Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 27.05.2013 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung, dem Antragsgegner zu untersagen, Sozialdaten des Antragstellers, wie z. B. seine Bedarfsgemeinschaftsnummer (BG-Nummer) außerhalb eines konkreten Leistungsfalles (z. B. bei Störungsmeldung) durch Unbefugte wie z.B. Mitarbeiter der Stabstelle zu erheben, zu verarbeiten oder nutzen zu lassen.
Der Antragsteller ist als Rechtsanwalt selbständig tätig. Seit 2007 bezieht er vom Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II.
Am 09.04.2013 teilte der Antragsteller der Geschäftsführung des Antragsgegners per E-Mail eine Störung der Funktion der zentralen Faxanlage mit. Der Antragsteller schloss seine E-Mail mit "MfG RA X". Die E-Mail war abgesandt von Rechtsanwalt X info@ra-X.de. Die Mitarbeiterin der Stabsstelle Zentrales Beschwerdemanagement/ Innenrevision, Frau L, informierte den Antragsteller mit E-Mail vom 10.04 2013, dass eine Störung der Telefaxanlage nicht feststellbar sei. Dieser Mitteilung widersprach der Antragsteller mit E-Mail vom 10.04.2013. Daraufhin teilte die stellvertretende Leiterin der Stabsstelle, Frau U, dem Antragsteller mit Schreiben vom 15.04.2013 mit, dass ein Fehler an der Telefax-/Telefonanlage nicht festgestellt worden sei. Im Briefkopf dieses Schreibens ist u.a. ausgeführt: "Mein Zeichen: XXX" (BG-Nummer des Antragstellers).
Mit E-Mail vom 20.04.2013 forderte der Antragsteller die Geschäftsführung des Antragsgegners unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 15.04.2013 auf, zukünftig zu unterlassen, aus Anlass einer Störungsmeldung bezüglich seiner technischen Anlagen, den Sozialdatenschutz dadurch zu verletzen, dass seine Angestellten ohne Ermächtigungsgrundlage Nachforschungen in der Leistungsdatenbank anstellten und die hierbei gewonnenen Daten, zu denen insbesondere eine BG-Nummer gehöre, herauszugeben. Mit Schreiben vom 23.04.2013 erwiderte der Antragsgegner, das Schreiben vom 15.04.2013 sei nicht zu beanstanden und wies die Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Frau U als unbegründet zurück.
Mit E-Mail vom 26.04.2013 forderte der Antragsteller den Antragsgegner unter Fristsetzung bis zum 03.05.2013 erneut zu einer entsprechenden Unterlassungserklärung auf.
Mit Schreiben vom 30.04.2013 teilte der Geschäftsführer des Antragsgegners mit, dass Meldungen über die mangelnde Erreichbarkeit des Jobcenters Beschwerden seien und vom Zentralen Beschwerdemanagement in der Stabsstelle bearbeitet würden. Wenn Beschwerden von Kundinnen oder Kunden des Jobcenters erfolgten, würden sie als Kundenbeschwerden behandelt. Das Antwortschreiben enthalte dann zur eindeutigen Kennzeichnung und Zuordnung die entsprechende BG-Nummer als Aktenzeichen. Dies sei nicht zu beanstanden. Wenn der Antragsteller Störungsmeldungen nicht als Kunde des Jobcenters vorbringe, sondern im Rahmen seiner Arbeit als Rechtsanwalt, werde seine BG-Nummer nicht angegeben. Aus den Störungsmeldungen müsse jedoch eindeutig hervorgehen, dass der Antragsteller diese nicht in seiner Eigenschaft als Kunde des Jobcenters vorbringe. Dies sei bislang nicht erfolgt. Alle mit der Bearbeitung von Kundenanliegen betrauten Beschäftigten seien dem Sozialdatenschutz verpflichtet und hätten Zugriff auf die Daten der Kundinnen und Kunden.
