Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.10.2014 – S 5 AS 3297/13 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts, mit dem ihre Klage gegen die Feststellung einer Minderung ihrer Regelleistung um 103,50 EUR monatlich für zwei Monate wegen Nichtantrittes einer Eingliederungsmaßnahme abgewiesen worden ist.
Die am 00.00.1962 geborene und seit 2005 durchgehend nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigte Klägerin bezieht in Bedarfsgemeinschaft mit mehreren Familienmitgliedern lebend Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II, die mit Bescheid vom 26.02.2013 für den Zeitraum vom 01.04.2013 bis zum 30.09.2013 bewilligt worden waren.
Die Klägerin verpflichtete sich in der Eingliederungsvereinbarung vom 28.01.2013 an einer Maßnahme des Vereins für europäische Sozialarbeit, Bildung und Erziehung e.V. in der Zeit vom 31.01.2013 bis zum 30.06.2013 teilzunehmen. Gleichzeitig unterbreitete der Beklagte mit Bescheid vom 28.01.2013 der Klägerin ein Angebot einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 Abs. 1S. 1 SGB III. Die Klägerin sprach beim Maßnahmeträger vor, trat die Maßnahme aber nicht an.
Nach vorheriger Anhörung mit Schreiben vom 22.02.2013 minderte der Beklagte mit Bescheid vom 27.03.2013 die für die Klägerin maßgebliche Regelleistung im Zeitraum vom 01.05.2013 bis zum 31.07.2013 um 30 % bzw. 103,00 EUR monatlich und wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 14.06.2013 unter Aufhebung der Minderung für Juli 2013 zurück.
Mit der am 24.06.2013 erhobenen Klage hat die Klägerin die Aufhebung des Bescheides vom 27.03.2013 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2013 begehrt. Durch Urteil vom 17.10.2014 hat das Sozialgericht Köln die Klage abgewiesen. Es hat weder im Tenor noch den Gründen der Entscheidung die Berufung zugelassen.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem am 19.11.2014 zugestellten Urteil richtet sich die Beschwerde der Klägerin vom 22.12.2014. Die Berufung sei nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Das Urteil weise grundsätzliche Bedeutung auf, weil es an obergerichtlicher und höchstrichterlicher Rechtsprechung zu der Rechtsfrage, wann die Teilnahme an einer Maßnahme wegen Unterforderung unzumutbar sei, fehle. Nach dem Inhalt der Maßnahme und deren äußeren Bedingungen, sei die Teilnahme angesichts vorhandener Vorkenntnisse der Klägerin unzumutbar gewesen.
Die Klägerin beantragt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Zu Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet.
Die auf Abwendung einer Minderung des ALG II-Anspruchs um insgesamt 207,00 EUR im Rahmen einer isolierten Anfechtungsklage gerichtete Berufung erreicht den für die Zulässigkeit der Berufung kraft Gesetzes nach § 144 Abs. 1 SGG erforderlichen Wert der Beschwer von mehr als 750,00 EUR nicht. Die Beschwerde ist innerhalb der Monatsfrist aus § 145 Abs. 1 S. 1 SGG formgerecht eingelegt worden.
Die Beschwerde ist unbegründet, weil ein Zulassungsgrund nicht vorliegt.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist eine Berufung zuzulassen, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
1.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache i.S.v. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG, wenn sie eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt nicht (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 144 Rn. 28 f. m.w.N.). Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen oder bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden sein (BSG Beschluss vom 15.09.1997 – 9 BVg 6/97 zum gleichlautenden § 160 SGG). Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und – über den Einzelfall hinaus – klärungsfähig sein.
Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage, wann und unter welchen Bedingungen die Teilnahme an einer Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit zumutbar ist, weist keine grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne auf. Sie ist durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geklärt bzw. ergibt sich eindeutig aus dem Gesetzeswortlaut. Das Bundessozialgericht hat zu der Frage, wann eine Sperrzeit bei Ablehnung oder Abbruch der beruflichen Eingliederungsmaßnahme i.S.v. § 159 Abs. 1 S. 1 Nrn. 4 und 5 SGB III (bzw. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 und 5 SGB III a.F.) entschieden, dass der Eintritt einer Sperrzeit u.a. voraussetzt, das die berufliche Eingliederungsmaßnahme zumutbar sein muss. Bei der Beurteilung, ob eine berufliche Eingliederungsmaßnahme zumutbar ist, ist auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen, wobei es auf die Inhalte und die konkrete Ausgestaltung der angebotenen Maßnahme ankommt (BSG Urteile vom 29.01.2003 – B 11 AL 33/02 R – und vom 18.09.1992 -7 RAr 68/96 -, SozR 3-4465 § 3 Nr. 1). Die Maßnahme muss objektiv geeignet sein, die Eingliederungsaussichten zu verbessern. Erforderlich ist danach eine Prognoseabschätzung, die den individuellen Qualifikationsstand des Arbeitslosen und die Dauer seiner Arbeitslosigkeit ebenso zu berücksichtigen hat wie die Arbeitsmarktentwicklung (LSG Hessen, Urteil vom 09.08.2000, L 6 AL 166/10 – m.w.N. zum Eintritt einer Sperrzeit bei angeblicher Unterforderung). Die vom BSG geforderten Anforderungen an die Zumutbarkeit einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme für das SGB III sind auf die beruflichen Eingliederungsmaßnahmen als Leistungen zur Eingliederung nach § 16 Abs. 1 S. 2 Nrn. 2, 3,4 SGB II übertragbar. Denn diese beruflichen Eingliederungsmaßnahmen entsprechen hinsichtlich ihrer Förderbarkeit denen nach dem SGB III. Dies ergibt sich durch die in § 16 Abs. 1 enthaltenen Rechtsgrundverweisung auf die Vorschriften des SGB III. Die individuelle Zumutbarkeit eines Leistungsberechtigten der Teilnahme zur Eingliederung ist in § 10 Abs. 3 SGB II geregelt, wonach die Regelungen über die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit in § 10 Abs. 1 Abs. 2 SGB II entsprechend gelten. Grundsätzlich ist zur Abwendung der Hilfebedürftigkeit die Aufnahme jeder Arbeit, unabhängig von schulischer und beruflicher Bildung, zumutbar, die ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter in Hinblick auf seine Fähigkeiten und Leistungsvoraussetzungen erfüllen kann und darf (BSG Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R). Ob die Teilnahme an einer Maßnahme wegen objektiver Ungeeignetheit zur Verbesserung der Eingliederung in Arbeit oder individueller Gründe unzumutbar ist, ist eine Frage eines Einzelfalls (siehe hierzu Zusammenstellung der Rechtsprechung in: Armborst in LPK-SGB II, 5. Aufl., § 10 Rn. 48, Hackethal in juris-PK, 3. Aufl. 2012, § 10 Rn 38; Rixen in Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 10 Rn 121). Soweit die Klägerin rügt, dass ihre Teilnahme an der konkret angebotene Maßnahme nach ihren persönlichen Vorkenntnissen und den Eigenschaften wegen Unterforderung unzumutbar gewesen sei, greift die Beschwerde eine im Ergebnis als fehlerhaft angesehene Subsumtion im Einzelfall auf, die mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerade nicht erneut zur Prüfung gestellt werden kann.
Auch ist geklärt, dass die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage gegen eine Bescheid, in dem der Eintritt einer Minderung ihres ALG II-Anspruchs wegen des Eintritts einer Sanktion für die Dauer von zwei Monaten festgestellt wird, als isolierte Anfechtungsklage zulässig ist (Urteil des BSG vom 29.04.2015 – B 14 AS 19/14 R -, Pressebericht Nr. 18/15 vom 24.04. 2015, wonach es sich bei einem Bescheid auf Grundlage von §§ 31b Abs. 1 S. 1, 39 Nr. 1 SGB II in der ab 1.4.2011 geltenden Fassung im Gegensatz zu der früheren Rechtsprechung um einen eigenständigen Verwaltungsakt handelt, der keine rechtliche Einheit mit dem Verwaltungsakt bildet, mit dem die Minderung umgesetzt wird): Da die Klägerin mit ihrer Klage nur den die Minderung ihres ALG II-Anspruchs wegen Eintritts der Sanktion feststellenden Verwaltungsakt angefochten hat, ist in diesem Verfahren auch nicht klärungsfähig, ob die Umsetzung der Sanktion die (teilweise) Aufhebung des die Leistungen nach dem SGB II im Sanktionszeitraums regelnden Bewilligungsbescheides vom 26.02.2013 bedurfte oder die festgestellte Minderung ohne Aufhebung des entgegenstehenden Bewilligungsbescheides vollzogen werden konnte. Einen entsprechenden Leistungsantrag hat die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren nicht gestellt.
