Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 13.06.2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 16.02. bis 18.08.2004 hat.
Der am 00.00.1968 geborene Kläger bezog Arbeitslosengeld vom 10.06.1997 bis 08.06.1998 und im Anschluss daran Arbeitslosenhilfe. Diese wurde ihm von der Beklagten mehrfach wiederbewilligt, nachdem der Kläger entweder in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden hatte oder aber Übergangsgeld von der damaligen LVA Westfalen bezogen hatte. Zuletzt erfolgte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe durch Bescheid vom 16.11.2000 für die Zeit ab 09.09.2000. Der Kläger erhielt Arbeitslosenhilfe (Alhi) bis einschließlich 08.10.2000.
Ab 09.10.2000 bis 01.04.2001 nahm der Kläger im Rahmen einer beruflichen Rehabilitation an einem Vorbereitungstraining teil und bezog in dieser Zeit Übergangsgeld. In der Zeit vom 02.04. bis 01.07.2001 durchlief der Kläger eine Vollzeitvorschulung. Ausweislich eines Berichts des Berufsförderungswerks P vom 06.04.2000 waren entsprechende Vorbereitungstrainings notwendig, da der Kläger zur Überforderung neige, eine erheblich verminderte Frustrationstoleranz aufweise, ausgeprägt kränkbar sei mit erheblichen latenten Aggresionen und große Schwierigkeiten im Bereich der sozialen Kontakte aufweise.
In der Zeit ab 02.07.2001 für die Dauer von 24 Monaten absolvierte der Kläger sodann eine Umschulung. Die Prüfung fand am 20.06.2003 statt. Ab 01.07.2003 bis 15.02.2004 stand der Kläger bei seinem ehemaligen Arbeitgeber in einem Beschäftigungsverhältnis als Elektromonteur.
Am 13.01.2004 beantragte der Kläger für die Zeit nach Ende des Arbeitsverhältnisses, mithin ab 16.02.2004, die Gewährung von Arbeitslosenhilfe.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07.04.2004 mit der Begründung ab, der Kläger habe innerhalb des letzten Jahres vor der Arbeitslosmeldung den Bezug von Arbeitslosengeld nicht nachgewiesen. Vom 08.10.2000 bis 30.06.2003 habe er an einer Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation teilgenommen und Übergangsgeld erhalten. Dadurch verlängere sich der Jahreszeitraum entsprechend, längstens jedoch um zwei Jahre. Der letzte Tag des Anspruchs auf Arbeitslosengeld liege außerhalb der verlängerten Frist. Die Beklagte stützte ihre Entscheidung auf die §§ 190, 192 SGB Sozialgesetzbuch, Drittes Buch (SGB III).
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 23.04.2004 Widerspruch ein und machte zur Begründung geltend, durchgehend Leistungen von der Bundesagentur für Arbeit bezogen zu haben, entweder Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe. Zuletzt habe er Übergangsgeld erhalten und danach in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Anschließend sei er arbeitslos geworden. Es könne nicht angehen, dass jemand, der nach einer Maßnahme in Arbeit komme, dadurch seinen Leistungsanspruch verliere. Der Ablehnungsbescheid sei nicht nachvollziehbar.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2004 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die verlängerte Vorfrist umfasse vorliegend die Zeit vom 16.02.2001 bis 15.02.2004. Innerhalb dieses Zeitraums habe der Kläger kein Arbeitslosengeld bezogen. Damit seien die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosenhilfe nicht erfüllt.
