Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.222,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.06.2017 aus einem Betrag in Höhe von 1.922,20 EUR sowie nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.12.2017 aus einem Betrag in Höhe von 300,00 EUR zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 2.222,20 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Vergütung des stationären Krankenhausaufenthaltes der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten Frau C T (Versicherte) nach Aufrechnung eines vermeintlichen Erstattungsanspruchs aus der stationären Behandlung des bei der Beklagten versicherten Herrn H Q-S (Versicherter) im Krankenhaus der Klägerin vom 07.01.2016 bis zum 14.01.2016 sowie über die Zahlung einer Aufwandspauschale für die Prüfung dieses Aufenthaltes durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK).
Die stationäre Aufnahme des Versicherten erfolgte nach vorheriger ambulanter Vorstellung zur Durchführung einer stationären minimal-invasiven Wirbelsäulentherapie einschließlich Stufendiagnostik, krankengymnastischer Mobilisationstherapie, balneophysikalischer An-wendungen sowie zur Infiltration/Denervation bei Schmerzen im Bereich der unteren Len-denwirbelsäule ausstrahlend in das rechte Bein mit einem Schmerzscore (VAS) von 9.
Am 03.02.2016 stellte die Klägerin der Beklagten für den Aufenthalt unter der DRG I68D (Nicht operativ behandelte Erkrankungen und Verletzungen im Wirbelsäulenbereich, mehr als ein Belegungstag, oder andere Femurfraktur, außer bei Diszitis oder infektiöser Spondy-lopathie, ohne Kreuzbeinfraktur) einen Betrag in Höhe von 1.922,20 EUR in Rechnung.
Nachdem die Beklagte die Rechnung zunächst vollständig beglichen hatte, leitete sie eine Prüfung des Behandlungsfalls durch den MDK ein. Mit Schreiben vom 22.04.2016 zeigte sie der Klägerin die Prüfung nach § 4 S. 1 der Prüfverfahrensvereinbarung in der Fassung vom 01.09.2014 (PrüfvV a. F.) an.
Mit Gutachten vom 15.06.2016 kam der MDK zu dem Ergebnis, dass eine primäre Fehlbe-legung vorliege, weil kein Notfall und kein akutstationärer Behandlungsbedarf bestanden habe. Eine Ausschöpfung konservativer Maßnahmen im Vorfeld sei nicht ersichtlich. Alle durchgeführten Maßnahmen wären auch ambulant möglich gewesen.
Mit Schreiben vom 28.04.2017 teilte die Beklagte der Klägerin das Prüfergebnis nach § 8 S. 1 PrüfvV a. F. mit. Am 08.06.2017 rechnete sie ihren vermeintlichen Erstattungsanspruch aus dem Behandlungsfall des Versicherten in Höhe von 1.922,20 EUR mit dem zwischen den Beteiligten unstreitigen Vergütungsanspruch aus dem Behandlungsfall T auf.
Mit ihrer am 27.12.2017 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Zahlung von 1.922,20 EUR aus dem Behandlungsfall T sowie die Zahlung der Aufwandspauschale für die Prüfung des Aufenthaltes des Versicherten durch den MDK. Zur Begründung trägt sie vor, dass die stationäre Aufnahme des Versicherten im Rahmen einer Gesamtbetrach-tung seines Gesundheitszustandes, der Historie der bisherigen ambulanten Behandlung sowie der angestrebten Schmerzlinderung erforderlich gewesen sei. Ferner sei die Auf-rechnung bereits unwirksam, da die Mitteilung des vermeintlichen Erstattungsanspruchs aus dem Behandlungsfall des Versicherten nicht fristgerecht im Sinne der §§ 8 S. 3, 9 S. 1 PrüfvV a. F erfolgt sei.
