NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 15. Oktober 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, die für den Zeitraum vom 15.06.2005 bis zum 15.07.2005 in Höhe von 2.088,00 EUR gewährte Betriebshilfe zurückzufordern.
Der 1966 geborene Kläger ist im Jahre 2005 landwirtschaftlicher Unternehmer und als solcher nach § 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989) versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten gewesen. Ab dem 13.06.2005 erkrankte er arbeitsunfähig und beantragte am 15.06.2005 die Gewährung von Betriebshilfe, die über den Betriebshilfsdienst (BHD) und Maschinenring Paderborn-Büren e.V. vermittelt werden sollte. Mit Bescheid vom 16.06.2005 bewilligte die Beklagte, an die der BHD den Antrag weitergeleitet hatte, dem Kläger die beantragte Betriebshilfe für die Zeit vom 15.06.2005 (Antragstellung) bis vorerst 12.07.2007 im Umfang von bis zu acht Stunden (montags bis freitags) bzw. von bis zu 6 Stunden (samstags und sonn- bzw. feiertags). Der BHD stellte dem Kläger KX als Betriebshelfer zur Verfügung, der in der Vergangenheit bereits zu Lasten der Beklagten in dem Unternehmen des Klägers ausgeholfen hatte.
Im Rahmen der per Telefon beantragten Verlängerung der Leistungsgewährung am 13.07.2005 wurde bekannt, dass statt der Ersatzkraft des BHD vom Kläger eine selbst beschaffte Ersatzkraft eingesetzt worden war. In dem schriftlichen Antrag auf Verlängerung teilte der Kläger mit, die Ersatzkraft werde wegen folgender anstehender Arbeiten benötigt: Getreideernte, Strohbergung, Grassilage, Heugewinnung, Feldbestellung. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 14.07.2005 über den 12.07.2005 hinaus Betriebshilfe auch für die Zeit bis zum 15.07.2005.
Auf Nachfrage teilte der BHD unter dem 28.07.2005 mit, der Kläger und der vermittelte Betriebshelfer X hätten bei Kontaktaufnahme festgestellt, dass ein zeitlicher Einsatz durch den Betriebshelfer nicht in dem Umfang hätte erfolgen können, wie dies die betrieblichen Belange erforderten. Ohne den BHD in Kenntnis zu setzen, habe der Kläger daraufhin auf eine selbst beschaffte Ersatzkraft zurückgegriffen. Es habe sich insoweit um NT, einen zweiundzwanzigjährigen gelernten Bäcker, der zuvor in dem elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb tätig gewesen sei, gehandelt. Während seines Einsatzes habe der Betriebshelfer in dem klägerischen Betrieb gewohnt.
Der Kläger teilte auf Rückfrage der Beklagten ergänzend schriftlich unter dem 08.08.2005 mit, er sei mit dem Betriebshelfer T nicht verwandt oder verschwägert, dieser sei sonst im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern tätig, habe aber aushelfen können, da dessen Vater den Betrieb zeitweise allein habe führen können. Die Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 11.08.2005 Betriebshilfe im bisherigen Umfang für die Zeit vom 15.06. bis zum 15.07.2005 und erteilte ihr Einverständnis mit der selbst beschafften betriebsfremden Ersatzkraft.
Nachdem der Kläger eine von dem Betriebshelfer gegengezeichnete Stundenaufstellung und eine Quittung über die Auszahlung eines Betrages in Höhe von 2.480 EUR (248 Stunden zu je 10 EUR, umfassend den Zeitraum vom 13.06. bis zum 15.07.2005) vorgelegt hatte, erstattete die Beklagte für die Zeit vom 15.06.2005 bis zum 15.07.2005 insgesamt 2.088,00 EUR. Hinzu kam eine weitere Erstattung in Höhe von 2.124,00 EUR durch die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft für den anschließenden Zeitraum bis zum 16.08.2005; denn die insoweit ebenfalls nachgewiesene Arbeitsunfähigkeit des Klägers ging auf einen Arbeitsunfall zurück. Wegen der Beitragsrückstände des Klägers bei verschiedenen Sozialversicherungsträgern zahlte die Beklagte dem Kläger mit dessen Einverständnis nur 1.150,09 EUR an Stelle von insgesamt 4.212,00 EUR aus und rechnete im Übrigen mit offenen Beitragsansprüchen auf (Bescheid vom 09.09.2005).