Am 03.06.2004 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Münster Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Entscheidung der Beklagten sei nicht nachvollziehbar. Die Beklagte habe die Maßnahme finanziert, die ihn nun in die Sozialhilfe befördere. Dadurch habe die Beklagte ihre Fürsorgepflichten verletzt. Über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch sei er, der Kläger, so zu stellen, dass er Arbeitslosenhilfe erhalte. Entweder sei er von der Beklagten nämlich fehlerhaft belehrt oder aber gar nicht über die Risiken aufgeklärt worden, die mit einer Teilnahme an der Maßnahme einhergingen. Die Beklagte habe ihn seinerzeit verpflichtet, an der Maßnahme teilzunehmen. Hätte er gewusst, dass er durch die Maßnahme seinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe verlieren würde, so hätte er sich geweigert, daran teilzunehmen. Er habe der Beklagten eine betriebliche Ausbildung mit Lohnkostenzuschuss vorgeschlagen, in deren Rahmen er sozialversichert gewesen wäre. Dies habe die Beklage jedoch abgelehnt. Auch eine Verkürzung der Umschulungszeit habe das Arbeitsamt nicht gewollt, da die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt gewesen seien.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.04.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2004 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 16.02.2004 bis 18.08.2004 Arbeitslosenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat die Beklagte auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Sie hat darüber hinaus die Auffassung vertreten, ein Beratungsfehler liege nicht vor. Zudem stelle sich die Frage, wie der Kläger sich denn im Falle einer "richtigen" Beratung verhalten hätte. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger die Umschulungsmaßnahme abgelehnt hätte, nur um dauerhaft Arbeitslosenhilfe zu beziehen. Der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe sei gemäß § 196 SGB III erloschen. Die besonderen Voraussetzungen des § 85 Abs. 2 S. 3 SGB III, nach denen in Verbindung mit § 192 S. 3 SGB III eine weitere Ausdehnung der Vorfrist möglich sei, seien nicht erfüllt. Es beständen keine bundes- oder landesrechtlichen Regelungen, die eine Verkürzung der Ausbildung zum Kommunikationstechniker/Fachrichtung Informationstechnik ausschlössen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 13.06.2008 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, ein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe bestehe im streitigen Zeitraum nicht, weil die Voraussetzungen der §§ 190 ff. SGB III nicht erfüllt seien.
Der ursprüngliche Anspruch auf Arbeitslosenhilfe sei gemäß § 196 SGB III nach drei Jahren erloschen. Gemäß § 196 SGB III erlösche der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe u.a. dann, wenn seit dem letzten Tag des Bezugs von Arbeitslosenhilfe ein Jahr vergangen sei. Die Frist verlängere sich um Zeiten, die in § 196 S. 2 SGB III im Einzelnen aufgezählt seien, längstens jedoch um zwei Jahre. Nur in den Sonderfällen des § 85 Abs. 2 S. 3 SGB III verlängere sich diese Frist um drei Jahre. Im Falle des Klägers lägen die Voraussetzungen des § 85 Abs. 2 S. 3 SGB III jedoch nicht vor. Dieses gelte schon allein deshalb, weil er an einer Umschulung lediglich für die Dauer von zwei Jahren teilgenommen habe. Das Vorbereitungstraining und die Vollzeitvorschulung seien nicht hinzuzurechnen, da sie aus personenbezogenen Gründen notwendig geworden seien und nicht in Zusammenhang mit der Umschulung ständen.
Der Kläger habe auch keinen neuen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe erlangt, da die Vorfrist gemäß § 192 SGB III nicht erfüllt sei. In dem auf drei Jahre verlängerten Zeitraum, also der in Zeit vom 16.02.2001 bis 15.02.2004, habe der Kläger kein Arbeitslosengeld bezogen.
Schließlich habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe unter Berücksichtigung der Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Zum einen sei ein Beratungsfehler der Beklagten nicht nachgewiesen. Zum anderen scheitere ein solcher Anspruch auch an der fehlenden Kausalität zwischen einem etwaigen Beratungsfehler der Beklagten und dem sich daraus ergebenden Verhalten des Klägers. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger im Falle einer anderslautenden Beratung durch die Beklagte von der Umschulung Abstand genommen hätte, um sich seinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe zu sichern. Im Übrigen sei fraglich, ob in einem solchen Fall noch von der Verfügbarkeit des Klägers und damit vom Vorliegen einer Arbeitslosigkeit im Sinne der § 118,119 SGG ausgegangen werden könne.
