Auf die Berufung des Beklagten wird der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Aachen vom 01.09.2010 neu gefasst. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 18.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2010 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 18.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2010 verurteilt, dem Kläger im Zeitraum vom 20.01.2010 bis 31.10.2010 Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen als Zuschuss zu bewilligen. Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von dem Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) während einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben (vom 20.01. bis zum 31.10.2010) als Zuschuss anstelle eines Darlehens.
Der am 00.00.1986 geborene, vermögenslose Kläger steht unter Betreuung. Eine bei der E Gesellschaft für Arbeitsförderung im September 2006 begonnene Ausbildung zum Friseur brach er am 15.01.2008 wegen gesundheitlicher Probleme ab. Seit Februar 2008 bewohnt er eine 45 qm große Wohnung in E. Seit dem 16.02.2009 ist bei ihm wegen eines Anfallsleidens und einer Persönlichkeitsstörung ein Grad der Behinderung von 50 anerkannt. Er bezieht von dem Beklagten laufend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II.
Mit Bescheid vom 01.09.2009 hatte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum von Oktober 2009 bis März 2010 zunächst monatliche Gesamtleistungen nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 520,00 Euro als Zuschuss bewilligt. Änderungsbescheide ergingen unter dem 29.09.2009 für den Zeitraum von Oktober 2009 bis Januar 2010 sowie unter dem 23.11.2009 für Dezember 2009 bis März 2010. Mit weiterem Bescheid vom 15.12.2009 in der Fassung des (Änderungs-)Bescheides vom 28.12.2009 änderte der Beklagte die Leistungen ab Dezember 2009 wiederum der Höhe nach ab. Der Bescheid vom 28.12.2009 enthielt den Hinweis, dass der Bewilligungszeitraum von Oktober 2009 bis März 2010 unverändert bleibe.
Am 20.01.2010 nahm der Kläger im Berufsförderungswerk (Bfw) L der Diakonie N e.V. eine zweijährige Ausbildung zum Kaufmann im Gesundheitswesen auf, die er am 13.01.2011 krankheitsbedingt abbrach. Während seiner Ausbildung hielt sich der Kläger wochentags in dem Internat des Bfw, wegen dessen Schließung an mindestens zwei Wochenenden pro Monat sowie während der Ferien jedoch in seiner Unterkunft in E auf. Für die Zeit der Ausbildung zum Kaufmann im Gesundheitswesen vom 20.01.2010 bis zum 17.01.2012 (= voraussichtliches Ende der Ausbildung) bewilligte die Bundesagentur für Arbeit dem Kläger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß §§ 97 ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i.V.m. § 33 und §§ 44 ff. Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Dabei gewährte sie ihm neben der Übernahme von Lehrgangskosten, Reisekosten für Familienheimfahrten in Höhe von monatlich 26,00 Euro sowie Einmalzahlungen für den Tag der An- und Abreise in Höhe von jeweils 6,50 Euro ein Ausbildungsgeld in Höhe von 102,00 Euro pro Monat.
Mit Bescheid vom 18.03.2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger daraufhin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 20.01.2010 (= Beginn der Ausbildung) bis zum 31.03.2010 in Höhe von 92,17 Euro für den Monat Januar 2010 und in Höhe von 398,00 Euro für Februar und März 2010 lediglich noch in Form eines Darlehens. Im Rahmen der Bedarfsberechnung brachte der Beklagte den (für Januar 2010 um 167,58 Euro gekürzten) monatlichen Regelsatz von 359,00 Euro, ferner Kosten der Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Miete für die Wohnung des Klägers in E (in Höhe von 250,00 Euro) sowie entstandener Heizkosten in Höhe von 45,00 Euro abzüglich des um die Versicherungspauschale (in Höhe von 30,00 Euro) bereinigten Ausbildungs- und geleisteten Kindergeldes (in Höhe von 184,00 Euro) in Ansatz. Ferner gewährte er Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 116,25 Euro monatlich. Den Kalendermonaten Februar und März 2010 der Höhe nach entsprechende Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom gleichen Tag auch für den Folgezeitraum vom 01.04. bis zum 31.10.2010 wiederum als Darlehen.
