Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 11.8.2014 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 1.689,10 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Vergütung von Krankenhausleistungen, konkret um die Auswirkungen des ruhenden Leistungsanspruchs eines beitragssäumigen Versicherten gegenüber der Krankenkasse auf das zwischen Krankenhaus und Krankenkasse bestehende Abrechnungsverhältnis.
Der Beigeladene ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Mit unter demselben Datum versandtem Bescheid vom 28.5.2008 stellte die Beklagte nach vorausgegangener Mahnung (vgl. Schreiben vom 16.4.2008) das Ruhen des Leistungsanspruchs des Beigeladenen mit Wirkung ab dem 29.5.2008 wegen rückständiger Beiträge für zwei Monate fest.
In der Zeit vom 12.1.2009 bis 16.1.2009 befand sich der Beigeladene in stationärer Behandlung im Knappschaftsklinikum T GmbH – einem Eigenbetrieb der Klägerin – zum Zwecke einer geplanten Nasenkorrektur aufgrund chronischer Sinusitis. Anlässlich dieses Aufenthaltes entstanden Krankenhauskosten in Höhe von EUR 1.689,10, die die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 4.3.2009 in Rechnung stellte. Die Beklagte lehnte die Begleichung unter Verweis auf das Ruhen des Leistungsanspruchs des Beigeladenen ab.
Ab dem 8.5.2009 bezog der Beigeladene Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Mit Schreiben vom 12.1.2011 schrieb die Klägerin die Beklagte an, dass sie die Begleichung der Rechnung bisher wegen des Ruhens des Anspruchs abgelehnt habe. Nunmehr habe der Beigeladene jedoch mitgeteilt, dass er die Beiträge teilweise zurückgezahlt habe. Sie bitte um Übersendung einer schriftlichen Aufstellung der Zeiträume mit Krankenversicherungsschutz unter Kennzeichnung des Ruhenszeitraumes. An die Beantwortung dieses Schreibens erinnerte die Klägerin unter dem 29.3.2011.
Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 11.4.2011, dass das Leistungsruhen aufgrund von § 16 Abs. 3a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) am 29.5.2008 eingesetzt habe. Es sei zwar richtig, dass die Beitragsrückstände mittlerweile teilweise beglichen seien. Dies löse jedoch keine rückwirkende Auflösung des Ruhens aus. Da die stationäre Behandlung innerhalb dieses Zeitraums liege, sei eine Übernahme der Behandlungskosten nicht möglich.
Die Klägerin entgegnete mit Schreiben vom 21.11.2011, dass sie die Auffassung teile, dass eine teilweise Begleichung von Beitragsrückständen das Ruhen nicht rückwirkend entfallen lassen könnte. Dies gelte allerdings nur im Verhältnis zum Versicherten, ihr eigener Vergütungsanspruch bliebe davon unberührt.
Nach einer weiteren erfolglosen Zahlungsaufforderung hat die Klägerin ihr Anliegen mit ihrer am 13.6.2012 vor dem Sozialgericht Dortmund (SG) erhobenen Klage verfolgt: Zu unterscheiden sei zwischen dem Abrechnungsverhältnis, das die Beziehung der Krankenkasse zum Leistungserbringer betreffe, und dem Versicherungsverhältnis, das die Beziehung zwischen der Krankenkasse und dem Versicherten regle. Das Abrechnungsverhältnis bliebe von den Wirkungen des § 16 Abs. 3a SGB V unberührt, da diese Vorschrift allein eine Sanktionierung des Versicherten bezwecke. Die Zahlung der Krankenhauskosten entbinde diesen schließlich nicht von seinen rückständigen Beiträgen. Im Übrigen bewirke das Ruhen nur eine Hemmung der Leistungspflicht der Krankenkasse. Zu beachten sei schließlich, dass die Beklagte auf ihre Aufnahmeanzeige erst nach der Entlassung des Beigeladenen reagiert habe; auch sei die Versichertenkarte nicht eingezogen worden, so dass der fehlende Versicherungsschutz für sie nicht erkennbar gewesen sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 1.689,10 zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, es bestehe ein Leistungsausschluss aufgrund des ruhenden Leistungsanspruchs, da der Vergütungsanspruch des Krankenhauses hiermit korrespondiere und nicht über diesen hinausgehen könne. Durch Bescheid vom 28.5.2008 sei der Leistungsanspruch des Beigeladenen ab dem 29.5.2008 auf Akutbehandlungen und die im Gesetz benannten – nicht einschlägigen – Sonderfälle beschränkt worden. Das Ruhen sei erst zum 8.5.2009 beendet worden durch den Beginn des Bezuges von Arbeitslosengeld II. Nähme man eine Leistungspflicht der Krankenkasse an, würde der Zweck des § 16 Abs. 3a SGB V, den Beitragsrückstand für den Versicherten zu sanktionieren, gerade vereitelt; der Versicherte hätte keine Nachteile. Zu beachten sei auch, dass es sich bei § 16 Abs. 3a SGB V um eine Folgeänderung zur Einführung einer Versicherungspflicht für Personen handele – die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V) – und des damit zusammenhängenden Wegfalls der Regelung über das Ende der Mitgliedschaft freiwillig Versicherter bei Nichtzahlung von Beiträgen.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 11.8.2014 hat das SG die Klage abgewiesen: Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiere mit dem Krankenbehandlungsanspruch des Versicherten. Im Falle des Beigeladenen seien indes die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zur Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erfüllt gewesen, da sein Anspruch nach § 16 Abs. 3a SGB V geruht habe. Folge sei gewesen, dass erstattungsfähig lediglich Behandlungen akuter Erkrankungen und Schmerzzustände gewesen seien, nicht jedoch die durchgeführte, geplante Nasen-OP wegen chronischer Sinusitis.
