Die Berufung des Klägers gegen Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2007 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten für Rheopherese-Behandlungen.
Der 1932 geborene Kläger beantragte am 15.10.2004 durch Dr. F, Reopharese Zentrum L, bei der der Beklagten die Kostenerstattung für die Durchführung der Rheopherese-Therapie bei trockener altersabhängiger Makuladegeneration (AMD). In seiner Begründung führte Dr. F aus, bei der AMD handele es sich im weitesten Sinne um eine Stoffwechsel- und Mikrozirkulationsstörung des inneren Auges. Es gebe nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Erkenntnisse keine etablierte Behandlungsmöglichkeit für die trockene AMD. Die Therapieoptionen, photodynamische Therapie sowie chirurgische Eingriffe seien nur bei ausgewählten Patienten und nur bei feuchter AMD anwendbar. Bei dem Kläger würden diese therapeutischen Maßnahmen nicht in Frage kommen. Eine Erfolg versprechende und vertretbare Behandlungsmöglichkeit bestehe daher nur noch in der Rheopherese-Behandlung, die in randomisierten, kontrollierten Studien ihre Wirksamkeit unter Beweis gestellt habe. Ziel dieser Behandlung sei, das Sehvermögen beider Augen zu stabilisieren. Die Pigmentepitheldefekte sowie der rasche Visusabfall an beiden Augen ließen auf eine Progredienz schließen und stellten somit eine Hochrisikokonstellation hinsichtlich einer Erblindung dar. Der Verlauf der Erkrankung bis zur drohenden Erblindung könne mit begründeter Aussicht auf Erfolg aufgehalten werden. Andernfalls sei zu befürchten, dass beide Augen ihre Sehkraft weiter verlören bzw. in das Stadium der feuchten AMD mit noch schlechterer Prognose übergingen. Die Therapie finde im Rheopherese-Zentrum L statt. Es würden zunächst 8 bis 10 Behandlungen durchgeführt, wobei die Behandlung aufgrund der Behandlungsdringlichkeit bereits in naher Zukunft beginnen solle. Die Kosten für eine einzelne Rheopherese-Behandlung betrügen 1.394,- EUR.
Ergänzend legte der Kläger eine Bescheinigung des Facharztes für Augenheilkunde Dr. S vor, in der dieser u.a. angibt, der Kläger befinde sich auf dem Weg über die Sehbehinderung zur langsam progredienten Erblindung.
Der Kläger begann am 12.11.2004 mit der Therapie und überreichte der Beklagten eine Rechnung über 2.788,02 EUR für zwei Therapietage.
Nach Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, die Behandlung sei zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht notwendig, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.02.2005 den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, dass die Rheopherese-Behandlung z. Zt. kein in der GKV zugelassenes Therapieverfahren sei.
Mit seinem Widerspruch trug der Kläger ergänzend vor, es liege eine die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende, fortschreitende Erkrankung vor, bei der die begründete Aussicht bestehe, mit der Rheopherese einen Behandlungserfolg zu erzielen. Die Wirksamkeit der Rheopherese bei trockener AMD sei in kontrollierten randomisierten Studien der Universitätsklinik L mit einer statistisch signifikanten Aussage belegt, bereits 2000 beim deutschen Ophthalmolgenkongress vorgetragen und in einer international renommierten ophtalmologischen Fachzeitschrift publiziert worden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.2005 zurück; die Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen überprüften neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der ärztlichen Versorgung; werde – wie hier – keine Empfehlung gegeben, dürften die Leistungen zu Lasten der GKV nicht erbracht werden.
Mit seiner Klage vom 02.08.2005 hat der Kläger ergänzend unter Vorlage von Veröffentlichungen über die Behandlung von trockener AMD und einer Bescheinigung des Apherese-Forschungsinstituts L vorgetragen, es liege ein Systemversagen vor. In der Universitätsklinik L seien 2000 und in der Universitätsklinik T 1999 bzw. 2002 randomisierte Studien durchgeführt worden. Die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses hänge offensichtlich von Zufällen ab; sie sei völlig willkürlich und sachfremd. Ohne Rheopherese-Behandlung wäre er jetzt wahrscheinlich annährend erblindet. Zu berücksichtigen sei auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG).
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 10.02.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2005 aufzuheben und die Beklagte zur Kostenerstattung von 14.053,56 Euro zu verurteilen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt, ein Systemversagen liege nicht vor. Der Gemeinsame Bundesausschuss habe über die Apherese zur Behandlung der trockenen AMD beraten, aber wegen fehlender Datenlage die Rheopherese nicht in die Anlage A aufgenommen.