Darüber hinaus gewährte der Beklagte dem Kläger durch (Änderungs-)Bescheid vom (ebenfalls) 18.03.2010 (für den Zeitraum vom 21.01. bis zum 31.03.2010) und durch Bescheid vom 29.03.2010 (für den Zeitraum vom 01.04. bis zum 31.10.2010) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Form eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 4 SGB II in Höhe von 50,40 Euro für Januar 2010 sowie monatlich 126,00 Euro für Februar bis Oktober 2010, dies allerdings in Form eines Zuschusses.
Mit seinen am 24.03.2010 gegen den "Darlehens- und Änderungsbescheid vom 18.03.2010" sowie am 13.04.2010 gegen den "Darlehensbescheid vom 29.03.2010" erhobenen Widersprüchen wandte sich der Kläger gegen die (nur) darlehensweise erfolgte Gewährung der Leistungen nach dem SGB II.
Durch Widerspruchsbescheid vom 06.04.2010 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen die – den Leistungszeitraum vom 20.01 bis zum 31.03.2010 betreffenden – Bescheide vom 18.03.2010 als unbegründet zurück. In den Gründen führte er im Wesentlichen aus, dass Leistungen nach dem SGB II wegen der gewährten Berufsausbildungsbeihilfe (BAB), die u.a. zur Deckung des Lebensunterhaltsbedarfs diene, gemäß § 7 Abs. 5 S. 1 SGB II ausgeschlossen seien. Da der Kläger seine Wohnung in E wegen der Schließung des Internats an den Wochenenden und während der Ferienzeiten beibehalten müsse, liege jedoch eine besondere Härte im Sinne des § 7 Abs. 5 S. 2 SGB VII vor, so dass die bewilligten Leistungen im Rahmen des Ermessens als Darlehen zu erbringen seien. Mit gleichlautender Begründung wurde auch der Widerspruch des Klägers gegen die – den Leistungszeitraum vom 01.04. bis zum 31.10.2011 betreffenden – Bescheide vom 18.03.2010 und 29.03.2010 durch Widerspruchsbescheid vom 22.04.2010 zurückgewiesen.
Mit seinen am 20.04.2010 gegen den Darlehens- und Änderungsbescheid vom 18.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2010 sowie am 25.05.2010 gegen den (angeblichen) Darlehens- und Änderungsbescheid vom "29.03.2010" in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2010 bei dem Sozialgericht Aachen erhobenen, durch Beschluss vom 27.07.2010 verbundenen Klagen hat der Kläger weiterhin geltend gemacht, die ihm für die Zeit vom 20.01. bis zum 31.10.2010 bewilligten Leistungen seien nicht lediglich darlehensweise, sondern als Zuschuss zu gewähren. Der Ausschlussgrund des § 7 Abs. 5 SGB II greife entgegen der Auffassung des Beklagten vorliegend nicht ein, weil seine Ausbildung zum Kaufmann im Gesundheitswesen weder im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) noch der §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig sei. Die ihm von der Agentur für Arbeit bewilligten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien von § 7 Abs. 5 SGB II hingegen nicht erfasst.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 18.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2010 und unter Abänderung des Bescheides vom 29.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2010 zu verurteilen, ihm im Zeitraum vom 20.01.2010 bis zum 31.10.2010 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe als Zuschuss zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen und die Berufung zuzulassen.
Er hat im Wesentlichen auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen.
Mit Urteil vom 01.09.2010 hat das Sozialgericht den Beklagten unter Abänderung der angefochtenen, in dem Klageantrag genannten Bescheide verurteilt, dem Kläger in dem streitigen Zeitraum vom 20.01. bis zum 31.10.2010 Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe des Gesetzes als Zuschuss zu bewilligen und dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Klägers auferlegt. In den Entscheidungsgründen hat die Kammer im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe in dem streitigen Zeitraum Anspruch auf zuschussweise Leistungen nach dem SGB II. Er erfülle die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 SGB II, ohne dass der Ausschlussgrund des § 7 Abs. 5 S.1 SGB II eingreife. Diese Vorschrift erfasse nicht Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß §§ 97 ff. SGB III i.V.m. § 33 und §§ 44 ff. SGB IX, die der Förderung behinderter Menschen zur Integration in das Arbeitsleben dient. Die für den streitigen Zeitraum vorgenommene Bedarfsberechnung sei nicht zu beanstanden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen.
