Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 08.08.2012 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Gegenstand der Beschwerde ist die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren, mit dem sich der Kläger gegen eine sanktionsweise Absenkung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für 03-05/2011 wendet.
Der am 00.00.1986 geborene Kläger lebte bis September 2011 bei seiner Mutter, mit der er – mit Unterbrechungen – ab 2006 Leistungen nach dem SGB II bezog. Mit Bescheiden vom 18.02.2009 und 31.07.2009 wurden seine Leistungen sanktionsweise abgesenkt und auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt. Hinsichtlich der Sanktion vom 31.07.2009 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag, den der Beklagte mit Bescheid vom 10.01.2011 ablehnte (Widerspruch vom 13.01.2011, Widerspruchsbescheid vom 05.04.2011, Klage anhängig unter S 5 AS 1524/11 SG Dortmund). Mit Bescheid vom 15.04.2010 wurden die Leistungen des Klägers sanktionsweise auf Null abgesenkt (Widerspruch vom 20.04.2010, Widerspruchsbescheid vom 28.05.2010, Klage anhängig unter S 5 AS 2473/10 SG Dortmund, erfolgloses Eil- und Beschwerdeverfahren S 10 AS 1904/10 ER SG Dortmund = L 6 AS 999/10 B ER LSG NRW). Während der Absenkungsdauer erhielt der Kläger vom Beklagten Lebensmittelgutscheine.
Mit Bescheid vom 28.09.2010 gewährte der Beklagte dem Kläger und seiner Mutter Leistungen nach dem SGB II für 11/2010 bis 04/2011.
Im Oktober 2010 fanden Gespräche über eine Teilnahme des Klägers an der Maßnahme Jugend in Arbeit Plus statt. Der daran beteiligte Ausbildungsbetrieb stellte eine Einstellung in Aussicht. Dem Kläger fehle aber noch Routine und Berufserfahrung. In Abstimmung mit der Maßnahmebetreuerin wurde zunächst eine Arbeitsgelegenheit vorgeschlagen, aus der heraus Praktika möglich seien. Am 19.11.2010 schlug der Beklagte dem Kläger eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung beim Caritasverband J ab dem 29.11.2010 vor. In der beigefügten Rechtsfolgenbelehrung wurde u.a. darauf hingewiesen, dass nach sanktionsweiser Leistungsabsenkung mit Bescheid vom 15.04.2010 bei Verweigerung der Aufnahme der Arbeitsgelegenheit ohne wichtigen Grund das Arbeitslosengeld II ganz entfalle. Am 09.12.2010 erklärte der Kläger nach Angaben des Maßnahmeträgers, er wolle keine Arbeitsgelegenheit aufnehmen und lehne alle Vorschläge ab. Am 15.,16. und 17.02.2011 fanden persönliche und telefonische Gespräche zwischen dem Kläger und Mitarbeitern des Beklagten statt, bei denen ausweislich der entsprechenden Vermerke über die Verhängung einer Sanktion und die Möglichkeit einer Verkürzung der Sanktion im Fall der Durchführung eines Praktikums gesprochen wurde, das dem Kläger in Aussicht gestellt wurde. Am 21.02.2011 begann der Kläger ein Praktikum in einem Malerbetrieb.
Mit Bescheid vom 21.02.2011 beschränkte der Beklagte die Leistungen des Klägers für 03-05/2011 auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Der Kläger habe sich geweigert, am "15.02.2011" eine Arbeitsgelegenheit beim Caritasverband J aufzunehmen. Wegen der Praktikumsaufnahme würden nicht auch noch die Leistungen für Unterkunft und Heizung gestrichen. Soweit der Kläger sich an die getroffenen Absprachen halte, könne die Sanktion auf sechs Wochen verkürzt werden. Auf Antrag könnten Sachleistungen gewährt werden.