Gegen das ihm am 27.06.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.07.2008 Berufung eingelegt.
Zur Begründung macht der Kläger geltend, er habe im gesamten Zeitraum seit 2001 bis 15.02.2004 im Leistungsbezug der Beklagten gestanden und sei im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten gezwungen gewesen, an verschiedenen Maßnahmen teilzunehmen. Allein der Umstand, dass ein einzelner Kurs in der gesetzlichen Vorschrift des § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III nicht aufgeführt sei, könne nicht dazu führen, dass jemand aus dem Leistungsbezug herausfalle und gleichsam im Jahre 2004 in die Sozialhilfe abgeschoben werde. Gegebenenfalls seien die gesetzlichen Regelungen analog anzuwenden, so dass durch die Programme der Beklagten gerade vermieden würde, dass im Anschluss an Arbeitslosenhilfe und Fördermaßnahmen ein Sozialhilfebezug entstehe. Ein Beratungsfehler der Beklagten und damit ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch ergebe sich auch daraus, dass das Programm für den Kläger offenbar "falsch gestrickt gewesen" sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 13.06.2008 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte sieht von einer Berufungserwiderung ab, da die Berufungsbegründung keine neuen Aspekte enthalte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Leistungsakte der Beklagten – 000 – und die Akte zur beruflichen Rehabilitation des Klägers – 001 – Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Berufung ist unbegründet.
Im streitigen Zeitraum vom 16.02. bis 18.08.2004 hatte der Kläger keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe.
Nach § 190 Abs. 1 SGB III (in der Fassung vom 24.12.2003, gültig vom 01.01. bis 31.12.2004) haben Anspruch auf Arbeitslosenhilfe Arbeitnehmer, die 1. arbeitslos sind, 2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben, 3. einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben, 4. in der Vorfrist Arbeitslosengeld bezogen haben, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 21 Wochen erloschen ist und 5. bedürftig sind.
Gemäß § 196 S. 1 Nr. 2 SGB III (in der Fassung vom 23.12.2003, gültig vom 01.01.2004 bis 31.12.2004) erlischt der zunächst erworbene Anspruch auf Alhi wenn seit dem letzten Tag des Bezugs von Alhi ein Jahr vergangen ist.
Im Falle des Klägers war beim erneuten Eintritt der Arbeitslosigkeit am 16.02.2004 der ursprüngliche Anspruch auf Alhi bereits erloschen und ein neuer Anspruch auf Alhi nicht entstanden.
Der letzte Bezug von Alhi endete am 08.10.2000, da der Kläger ab dem Folgetag sein Vorbereitungstraining zur beruflichen Reha begonnen und ab dann Übergangsgeld bezog. Der Ein-Jahres-Zeitraum gemäß § 196 S. 1 Nr. 2 SGB III endete folglich gem. § 26 I SGB X, §§ 187 – 193 BGB am 08.10.2001.
Die Jahresfrist war im Falle des Klägers auch nicht zu verlängern. Gemäß § 196 S. 2 Nr. 5 SGB III verlängert sich die Jahresfrist um Zeiten, in denen der Kläger von einem Rehabilitationsträger Übergangsgeld wegen einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten hat, längstens jedoch um zwei Jahre. Bei Anwendbarkeit des § 196 S. 2 Nr. 5 SGB III beträgt die Erlöschensfrist mithin maximal 3 Jahre seit dem letzten Bezug von Alhi. Unabhängig von der Frage, welche Übergangsgeld auslösenden Zeiten im Falle des Klägers berücksichtigt werden können, verlängert sich die Erlöschensfrist damit längstens bis 08.10.2003. Zum Zeitpunkt der erneuten Arbeitslosigkeit am 16.02.2004 wäre damit auch bei Anwendbarkeit § 196 S. 2 Nr. 5 SGB III der Alhi-Anspruch bereits erloschen gewesen.