Gegen das ihm am 15.09.2010 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 29.09.2010 Berufung eingelegt. Er vertritt unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13.07.2010 – L 6 AS 587/10 B ER und L 6 AS 588/10 B weiterhin die Auffassung, dass die dem Kläger von der Arbeitsverwaltung bewilligten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §§ 97 ff. SGB III i.V.m. § 33 und 44 ff. SGB IX unter die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 5 SGB II fielen und der Kläger während der Zeit seiner Ausbildung zum Kaufmann im Gesundheitswesen daher keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II in Form eines Zuschusses habe.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 01.09.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und stellt ergänzend klar, dass er nicht die Höhe der bewilligten Leistungen, sondern allein beanstande, dass diese nicht in Form eines Zuschusses gewährt worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere den Beschwerdewert von 750,00 Euro übersteigende (vgl. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG) und damit statthafte Berufung des Beklagten ist unbegründet.
Die zulässige, nach § 54 Abs. 1 und 4 SGG i.V.m. § 56 SGG als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthafte (vgl. BSG, Urteil vom 18.02.2010 – B 4 AS 5/09 R m.w.N.) Klage ist begründet. Das Sozialgericht hat den Beklagten zu Recht verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 20.01. bis zum 31.10.2010 Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss anstelle eines Darlehens zu bewilligen. Allerdings war der Tenor der angefochtenen Entscheidung dahingehend zu korrigieren, dass anstelle des Bescheides vom 29.03.2010 der – den Zeitraum vom 01.04. bis zum 31.10.2010 betreffende – Darlehensbescheid vom 18.03.2010 aufzuheben ist; denn Gegenstand des Bescheides vom 29.03.2010 ist lediglich die – den Kläger nicht beschwerende – Bewilligung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 4 SGB II in Form eines Zuschusses. Der Kläger wendet sich mit seiner Klage jedoch gegen die nur darlehensweise erfolgte Bewilligung der übrigen, in dem streitbefangenen Zeitraum gewährten Leistungen nach dem SGB II. Dies ergibt sich trotz irrtümlicher Nennung des Bescheides vom 29.03.2010 in dem erstinstanzlich gestellten Klageantrag unmissverständlich aus dem weiteren erstinstanzlichen Vorbringen des Klägers, das entsprechend und insbesondere ohne eine Bindung des Gerichts an die Fassung des Klageantrags (§ 123 SGG) auszulegen ist. Die diesbezüglichen Regelungen hat der Beklagte aber – für den Teilzeitraum vom 20.01. bis zum 31.03.2010 – mit Bescheid vom 18.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2010 sowie – für den Teilzeitraum vom 01.04. bis zum 31.10.2010 – mit (weiterem) Bescheid vom 18.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2010 getroffen.
Die streitbefangenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger gemäß § 54 Abs. 2 SGG in seinen Rechten. Der Kläger hat in dem Zeitraum vom 20.01. bis zum 31.10.2010 Anspruch darauf, dass der Beklagte die ihm bewilligten Leistungen, deren Höhe zwischen den Beteiligten nicht streitig ist und bei deren Bemessung Fehler nicht ersichtlich sind, als Zuschuss und nicht lediglich in Form eines Darlehens gewährt.
Da der Beklagte bereits mit Bescheid vom 01.09.2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 29.09.2009, 21.11.2009, 15.12.2009 und 28.12.2009 Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II für den Zeitraum von Oktober 2009 bis März 2010 bewilligt hat, richtet sich die Beurteilung für den hier u.a. streitigen, durch Bescheid vom 18.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2010 geregelten Teilzeitraum vom 20.01. bis zum 31.03.2010 nach § 48 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Nach Satz 2 Nr. 3 der Vorschrift soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, wenn u.a. nach Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde.
Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der genannten, zuvor u.a. für den streitigen Teilzeitraum vom 20.01. bis zum 31.03.2010 ergangenen Leistungs(änderungs-)bescheide nach § 48 Abs. 1 SGB X liegen jedoch nicht vor.