Im Rahmen einer Einsatzkontrolle am 12.10.2005 in dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers traf der Prüfer der Beklagten sowie der Westfälischen Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft und der Alterskasse als Mitarbeiter des Klägers den zuvor eingesetzten Betriebshelfer NT beim Holzsägen an. Dieser gab an, er sei seit Monaten in dem Betrieb des Klägers beschäftigt. Weitere Ermittlungen der Beklagten ergaben, dass T nach Durchführung einer Trainingsmaßnahme zu Lasten der Bundesagentur für Arbeit in dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers im Zeitraum vom 23.05.2005 bis zum 05.06.2005 ab dem 06.06.2005 von dem Kläger unbefristet eingestellt worden war. Das Beschäftigungsverhältnis hatte auch im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum sowie darüber hinaus bestanden.
Mit Schreiben vom 20.10.2005 hörte die Beklagte den Kläger wegen der Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen nach § 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) an und führte aus, dem Kläger sei bekannt gewesen, dass die selbst beschaffte Ersatzkraft nicht betriebsfremd sei, die Bewilligung von Betriebshilfe aber die Betriebsfremdheit der Ersatzkraft voraussetze. Vor diesem Hintergrund müsse die bereits gewährte Betriebshilfe zurückerstattet werden.
Nachdem sich der Kläger nicht geäußert hatte, nahm die Beklagte mit Bescheid vom 22.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2006 den Bewilligungsbescheid gemäß § 45 SGB X zurück und forderte überzahlte Betriebshilfekosten in Höhe von insgesamt 2.088,00 EUR gemäß § 50 SGB X zurück. Der Kläger könne sich auf einen besonderen Vertrauensschutz nicht berufen, da er im Rahmen der Antragstellung zur Gewährung der Betriebshilfe falsche Angaben gemacht habe. Darüber hinaus bestünden erhebliche Zweifel an der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit des Klägers, da eine Zeugenaussage vorliege, wonach der Kläger trotz attestierter Arbeitsunfähigkeit in seinem landwirtschaftlichen Betrieb mitgearbeitet habe.
Mit der dagegen zu dem Sozialgericht (SG) Detmold am 21.06.2006 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, während seiner Erkrankung sei seitens des BHD keine Betriebshilfe vermittelbar gewesen; insbesondere sei der Betriebshelfer X wegen anderweitiger Verpflichtungen nicht ausreichend einsetzbar gewesen. Dieser habe abgesagt, nachdem er, der Kläger, zu ihm Kontakt aufgenommen habe. Die selbst beschaffte Ersatzkraft sei betriebsfremd. NT sei zuvor in seinem, des Klägers, Betrieb lediglich als Aushilfe im Umfang von zwölf Wochenstunden tätig geworden. Für den Zeitraum ab Beginn seiner, des Klägers, Arbeitsunfähigkeit habe der zeitliche Einsatz von NT deutlich zugenommen. Daraus ergebe sich dessen Betriebsfremdheit. Zur weiteren Begründung hat der Kläger den am 30.05.2005 mit NT geschlossenen Arbeitsvertrag vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass dieser für seine Tätigkeit als geringfügig beschäftigte Teilzeitarbeitskraft für leichte Stallarbeiten einen Betrag in Höhe von 300,00 EUR monatlich erhält.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
den Bescheid vom 22.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2006 aufzuheben.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, der angefochtene Bescheid entspreche der Sach- und Rechtslage und sei daher nicht zu beanstanden. Die eingesetzte Ersatzkraft sei bei Einsatzbeginn am 15.06.2005 bereits als Arbeitnehmer unbefristet im landwirtschaftlichen Unternehmen des Klägers beschäftigt gewesen. Damit habe zum Zeitpunkt der Bewilligung der Leistung bereits keine Betriebsfremdheit vorgelegen. Bei korrekter Meldung durch den Kläger wäre es zu der Gewährung von Betriebshilfe nicht gekommen.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 15.10.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht die gewährte Betriebshilfe gemäß § 45 SGB X zurückgenommen. Die mit Bescheid vom 11.08.2005 erfolgte Gewährung der Betriebshilfe sei von Anfang an rechtswidrig gewesen. Zwar habe dem Kläger dem Grunde nach auf Grund der attestierten und zwischen den Beteiligten nicht umstrittenen Arbeitsunfähigkeit in dem Zeitraum vom 15.06.2005 -15.07.2005 ein Anspruch auf Betriebshilfe zugestanden. Die Inanspruchnahme einer von dem BHD zur Verfügung gestellten Ersatzkraft wäre daher unproblematisch möglich gewesen. Allerdings habe der Kläger von Beginn an, ohne hierauf in seinen mündlich gestellten Anträgen hinzuweisen, den bereits in seinem Betrieb tätigen Arbeitnehmer NT als Ersatzkraft im Rahmen der Betriebshilfe eingesetzt und die ihm hierfür entstandenen Kosten der Beklagten in Rechnung gestellt. Eine Kostenerstattung sei jedoch ausgeschlossen, da NT nicht als betriebsfremd angesehen werden könne. Dieser sei bereits im Juni 2005 in die Hausgemeinschaft des klägerischen Unternehmens aufgenommen worden, um ihn in dem landwirtschaftlichen Betrieb zu beschäftigen, und sei deshalb nicht betriebsfremd gewesen.
