Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.05.2007 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten besteht Streit über die Frage, ob die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von Beiträgen zur Gesamtsozialversicherung verjährt ist.
Der Kläger war Inhaber der Firma I Bau Service in M und hatte vom 15.03.1991 bis 17.06.1993 bei der Beklagten versicherte Arbeitnehmer angemeldet. Eine nach Aufgabe des Betriebes am 11.10.1993 durchgeführte Betriebsprüfung, die sich auf den Zeitraum vom 01.03.1991 bis 30.06.1993 erstreckte, ergab, dass Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 2.075 DM (1.060,93 EUR) nach zu entrichten waren. Der Zahlungsaufforderung vom 02.11.1993 kam der Kläger nicht nach. Am 01.12.1993 erfolgte daraufhin ein fruchtloser Pfändungsversuch. Im weiteren Verlauf wurde der Kläger sodann mit Schreiben vom 06.01.1994 über die Forderungshöhe einschließlich der Nebenkosten informiert. Der Gesamtbetrag belief sich mittlerweile auf 6.229,67 DM (3,185,18 EUR). Daraufhin teilte der Kläger mit Schreiben vom 11.01.1994 mit, den Rückstand mit monatlichen Raten in Höhe von 500 DM zurückzahlen zu wollen. Mit gleicher Post habe er die erste Rate bereits überwiesen. Weitere Zahlungen erfolgten nicht. Daraufhin mahnte die Beklagte den noch ausstehenden Betrag an, dass Bemühen blieb jedoch erfolglos, da der Aufenthaltsort des Klägers unbekannt war. Ermittlungen beim Bundeszentralregister und Einwohnermeldeamt blieben erfolglos. Weitere Pfändungs- und Einziehungsverfügungen bei der Deutschen Bank im November 1996 und August 1997 und bei der Sparkasse C blieben erfolglos. Auch ein Vollstreckungsversuch der AOK I, die im Auftrag der Beklagten im Rahmen eines Amtshilfeersuchens tätig wurde, brachte keinen Erfolg.
Im März 1997 teilte der vom Kläger nunmehr beauftrage Rechtsanwalt G, M, mit, in Kürze die neue Anschrift des Klägers mitzuteilen und bat gleichzeitig um Zahlungsaufschub und -erleichterungen. Eine Mitteilung der Anschrift erfolgte jedoch nicht, auch der Mutter des Klägers war dessen Anschrift unbekannt. Erst im Mai 2001 erfolgte die Mitteilung der aktuellen Anschrift, sodass daraufhin am 02.07.2001 ein erfolgloser Vollstreckungsversuch erfolgte.
Am 03.01.2005 erlies die Beklagten einen Haftungs- und Beitragsbescheid über 6.080,75 EUR (Gesamtsozialversicherungsbeiträge, Umlagebeiträge für die Zeit vom 01.03.1991 bis 17.06.1993, Säumniszuschläge sowie Kosten und Gebühren). Weitere Bescheide, die die weiter auflaufenden Kosten berücksichtigten, datieren vom 28.02.2005, 16.03.2005 und 04.04.2005. Gegen letzteren Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein und erhob die Einrede der Verjährung. Die Verjährungsfrist betrage 4 Jahre, fällig seien die Beiträge im Jahre 1993 gewesen, so dass die Forderung nicht mehr geltend gemacht werden könne. Die Verjährung sei auch nicht nach den Vorschriften des BGB unterbrochen worden. Im Übrigen seien die erhobenen Daten nicht richtig bzw. fehlerhaft. Die ihm übermittelten Daten könnten nicht mehr nachvollzogen werden, da er die Firmenunterlagen nach den gesetzlichen Aufbewahrungsfristen vernichtet habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.09.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine Verjährung der Forderung sei nicht eingetreten, da vor Ablauf der jeweils 4-jährigen Verjährungsfrist Vollziehungsbeamte erfolglos gepfändet hätten. Auch im weiteren Verlauf habe die Beklagte kontinuierlich versucht, die Forderungen zu vollstrecken, so dass der Kläger sich nicht auf Verjährung berufen könne.