Die Klägerin hat gegen das Urteil am 24.9.2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, dass sich das SG nicht mit ihrer Argumentation auseinandergesetzt habe. Zwar folge der Vergütungsanspruch des Krankenhauses regelmäßig dem Behandlungsanspruch des Versicherten, dennoch sei zwischen dem Abrechnungs- und dem Versicherungsverhältnis zu abstrahieren. Das Ruhen des Leistungsanspruchs des Versicherten könne nicht auf das Abrechnungsverhältnis durchschlagen. So habe das Bundessozialgericht (BSG) bereits mit Urteil vom 11.4.2002 (Aktenzeichen: B 3 KR 24/01) entschieden, dass auch die bestandskräftige Ablehnung einer Leistungen gegenüber dem Versicherten dem Vergütungsanspruch des Krankenhauses nicht entgegenstehe. Desgleichen folge aus Sinn und Zweck des § 16 Abs. 3a SGB V, der eine Sanktionierung des Versicherten für den Beitragsrückstand beinhalte. Eine Verlagerung des Schadens auf den Leistungserbringer sei hingegen nicht gewollt. Darüber hinaus bestreite sie die ordnungsgemäße Zustellung des das Ruhen des Leistungsanspruchs feststellenden Bescheides und damit seine Bestandskraft.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Dortmund vom 11.8.2014 abzuändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, das erstinstanzliche Urteil sei in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Aus der von Klägerseite angeführten höchstrichterlichen Entscheidung ergebe sich nichts anderes, da das BSG auch hier klargestellt habe, dass bei der Krankenhausaufnahme die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen müssten, was bei dem Beigeladenen gerade nicht der Fall gewesen sei. Das Ruhen des Leistungsanspruches trete kraft Gesetzes ein, ein entsprechender Verwaltungsakt habe daher nur deklaratorischen Charakter. Im Übrigen würden Verwaltungsakte am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post nach § 37 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) als zugestellt gelten. Anhaltspunkte dafür, dass der Bescheid vom 28.5.2008 dem Beigeladenen nicht zugegangen sei, lägen nicht vor und würden von diesem auch nicht geltend gemacht.
Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung hat sich der Beitragsrückstand des Beigeladenen nach Anwendung der Regelungen des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung noch auf EUR 23,00 belaufen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
Zu Recht hat das SG die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Vergütung von Krankenhauskosten in Höhe von EUR 1.689,10 aus der stationären Behandlung des Beigeladenen in der Zeit vom 12.1.2009 bis 16.1.2009.
Rechtsgrundlage des – zulässig mit der echten Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) – verfolgten Begehrens ist § 109 Abs. 4 SGB V i.V.m. dem Saarländischen Landesvertrag nach § 112 Abs. 1 SGB V zu § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V vom 19.11.1999. Danach ist das Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrages zur Krankenhausbehandlung des Versicherten als Sachleistung im Sinne von § 39 SGB V verpflichtet.
Diese Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung sind unstreitig erfüllt. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung, wie hier, in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und – was zwischen den Beteiligten im Einzelnen nicht umstritten ist – im Sinne von § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (st. Rsprg. des BSG, vgl. zuletzt Urteil vom 21.4.2015, B 1 KR 9/15 R, Rn. 9 m.w.N., juris). Daraus folgt zugleich, dass es auf die nach Auffassung der Klägerin (ver)späte(te) Reaktion der Beklagten auf die Anzeige der stationären Aufnahme des Beigeladenen nicht ankommt.