Die Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.922,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.06.2017 zu zahlen,
2. für den Fall, dass der Antrag zu 1) begründet ist, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 300,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf das MDK-Gutachten. Auch sei die Mitteilung des Erstat-tungsanspruchs aus dem Behandlungsfall des Versicherten fristgerecht erfolgt bzw. ein mögliches Fristversäumnis unerheblich, da sich die Beteiligten seit April 2016 in diversen Gesprächen befunden hätten, welche auch den streitgegenständlichen Behandlungsfall des Versicherten umfasst hätten, sodass der Klägerin das Erstattungsbegehren bekannt gewe-sen sei. Es sei sogar Einvernehmen erzielt worden, dass bis zum Abschluss der Gesprä-che auf eine weitere Bearbeitung der Fälle im Sinne der PrüfvV verzichtet werde.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 03.09.2019 ist für die Beklagte niemand er-schienen. Die Bevollmächtigte der Klägerin hat auf Befragen des Vorsitzenden im Termin mitgeteilt, dass zwischen den Beteiligten tatsächlich in etlichen Parallelfällen Gespräche geführt worden seien. Der streitgegenständliche Behandlungsfall des Versicherten sei aber nicht Gegenstand der Gespräche gewesen. Vielmehr sei der Klägerin der vermeintliche Erstattungsanspruch erst mit Übermittlung des MDK-Gutachtens im Jahr 2017 überhaupt bekannt gewesen. Ein expliziter Verzicht auf die Frist der PrüfvV a. F. sei ebenfalls nicht erfolgt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Patientenakte des Versicherten sowie der Verwal-tungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entschei-dungsfindung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.
Die Kammer konnte trotz des Fernbleibens der Beklagten im Termin einseitig verhandeln und entscheiden, weil diese nach § 110 Abs. 1 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ordnungs-gemäß geladen wurde und sie bereits vorab ihr Einverständnis mit einer Entscheidung in ihrer Abwesenheit mitgeteilt hat.
Die als Sonderform der objektiven Klagehäufung erhobene Stufenklage ist nach § 202 S. 1 SGG i.V.m. § 254 der Zivilprozessordnung (ZPO) auch in der Sozialgerichtsbarkeit zulässig (vgl. Adams in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 56 SGG, Rn. 12).
Sowohl der Hauptantrag auf Vergütung der Krankenhausbehandlung der Versicherten als auch der Hilfsantrag, gerichtet auf die Zahlung der Aufwandspauschale, sind als echte Leis-tungsklagen im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG zulässig. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18.09.2008, Az.: B 3 KR 15/07 R, zit. nach juris).
Die Klage ist sowohl im Hinblick auf den Hauptantrag (hierzu 1.) als auch in Bezug auf den Hilfsantrag begründet (hierzu 2.).
1. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Vergütung des Behandlungsfalls der Versicherten zu. Die Forderung ist zur Überzeugung der Kammer nicht durch Aufrechnung erloschen.
Streitbefangen ist hier nicht mehr der Anspruch auf Zahlung des Behandlungsfalles des Versicherten, da diese Forderung von der Beklagten bereits nach Vorliegen der notwendi-gen Abrechnungsdaten vollständig beglichen wurde. In Streit steht aktuell, ob die Beklagte berechtigt war, am 20.06.2017 mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch aus diesem Behandlungsfall gegen die zwischen den Beteiligten unstreitige Vergütungsforde-rung der Klägerin aus dem stationären Krankenhausaufenthalt der Versicherten in Höhe der Klageforderung aufzurechnen. Eine solche Aufrechnung ist nach § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V i.V.m. §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich möglich, sofern ihr kein Auf-rechnungsverbot entgegensteht. So liegt der jedoch Fall hier.