Zwar ist der Bescheid vom 18.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2010, mit dem dem Kläger Leistungen für die Zeit vom 20.01. bis zum 31.03.2010 lediglich noch in Form eines Darlehens bewilligt wurden, formell rechtmäßig. Insbesondere wurde die nach § 24 Abs. 1 SGB X vor Erlass des (den Kläger belastenden) Ausgangsbescheides vom 18.03.2010 unterbliebene Anhörung im Widerspruchsverfahren nachgeholt und dieser Mangel daher nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGG geheilt. Es fehlt jedoch an den materiellen Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 48 SGB X.
Dabei mag offen bleiben, ob der Umstand, dass der Beklagte die Vorschrift des § 48 SGB X in den genannten Bescheiden weder erwähnt noch die Voraussetzungen dieser Regelung dargelegt hat, gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 SGB X zu deren Rechtswidrigkeit führt, weil die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe in den Bescheiden nicht mitgeteilt wurden. Gleiches gilt bezüglich der Frage, ob der angefochtene Bescheid vom 18.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2010 unter dem Gesichtspunkt rechtswidrig ist, dass der Beklagte darin die zuvor ergangenen, u.a. den hier streitigen Teilzeitraum bis März 2010 regelnden (Dauer-)Verwaltungsakte (vom 01.09.2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 29.09., 21.11. und 15.12.2009) für die Zeit vom 20.01. bis zum 31.03.2010 nicht abgeändert bzw. teilweise aufgehoben hat. Eine ausdrückliche Regelung enthalten die genannten Bescheide insofern jedenfalls nicht. Ob allein in der Neuregelung der Leistungsbewilligung für den Zeitraum vom 20.01. bis zum 31.03.2010 aber eine konkludente (Teil-)Aufhebung der zuvor ergangenen Bescheide gesehen werden kann, ist mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 30.03.2004 – B 4 RA 36/02 R) zumindest zweifelhaft; denn danach kann von einer konkludenten (Teil-)Aufhebung nur ausgegangen werden, wenn aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers mit der gebotenen Klarheit erkennbar ist, dass und welche früheren Bescheide mit welchem Inhalt und ab wann keine Wirkung mehr entfalten sollen (BSG, a.a.O.).
Unabhängig hiervon sind jedenfalls die (weiteren) Voraussetzungen des § 48 SGB X nicht erfüllt; denn in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass der zuvor ergangenen Bescheide (vom 01.09.2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 29.09., 21.11. und 15.12.2009) vorlagen, ist keine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X eingetreten.
Unstreitig ist zwischen den Beteiligten insofern zu Recht, dass der Kläger in dem Zeitraum vom 20.01. bis zum 31.03.2010 (und im Übrigen auch darüber hinaus bis zum 31.10.2010) weiterhin zu dem nach dem SGB II leistungsberechtigten Personenkreis gehörte, namentlich seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II), zwischen 15 und 67 Jahre alt (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 7a SGB II), hilfebedürftig und erwerbsfähig (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB II) war.
Entgegen der Auffassung des Beklagten war der Kläger ab dem 20.01.2010 (= Beginn seiner Ausbildung zum Kaufmann im Gesundheitswesen) auch nicht gemäß § 7 Abs. 5 S. 1 SGB II, der insoweit als Ausschlussgrund allein in Betracht kommt und auf den der Beklagte die Leistungsbewilligung ab dem 20.01.2010 in Form eines Darlehens anstelle des bisher geleisteten Zuschusses stützt, von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Aus diesem Grund ist auch der ferner angefochtene Bescheid vom 18.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2010, mit dem erstmals Leistungen für den Zeitraum vom 01.04. bis zum 31.10.2010 bewilligt wurden und der daher nicht nach Maßgabe des § 48 SGB X zu beurteilen ist, rechtswidrig.
Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 5 S. 1 SGB II sind vorliegend nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift in der hier maßgeblichen, zum Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Verwaltungsakte geltenden Fassung haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Diese Ausschlussvorschrift ist hier jedoch nicht einschlägig.