Die Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsaktes habe auch vor dem Hintergrund der Absätze 2 bis 4 des § 45 SGB X erfolgen dürfen. Eine Rücknahme sei insbesondere mit Wirkung für die Vergangenheit möglich gewesen, da der Kläger die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes gekannt habe. Angesichts des Umstandes, dass er bereits mehrfach auf Grund von Arbeitsunfähigkeitszeiten Betriebshilfe in Anspruch genommen hatte, seien ihm die Formalitäten im Zusammenhang mit der Gewährung dieser Leistung durchaus vertraut gewesen. Ihm dürfte bekannt gewesen sein, dass eine Kostenerstattung nur dann in Betracht zu ziehen sei, wenn es sich um eine Ersatzkraft handele, die neu in den Betrieb eintrete. Im Zusammenhang mit der Arbeitsunfähigkeit des Klägers im Juli 2005 hätte mit dem BHD bzw. mit der Beklagten geklärt werden können, inwieweit NT als Ersatzkraft hätte eingesetzt werden können. Der Kläger habe dies bewusst unterlassen und darauf vertraut, dass die Tatsache des bereits zuvor begründeten Beschäftigungsverhältnisses der Beklagten verborgen bleiben werde.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 31.10.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.11.2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er ergänzend vor, ihm habe weder vom BHD noch von anderer Seite in dem benötigten zeitlichen Umfang ein Betriebshelfer zur Verfügung gestellt werden können. Da er sich in einer Notlage befunden habe und er zur Aufrechterhaltung des landwirtschaftlichen Betriebes mit 80 ha Ackerland, 20 ha Grünland und rund 300 Stück Vieh, darunter rd. 100 Milchkühen, dringend einer Ersatzkraft bedurft habe, sei ihm nur die Möglichkeit verblieben, auf NT zurückzugreifen. Er, der Kläger, sei davon ausgegangen, dass die von T ausgeübte geringfügige Beschäftigung einer Betriebsfremdheit der Ersatzkraft nicht entgegen stehe. Im Übrigen habe er auf die Rechtmäßigkeit der Bewilligung vertraut und die bewilligten Mittel fest verplant.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Detmold vom 15.10.2008 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 22.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie erachtet das angefochtene Urteil als zutreffend. Der Vortrag des Klägers, er habe sich über eine Betriebsfremdheit der Ersatzkraft keine Gedanken, gemacht, müsse als Schutzbehauptung gewertet werden. Dem Kläger hätte sich aufdrängen müssen, dass er sich, nachdem die bewilligte Betriebshilfe durch den BHD nicht habe umgesetzt werden können, dringend mit ihr, der Beklagten, in Verbindung setzen müsse, ebenso, dass bei einem bereits im Betrieb Beschäftigten keine Betriebsfremdheit vorliegen könne. Wegen der in der Vergangenheit mehrfach gewährten Betriebshilfe sei der Kläger mit den Voraussetzungen der Bewilligung vertraut gewesen.
Auf Antrag der Beteiligten, die sich mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin einverstanden erklärt haben, ist die Öffentlichkeit hergestellt und mündlich verhandelt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Prozess- und der Verwaltungsakte sowie der Akten des unter dem Az. S 5 (22, 4) KR 21/06, SG Detmold (= L 16 KR 191/08, LSG NRW) geführten weiteren Verfahrens Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat durch die Berichterstatterin entscheiden können, denn die Beteiligten haben sich mit einer Einzelrichterentscheidung gemäß § 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht mit Urteil vom 15.10.2008 die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 22.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2006 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht den ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom Bescheid vom 11.08.2005 zurückgenommen und die Erstattung von 2.088,00 EUR gefordert.
Die Voraussetzungen für die Rücknahme der Leistungsbewilligung und die Erstattung des zu Unrecht erhaltenen Betrages in Höhe von 2.088,00 EUR liegen vor.
Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er gemäß § 45 Abs. 1 SGB X, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf gemäß § 45 Abs. 2 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt gemäß Absatz 4 der Norm mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 11.08.2005 gemäß § 45 SGB X liegen, wie das SG zutreffend dargelegt hat, vor. Bei dem o. g. Bescheid handelt es sich unstreitig um einen begünstigenden Verwaltungsakt, der dem Kläger einen rechtlichen Vorteil – Bewilligung von Betriebshilfe in Form einer Ersatzkraft für seinen landwirtschaftlichen Betrieb im Zeitraum vom 15.06.2005 bis zum 15.07.2005 – einräumt. Mit Ablauf der Rechtsbehelfsfrist ist dieser Bewilligungsbescheid unanfechtbar geworden. Der Bescheid ist auch bereits im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig gewesen (siehe zur Abgrenzung zu § 48 SGB X: Bundessozialgericht (BSG) Urt. vom 16.12.2008, Az.: B 4 AS 48/07 R, www.juris.de). Dem Kläger hat die bewilligte Kostenerstattung für den Einsatz der selbst beschafften Ersatzkraft NT nicht zugestanden; diese ist rechtswidrig gewesen.
Gemäß § 9 Abs. 1 KVLG 1989 erhalten nach § 2 versicherungspflichtige landwirtschaftliche Unternehmer anstelle von Krankengeld Betriebshilfe nach Maßgabe der folgenden Absätze. Betriebshilfe wird nach Abs. 2 der Vorschrift während der Krankenhausbehandlung des landwirtschaftlichen Unternehmers oder während einer medizinischen Kurmaßnahme nach § 23 Abs. 2 oder 4, § 24, § 40 Abs. 1 oder 2 oder § 41 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) gewährt, wenn in dem Unternehmen keine Arbeitnehmer und keine versicherungspflichtigen mitarbeitenden Familienangehörigen ständig beschäftigt werden. Die Satzung kann nach § 9 Abs. 3 KVLG 1989 bestimmen, dass Betriebshilfe während einer Krankheit auch gewährt wird, wenn die Bewirtschaftung des Unternehmens gefährdet ist. Als Betriebs- oder Haushaltshilfe wird gemäß § 34 der Satzung eine Ersatzkraft gestellt. Kann eine Ersatzkraft nicht gestellt werden oder besteht Grund davon abzusehen, werden die Kosten für eine selbst beschaffte betriebsfremde Ersatzkraft in angemessener Höhe erstattet. Gemäß § 36 Abs. 2 der Satzung ist die Erstattung der Kosten einer selbst beschafften Ersatzkraft nur zulässig, wenn die Ersatzkraft betriebsfremd ist. Zu den betriebsfremden Ersatzkräften zählen Personen, die sonst nicht im Betrieb tätig sind oder aushelfen; eine – nicht wesentliche – Aushilfe bleibt außer Betracht. Betriebsfremdheit liegt nicht vor, wenn auch sonst im Betrieb mithelfende Angehörige die Arbeit des landwirtschaftlichen Unternehmers übernehmen und eine zusätzliche Arbeitskraft nicht eingestellt wird. Als angemessen werden die nachgewiesenen Aufwendungen gemäß § 36 Abs. 6 der Satzung bis zu einem täglichen Höchstbetrag von 2,95 v. H. der sich aus § 18 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) ergebenden monatlichen Bezugsgröße, auf- oder abgerundet auf den nächsten geraden Euro-Betrag angesehen, bei einem acht Stunden täglich umfassenden Einsatz der Ersatzkraft.
Zwar ist der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum durchgehend arbeitsunfähig gewesen; entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen liegen für den gesamten Zeitraum vor. Auch ist der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers mit rd. 300 Stück Vieh und 80 ha Ackerland nach dem krankheitsbedingten Ausfall des Klägers als landwirtschaftlichem Unternehmer nur aufrecht zu erhalten gewesen, weil ein Betriebshelfer in zeitlich maximalem Umfang, wie ihn die Satzung der Beklagten in der hier maßgeblichen Fassung vom 24.05.2005 ermöglicht, eingesetzt worden ist. Dementsprechend hat die Beklagte auch zu Recht die ursprüngliche Bewilligung eines Betriebshelfers ausgesprochen (Bescheide vom 16.06.2005 und 14.07.2005). Einer Kostenerstattung für die Ersatzkraft T steht jedoch, wie das SG zutreffend in dem angefochtenen Urteil dargelegt hat, entgegen, dass dieser nicht betriebsfremd gewesen ist, vgl. § 34 und 36 Abs. 2 der Satzung der Beklagten. Insoweit verweist der Senat zur weiteren Begründung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils, denen er sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage vollinhaltlich anschließt, vgl. § 153 Abs. 2 SGG.