Eine weitere Verlängerung der Erlöschensfrist um drei Jahre – also auf insgesamt 4 Jahre seit dem letzten Alhi-Bezug – scheidet unter Anwendung des § 196 S. 3 SGB III, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, aus. Gemäß § 196 S. 3 SGB III verlängert sich die einjährige Erlöschensfrist ausnahmsweise um bis zu drei Jahre und beträgt damit insgesamt maximal vier Jahre nach dem letzten Alhi-Bezug, wenn ein Fall des § 85 Abs. 2 S. 3 SGB III vorliegt.
Ein Fall des § 85 Abs. 2 S. 3 SGB III (in der Fassung vom 23.12.2003, gültig ab 01.01.2004) liegt jedoch nicht vor.
§ 85 Abs. 2 SGB III regelt die angemessene Dauer einer beruflichen Rehamaßnahme. So ist in § 85 Abs. 2 S. 2 SGB III geregelt, dass die Dauer einer "Vollzeitmaßnahme, die zu einem Abschluss in einem allgemein anerkannten Ausbildungsberuf führt", dann angemessen ist, wenn sie gegenüber einer entsprechenden Berufsausbildung um mindestens ein Drittel der Ausbildungszeit verkürzt ist. Danach wird, soweit beispielsweise für eine Berufsausbildung eine Ausbildungszeit von drei Jahren vorgeschrieben ist, die entsprechende Weiterbildungsmaßnahme in der Regel nur anerkannt, wenn sie längstens zwei Jahre gedauert hat. Hintergrund ist, dass Arbeitnehmer, die an beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen, gegenüber Auszubildenden über eine größere Lebens- und Berufserfahrung verfügen und deshalb das Ausbildungsziel im Allgemeinen schneller erreichen können (Stratmann, in: Niesel, SGB III, 4. Auflage 2007, § 85, Rn. 12).
§ 85 Abs. 2 S. 3 SGB III, auf den in § 196 S. 3 SGB III Bezug genommen wird, behandelt den Ausnahmefall, in dem eine Ausbildungsverkürzung aufgrund gesetzlicher Vorgaben nicht möglich ist. Nur in diesem Fall kann gemäß § 85 Abs. 2 S. 2 SGB III eine längere Ausbildung oder Umschulung als berufliche Reha-Maßnahme angemessen sein. Entsprechend verlängert sich auch die Erlöschensfrist für die Arbeitslosenhilfe gemäß § 196 S. 3 SGB III um längstens 3 Jahre und beträgt damit insgesamt maximal 4 Jahre seit dem letzten Alhi-Bezug.
Der vorliegende Fall liegt jedoch, wie das Sozialgericht richtig ausgeführt hat, anders. Die eigentliche Ausbildung des Klägers zum Kommunikationselektroniker dauerte nur 24 Monate (02.07.2001 – 30.06.2003). Soweit der Umschulungszeitraum über die eigentliche Ausbildungszeit von 24 Monaten hinausging, waren hierfür Gründe ausschlaggebend, die nicht mit der Ausbildung in Zusammenhang standen, sondern mit in der persönlichen Kostitution bzw. gesundheitlichen Situation des Klägers begründet waren. Der Grund für den verlängerten Bezug von Übergangsgeld lag alleine in einer psychischen Fehlhaltung oder Erkrankung, die einer Umschulung zunächst noch entgegenstand, wie sich aus den beigezogenen Rehaakten ergibt. Der in diesen Akten dokumentierte psychische Befund reicht von einer somatoformen Schmerzstörung über verminderte Frustrationstoleranz und Aggressionsverhalten bis hin zu Schwierigkeiten im sozialen Kontakt.