Hiergegen richtete sich die am 18.10.2005 erhobene Klage, zu deren Begründung der Kläger zunächst sein Vorbringen im Rahmen der Widerspruchsbegründung wiederholt. Darüber hinaus trägt er vor, seine Anschrift sei der Beklagten sehr wohl bekannt gewesen. Im Übrigen habe er sich durch seinen Rechtsanwalt vertreten lassen und sei über diesen erreichbar gewesen. Es sei auch nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen die Beklagte den Haftungs- und Beitragsbescheid erst im Jahre 2005 übersandt habe. Sie hätte wesentlich eher tätig werden können. Die letzte Vollstreckungshandlung sei am 02.07.2001 vollzogen worden, zu dieser Zeit sei die Verjährung bereits eingetreten gewesen, denn die Frist beginne nach der letzten Vollstreckungshandlung am 08.11.1996 bei der Deutschen Bank in Halle zu laufen und endet daher am 09.11.2000.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 04.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2005 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend zu ihrem Vorbringen in den angefochtenen Bescheiden vertritt die Beklagte die Auffassung, bei vorsätzlicher Vorenthaltung verjährten Forderungen erst in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden seien. Es sei aufgrund der eigenen Angaben des Klägers offensichtlich, dass er von seiner Beitragsschuld gewusst habe, sich aber bewusst aber den Vollstreckungshandlungen durch ständigen Wohnortwechsel entzogen habe.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen und dabei im wesentlichen auf die Begründung des Widerspruchsbescheides Bezug genommen. Beiträge verjährten im Falle vorsätzlicher Vorenthaltung nach Ablauf von 30 Jahren, gerechnet vom Ende des Kalenderjahres der Fälligkeit. Die Kenntnis des Klägers von der Beitragsschuld ergebe sich aus der Tatsache, dass er ihre Rückstellung bzw. Ratenzahlung beantragt habe.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 04.07.2005. Die erstinstanzliche Entscheidung sei bereits deshalb aufzuheben, weil sein rechtliches Gehör verletzt sei. Er habe dem Sozialgericht mitgeteilt, dass er am Termin zur mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen könne, weil er sich in einer stationären Reha-Maßnahme befinden würde. Im Übrigen habe er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, daraufhin habe das Sozialgericht ihm mitgeteilt, das Verfahren sei abgeschlossen. Zur Sache trägt der Kläger vor, er habe nie behauptet, von der Beitragsforderung keine Kenntnis gehabt zu haben. Er habe ausreichend vorgetragen, aus dem geschlossen werden konnte, dass er keine Absicht gehabt habe, sich seiner Verpflichtung zu entziehen. Ein Vorsatz sei ihm nicht zu unterstellen. Er habe sich ordnungsgemäß umgemeldet, seine Stundungsanträge würden beweisen, dass er die Absicht gehabt habe, seinen Verpflichtungen nachzukommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.05.2007 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 04.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Darüber hinaus ist sie der Ansicht, eine Verletzung rechtlichen Gehörs liege nicht vor, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht, da der Tatbestand hierfür bereits nicht gegeben sei.
Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte der Beklagten, die der Senat beigezogen und deren Inhalt er seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat sowie auf den Vortrag der Beteiligten im Übrigen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gem. § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entscheiden, da er die Berufung einstimmig für unbegründet hält. Die Beteiligten sind hierauf auch hingewiesen worden.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zurecht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 04.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2005 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