Zur Überzeugung der Kammer ist der streitgegenständliche Vergütungsanspruch nicht durch Erfüllung im Rahmen der Aufrechnung erloschen, weil die von der Beklagten am 20.06.2017 erklärte Aufrechnung nicht den Anforderungen der PrüfvV a. F. genügt (hierzu a) und im Übrigen auch das Aufrechnungsverbot nach § 15 Abs. 4 S. 2 aus dem ab dem 01.01.1997 in Nordrhein-Westfalen geltenden Krankenhausbehandlungsvertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V vom 06.12.1996 (Sicherstellungsvertrag NRW) entgegensteht (hierzu b).
a) Entgegen der Auffassung der Beklagten steht ihr kein Recht zur Aufrechnung nach § 9 der PrüfvV a. F zu. Zwar findet die PrüfvV a. F. dem Grunde nach Anwendung, weil der vermeintliche Erstattungsanspruch mit der medizinischen Auffälligkeit einer primären Fehl-belegung begründet wird, jedoch sind die Voraussetzungen der §§ 8 S. 3, 9 S. 1 PrüfvV a. F. vorliegend nicht erfüllt. Gemäß § 8 S. 1 PrüfvV a. F. hat die Krankenkasse dem Krankenhaus ihre abschließende Entscheidung zur Wirtschaftlichkeit der Leistung oder zur Korrektur der Abrechnung und den daraus folgenden Erstattungsanspruch mitzuteilen. Dabei hat sie, wenn die Leistung nicht in vollem Umfange wirtschaftlich oder die Abrechnung nicht korrekt war, die wesentli-chen Gründe darzulegen (§ 8 S. 2 PrüfvV a. F.). Aus § 9 S. 1 PrüfvV a. F. folgt, dass eine wirksame Aufrechnung mit einem vermeintlichen Erstattungsanspruch dessen fristgerechte Mitteilung erfordert. Ein Erstattungsanspruch ist nach § 8 S. 3 PrüfvV a. F. fristgerecht mit-geteilt, wenn die Mitteilungen nach § 8 S. 1 und S. 2 PrüfvV a. F. innerhalb von 9 Monaten nach Übermittlung der Prüfanzeige nach § 6 Abs. 3 PrüfvV a. F. erfolgen.
Diese Voraussetzungen sind zur Überzeugung der Kammer nicht erfüllt. Ausgehend von der Übermittlung der Prüfanzeige nach § 6 Abs. 3 PrüfvV a. F. am 22.04.2016 teilte die Beklagte der Klägerin den vermeintlichen Erstattungsanspruch aus dem Behandlungsfall des Versicherten mit Schreiben vom 28.04.2017 und damit erkennbar außerhalb der Neun-Monats-Frist des § 8 S. 3 PrüfvV a. F. mit.
Sofern die Beklagte vorträgt, dass der Erstattungsanspruch bereits früher mitgeteilt worden sei bzw. die Beteiligten die Fristen der PrüfvV a. F. individualvertraglich abbedungen hät-ten, verfängt dies nicht. Zum einen fehlen objektivierbare Nachweise für eine frühere frist-gerechte Mitteilung und zum anderen hat die Klägerin der Darstellung der Beklagten im Hinblick auf den Ausschluss der Frist der PrüfvV a. F. im Rahmen der außergerichtlichen Vergleichsgespräche widersprochen. In Ermangelung eines substantiierten Vortrages ist für die Kammer auch nicht erkennbar, dass – wenn tatsächlich eine frühere Mitteilung des Er-stattungsanspruchs erfolgt wäre – die Beklagte der Klägerin auch die wesentlichen Gründe, warum die Leistung nicht in vollem Umfange wirtschaftlich oder die Abrechnung nicht kor-rekt gewesen sein soll, gemäß § 8 S. 3 PrüfvV a. F. dargelegt hat. Nach Auffassung der Kammer setzt eine ordnungsgemäße Aufrechnung nach § 9 S. 1 PrüfvV a. F. aber auch die fristgerechte und ausreichende Darlegung der wesentlichen Gründe für die Geltendma-chung eines Erstattungsanspruchs voraus. Im Übrigen lässt es die Kammer unter Bezug-nahme auf § 2 Abs. 2 PrüfvV a. F. offen, ob die Beteiligten überhaupt individualvertraglich von den Fristen der PrüfvV a. F. abweichen dürfen.
b) Der Aufrechnung steht zudem das Aufrechnungsverbot nach § 15 Abs. 4 S.1 Sicherstel-lungsvertrag NRW entgegen. Danach können Beanstandungen rechnerischer oder sachli-cher Art auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht werden. Bei Beanstandungen rechnerischer Art sowie nach Rücknahme der Kostenzusage und falls eine Abrechnung auf vom Krankenhaus zu vertretenden unzutreffenden Angaben beruht, können überzahlte Beträge verrechnet werden (Satz 2).