Insofern kann offen bleiben, ob die von dem Kläger am 20.01.2010 aufgenommene Ausbildung zum Kaufmann im Gesundheitswesen gemäß § 60 Abs. 1 SGB III zu den Berufsausbildungen gehört, die (auch) mit BAB gefördert werden können (vgl. § 59 SGB III). Ferner mag zugunsten des Beklagten unterstellt werden, dass es sich dabei um eine solche handelt, die im Rahmen des BAföG förderungsfähig ist. Liegen nämlich – wie hier – die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 97 ff. SGB III vor, so verdrängen diese spezielleren – im Rahmen der Leistungen an Arbeitnehmer nach dem Vierten Kapitel des SGB III – besonderen Leistungen nach den §§ 102 ff. SGB III (vgl. die Überschrift des Dritten Unterabschnitts: "Besondere Leistungen") die allgemeinen Leistungen zur Berufsausbildung im Fünften Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB III (§§ 59 bis 76; Überschrift: "Förderung der Berufsausbildung") – mit der Folge, dass auch für eine Anwendung der §§ 60 bis 62 ff. SGB III kein Raum verbleibt. Der Senat schließt sich insofern der überwiegenden Ansicht in der Rechtsprechung (vgl. LSG Hamburg, Beschluss vom 6. Juli 2011 – L 5 AS 191/11 B ER; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.06.2011 – L 3 AS 61/11 B ER; L 3 AS 86/11 B PKH; LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 11. Februar 2008 – L 5 B 10/08 AS ER vom 10. März 2010 – L 20 AS 2047/09 B ER und L 20 AS 2050/09 B PKH sowie vom 10. März 2009, a.a.O.; Blüggel, in: jurisPK, SGB II, § 7 Rdnr. 58; a.A.: SG Dresden, Urteil vom 12. Mai 2010, Az.: S 36 AS 1891/08, RN 15 f.; offen gelassen: Sächsisches LSG, Beschluss vom 6. September 2010 – L 7 B 633/08 AS ER, RN 31; sämtlich zitiert nach juris) vertretenen Auffassung an.
Zwar lässt sich dem Wortlaut des § 7 Abs. 5 SGB II nicht entnehmen, dass Personen, die – wie der Kläger – eine Ausbildung als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Anspruch nehmen, nicht von dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II erfasst sind. Der Wortlaut kann aber jedenfalls nicht ohne weiteres dahingehend ausgelegt werden, dass er auch für nach §§ 97 ff. SGB III förderungsfähige Ausbildungen gelten soll. Vielmehr hätte der Gesetzgeber, wenn er auch insoweit einen Ausschlusstatbestand hätte schaffen wol¬len, die entsprechenden Vorschriften in Bezug nehmen können und müssen (Hessisches LSG, Urteil vom 24.11.2010 – L 6 AS 168/08; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11.02.2008 – L 5 B 10/08 AS ER); denn es handelt sich bei dem Ausbildungsgeld nach § 104 SGB III, dass der Kläger während seiner Ausbildung zum Kaufmann im Gesundheitswesen bezog, um ein aliud zur BAB nach § 59 SGB III. Wer – wie der Kläger – während einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 104 Abs. 1 Nr. 1 SGB III Anspruch auf Ausbildungsgeld hat, hat nicht daneben noch Anspruch auf BAB nach §§ 59 ff. SGB III. Zwar gelten nach § 104 Abs. 2 SGB III für das Ausbildungsgeld die Vorschriften über die BAB entsprechend, soweit im Folgenden nichts Abweichendes bestimmt ist. Dabei handelt es sich jedoch nur um eine Vorgabe zur Berechnung der Leistungen. Dass BAB und Ausbildungsgeld sich nicht nur hinsichtlich der Bedarfssätze und der Einkommensanrechnung (§§ 105 ff. SGB III) unterscheiden, sondern auch in Bezug auf die als förderungsfähig angesehenen Ausbildungen, zeigt §§ 102 Abs. 1 Satz 2 SGB III, wonach in besonderen Einrichtungen für behinderte Menschen – anders als nach § 60 Abs. 1 SGB III – auch Aus- und Weiterbildungen außerhalb des Berufsbildungsgesetzes und der Handwerksordnung gefördert werden können. Es ist also Voraussetzung für die Erbringung der besonderen Leistungen nach § 102 ff. SGB III, die in der Regel in Einrichtungen für behinderte Menschen erbracht werden und wegen des Betreuungsaufwands kostenintensiv sind, dass der Leistungsberechtigte behinderungsbedingt auf derartige Einrichtungen angewiesen ist (vgl. Niesel, SGB III, 4. Auflage 2007, § 102 RN 5; Lauterbach, in: Gagel, SGB III, Stand Juli 2010, § 102 RN 4, 5). Ist dies nicht der Fall, können lediglich die all¬gemeinen Leistungen (§ 61 SGB III) erbracht werden.
