweiterung der Beweisanordnung dahingehend, dass sich der Sachverständige, wie dann tatsächlich geschehen, allgemein zur CMD sowie ihrer Ätiologie und Therapie äußern soll, ist darin eindeutig nicht zu sehen. Ein Vergütungsanspruch für den Zeitaufwand, der den Seiten 10 bis 49 des Gutachtens zugrunde lag, kommt daher nicht in Betracht, weil der Gutachtenauftrag als vorgegebener Rahmen den Vergütungsanspruch bestimmt (vgl. hierzu auch OLG München, Beschl. v. 02.12.1994 -11 WF 1015/94 -, juris Leitsatz 1; LG Braunschweig, Beschl. v. 28.05.2016 – 12 T 606/14 -, juris Rn. 21).
Die übrigen, zur Beantwortung der Beweisfragen notwendigen Ausführungen im Gutachten vom 17.07.2017 lassen nicht erkennen, dass ein Zeitaufwand von mehr als 10 Stunden erforderlich gewesen wäre. Nach Abzug der vorstehend behandelten, über den Gutachtenauftrag hinausgehenden Ausführungen verbleiben noch etwa 12 Seiten im Gutachten, in denen sich der Sachverständige mit der Beantwortung der Beweisfragen befasst. Diese 12 Seiten enthalten darüber hinaus zum Teil Schaubilder und umfangreiche Literaturhinweise. Ein Aufwand von mehr als 10 Stunden ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich.
3. Die übrigen vom Sozialgericht zugrunde gelegten Kostenpositionen gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3 JVEG (Dokumentenpauschale (122,40 Euro) und Porto (10,00 Euro)) entsprechen wiederum dem Antrag des Beschwerdeführers in der Rechnung vom 17.07.2017 und sind nicht zu beanstanden. Es ergibt sich damit ein Vergütungsanspruch von netto 1.782,40 Euro. Unter Hinzurechnung der darauf anfallenden Umsatzsteuer (338,65 Euro, § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG) ergibt sich ein Vergütungsanspruch von 2.121,05 Euro.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG, § 177 SGG).
Erstellt am: 15.06.2020
Zuletzt verändert am: 15.06.2020