Ausdrücklich enthält der Vertrag zwar kein Aufrechnungsverbot, aber aus § 15 Abs. 4 S. 2 Sicherstellungsvertrag NRW lässt sich der Schluss ziehen, dass eine Verrechnung nur zu-lässig ist bei Beanstandungen rechnerischer Art sowie nach Rücknahme der Kostenzusage oder falls eine Abrechnung auf vom Krankenhaus zu vertretenden unzutreffenden Angaben beruht. Dies ergibt sich aus systematischer Betrachtung von Satz 1 zu Satz 2 von § 15 Abs. 4 Sicherstellungsvertrag NRW, da die Möglichkeit zur Verrechnung abweichend von Satz 1 in Satz 2 nur für Beanstandungen rechnerischer Art eingeräumt wird. In ständiger Rechtsprechung ist das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) daher zu dem Ergebnis gelangt, dass im Umkehrschluss in sonstigen Fällen die Verrechnung unzu-lässig ist (vgl. LSG NRW, Urteil vom 27.03.2003, Az.: L 5 KR 141/01, Rn. 21; LSG NRW, Urteil vom 03.06.2003, Az.: L 5 KR 205/02 und LSG NRW, Urteil vom 24.05.2012, Az.: L 16 KR 8/09, zit. nach juris). Dieser Rechtsprechung schließt sich die Kammer weiterhin ausdrücklich an.
Demnach verstößt die von der Beklagten vorgenommene Aufrechnung gegen das landes-vertragliche Aufrechnungsverbot. Eine Beanstandung rechnerischer Art bzw. eine Rück-nahme einer Kostenzusage liegt dem Rückforderungsanspruch der Beklagten nicht zugrun-de. Den zur Aufrechnung herangezogenen Erstattungsanspruch begründet sie weder mit einem Rechenfehler noch mit einer Kostenzusage, welche auf unzutreffenden Angaben der Klägerin beruht, sondern allein mit einer vermeintlichen primären Fehlbelegung. Ein ver-meintlicher Erstattungsanspruch aus einer medizinischen Auffälligkeitsprüfung ist aber ge-rade von § 15 Abs. 4 S. 2 Sicherstellungsvertrag NRW nicht umfasst, sondern vertraglich ausgeschlossen.
Da die Aufrechnung der Beklagten den Vorschriften der PrüfvV a. F. nicht entspricht und ihr im Übrigen das aus dem Sicherstellungsvertrag NRW abgeleitete Aufrechnungsverbot ent-gegensteht, bedarf es keiner Entscheidung der Kammer, ob die Anwendung des Sicherstel-lungsvertrages NRW nicht bereits ohnehin durch § 11 S. 1 PrüfvV a. F. ausgeschlossen ist oder aber als ergänzende Regelung im Sinne des § 11 S. 2 PrüfvV a. F weiterhin auch ne-ben der PrüfvV a. F. Anwendung finden kann.
Der Zinsanspruch folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 15 Abs. 1 Sicherstel-lungsvertrag NRW (vgl. BSG, Urteil vom 12.07.2012, Az.: B 3 KR 18/11 R, Rn. 31, zit. nach juris). Durch die am 20.06.2017 erklärte Aufrechnung ist am 21.06.2017 Verzug ein-getreten gem. § 15 Abs. 1 S. 4 Sicherstellungsvertrag NRW i.V.m. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB, welcher ab dem 21.06.2017 in der beantragten Höhe nach §§ 288 Abs. 1 S. 1, 187 Abs. 1 BGB und § 15 Abs. 1 S. 3 Sicherstellungsvertrag zu verzinsen ist.
