Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 31.03.2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für eine selbst durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer in Israel.
Die 1949 geborene Klägerin leidet seit 1994 an einer ausgeprägten Psoriasis vulgaris (Schuppenflechte), wegen der ihr die Beklagte von 1997 – 1999 einmal jährlich mehrwöchige stationäre Rehabilitationsmaßnahmen am Toten Meer gewährt hat.
Am 22.12.1999 beantragte die Klägerin durch den damals behandelnden Facharzt für Hautkrankheiten Dr. X die erneute Gewährung einer Behandlungsmaßnahme am Toten Meer. Dr. X gab an, trotz Ausschöpfen aller Behandlungsmöglichkeiten sei es zur Verschlechterung der Hautkrankheit gekommen, so dass eine erneute Rehabilitationsmaßnahme erforderlich sei. In einem Bericht über die bisherige Behandlung vom 21.02.2000 teilte er mit, die Klägerin habe sich im Januar 2000 im Klinikum N vorgestellt, dort sei eine immunsupressive Therapie vorgeschlagen worden. Nach Befragen des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 09.03.2000 mit, dass zunächst der Behandlungserfolg der immunsupressiven Therapie abgewartet werden müsse; die beantragte Maßnahme am Toten Meer könne nicht gewährt werden. In einem Telefonat am gleichen Tag wies die Klägerin darauf hin, dass ihr behandelnder Arzt die Verordnung des vorgeschlagenen Medikaments wegen der Nebenwirkungen ablehne; sie werde noch entsprechende Unterlagen beibringen. Nach Übersendung der Unterlagen holte die Beklagte eine weitere Stellungnahme des MDK ein. Dr. L wies in der Stellungnahme vom 22.03.2000 darauf hin, die von der Hautklinik vorgeschlagene Therapie sei bei schweren Formen der Psoriasis gängig. Ein Vorschlag wäre nicht erfolgt, wenn nicht eine Indikation unter Berücksichtigung der Zumutbarkeit wegen der Nebenwirkungen gegeben wäre. Nach Anhörung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.03.2000 die Bewilligung, ab die ambulante Behandlungsmaßnahme noch nicht ausgeschöpft seien. Den Widerspruch der Klägerin, mit dem sie geltend machte, bei der Maßnahme am Toten Meer handelt es sich um die einzig sinnvolle Behandlung, wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 13.09.2000 zurück. Die Klägerin hat die Maßnahme vom 08.04. bis 06.05.2000 in Israel durchgeführt, wofür ihr Kosten i. H. von 4387,45 EUR entstanden sind.
Zur Begründung der am 28.09.2000 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, es habe zweifelsfrei die Notwendigkeit einer zeitnahen Behandlung bestanden. Die bereits durchgeführte Maßnahme habe zu einem Erfolg geführt. Zu ihr gebe es keine Alternative, eine immunsupressive Therapie sei wegen des Nebenwirkungspotenzials des eingesetzten Mittels kontraindiziert.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Behandlungsberichtes von Dr. X (Bericht vom 25.01.2000) sowie eines hautfachärztlichen Gutachtens von Dr. Prof. Dr. M, Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten der Universität N. In seinem Gutachten vom 11.06.2002 ist Prof. Dr. M zu dem Ergebnis gelangt, aufgrund des zum Zeitpunkt der damaligen Maßnahme ausgeprägten Erkrankungsbildes sei die stationäre Aufnahme zur weiteren Therapie indiziert gewesen. Von den in Betracht kommenden Behandlungsmöglichkeiten seien zum Zeitpunkt der Maßnahme weder die Lichttherapie noch die medikamentösen systemischen Therapien ausgeschöpft gewesen. Auf den Einwand der Klägerin, die vom Sachverständigen vorgeschlagenen Therapien seien in ihrem Falle wegen Blutbildveränderungen nicht möglich gewesen, hat das Sozialgericht nach Einholung weiterer Berichte (Dr. X vom 14.04.2003, Dr. T) eine ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. M eingeholt. Dieser hat unter dem 08.11.2003 zu den Nebenwirkungen der Therapien Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass zum Einen auch die Heilklimabehandlung aufgrund des kumulativen Effekts der UV-Strahlung und des damit verbundenen Risikos der Entwicklung von Hauttumoren nur begrenzt einsetzbar sei und dass die Nebenwirkungen hinsichtlich der in Betracht kommenden medikamentösen Therapien nicht so schwerwiegend wie behauptet seien. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme sowie die vorgenannten Unterlagen Bezug genommen.
Mit Urteil vom 31.03.2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Gestützt auf das Gutachten von Prof. Dr. M hat es die Erforderlichkeit einer Rehabilitationsmaßnahme verneint, weil die anderweitigen Behandlungsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft gewesen seien.
Mit der fristgerecht eingelegten Berufung rügt die Klägerin, die vom Sachverständigen und dem Gericht in Erwähnung gezogenen Therapievarianten stellten in ihrem Fall keine geeigneten Alternativen dar, so dass nur die Behandlung am Toten Meer in Betracht gekommen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 31.03.2004 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 27.03.2000 und 13.09.2000 zu verurteilen, ihr für die vom 08.04. bis 06.05.2000 durchgeführte Klimaheilbehandlung am Toten Meer ein Betrag von 4387,45 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und sieht sich in dieser Auffassung durch das Ergebnis des im Berufungsverfahren eingeholten Gutachtens bestätigt.