Eine (fortbestehende) Leistungsberechtigung nach dem SGB II trotz Bezugs von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ist insbesondere mit dem Sinn und Zweck des § 7 Abs. 5 SGB II vereinbar. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber – wie bereits mit der Vorgängerregelung in § 26 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) – sicherstellen, dass über die Leistungen der Grundsicherung keine zweite (verdeckte) Ebene bzw. kein drittes Fördersystem der Ausbildungsförderung geschaffen wird Die Inanspruchnahme von Sozial(hilfe)leistungen, die ihren Grund allein in der Absolvierung einer (Erst-)Ausbildung hatten, sollte vermieden werden (so auch BSG, Urteil vom 30. August 2010, Az.: B 4 AS 97/09 R). Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §§ 97 ff. SGB III werden hiervon aber nicht erfasst. Deren Zielsetzung schließt es vielmehr aus, in einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben allein eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung zu sehen (LSG Hessen, Urteil vom 24.11.2010 – L 6 AS 168/08; im Ergebnis wohl auch BSG, Urteil vom 23.03.2010 – B 8 SO 17/09 R, das auf die besondere sozialpolitische Funktion des Ausbildungsgeldes hinweist, ohne den Ausschlusstatbestand des § 22 SGB XII zu problematisieren). Die Zielsetzung der §§ 97 ff. SGB III geht nämlich weit über die allein auf berufliche Eingliederung gerichtete Ausbildungsförderung nach §§ 60 ff. SGB III hinaus. Der umfassende Ansatz der §§ 97 ff. SGB III, der auch in den Rechtsgrundlagen im Neunten Buch des Sozialgesetzbuchs in §§ 33 ff., 44 ff. SGB IX sowie in der Steuerung der Trägerzuständigkeit über §§ 6, 6a SGB IX zum Ausdruck kommt, zielt auf einen behinderungsbezogenen Ausgleich, wie sie wegen der Art und Schwere der Behinderung erforderliche Leistungen darstellen, um die Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu bessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern (§ 97 Abs. 1 SGB III) (zu alledem LSG Hessen, a.a.O.). Er verfolgt damit integrative Zwecke und beinhaltet gerade nicht allein die Gewährung von Ausbildungs- und Lebenshaltungskosten.
An dieser Auslegung hat sich auch durch die Einführung des § 22 Abs. 7 SGB II a.F. zum 01.01.2007 (nunmehr: § 27 Abs. 3 SGB II), der einen Unterkunftskostenzuschuss auch für Bezieher von Ausbildungsgeld vorsieht, nichts geändert. Die Regelung ist eine Rückausnahme zu § 7 Abs. 5 SGB II. Sie kann weder als Klarstellung eines bereits normierten noch als Einführung eines weiteren Leistungsausschlusses verstanden werden. Die Benennung des Ausbildungsgeldes in dieser Norm dürfte vielmehr auf einem gesetzgeberischen Irrtum beruhen, der bislang nicht korrigiert wurde. Ihr lag die fehlerhafte Vorstellung zugrunde, dass Leistungen nach dem SGB II bei Bezug von Ausbildungsgeld nach § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen sind (so mit ausführlicher Begründung LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. März 2009 – L 20 AS 47/09 B ER; vgl. ferner Begründung des Entwurfes eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende, BT-Drs. 16/1410, S. 24). Bis zum Inkrafttreten von § 22 Abs. 7 SGB II zum 01.01.2007 ist jedoch weder § 7 Abs. 5 SGB II noch die Vorgängerregelung des § 26 Abs. 1 S. 1 BSHG im Sinne eines Ausschlusses der Ausbildungsgeld Beziehenden erweiternd ausgelegt worden (vgl. Hessisches LSG und LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O. m.w.N.). Im Übrigen sollte mit der nachträglich geschaffenen Regelung des § 22 Abs. 7 SGB II a.F. nach den Gesetzesmaterialen lediglich eine Sonderregelung für Auszubildende getroffen werden, die grundsätzlich Leistungen nach dem BAföG oder nach den §§ 60 bis 62 SGB III beziehen können. Wenn die zusätzliche Nennung der Personen, die Ausbildungsgeld beziehen, aber einen Personenkreis nach