Die Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 16.08.2007 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Zwischen den Beteiligten ist der Leistungsausschluss für Auszubildende nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) streitig.
Im Januar 2001 hat der Antragsteller vor der Industrie- und Handelskammer zu Münster erfolgreich die Ausbildung zum Holzmechaniker (Möbel- und Gehäuseindustrie, Industrien des Innenausbaus und des Ladenbaus) abgeschlossen. Die Antragsgegnerin gewährte dem ledigen, 1981 geborenen Antragsteller zuletzt mit Bescheiden vom 25.04.2007 und 31.05.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum von Mai bis Oktober 2007. Am 01.08.2007 hat der Antragsteller eine betriebliche Ausbildung zum Elektroniker, Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik, begonnen. Die wegen der Erstausbildung um zwölf Monate verkürzte Lehre dauert bis zum 31.01.2010.
Mit Bescheid vom 13.07.2007 hob die Antragsgegnerin den Bescheid vom 31.05.2007 ab August 2007 auf. Zur Begründung wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass nach § 7 Abs. 5 SGB II Auszubildende keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hätten, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) oder der §§ 60 bis 62 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig sei. Die Ausbildung des Antragstellers sei dem Grunde nach förderungsfähig, wobei es unerheblich sei, dass eine Zweitausbildung nicht gefördert werden könne.
Die Beschwerde des Antragstellers, der das Sozialgericht (SG) nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 24.09.2007), ist unbegründet. Das SG hat den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 09.08.2007 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.07.2007 zu Recht abgelehnt.
Das Begehren des Antragstellers ist als Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu werten. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 13.07.2007, mit dem die Antragsgegnerin die Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum ab 01.08.2007 vollständig aufhob, hatte keine aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG in Verbindung mit § 39 Nr. 1 SGB II. Die Bestimmung des § 39 Nr. 1 SGB II erfasst auch Aufhebungsentscheidungen gemäß §§ 45 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Denn auch die Aufhebung einer Bewilligung stellt eine "Entscheidung" über "Leistungen" der Grundsicherung dar und fällt somit in den Anwendungsbereich des § 39 Nr. 1 SGB II (BSG; Urteil vom 06.09.2007 – B 14/7b 36/06 R; LSG NRW, Beschluss vom 21.09.2007 – L 7 B 209/07 AS ER; LSG NRW, Beschluss vom 01.10.2007 – L 7 B 204/07 AS; LSG NRW, Beschluss vom 31.03.2006 – L 19 B 15/06 AS ER; Prof. Dr. Udsching, SGb 9/07, 513, 518; a. A. Conradis in LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 39 Rn. 7).
Auch zur Überzeugung des Senats geht die im Rahmen der Entscheidung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG vorzunehmende Interessenabwägung vorliegend nicht zugunsten des Antragsteller aus. Im Rahmen dieser Abwägung ist zu ermitteln, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder ob seine Vollziehung eine unbillige, nicht durch überwiegend öffentliches Interesse gebotene Härte zur Folge hätte. Dabei ist in den Fällen, in denen von Gesetzes wegen die aufschiebende Wirkung wegfällt, von einem Regel-Ausnahmeverhältnis zwischen sofortiger Vollziehbarkeit einerseits und aufschiebender Wirkung andererseits auszugehen mit der Folge, dass das Vollzugsinteresse in der Regel Vorrang hat.
Das SG hat zu Recht ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes vom 13.07.2007 verneint. Mit dem Beginn der Ausbildung zum Elektroniker stehen dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht (mehr) zu. Es handelt sich um eine nach den §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung. Dem Anspruch des Antragstellers steht daher die anspruchsvernichtende Regelung des § 7 Abs. 5 SGB II entgegen. Die Antragsgegnerin hat zutreffend eine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 48 SGB X bejaht.
Nach der Rechtsprechung des Senats (a.a.O.) beurteilt sich die Frage, wann eine Ausbildung "dem Grunde nach" förderungsfähig nach § 7 Abs. 5 SGB II ist, ausschließlich nach der abstrakten Förderungsfähigkeit. Somit hat das SG zutreffend darauf abgestellt, ob die Ausbildung im Rahmen des BaföG oder nach §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist. Unerheblich ist daher, ob der jeweilige Antragsteller in seiner Person die Förderungsvoraussetzungen erfüllt. Diese Auslegung folgt zum einen aus dem – eindeutigen – Wortlaut des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II. Auch nach Sinn und Zweck der Norm ergibt sich kein anderes Ergebnis. Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG im Beschluss vom 16.08.2007, die er sich zu eigen macht (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Anhaltspunkte dafür, dass bei dem Antragsteller eine besondere Härte nach § 7 Abs. 5 S. 2 SGB II besteht, liegen nicht vor. Danach können in besonderen Härtefällen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen geleistet werden. Zur Vermeidung einer Ausweitung der steuerfinanzierten Leistung nach dem SGB II durch Verlagerung der Finanzierung der Ausbildungsförderung auf die Allgemeinheit bedarf es insoweit einer restriktiven Auslegung. Eine besondere Härte ist unter anderem dann bejaht worden, wenn die finanzielle Grundlage einer fortgeschrittenen Ausbildung, die zuvor gesichert war, entfallen ist oder aber die Abschlussprüfung unmittelbar bevorsteht (Brühl/Schoch in LPK- SGB II, § 7 Rn. 102; LSG NRW, Beschluss vom 24.09.2007 – L 20 B 85/07 AS ER). Ein solcher Sachverhalt liegt nicht vor.
Der Senat konnte sich im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren geboten summarischen Prüfung nicht davon überzeugen, dass die Regelung des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II zu verfassungswidrigen Ergebnissen führt (vgl. insoweit LSG NRW, Beschluss vom 21.09.2007 – L 7 B 209/07 AS ER). Der Antragsteller erhält eine Ausbildungsvergütung. Zudem hat die Antragsgegnerin den Antragsteller im Bescheid vom 13.07.2007 darauf hingewiesen, dass er bei der Wohnortgemeinde einen allgemeinen Mietzuschuss beantragen kann.
Einen Zuschuss zu den Kosten für Unterkunft und Heizung kann der Antragsteller nicht beanspruchen. Die Voraussetzungen des § 22 Abs. 7 Satz 1 SGG II liegen nicht vor. Nach der abschließenden Aufzählung sind danach nur die Auszubildenden anspruchsberechtigt, die Berufsausbildungsbeihilfe (§§ 59 ff. SGB III), Ausbildungsgeld (§§ 104 ff. SGB III) oder Leistungen nach dem BAföG erhalten.
Da die Rechtsverfolgung des Antragstellers keine Aussicht auf Erfolg bietet, ist die Beschwerde gegen den Beschluss vom 16.08.2007 auch insoweit unbegründet, als das SG den Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Bevollmächtigten abgelehnt hat (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung – ZPO -). Denn es handelte sich um keine in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ungeklärte Rechtsfrage, da insoweit auf die Entscheidungen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. Bundesverwaltungsgericht – BVerwG -, Beschluss vom 13.05.1993, 5 B 82/92) zu dem § 26 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) nachgebildeten § 7 Abs. 5 S. 1 SGB II zurückgegriffen werden konnte (BT-Drucks. 15/1749, S. 31). Zudem hat sich das BSG dieser Rechtsprechung angeschlossen (BSG, a.a.O.)
Soweit der Antragsteller mit der Beschwerde die Ablehnung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung angegriffen hat, folgt die Kostenentscheidung aus § 193 SGG analog.
Soweit sich die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe richtet, werden Kosten im Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§ 73a Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angegriffen werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 15.11.2007
Zuletzt verändert am: 15.11.2007