Die nach § 45 SGB X zugelassene Durchbrechung der Bindungswirkung von Verwaltungsakten (§ 77 SGG) geht von dem Gedanken der Recht- und Gesetzmäßigkeit jeden Verwaltungshandelns aus, der es grundsätzlich verlangt, rechtswidrige Verwaltungsakte zu beseitigen. Dem steht allerdings gegenüber, dass der für die Rechtswidrigkeit nicht verantwortliche Betroffene grundsätzlich auf die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns vertrauen darf und vor der Rücknahme geschützt sein soll. Um den Widerstreit zwischen diesen beiden Grundsätzen zu lösen, muss im Einzelfall eine Abwägung darüber erfolgen, welches Interesse überwiegt, das der Allgemeinheit auf Herstellung eines gesetzmäßigen Zustands oder das des gutgläubigen Begünstigten an der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustands (BSG Urteilssammlung für die Gesetzliche Krankenversicherung (USK) 2002-59 m. w. N.). Weder aus dem Vorbringen der Beteiligten noch aus den Akten ergeben sich gegenteilige Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger auf den Bestand des begünstigenden Verwaltungsaktes vertraut hat, sodass davon ausgegangen werden kann, dass diese Voraussetzung erfüllt ist; denn für das Vorliegen von Vertrauen spricht eine Vermutung (BSG (Sozialrecht) SozR 3-1300 § 45 Nr. 37; BSG SozR 1300 § 45 Nr. 9). Das Vertrauen des Klägers ist jedoch nicht schutzwürdig. Der Senat ist – auch aufgrund des persönlichen Eindrucks von dem Kläger in dem Verhandlungstermin am 07.05.2005 – davon überzeugt, dass dieser die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides vom 11.08.2005 kannte. Ihm ist zumindest ein entsprechender Vorwurf in der Verschuldensform des sog. dolus eventualis zu machen. So hat er selbst vorgetragen, dass ihm bekannt gewesen sei, dass er nur eine betriebsfremde Person als Ersatzkraft zu Lasten der Beklagten in Anspruch nehmen könne; denn der Kläger hat sich nach eigenen Angaben durchaus Gedanken gemacht, ob bei dem von ihm geringfügig Beschäftigten T Betriebsfremdheit im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen und satzungsmäßigen Bestimmungen vorgelegen habe. Wenn es dem Kläger danach nicht an Problembewusstsein bezüglich des anspruchsbegründenden Merkmals der Betriebsfremdheit gefehlt hat, so hat es sich ihm geradezu aufdrängen müssen, die Ersatzkraft nicht ohne Abklärung mit der Beklagten entgegen dem ursprünglichen, auf den Einsatz eines vom BHD gestellten Betriebshelfers gerichteten Bewilligungsbescheid in seinem landwirtschaftlichen Betrieb tätig werden zu lassen. Bei dem Merkmal der Betriebsfremdheit handelt es sich zwar um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der jedoch selbst in der Laiensphäre, wie die Überlegungen des Klägers belegen, einer zutreffenden rechtlichen Bewertung ohne Weiteres zugänglich ist. Der Kläger hat dennoch den Einsatz der Ersatzkraft und dessen fortbestehendes – geringfügiges – Beschäftigungsverhältnis nicht nur der Beklagten gegenüber verschwiegen, sondern in der Erklärung vom 08.08.2005 hat er sogar ausdrücklich falsche Angaben in Form der Behauptung einer durch den Einsatz in dem Betrieb des Klägers lediglich unterbrochenen Tätigkeit im elterlichen Betrieb des T gemacht. Dies lässt sich nur als Wissen, dass bei Offenbarung der tatsächlichen Verhältnisse eine Leistungspflicht der Beklagten verneint werden würde, und Wollen des Erlasses eines erkennbar rechtswidrigen Bescheides deuten. Anders wäre nicht nachvollziehbar, dass der Kläger mit dem Einsatz der Ersatzkraft über 52 Wochenstunden bei einem Stundensatz von 10 EUR (so die eingereichte Stundenaufstellung) ein erhebliches finanzielles Risiko eingegangen ist, obwohl seine finanzielle Lage im streitgegenständlichen Zeitraum zumindest angespannt gewesen ist, wie der Senat aus den offenen Beitragsforderungen bei drei Sozialleistungsträgern schließt, mit denen die Beklagte den Auszahlungsbetrag