Die Geltendmachung des dem Grunde nach bestehenden Vergütungsanspruchs wird jedoch aufgrund des Ruhens des Leistungsanspruchs des Beigeladenen im strittigen Zeitraum nach Maßgabe von § 16 Abs. 3a SGB V dauerhaft ausgeschlossen.
Nach dieser Vorschrift ruht der Anspruch auf Leistungen für nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) Versicherte, die mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind und trotz Mahnung nicht zahlen, nach näherer Bestimmung des § 16 Abs. 2 KSVG (S. 1). Satz 1 gilt entsprechend auch für nach dem SGB V Versicherte, die mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind und trotz Mahnung nicht zahlen, ausgenommen sind Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§ 25 und 26 und Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Mutterschaft und Schwangerschaft erforderlich sind; das Ruhen endet, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind oder wenn der Versicherte hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches wird (S. 2).
Im Versicherungsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Beigeladenen liegen diese Voraussetzungen aufgrund der mit Bescheid vom 28.5.2008 mit Wirkung ab dem 29.5.2008 festgestellten Beitragsrückstände des Beigeladenen für mehr als zwei Monate insoweit vor, als dessen Anspruch auf Vergütung der Krankenhausbehandlung ruhte. Die operativ durchgeführte Nasenkorrektur stellt auch (unstreitig) keine der gesetzlich normierten Sonderbehandlungen dar, auf die trotz des Ruhens ausnahmsweise ein Anspruch bestand.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Ruhen im Verhältnis zum Beigeladenen nicht bestandskräftig festgestellt sei. Ob die entsprechende Anwendung des § 16 Abs. 3a S. 1 SGB V für nach dem SGB V Versicherte auch den Verweis auf § 16 Abs. 2 KSVG erfasst, der unter anderem die Modalitäten der Mahnung und das Erfordernis der ausdrücklichen Feststellung des Ruhens durch die Versicherung regelt, oder aber das Ruhen – wie bei den übrigen Tatbeständen des § 16 SGB V – bereits kraft Gesetzes eintritt, ist nicht eindeutig. Die Gesetzesbegründung geht zwar davon aus, dass über § 16 Abs. 3a S. 1 SGB V auf § 16 Abs. 2 KSVG in Bezug genommen wird (BT-Drs. 16/4247, S. 31), spricht dabei aber die bereits in § 16 Abs. 3a S. 2, Halbsatz 2 SGB V selbst getroffene Regelung zum Ende des Ruhens bei vollständiger Beitragszahlung an, die – wie auch die gesonderte Regelung über die Mahnung in Halbsatz 1 – entbehrlich wäre, wenn auch § 16 Abs. 2 KVSG entsprechend geltend würde. Dies spricht dafür, dass § 16 Abs. 2 KSVG und damit auch das Erfordernis der förmlichen Feststellung des Ruhens der Leistung durch Verwaltungsakt nicht anzuwenden sind (vgl. Wagner in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 16 Rn. 27). Der Senat braucht dies indes nicht abschließend zu entscheiden, da ein bindender Ruhensbescheid vorliegt. Zur Überzeugung des Senates steht fest, dass der Bescheid vom 28.5.2008 dem Beigeladenen bekanntgegeben wurde. Der Verwaltungsakte der Beklagten lässt sich – insofern auch noch unstreitig – entnehmen, dass der Bescheid am 28.5.2008 an den Beigeladenen versandt wurde. Er gilt damit aber am 31.5.2008 als zugegangen. Ein Verwaltungsakt, der im Inland durch gewöhnlichen Brief übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben (§ 37 Abs. 2 SGB X). Der Tag, an dem der Brief zur Post gegeben wurde, ist dabei nach der gemäß § 26 Abs. 1 SGB X für Fristen geltenden Vorschrift des § 187 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht mitzuzählen. Auch die Tatsache, dass der 31.5.2008 auf einen Samstag fiel, ist für die gesetzliche Fiktion des § 37 Abs. 2 SGB X ohne Bedeutung, weil sie keine Beschränkung des Fristendes auf Werktage enthält (vgl. BSG, Urteil vom 6.5.2010, B 14 AS 12/09 R, Rn. 11 ff. m.w.N., juris). Da auch keine Anhaltspunkte vorliegen und auch nicht einmal die Klägerin behauptet, dass der Beigeladene gegen den Ruhensbescheid vorgegangen wäre – er hat sich im Gegenteil auf eine Regelung zu seiner Beitragsschuldenentlastung eingelassen – steht für den Senat ebenfalls fest, dass seine Regelungen bindend geworden sind, zumal Widerspruch und Anfechtungsklage ohnehin keine aufschiebende Wirkung gehabt hätten (vgl. § 16 Abs. 2 S. 4 KSVG), so dass dem Ruhensbescheid unmittelbar Tatbestandswirkung zukam (vgl. hierzu: Wagner, a.a.O., Rn. 30 m.w.N.).