2. Der Klägerin steht auch ein Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale für die Prü-fung des Behandlungsfalls des Versicherten in Höhe von 300,00 EUR zu. Anspruchsgrund-lage ist § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V, dessen Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind.
Nach § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwands-pauschale in Höhe von 300 Euro zu entrichten, falls die Prüfung nach § 275 Abs. 1 SGB V nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt. Nach der Vorschrift ist eine Auf-wandspauschale zu zahlen, wenn eine gezielte Beauftragung des MDK mit der Prüfung vorliegt, dem Krankenhaus ein tatsächlicher Aufwand entstanden ist, eine Minderung des Rechnungsbetrages aufgrund der Prüfung nicht erfolgt ist und das Krankenhaus im Übrigen keine Veranlassung für das Prüfverfahren gegeben hat (BSG, Urteil vom 22.06.2010, Az.: B 1 KR 1/10 R; BSG, Urteil vom 28.11.2013, Az.: B 3 KR 4/13 R, zit. nach juris).
Unstreitig hat zwar eine Prüfung durch den MDK stattgefunden, wonach die Abrechnung aufgrund einer primären Fehlbelegung fehlerhaft sei, jedoch ist es aufgrund der vorbehalt-losen Zahlung der Vergütung sowie aufgrund der Unzulässigkeit der Aufrechnung (vgl. 1.) tatsächlich zu keiner Minderung des Rechnungsbetrages gekommen. Daher ist die Beklag-te dem Grunde nach verpflichtet, der Klägerin eine Aufwandspauschale zu zahlen, da es unerheblich ist, dass nach einer allein durch den MDK festgestellten und dann weiter nicht objektivierbaren Fehlabrechnung eine Minderung der Abrechnung zu erfolgen habe. Schließlich hat die Prüfung auch einen Aufwand für die Klägerin verursacht (so auch LSG NRW, Urteil vom 13.02.2014, Az.: L 5 KR 530/12, Rn. 28, zit. nach juris; dies bestätigend BSG, Urteil vom 23.06.2015, Az.: B 1 KR 24/14 R, zit. nach juris).
Die Klägerin hat auch keine Veranlassung zur Beauftragung des MDK gegeben. Eine sol-che Konstellation ist nur dann gegeben, wenn die Prüfung durch eine nachweislich fehler-hafte Abrechnung des Krankenhauses veranlasst wurde (BSG, Urteil vom 22.06.2010, Az.: B 1 KR 1/10 R; BSG, Rn. 18, zit. nach juris). Die damit allenfalls im Ausnahmefall gegebene Möglichkeit der Einschränkung des § 275 Abs. 1 S. 3 SGB V ist von dem Willen des Gesetzgebers getragen, die Abrechnungsstrei-tigkeiten nicht in die Prüfung der Voraussetzungen der Aufwandspauschale zu verlagern. Denn mit der Regelung des § 275 Abs. 1c SGB V sollte die Prüfungstätigkeit der Kranken-kassen eingeschränkt werden. Daher sollte für den Fall einer Prüfung ohne Rechnungskür-zung eine einfache Regelung zur pauschalen Abgeltung des dem Krankenhaus entstande-nen Aufwandes getroffen werden, die zugleich eine abschreckende Wirkung auf die Kran-kenkasse haben sollte. Eine Einzelfallgerechtigkeit wurde nicht angestrebt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 28.11.2013, Az.: B 3 KR 4/13 R, Rn. 20, zit. nach juris; BT-Drucks. 16/3100, S. 171). Ein solcher Ausnahmefall besteht zur Überzeugung der Kammer nicht.