verrechnet hat. Ohne die Annahme von Kenntnis im o. g. Sinne hält es der Senat ebenfalls für nicht nachvollziehbar, dass der Kläger der Ersatzkraft T einen im Verhältnis zu dem Einkommen aus der geringfügigen Beschäftigung fast doppelt so hohen Stundensatz gezahlt haben will. Auch das weitere Verhalten des Klägers, in dem Arbeitsvertrag mit seinem Arbeitnehmer T über die geringfügige Beschäftigung die kostenlose Unterkunft und Verpflegung zu verschweigen, die möglicherweise unter Berücksichtigung des damit verbundenen geldwerten Vorteils zu einer Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze und zu einem Eintritt der vollen Versicherungspflicht geführt hätte, spricht nicht für eine grundsätzliche Rechtstreue des Klägers. Der Senat vermag der Stundenaufstellung des Klägers auch nicht zu entnehmen, wie die nach dem Arbeitsvertrag von T zu leistenden zwölf weiteren Arbeitsstunden eingeflossen sind. Im Übrigen ist bei der Bewertung des Verhaltens des Klägers zu berücksichtigen, dass es sich bei diesem um einen im Wirtschaftsleben stehenden landwirtschaftlichen Unternehmer von damals knapp vierzig Jahren handelte.
Da der angefochtene Bescheid vom 22.02.2006, auch in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2006, von einer gebundenen Entscheidung ausgeht, die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts nach § 45 Abs. 1 SGB X aber grundsätzlich die Ausübung von Ermessen durch die Verwaltung vorsieht ("darf"), kommt zur Wahrung der hier einschlägigen zweijährigen Rücknahmefrist des § 45 Abs. 3 S. 1 SGB X, die durch einen neuen Rücknahmebescheid nicht mehr eingehalten werden könnte, nur in Betracht, dass der Ermessensnichtgebrauch sich rechtlich nicht auswirkt. Dies ist vorliegend der Fall; denn der Beklagten hat bei der mit dem angefochtenen Bescheid vom 22.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2006 getroffenen Entscheidung kein Rücknahmeermessen zugestanden (sog. "Ermessensreduzierung auf Null"). Diese stellt zwar einen Ausnahmefall dar. Sie setzt voraus, dass es nach dem festgestellten Sachverhalt ausgeschlossen ist, dass Umstände vorliegen, die eine anderweitige – den Betroffenen ganz oder teilweise begünstigende – Entscheidungsfindung rechtsfehlerfrei zuließen (BSG SozR 1300 § 45 Nr. 34; BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 5 und 10). In aller Regel trifft dies nicht zu (BSG SozR 1300 § 50 Nr. 3; BSG SozR 1300 § 45 Nr. 26; BSG SozR 1300 § 41 Nr. 2; BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 10 und § 50 Nr. 13). Vor allem bei Bösgläubigkeit des Begünstigten im Sinne betrügerischen Verhaltens kann eine Ermessensreduzierung auf Null jedoch angenommen werden (BSG SozR 3-1300 § 50 Nr. 16). Davon ist vorliegend auszugehen. Der Senat ist unter Berücksichtigung des Inhalt der Akten und des Eindrucks von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass es der Kläger erkennbar darauf angelegt hat, sich durch den nicht angezeigten Einsatz der Ersatzkraft und der weiteren Umstände, wie Ausübung der geringfügigen Tätigkeit für den Betrieb, Vorteile zu verschaffen, sei es auch nur, den ohnehin in seinem landwirtschaftlichen Betrieb tätigen und dort wohnhaften Arbeitnehmer T nach den betrieblichen Erfordernissen zu jeder anstehenden Tätigkeit einsetzen zu können. Ansonsten hätte sich der Kläger nach negativem Verlauf des Gesprächs mit dem vorgeschlagenen Betriebshelfer wiederum an den BHD gewandt, um einen Ersatz anzufordern oder das weitere Vorgehen abzusprechen.
Das SG hat ebenso zutreffend die Voraussetzungen des § 50 SGB X angenommen. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nimmt der Senat auch insoweit Bezug.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Anlass zur Zulassung der Revision, vgl. § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG, hat nicht bestanden.
Erstellt am: 07.09.2009
Zuletzt verändert am: 07.09.2009