Zur Überzeugung des Senates schlägt diese Tatbestandswirkung auch auf das Abrechnungsverhältnis zwischen der Klägerin als Träger des behandelnden Krankenhauses und der Beklagten als der zuständigen Krankenkasse durch. Dafür spricht bereits, dass sich weder aus der Norm des § 16 Abs. 3a SGB V noch aus der Gesetzesbegründung eine Einschränkung des Ruhenstatbestandes entnehmen lässt. Der Senat verkennt nicht, dass damit das Insolvenzrisiko des zu behandelnden Versicherten auf das Krankenhaus abgewälzt wird, was als unbillige Gesetzesnebenfolge erscheinen mag. Bei einer anderen Sichtweise würde die Krankenkasse jedoch entgegen dem ausdrücklichen Gesetzeszweck, dem Versicherten spürbare Konsequenzen für seinen Zahlungsrückstand aufzuerlegen (vgl. BT-Drs. 16/4247, S. 31), doch wieder als "Ausfallbürge" fungieren; diese Konsequenz ist aus vorrangigen Gründen des Schutzes der Versichertengemeinschaft (vgl. BT-Drs. 16/12103, S. 2) nicht hinnehmbar, während das Krankenhaus es – von den Fällen einer Behandlungspflicht, die aber im Wesentlichen ohnehin von dem trotz des Ruhens bestehenden Behandlungsanspruch in Sonderfällen gedeckt sein dürfte – selbst in der Hand hat, die Kostenübernahme seiner Patienten insbesondere vor einer geplanten Behandlung sicherzustellen und damit das Insolvenzrisiko zu minimieren. Bei einer Kostenübernahmeverweigerung durch die Krankenkasse hat das Krankenhaus die Möglichkeit, den Patienten noch selbst zu Übernahme der Kosten zu verpflichten oder aber bei seinem finanziellen Unvermögen den Behandlungsfall dem Sozialamt anzuzeigen (vgl. BSG, Urteil vom 12.11.2003, B 3 KR 1/03 R, Rn. 27, juris).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Urteilen des BSG vom 11.4.2002 (B 3 KR 24/01 R, juris) und 17.5.2000 (B 3 KR 33/99 R, juris), in denen festgestellt wurde, dass der Krankenhausträger an eine bindende Ablehnung der Kostenübernahme gegenüber dem Versicherten mangels Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit qua Verwaltungsakt (selbst wenn er ihm gegenüber bekannt gegeben war) nicht gebunden ist. Soweit die höchstrichterliche Rechtsprechung dies damit begründet, dass einer Ausstrahlung der Bindungswirkung des Verwaltungsaktes auf das Abrechnungsverhältnis entgegenstehe, dass das Krankenhaus am Subordinationsverhältnis zwischen Krankenkasse und Versicherten selbst nicht beteiligt sei (Urteil vom 17.5.2000, a.a.O., Rn. 16; Urteil vom 11.4.2002, a.a.O., Rn. 24), lässt sich dies nicht als allgemeingültige These auf die hiesige Konstellation übertragen. Die Schlussfolgerung des BSG ist vielmehr in dem Lichte zu werten, dass in den zugrundeliegenden und insoweit nicht vergleichbaren Fällen im Zeitpunkt der Krankenhausaufnahme objektiv ein Leistungsanspruch des Versicherten bestand, so dass ein Durchschlagen der Kostenablehnung auf das Abrechnungsverhältnis der objektiven Rechtslage widersprochen hätte. Vorliegend bestand indes bereits im Verhältnis des Versicherten gegenüber der Krankenkasse objektiv kein Leistungsanspruch, weil der Leistungsanspruch als solcher (aufgrund eines gesetzlichen Tatbestandes) ausgesetzt war. Auf diesen Leistungsanspruch im Versicherungsverhältnis verzichtet indes auch das BSG nicht, wenn es ausdrücklich verlangt, dass bei dem Versicherten zum Zeitpunkt der Aufnahme in das Krankenhaus die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung vorliegen müssen (Urteil vom 17.5.2000, a.a.O., Rn. 16; Urteil vom 11.4.2002, a.a.O., Rn. 24). Daher ist es bei objektiv ruhendem Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur konsequent, wenn es bei dem allgemeinen krankenversicherungsrechtlichen Grundsatz bleibt, dass der Vergütungsanspruch des Krankenhauses mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenbehandlung korrespondiert (st. Rsprg. des BSG, zuletzt Urteil vom 1.7.2014, B 1 KR 1/13 R, Rn. 13 m.w.N., juris). Denn unabhängig davon, dass sich nur so die hinter § 16 Abs. 3a SGB V stehende gesetzgeberische Sanktionierungsintention durchsetzen lässt, ist zu beachten, dass sich die Pflicht der Krankenkassen, die Leistungen der Krankenhäuser unmittelbar zu vergüten nach der Gesetzeskonzeption nur damit begründen lässt, dass die Krankenhäuser mit ihren Leistungen die Leistungspflicht der Krankenkassen gegenüber dem Versicherten erfüllen. Daraus folgt jedoch, dass die Krankenkassen nicht alle Forderungen von Krankenhäusern ungeprüft zu begleichen haben. Vielmehr beschränkt sich die Vergütungspflicht nach Regelungssystem und -zweck auf objektiv rechtmäßig erbrachte (sowie sachlich und rechnerisch richtig abgerechnete) Leistungen.