Der Kläger nahm am 01.03. und 21.03.2011 Sachleistungen in Anspruch, legte am 04.03.2011 Widerspruch ein und stellte einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, den das Sozialgericht mit Beschluss vom 11.04.2011 ablehnte (S 10 AS 972/11 ER SG Dortmund). Der Kläger begründete den Widerspruch damit, dass er sich nicht geweigert habe, am 15.02.2011 eine Arbeitsgelegenheit aufzunehmen. Außerdem sei er nicht hinreichend über die Rechtsfolgen belehrt worden.
Am 22.03.2011 begann der Kläger eine Beschäftigung bei dem Malerbetrieb (Nettoeinkommen für März 2011: 412,27 EUR, für April: 1.175 EUR, Zufluss jeweils im Folgemonat). Mit Bescheid vom 24.03.2011 verkürzte der Beklagte die Sanktion auf sechs Wochen, da der Kläger sich an die getroffenen Absprachen gehalten habe (Minderungsbetrag im April 2011 109,27 EUR).
Am 25.05.2011 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Am 17.06.2011 hat der Kläger Klage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sowie die Beiordnung von Rechtsanwalt T aus J beantragt. Es sei keine Anhörung erfolgt, der Sanktionsbescheid sei wegen Nennung eines falschen Datums des Pflichtverstoßes rechtswidrig, es hätte sofort über Sachleistungen mitentschieden werden müssen und es müsse eine Beweisaufnahme zur Frage der Verweigerung der Aufnahme der Arbeitsgelegenheit erfolgen.
Das Sozialgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt T aus J mit Beschluss vom 08.08.2012 abgelehnt und maßgeblich auf die Gründe des ablehnenden Beschlusses des Sozialgerichts vom 11.04.2011 im Eilverfahren S 10 AS 972/11 ER SG Dortmund Bezug genommen.
Der Kläger hat gegen den Beschluss am 23.08.2012 Beschwerde eingelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten, die beigezogenen Verwaltungsakten des Antragsgegners und die beigezogenen Gerichtsakten des Sozialgerichts Dortmund S 5 AS 1524/11, S 5 AS 2473/10, S 10 AS 1904/10 ER = L 6 AS 999/10 B ER, S 10 AS 972/11 ER Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt T aus J zu Recht abgelehnt.
Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 114, 115 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die als Anfechtungsklage zulässige Klage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Maßgeblicher Zeitpunkt der Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer Anfechtungsklage derjenige der letzten Verwaltungsentscheidung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 54 Rn 33), hier also der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides am 25.05.2011.
Streitgegenstand ist die Aufhebung der Regelleistung mit Bescheid vom 21.02.2011 für 03-05/2011 in Gestalt des Bescheides vom 24.03.2011 und des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2011.
Bei der sanktionsweisen Absenkung von Leistungen handelt es sich um eine Aufhebung des ursprünglichen Bewilligungsbescheides, hier vom 28.09.2010, nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) (vgl. BSG Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 30/09 R = juris Rn 13 ff.). Hierauf stützt sich auch der Beklagte im angefochtenen Bescheid.
Die ursprüngliche Leistungsgewährung war insofern rechtswidrig, als gemäß § 31 Abs. 1, 5, 6 SGB II in der bis zum 31.03.2011 gültigen Fassung das Arbeitslosengeld II auf die Leistungen nach § 22 SGB II aF zu beschränken war. Die Anwendbarkeit von § 31 SGB II in der bis zum 31.03.2011 gültigen Fassung ergibt sich aus § 77 Abs. 12 SGB II.