Am 10.05.2013 erhob der Antragsteller eine Unterlassungsklage mit dem Begehren, bei Vermeidung der Verhängung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR und ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten dem Antragsgegner zu untersagen, Sozialdaten des Antragstellers, wie z. B. die BG-Nummer außerhalb eines konkreten Leistungsfalles (z.B. bei Störungsmeldungen) durch Unbefugte wie z.B. Mitarbeiter der Stabsstelle erheben, verarbeiten oder nutzen zu lassen.
Gleichzeitig hat er einen gleichlautenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Er hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Unterlassungsanspruch aus § 35 SGB I zu. Die Mitarbeiterin der Stabsstelle, Frau U habe unbefugt seine Sozialdaten erhoben und genutzt.
Der Antragsgegner hat vorgetragen, im Rahmen der Prüfung des Weiterbewilligungsantrages vom 30.03.2013 sei dem Antragsteller ein Schreiben vom 02.04.2013 übersandt worden. Das daraufhin vom Antragsteller abgesandte Antwortfax vom 08.04.2013 habe nur unvollständig reproduziert werden können. Nach Absendung der E-Mail vom 10.04.2013 sei bekanntgeworden, dass am 09.04.2013 um 13.54 Uhr seine Telefonzentrale von der bekannten Privatnummer des Antragstellers kontaktiert worden sei. Ohne Nennung eines Namens habe das Gespräch sofort in seine Poststelle verbunden werden sollen, ferner sei angegeben worden, dass eine Faxnummer nicht funktioniere. Dem Anrufer sei mitgeteilt worden, dass keine Kundengespräche an die Poststelle weitergeleitet würden. Im Verlaufe des Gespräches habe sich der Anrufer dann als Herr Müller von der Stadt C ausgegeben, um sein Anliegen zu verstärken, endlich mit der Poststelle verbunden zu werden. Da die Amtsnummern der Stadt C jedoch seinen Mitarbeitern bekannt seien, sei es offensichtlich, dass der Anrufer kein Mitarbeiter der Stadt C gewesen sei. Unter Berücksichtigung der geschilderten Faxproblematik sei es ihm im Ergebnis klar gewesen, dass sich der Antragsteller unter einer anderen Identität gemeldet habe, um mit der Poststelle verbunden zu werden. Aufgrund dessen habe er den Antragsteller mit Schreiben vom 15.04.2013 aufgefordert, zukünftig keine andere Identität, sondern seinen korrekten Namen anzugeben. Hierbei habe die BG-Nummer des Antragstellers angegeben werden können, da es sich bei Herrn Rechtsanwalt X und X um ein und dieselbe Person handele. Da er den Antragsteller als Anrufer in fremder Identität erkannt habe, habe ihm das Recht zur Aufforderung der Unterlassung dieses Verhaltens zugestanden. Ergänzend weise er darauf hin, dass der Antragsteller bei ihm seit der Leistungsgewährung in eigener Sache als originärer Antragsteller oder als Rechtsanwalt X vorspreche. Einen Hinweis auf Mandatierung in eigener Sache erfolge nicht. Aufgrund dessen habe der Antragsteller einen Rechtschein gesetzt, dass es bei seinen Vorsprachen aber auch bei Vorsprachen von Herrn Rechtsanwalt X im Ergebnis um Rechtswahrnehmungen des SGB II in eigener Angelegenheit gehe.
Durch Beschluss vom 27.05.2013 hat das Sozialgericht Köln den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen diese am 29.05.2013 zugestellte Entscheidung hat der Antragsteller am 29.05.2013 Beschwerde erhoben. Er trägt vor, bei der E-Mail vom 09.04.2013 handele es sich um eine schlichte Meldung einer technischen Störung durch einen Rechtsanwalt. Deshalb seien die Mitarbeiter des Antragsgegners nicht berechtigt gewesen zu prüfen oder festzustellen, ob er Leistungsbezieher sei und die BG-Nummer in den weiteren Schreiben zu verwenden.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat zutreffend den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 S. 1 SGG kann das Gericht eine sog. Sicherungsanordnung in Bezug auf einen Streitgegenstand treffen, wenn kein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt und die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Mit der Sicherungsanordnung sollen bestehende Rechte gesichert werden.