Auch der Einwand der Klägerin, das behandelnde Krankenhaus habe der Versichertenkarte des Beigeladenen das Ruhen seines Leistungsanspruchs nicht entnehmen können, vermag an der Tatbestandswirkung des ruhenden Leistungsanspruchs nichts zu ändern. Ein derartiges Vertrauen ist bereits nicht schutzwürdig. Zum einen ist die Krankenkasse weder verpflichtet, die Versichertenkarte im Falle des Ruhens einzuziehen (arg. e. § 291 Abs. 4 S. 1 – "bei Beendigung des Versicherungsschutzes") noch auch nur das Ruhen des Leistungsanspruchs auf der Krankenversichertenkarte elektronisch zu vermerken (arg. e. § 291 Abs. 2a S. 3 "kann"). Zum anderen ist die Versichertenkarte als Versicherungsnachweis bei stationärer Krankenhausbehandlung nicht vorgesehen: § 15 Abs. 2 SGB V gilt nur für die ambulante Behandlung und § 291 Abs. 1 S. 3 SGB V erlaubt eine Verwendung der Krankenversichertenkarte insbesondere zu Zwecken der Datenverarbeitung nur im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung sowie für die Abrechnung mit den sonstigen Leistungserbringern (vgl. BSG, Urteil vom 12.11.2003, a.a.O., Rn. 25, juris).
Das Ruhen des Behandlungsanspruchs des Beigeladenen führt dazu, dass der auf dessen stationäre Behandlung in der Zeit vom 12.1.2009 bis 16.1.2009 bezogene Vergütungsanspruch – dauerhaft und insoweit endgültig – nicht verwirklicht werden kann (vgl. Blöcher in: jurisPK-SGB V, 2. Auflage 2012, § 16 Rn. 12). Denn das Ruhen des Leistungsanspruchs ist erst durch Eintritt der Hilfebedürftigkeit des Beigeladenen im Sinne des SGB II zum 8.5.2009 beendet worden. Erst ab diesem Zeitpunkt hatte er wieder einen unbeschränkten Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten; für die hier streitige Vergangenheit blieb es hingegen bei dem Leistungsausschluss (§ 16 Abs. 3a S. 2, 2 Halbsatz SGB V). Welche Auswirkungen eine Begleichung des Beitragsrückstandes auf das Abrechnungsverhältnis hat und ob die gesetzliche Anordnung des Auflebens des Leistungsanspruchs mit Wirkung für die Zukunft in diesem Fall im Abrechnungsverhältnis in Ermangelung eines Schadens bei der Krankenkasse qua teleologischer Reduktion auch zur Realisierbarkeit eines in die Zeit des Ruhens fallenden Vergütungsanspruchs führen muss, kann der Senat offen lassen. Es ist unstreitig, dass der Beigeladene seine Beitragsschulden zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht vollständig beglichen hatte. Nach § 16 Abs. 3a S. 2, 2 Halbsatz SGB V kommt eine Beendigung des Ruhens indes nur in Betracht, wenn "alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind".
Die Kostentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Revision ist gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG aufgrund grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, da die Auswirkungen von § 16 Abs.3a SGB V auf den Vergütungsanspruch des in der Ruhenszeit behandelnden Krankenhauses bisher höchstrichterlich nicht geklärt sind.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren ist gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1, Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in Höhe der begehrten Behandlungskosten festzusetzen.
Erstellt am: 07.07.2015
Zuletzt verändert am: 07.07.2015