Der Kläger hat sich ohne wichtigen Grund iSv § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. d, Satz 2 SGB II aF geweigert, eine Arbeitsgelegenheit aufzunehmen. Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der Arbeitsgelegenheit iSv § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II aF sind weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. hierzu BSG Urteil vom 16.12.2008 – B 4 AS 60/07 R = juris Rn 18 ff). Die Arbeitsgelegenheit war dem Kläger auch zumutbar iSv § 10 SGB II. Sie diente der Überbrückung der Zeit, in der die Aufnahme des Klägers in einen Ausbildungsbetrieb geklärt werden sollte, trug den vorherigen Problemen des Klägers Rechnung und hinderte ihn nicht an der Aufnahme eines Praktikums. Eine Verweigerung der Ausführung der Maßnahme, die auch konkludent erfolgen kann (vgl. BSG Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R = juris Rn 21), ist hinreichend durch die Vermerke des Beklagten über die Mitteilung des Trägers vom 09.12.2010 und die persönliche Vorsprache vom 15.02.2011 dokumentiert. Der Kläger hat demgegenüber lediglich eine fehlende Weigerung behauptet. Seine eidesstattliche Versicherung im Eilverfahren vom 04.03.2011 bezieht sich nur auf den 15.02.2011 und damit einen Tag, auf den es offensichtlich nicht ankam. Sein Vortrag zur fehlenden Weigerung ist unsubstantiiert.
Der Kläger wurde vorab hinreichend iSv § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB II belehrt. Die Rechtsfolgenbelehrung muss im Einzelfall konkret, richtig und vollständig sein und zeitnah im Zusammenhang mit dem geforderten Verhalten erfolgt sein sowie dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in verständlicher Form erläutern, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen sich aus der Weigerung des geforderten Verhaltens für ihn ergeben, wenn für diese kein wichtiger Grund vorliegt (vgl. BSG Urteil vom 09.11.2010 – B 4 AS 27/10 R = juris Rn 26 mwN; Urteil vom 18.02.2010 – B 14 AS 53/08 R = juris Rn 19 ff.; vgl. zur Bedeutung der Rechtsfolgenbelehrung auch BSG Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R = juris Rn 24). Das war hier der Fall. Die mit dem "Vorschlag" der Arbeitsgelegenheit am 19.11.2010 versandte Rechtsfolgenbelehrung wiederholt nicht bloß den Gesetzeswortlaut, sondern spricht den Kläger direkt an, betrifft allein den Fall des § 31 Abs. 5 SGB II aF und nimmt zudem ausdrücklich Bezug auf die vorherige Sanktion und damit den individuellen Fall des Klägers. Die Belehrung enthält auch Hinweise auf Beginn und Dauer der Sanktion, die Möglichkeit der Verkürzung auf sechs Wochen, den fehlenden Anspruch auf Sozialhilfeleistungen und die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Sachleistungen (vgl. BSG Urteil vom 18.02.2010 – B 14 AS 53/08 R = juris Rn 22). Dass der Beklagte entgegen der Belehrung auf eine vollständige Absenkung des Arbeitslosengeldes II verzichtet hat, begünstigt den Kläger.
Die Leistungen waren sodann jedenfalls gemäß § 31 Abs. 5 Satz 1 SGB II aF auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung zu beschränken. Ob auch die Voraussetzungen einer vollständigen Absenkung gemäß § 31 Abs. 5 Satz 2 SGB II aF erfüllt waren, kann dahinstehen. Der Sanktionszeitraum entsprach § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB II aF. Die Aufhebung am 21.02.2011 erfolgte innerhalb von ca. zweieinhalb Monaten nach der Pflichtverletzung am 09.12.2010 und damit selbst dann rechtzeitig, wenn trotz fehlender gesetzlicher Regelung in § 31 SGB II aF (vgl. nunmehr § 31b Abs. 1 Satz 5 SGB II: innerhalb von sechs Monaten) eine Sanktionierung nach drei Monaten für erforderlich gehalten werden sollte (vgl. Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 31 Rn 60).