der Leistungsart definiert, der zuvor durch § 7 Abs. 5 SGB II in dieser Form nicht in Bezug genommen worden ist, so kann der nachträglich geschaffenen Regelung des § 22 Abs. 7 SGB II a.F. keine Erweiterung des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 5 SGB II entnommen werden (vgl. u.a. LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.06.2011 – L 3 AS 61/11 B ER, L 3 AS 86/11 B PKH), zumal sich diese Regelung allein auf die Kosten der Unterkunft bezieht (SG Dresen, Urteil vom 04.10.2011 – S 38 AS 4463/10). Mit der Neuregelung des SGB II durch Gesetz vom 24.03.2011 (BGBl. I, S. 453 ff.) und der Verlagerung der Zuschussregelung von § 22 Abs. 7 SGB II a.F. in den neu gefassten § 27 Abs. 3 SGB II hat der Gesetzgeber hieran aber nichts geändert und sich im Übrigen auch mit dem Umfang der Ausschlussregelung in § 7 Abs. 5 SGB II nicht auseinandergesetzt (BT-Drs. 17/3403, S. 169 ff.; vgl. LSG Hamburg, Beschluss vom 06.07.2011 – L 5 AS 191/11 B ER).
Darüber hinaus widerspräche es auch der Ausgestaltung des § 7 Abs. 5 SGB II, der als Ausnahmevorschrift und Ansprüche ausschließende Norm grundsätzlich eng auszulegen ist und in der Vergangenheit über Jahrzehnte auch entsprechend ausgelegt wurde, den Irrtum des Gesetzgebers nunmehr – wegen der Einfügung des § 22 Abs. 7 SGB II – durch eine über den Wortlaut des § 7 Abs. 5 SGB II hinausgehende Auslegung zu korrigieren (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11.02.2008 – L 5 B 10/08 AS ER).
Vor diesem Hintergrund kann letztlich offen bleiben, ob es auch dem Fördergebot des Art. 3 Abs. 3 S. 2 Grundgesetz – GG – (hierzu Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Auflage, Art. 3 Rdnr. 142 und 147) und den nach dem Grundsatz völkerrechtsfreundlicher Auslegung zu berücksichtigenden Fördergeboten im Bereich Teilhabe durch Bildung, Rehabilitation und sozialer Schutz durch Art. 24, 26 und 28 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BGBl. II 2008, S. 1419) zumindest tendenziell zuwider läuft, eine unmittelbar auf die Teilhabe behinderter Menschen zielende Maßnahme in eine reine Ausbildungsförderungsmaßnahme gleichsam umzuwidmen, um hierdurch einen Leistungsausschluss zu begründen (so Hessisches LSG, Urteil vom 24.11.2010 – L 6 AS 168/08).
Die Entscheidungen des LSG NRW (Beschluss vom 13.07.2010 – L 6 AS 587/10 B ER und L 6 AS 588/10 B), auf die der Beklagte seine gegenteilige Auffassung stützt, vermögen schließlich eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. In den genannten Entscheidungen hat der 6. Senat für die Zeit der Teilnahme eines Beziehers von Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben zwar einen Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II bejaht. Die dortige Beurteilung der Sach- und Rechtslage beschränkte sich – mit Blick auf die zu entscheidenden Anträge auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes – jedoch auf eine nur summarische Prüfung. Im Übrigen enthalten die Gründe beider Beschlüsse keine Auseinandersetzung mit der hier streitigen Rechtsfrage; es ist daher nicht ersichtlich, dass ihr überhaupt Bedeutung beigemessen wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
Veranlassung, die Revision zuzulassen, besteht nicht, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind. Insbesondere weicht der Senat nicht von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts ab (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG). Noch hält er die Frage, ob Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne der §§ 97 ff. SGB III von dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II erfasst sind, nicht für klärungsbedürftig; er misst der Rechtsache daher keine grundsätzliche Bedeutung bei (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Erstellt am: 19.01.2012
Zuletzt verändert am: 19.01.2012