Da dies nicht die Konstellation ist, die der Gesetzgeber im Rahmen des § 85 Abs. 2 S. 3 SGB III im Blick hatte, führen die Trainingsmaßnahmen in der Zeit vom 09.10.2000 – 01.07.2001, die nicht zu der eigentlichen Umschuldung gehören, auch nicht zu einer Verlängerung des berücksichtigungsfähigen Umschulungszeitraums (so im Ergebnis auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21.04.2004 – L 2 AL 7/02 – sowie das hierzu bestätigend ergangene Revisionsurteil des BSG vom 03.05.2005 – B 7a/7 AL 40/04 R -).
Auch ein neuer Arbeitslosenhilfeanspruch ist nicht entstanden. Dies hätte gemäß § 190 Abs. 1 Nr. 4 SGB III (in der Fassung vom 24.12.2003) vorausgesetzt, dass der Kläger in der Vorzeit Arbeitslosengeld bezogen hätte. Die Vorzeit beträgt gemäß § 192 S. 1 SGB III ein Jahr und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe. Ausgehend von der Arbeitslosigkeit des Klägers ab 16.02.2004 erstreckte sich die einjährige Vorfrist auf den Zeitraum vom 16.02.2004 bis 15.02.2003.
Unter den Voraussetzungen des § 192 S. 2 Nr. 5 SGB III (Übergangsgeld wegen beruflicher Reha) kann die Jahresfrist bis zu maximal zwei Jahren verlängert werden. Damit würde sich die Vorfrist bis 16.02.2001 erstrecken. Maximal kann die einjährige Vorfrist um drei Jahre verlängert werden, nämlich in den Sonderfällen des § 85 Abs. 2 S. 3 SGB III (siehe oben). In diesem Fall würde sich die Vorfrist bis 16.02.2000 erstrecken.
Da der letzte Bezug von Arbeitslosengeld schon zuvor, nämlich am 08.06.1998 endete, kommt auch unter den günstigsten für den Kläger anzunehmenden Bedingungen ein neu entstandener Alhi-Anspruch nicht in Betracht.
Abschließend kommt auch nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs die Gewährung von Arbeitslosenhilfe im streitigen Zeitraum nicht in Betracht.
Voraussetzung dieses Anspruchs ist eine Pflichtverletzung eines Leistungsträgers, die zu einem Schaden in Form des Ausbleibens von Vorteilen (insb. Anwartschaften, Ansprüchen, Leistungen) geführt hat, die an sich im Sozialrecht vorgesehen sind und insbesondere dem betroffenen Bürger zugute kommen sollen. Der Anspruch geht auf Herstellung des Zustandes, der eingetreten wäre, wenn die Verwaltung sich nicht rechtswidrig verhalten hätte (Seewald, in: Kasseler-Kommentar, 59. Ergänzungslieferung 2008, Vorbemerkungen vor §§ 38-47 SGB I, Rn. 30).
Es fehlt bereits an einer Pflichtverletzung der Beklagten. Eine Beratungspflicht der Beklagten dahingehend, den Kläger von Umschulungen abzuhalten, die ihm eine vollständige Berufsausbildung und damit gute Chancen auf eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt bieten, kann nicht ernstlich angenommen werden. Soweit der Kläger behauptet, dass er auf eine Umschulung verzichtet hätte, sofern ihm bewusst gewesen wäre, dass er hierdurch seinen Arbeitslosenhilfeanspruch verlieren könnte, würde auch dies im Ergebnis nicht zu einem Anspruch auf Alhi führen. Denn unter diesen Voraussetzungen wäre nicht mehr von einer Verfügbarkeit des Klägers für den Arbeitsmarkt und damit von Arbeitslosigkeit im Sinne von § 190 Abs. 1 SGB III als Leistungsvoraussetzung für die Gewährung von Alhi auszugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Revisionszulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben waren.
Erstellt am: 06.05.2009
Zuletzt verändert am: 06.05.2009