Bereits im streitigen Bescheid hat der Beklagte in zum damaligen Zeitpunkt nicht zu beanstandender Weise eine Entscheidung nach § 31 Abs. 6 Satz 3 SGB II aF getroffen. Insofern kann dahinstehen, ob eine solche Entscheidung zeitgleich mit der Aufhebungsentscheidung erfolgen muss (so Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl. 2011, § 31b Rn 14). Noch vor Erlass des Widerspruchsbescheides hat der Beklagte eine erneute Entscheidung getroffen und die Verkürzung zugunsten des Klägers vorgenommen. Durch Kürzung im April 2011 um 109,27 EUR hat der Beklagte auch nicht etwa (wie es die Betreffzeile im Widerspruchsbescheid nahelegt) eine Kürzung auf die Leistungen für Unterkunft für den halben Monat April 2011 vorgenommen, sondern tatsächlich nur bis zum 11.04.2011 und damit demjenigen Tag, mit dem gerechnet vom Beginn der Sanktion am 01.03.2011 sechs Wochen abgelaufen waren (zur Fristenberechnung vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II iVm § 26 Abs. 1 SGB X iVm §§ 187 Abs. 2 Satz 1, 188 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Eine Rundung war nach § 41 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der ab dem 01.04.2011 gültigen Fassung nicht mehr erforderlich.
Dem Kläger wurden auf Grundlage von § 31 Abs. 5 Satz 6 SGB II aF iVm § 31 Abs. 3 Satz 6 SGB II aF am 01.03. bzw. 21.03.2011 und damit vor Erlass des Widerspruchsbescheides Sachleistungen gewährt. Unter der Geltung von § 31 SGB II aF führte jedenfalls eine solche zeitnahe Gewährung von Sachleistungen nicht zur Rechtswidrigkeit der Sanktion, zumal es sich nicht um eine vollständige Leistungsabsenkung handelte und keine Minderjährigen betroffen waren (generell gegen das Erfordernis einer zeitgleichen Entscheidung nach § 31 SGB II aF LSG Baden-Württemberg Urteil vom 21.06.2012 – L 7 AS 4298/11 = juris Rn 40 mwN; offen gelassen bei vollständiger Leistungsabsenkung im Beschluss des Senats vom 26.04.2010 – L 19 AS 140/10 B ER, L 19 AS 141/10 B und im Beschluss des Senats vom 01.12.2010 – L 19 AS 1862/10 B ER, L 19 AS 1863/10 B = juris Rn 12). Soweit zur alten Rechtslage das Erfordernis einer zeitgleichen Entscheidung bejaht wurde, waren die Fälle anders gelagert (vgl. LSG NRW Beschluss vom 09.09.2009 – L 7 B 211/09 AS ER = juris Rn 10; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 21.04.2010 – L 13 AS 100/10 B ER = juris Rn 9; LSG Berlin-Brandenburg Beschuss vom 16.12.2008 – L 10 B 2154/08 AS ER = juris Rn 10; LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 05.01.2011 – L 2 AS 428/10 B ER = juris Rn 36, wo es überwiegend um vollständige Leistungskürzungen ging und keine Entscheidung über Sachleistungen vorlag).
Die Aufhebungsentscheidung begegnet auch sonst keinen Bedenken, insbesondere nicht im Hinblick auf die Bestimmtheit (vgl. hierzu BSG Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R = juris Rn 18). Die zunächst fehlerhafte Nennung des Datums 15.02.2011 als Datum des maßgeblichen Pflichtenverstoßes ist schon kein Teil des Verfügungssatzes, auf den allein sich das Bestimmtheitserfordernis bezieht (vgl. Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 33 Rn 3 mwN). Der Beklagte hat den Kläger im Übrigen am 05.04.2011 auf den Fehler hingewiesen und das falsche Datum im Widerspruchsbescheid nicht mehr erwähnt. Auch der aufzuhebende Ausgangsbescheid vom 28.09.2010 wird im streitigen Bescheid benannt (vgl. hierzu auch BSG Urteil vom 29.11.2012 – B 14 AS 196/11 R, Terminbericht Nr 63/12).
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig, § 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 13.03.2013
Zuletzt verändert am: 13.03.2013