Die Verjährung richtet sich nach § 25 Abs. 4 SGB IV. Nach dieser Vorschrift verjähren Ansprüche auf Beiträge in 4 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind (Abs. 1 Satz 1). In dem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Kläger ausweislich der Verwaltungsakten mit Schreiben vom 05.08.1993 und 11.01.1994 Stundungsanträge gestellt hat, die die Verjährung unterbrochen haben (§ 25 Abs. 2 Satz 1 SGB IV i. V. m. § 208 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)). Demzufolge wäre eine Verjährung am 31.12.1998 eingetreten. Eine andere Beurteilung ergibt sich aus dem Umstand, dass Beiträge in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres verjähren, in dem sie fällig geworden sind, falls sie vorsätzlich vorenthalten werden (§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Ausreichend ist dabei bedingt der Vorsatz, wobei es genügt, wenn der Vorsatz zur Vorenthaltung bei Fälligkeit der Beiträge noch nicht vorlag, aber vor Ablauf der 4-jährigen Verjährungsfrist eingetreten ist (BSG SozR3/2400 § 25 Nr. 7). Es steht für den Senat zweifelsfrei fest, dass der Kläger um seine Beitragsschuld wusste, da er mit den genannten Schreiben die geltend gemachte Forderung anerkannt hat. Ein Stundungsbegehren enthält insoweit ein Anerkenntnis, es sei denn, das Stundungsgesuch ist unter dem Vorbehalt gestellt worden, dass die Beitragspflicht überhaupt besteht (Seewald im Kasseler Kommentar zum SGB IV, Stand März 2005, § 25 SGB IV Anmerkung 10). Das ist aber nicht der Fall, denn nachdem der Kläger mit dem Schreiben vom 05.08.1993 um Stundung der Forderung gebeten hatte, hat er in einem weiteren Schreiben von November 1993 Ratenzahlung angeboten. Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Behauptung des Klägers, die Vorschriften des SGB IV bzw. des BGB zur Verjährung seien nicht einschlägig, denn hierbei handelt es sich um eine reine Zweckbehauptung, die der Kläger durch keinen substantiierten Sachvortrag stützt. Gleiches gilt für seine Behauptung, die Beklagte habe von seinem Aufenthaltsort Kenntnis gehabt. Ausweislich der sich in den Verwaltungsakten der Beklagten befindlichen Unterlagen hat diese über mehrere Jahre erfolglos versucht, seine Anschrift postalisch zu ermitteln. Bereits dadurch ist sein Vortrag widerlegt. Der Beklagten als Körperschaft des öffentlichen Rechts kann nicht unterstellt werden, sie hätte bei ihr bekannte Anschrift bzw. bekannten Aufenthaltsort des Klägers Ermittlungen dazu angestellt. Aus dem Umstand, dass er nicht erreichbar war, ergibt sich sein Vorsatz, der hier sogar in Form der Absicht angenommen werden kann, da andernfalls kein Grund erkennbar ist, aus dem heraus eine Person für Behörden nicht erreichbar ist.
Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht aus seiner Behauptung, dass Sozialgericht habe die erstinstanzliche Entscheidung unter Verletzung rechtlichen Gehörs getroffen. Ausweislich der Verfahrensakte ist der Kläger mit Postzustellungsurkunde vom 23.04.2007 zum Termin am 16.05.2007 geladen worden. Die entsprechende richterliche Verfügung datiert vom 17.04.2007, nach dem der Kläger mit einem am gleichen Tage beim Sozialgericht eingegangenen Schreiben mitgeteilt hatte, sich in der Zeit vom 23.05.2007 für 3 Wochen in einer medizinischen Rehabilitation zu befinden. Damit lässt sich eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht feststellen, denn der Kläger war über den Gerichtstermin ausreichend informiert. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem weiteren Schreiben des Klägers vom 25.05.2007, beim Sozialgericht am 29.05.2007 eingegangen, in dem er darauf hinweist, das Datum 23.05.2007 sei ein Schreibfehler, seine Reha-Maßnahme habe er bereits am 23.04.2007 angetreten. Abgesehen davon, dass es in Sphäre des Klägers fehlt, die entsprechenden Daten ordnungsgemäß und zutreffend zu über-mitteln, vermag auch dieser Sachverhalt an dem Umstand nichts zu ändern, dass der Kläger über den Gerichtstermin ausreichend informiert war und vom Gericht keine anders lautende Mitteilung etwa über eine Terminsaufhebung erhalten hat. Im übrigen war die am 23.04.2007 angetretene und drei Wochen dauernde Reha-Maßnahme am 14.05.2007 beendet, so dass sie der Wahrnehmung des Gerichtstermins am 16.05.2007 nicht entgegenstand. Zwischen der Zustellung der Ladung und dem Terminstag lag auch ein ausreichender Zeitraum, der es dem Kläger ermöglicht hätte, Vorsorge zu treffen, den Termin entweder selbst wahrzunehmen – etwa durch Unterbrechung seiner möglicherweise verlängerten Reha-Maßnahme – oder aber eine weitere Person mit der Wahrnehmung desselben zu beauftragen.
Soweit der Kläger geltend macht, ihm sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, ist mit der Beklagten davon auszugehen, dass der Tatbestand hierfür nicht erfüllt ist. Nach § 67 Abs. 1 SGG ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Um eine solche handelt es sich vorliegend jedoch nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VWGO).
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 25.02.2008
Zuletzt verändert am: 25.02.2008