2.
Es liegt auch kein Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG vor. Eine Divergenz im Sinne dieser Vorschrift kommt nur dann in Betracht, wenn das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des Sozialgerichts nicht den Kriterien entspricht, die die obersten Gerichte aufgestellt haben, sondern erst dann, wenn es diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (einheitliche Rechtsprechung der Gerichtshöfe des Bundes, z. B. BAG Beschluss vom 15.10.2012 – 5 AZN 1958/12; BGH Beschlüsse vom 27.03.2003 – V ZB 291/02 und 23.06.2012 – AnwZ (Brfg) 58/11; BFH Beschlüsse vom 12.10.2011 – III B 56/11 und 01.06.2012 – III B 3/11; BVerwG Beschlüsse vom 17.10.2012 – 8 B 42/12 und 25.10.2012 – 10 B 16/12; BSG Beschluss vom 19.07.2012 – B 1 KR 65/11 B, jeweils m. w. N.; Frehse in Jansen, Sozialgerichtsgesetz, 4. Aufl., § 144 Rn. 18; Düring, a.a.O., § 160 Rn. 13 f; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auf., § 144 Rn. 30 f., § 160 Rn. 10 f.; Littmann in Hk-SGG, 4. Aufl., § 144 Rn. 17; Lüdtke, a. a. O. § 160 Rn. 12 f. jeweils m.w.N.). Das angefochtene Urteil und die vorgebliche Divergenzentscheidung müssen dieselbe Rechtsfrage betreffen und zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sein (BFH Beschlüsse vom 21.10. 2010 – VIII B 107/09 = BFH/NV 2011, 282 und 12.10.2011-III B 56/11). Einen mit der Divergenzbeschwerde zu rügenden abstrakten Rechtssatz hat das Sozialgericht nicht aufgestellt.
3.
Schließlich ist auch der Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht gegeben. Die Beschwerdeführerin macht keinen Verfahrensmangel geltend.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Prozesskostenhilfe ist bereits deshalb nicht zu bewilligen, weil eine Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vor Abschluss des Verfahrens nicht vorgelegt worden ist Es liegt deshalb kein bewilligungsreifer Antrag vor (ständige Rechtsprechung auch des Senats, z.B. Beschluss vom 26.04.2013 – L 19 AS 575/13 B. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht ist in der Regel der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 20.09.2011 – L 19 AS 1509/11 B ER, L 19 AS 1510/11 B – , Bayerisches LSG Beschluss vom 19.03.2009 – L 7 AS 64/09 B PKH -). Entscheidungsreif ist ein Antrag, wenn der Antragsteller einen bewilligungsreifen Antrag vorgelegt (vgl. hierzu BVerfG Beschluss vom 14.04.2010 – 1 BvR 362/10) und der Gegner nach § 73a SGG i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO Gelegenheit zur Stellung gehabt hat.
Ein Vordruck nach § 117 Abs. 4 ZPO ist grundsätzlich in jedem Antragsverfahren vorzulegen (vgl. Straßfeld in Jansen, SGG, 4. Aufl. 2012, § 73a Rn 12). Eine Bezugnahme auf in anderen Verfahren oder Rechtszügen vorgelegte Vordrucke verbunden mit der glaubhaften Mitteilung, dass sich seither nichts verändert habe, ist zwar grundsätzlich möglich (BGH, Beschluss v. 4.7.2002, IX ZB 221/02, NJW 2002 S. 2793; BVerfG, Beschluss v. 14.10.2003, 1 BvR 901/03, NVwZ 2004 S. 334f), jedoch hier nicht erfolgt.
Nach Vorstehendem fehlt es der Rechtsverfolgung zugleich an hinreichender Erfolgsaussicht im Sinne der Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach §§ 73a, Abs. 1 S. 1 SGG, 114 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 03.06.2015
Zuletzt verändert am: 03.06.2015