Eine Sicherungsanordnung ist vorliegend statthaft, weil der Antragsteller das Unterlassen künftiger Eingriffe in sein Recht auf Schutz seiner Sozialdaten nach § 35 SGB I begehrt (vgl. hierzu Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 3. Aufl., Rn 308, 385). Ein Fall nach § 86 Abs. 1 SGG liegt nicht vor, weil es sich bei der die Angabe der BG-Nummer in dem an den Antragsteller gerichteten Schreiben nicht um einen Verwaltungsakt handelt.
Dahingestellt bleiben kann, ob der Antragsteller einen Anordnungsanspruch als öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB analog glaubhaft gemacht hat (vgl. zum Rechtschutz bei Verletzung des Sozialgeheimnisses: BSG, Urteil vom 28.01.1993 – 2 RU 8/92 -; Lilge, Berliner Kommentar zum SGB I, 3. Aufl., § 35 Rn 55). Daher kann offen bleiben, ob es sich bei der BG-Nummer als Identifikationsnummer i.S.v. § 51a SGB II um eine sog. "sprechende" Ordnungsnummer und damit um Sozialdaten i.S.v. § 67 Abs. 1 S. 1 SGB X handelt (vgl. hierzu Wagner in jurisPK-SGB II, § 51a SGB II, Rn 12 m.w.N.) und ob der Antragsgegner die BG-Nummer zulässig verwendet hat.
Denn jedenfalls hat der Antragsteller keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Es muss eine objektive, konkrete Gefahr glaubhaft gemacht werden, dass die Rechtsverwirklichung im Hauptsacheverfahren vereitelt oder wesentlich erschwert wird (vgl. Krodel, a.a.O., Rn 384). Die Durchsetzung eines Rechts ist wesentlich erschwert, wenn ohne einstweilige Anordnung eine Beeinträchtigung des zu sichernden Rechts droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr revidiert werden kann. Bei der unbefugten Weitergabe von Sozialdaten kann insoweit ein sofortiges gerichtliches Einschreiten im Wege der einstweiligen Anordnung geboten sein.
Indes hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner Sozialdaten in einer Weise unbefugt nutzt, die ein sofortiges Einschreiten gebietet.
Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar und auch nicht vom Antragsteller vorgetragen, dass einem Dritten außerhalb der Behörde die BG-Nummer als Identifikationsnummer übermittelt worden ist bzw. die konkrete Gefahr besteht, dass sie übermittelt wird. Bei dem Antragsteller handelt es sich datenschutzrechtlich nicht um einen Dritten (vergl. § 67 Abs. 10 S. 3 SGB X). Der Antragsgegner verwendet die BG-Nummer nach seinen plausiblen und glaubhaften Einlassungen, die der Antragsteller nicht bestritten hat, ausschließlich in Schreiben, die an den Antragsteller adressiert sind.
Gegen die Annahme des Antragstellers, dass Mitarbeiter des Antragsgegners seine BG-Nummer außerhalb der Bearbeitung seiner Leistungsangelegenheit unzulässig erhoben und genutzt hätten oder nutzen werden, spricht schon, dass der Schriftverkehr anlässlich der Prüfung des Weiterbewilligungsantrags des Antragstellers vom 30.03.2013 geführt worden ist, in dessen Zusammenhang ein Fax des Antragstellers nur unvollständig reproduziert werden konnte. Zudem hat der Antragsgegner im gerichtlichen Verfahren nachvollziehbar dargelegt, dass er die BG-Nummer als Kundennummer im Schriftverkehr mit dem Antragsteller nicht verwendet, wenn dieser sich unter Bezugnahme auf seine berufliche Tätigkeit und unter Hinweis auf die Wahrnehmung eines Mandats in fremder oder eigener Sache an ihn wendet.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Erstellt am: 18.07.2013
Zuletzt verändert am: 18.07.2013