Auf Antrag der Klägerin ist nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein hautfachärztliches Gutachten von Prof. Dr. N, Zentrum für Dermatologie und Andrologie des Universitätsklinikums H eingeholt worden. In dem Gutachten vom 12.09.2005 vertritt er die Auffassung, im Jahre 2000 sei aufgrund der Akuität und Schwere der psoriatischen Hautveränderungen eine stationäre Behandlung in der dermatologischen Abteilung eines Krankenhauses oder eines Universitätsklinikums medizinisch indiziert gewesen. Wegen der Einzelheiten des Ergebnisses der Begutachtung wird auf das Gutachten Bezug genommen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufungsbegründung ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die selbst beschaffte Heilbehandlung am Toten Meer.
Es kann dahinstehen, ob ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alternative 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht schon deshalb ausscheidet, weil es an der erforderlichen Kausalität zwischen ablehnender Entscheidung und Selbstbeschaffung der Maßnahmen fehlt. Die Beklagte hatte zwar schon mit Schreiben vom 09.03.2000 eine Behandlung am Toten Meer wegen der Möglichkeit einer immunsupressiven Therapie abgelehnt. Aufgrund des Telefonats am gleichen Tag, bei dem die Klägerin mitteilte, ihr Hautarzt lehne die Verordnung der Medikamente für die immunsupressive Therapie ab, wobei vereinbart wurde, dass sie weitere Unterlagen beibringen werde, konnte die Klägerin aber davon ausgehen, dass die Beklagte noch keine abschließende Entscheidung getroffen hatte und zu einer Überprüfung bereit war. Gleichwohl hat sie gleichzeitig die in Frage stehende Reise nach Israel gebucht, denn die Rechnung für Flug und Aufenthalt datiert vom 17.03.2000. Dies deutet darauf hin, dass sie unabhängig von der Entscheidung der Beklagten entschlossen war, sich die Maßnahme selbst zu beschaffen.
Letztlich kann die Frage jedoch offen bleiben, denn ein Kostenerstattungsanspruch bestünde nur, wenn die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die im Streit stehende Maßnahme zu gewähren. Dies ist zu verneinen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass im fraglichen Zeitraum keine Rehabilitationsleistung nach § 40 Abs. 2 SGB V erforderlich war, sondern dass die Klägerin vielmehr einer stationären Behandlung nach § 39 Abs. 1 SGB V bedurft hätte. Die Sachverständigen Prof. Dr. M und Prof. Dr. N haben übereinstimmend bekundet, dass aufgrund des damaligen Hautbefundes eine stationäre Aufnahme zur weiteren Therapie indiziert gewesen sei. Dass die Klägerin eine Behandlung mit den von den Sachverständigen empfohlenen Medikamenten abgelehnt hat, kann nicht die Erforderlichkeit der von ihr durchgeführten Klimaheilbehandlung begründet. Beide Sachverständigen haben insoweit plausibel dargelegt, dass keineswegs die Klimaheilbehandlung in Israel eine nebenwirkungsfreie Behandlungsoption ist, so dass die Klägerin nicht damit gehört werden kann, sie dürfe sich für diese sie angeblich nicht belastende Behandlung entscheiden. Im Übrigen hat Prof. Dr. M in der ergänzenden ergänzenden Stellungnahme vom 08.11.2003 auch überzeugend ausgeführt, dass die behauptete Kontraindikation für die in Betracht kommenden Medikamente für die immunsuppressive Therapie nicht vorgelegen habe und dass vor allem die Medikamente zur Behandlung der Psoriasis in deutlich geringeren Dosierungen und nur für einen kürzeren Zeitraum zur Bekämpfung eines akuten Schubes eingesetzt werden, so dass das "Nebenwirkungspotential" dieser Mittel nicht so zum tragen kommt. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich aus den beigezogenen Unterlagen des behandelnden Hautarztes Dr. T ergibt, dass ab dem 22.06.2004 die von der Klägerin immer abgelehnte systemische Therapie durchgeführt worden ist, wobei aus einer Eintragung vom 05.08.2004 folgt, dass die Psoriasis zu diesem Zeitpunkt fast abgeheilt war. Nach dem Gutachten von Prof. Dr. N ist zwar die systemische Therapie dann etwa nach zwölf Monaten abgebrochen worden, der Hautzustand der Klägerin war aber jedenfalls zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens von Prof. Dr. N nach dessen telefonischer Rücksprache mit Dr. T relativ stabil. Dies zeigt, dass entgegen der Darstellung der Klägerin die von dem Sachverständigen genannten Behandlungsalternativen auch schon im Jahr 2000 in Betracht gekommen wären.
Bei dieser Sachlage kann auch offen bleiben, ob überhaupt die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 SGB V für eine Behandlung in Israel vorgelegen haben, da nach Aussage beider Sachverständiger gleichwertige inländische Behandlungsalternativen zur Verfügung gestanden hätten.
Ein Kostenerstattungsanspruch lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt begründen, dass die Beklagte die Kosten einer erforderlichen Krankenhausbehandlung "erspart" hat. Der Gedanke einer derartigen Vermögensentschädigung für vermeintlich oder tatsächlich ersparte Aufwendungen ist der sozialen Krankenversicherung fremd (BSG SozR 2200 § 185 Nr. 2; BSG SozR 3-2500 § 27 Nr. 7).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Erstellt am: 26.09.2006
Zuletzt verändert am: 26.09.2006