Das Vorliegen einer fehlerhaften Abrechnung unter dem Gesichtspunkt einer primären Fehlbelegung, welche nach Auffassung der Beklagten unter Berufung auf das Gutachten des MDK vorliegen soll, ist zwischen den Beteiligten weder unstreitig noch seitens der Be-klagten nachgewiesen. So könnten allein die Vielzahl der durchgeführten Maßnahmen in einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum mit einer hohen Therapiedichte sowie der individu-elle Gesundheitszustand des Versicherten mit einem VAS von 9 durchaus die Erforderlich-keit der stationären Behandlung begründen. Ohne Einschaltung eines medizinischen Sach-verständigen ist daher vorliegend nicht zu klären, ob die stationäre Krankenhausbehand-lung des Versicherten medizinisch erforderlich war. Eine Veranlassung zur Prüfung durch die Klägerin ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich.
Im Hinblick auf den nach Sinn und Zweck des Gesetzes eng zu begrenzenden Ausnahme-fall einer Einschränkung der Pflicht zur Entrichtung der Aufwandspauschale bei einer un-streitig oder nachweislich fehlerhaften Abrechnung, besteht zur Überzeugung der Kammer im Falle des Streits über das Vorliegen einer primären Fehlbelegung, welche im konkreten Fall weder zur einer tatsächlichen Rückforderung noch zu einer Minderung mangels Vorlie-gen einer ordnungsgemäßen Aufrechnung geführt hat, keine weitergehende Aufklärungs-pflicht für das Gericht. Insofern überträgt die Kammer die Ausführungen des BSG, nach denen es geradezu widersinnig wäre, zu der Frage, ob ein Anspruch auf Zahlung der Auf-wandspauschale besteht, aufwändige Ermittlungen im Hinblick auf die Fehlerhaftigkeit einer Kodierung durchzuführen, wenn feststeht, dass der Abrechnungsbetrag unvermindert bleibt (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2013, Az.: B 3 KR 4/13 R, Rn. 20, zit. nach juris), auch auf den Fall einer primären Fehlbelegung, welche nicht nachgewiesen ist und tatsächlich zu keiner Mindervergütung zwischen den Beteiligten geführt hat. Der entstehende Aufwand und die zu erwartenden Kosten stünden andernfalls in keinem Verhältnis zu der geringen Höhe der Aufwandspauschale. Die Kammer sieht sich in diesem Ergebnis auch durch die gesetzliche Neuregelungen in den §§ 109 Abs. 5 S. 2, 325 SGB V bestärkt, da es den Krankenkassen nunmehr kraft Gesetzes verwehrt sein soll, Rückforde-rungen, die vor dem 01.01.2017 entstanden sind, gerichtlich geltend zu machen bzw. von den Krankenhäusern gegen derartige Forderungen die Einrede der Verjährung erhoben werden kann.
Der Anspruch auf Prozesszinsen in der beantragten Höhe folgt aus § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V i.V.m. §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 94 SGG und ist auch der Höhe nach berech-tigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197 a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und trägt dem vollumfänglichen Unterliegen der Be-klagten Rechnung.
In dem Klageverfahren gehören weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen. Damit werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostenge-setzes (GKG) erhoben (§ 197 a Abs. 1 S. 1 SGG). Der Streitwert im Sinne des § 63 Abs. 2 GKG ist nach der sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden Bedeutung der Sa-che nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Betrifft der Klageantrag eine bezif-ferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßge-bend (§ 52 Abs. 3 GKG). Nach § 45 Abs. 1 S. 2 GKG wird ein hilfsweise geltend gemach-ter Anspruch mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht.
Unter Beachtung dieser Grundsätze war der Streitwert auf die Summe des im Rahmen der objektiven Klagehäufung geltend gemachten Haupt- und Hilfsantrages in Höhe von 2.222,20 EUR festzusetzen, da die Kammer über beide Anträge entschieden hat.
Erstellt am: 17.10.2019
Zuletzt verändert am: 17.10.2019