Auf Anfrage des Sozialgerichts (SG) Köln hat der Gemeinsame Bundesausschuss u.a. mitgeteilt, dass die Indikation der trockenen AMD in die zu seinem Beschluss vom 24.03.2003 zur ambulanten Durchführung von Apheresen als extrakorporales Hämotherapieverfahren führenden Beratungen einbezogen worden sei. Die bisherigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen zur Reopherese hätten Wirksamkeit und Nutzen dieser Therapie bei keiner Form der AMD ausreichend belegt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 25.04.2007 abgewiesen: Ein Kostenerstattungsanspruch bestehe schon deshalb nicht, weil der Kläger zumindest für die Zeit vor Entscheidung der Beklagten keine unaufschiebbbare sog. Notfallleistung habe in Anspruch nehmen müssen. Im Übrigen habe die Beklagte die Leistung aber auch zu Recht abgelehnt, weil die Rheopherese-Therapie nicht zum Leistungsumfang der GKV gehöre. Eine für die Abrechnungsfähigkeit neuer Behandlungsmethoden erforderliche Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses liege nicht vor. Das Fehlen einer positiven Entscheidung des Bundesausschusses stehe einer Leistungspflicht der Krankenkasse entgegen. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe mit seinem Beschluss vom 24.03.2003 seine Beratung für Apherese-Behandlungen, die auch die Rheopherese eingeschlossen habe, abgeschlossen. Er habe in der Anlage A die zugelassenen Indikationen für die Behandlungsart genannt und die Voraussetzungen hierfür präzisiert. Auch wenn die Rheopherese nicht ausdrücklich in die in der Anlage B der BUB-Richtlinien genannten ausgeschlossenen Methoden aufgenommen worden sei, ergebe sich aus der auf zwei Indikationen beschränkten Entscheidung des Bundesausschusses, dass für alle anderen Indikationen der für eine Aufnahme in den Leistungskatalog der GKV geforderte Qualitätsnachweis nicht vorliege. Dies ergebe sich darüber hinaus auch aus den eingeholten Stellungnahmen des Gemeinsamen Bundesausschusses. Da sich dieser zeitnah mit der Rheopherese befasst habe, bestehe für ein Systemversagen kein Raum. Auch der Beschluss des BVerfG vom 06.12.2005 rechtfertige keine andere Entscheidung. Es habe keine notstandsähnliche Extremsituation vorgelegen, die mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung auf eine Stufe gestellt werden könne. Die trockene AMD sei weder eine lebensbedrohliche Erkrankung noch könne sie einer solchen gleichgestellt werden.
Gegen das am 11.05.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30.05.2007 Berufung eingelegt und vorgetragen, die erste Behandlung sei erst am 12.11.2004 erfolgt, weil er trotz dringender Behandlungsindikation keinen früheren Termin erhalten habe. Ohne die Behandlung wäre es zu einer einer Erblindung gleichkommenden Schädigung des linken Auges gekommen. Es handele sich bei seiner Erkrankung zwar um keine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung; das Recht auf körperliche Unversehrtheit gebiete aber eine verfassungsgemäße Auslegung in anderen notstandsähnlichen Extremsituationen. Ihm habe Erblindung des linken Auges gedroht; unter Berücksichtigung der nur geringen Sehkraft des rechten Auges habe eine notstandsähnliche Situation bestanden. Er verweise u.a. auf die Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 26.09.2006 – B 1 KR 3/06 R – und vom 04.04.2006 – B 1 KR 12/04 R -, in denen als Beispiel eine akut drohende Erblindung eines Kindes bzw. eine drohende Erblindung angeführt seien, auf eine Stellungnahme des Verbandes Pro Retina e.V. und das vom Apherese Forschungsinstitut entwickelte "RheoNet Register zur Qualitätssicherung". Der Bundesausschuss habe sich mit der speziellen Indikation einer Rheopherese-Therapie bei trockener AMD noch nicht in geeigneter Form auseinandergesetzt; das entsprechende Verfahren sei überhaupt noch nicht betrieben worden. Die Klageforderung belaufe sich nunmehr auf 16.954,84 EUR, da weitere Behandlungen erfolgt seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2007 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 10.02.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2005 zu verurteilen, an ihn 16.954,84 EUR zu erstatten.
Die Beklagte, die bereits vor dem Termin mitgeteilt hat, sie sei mit einer Entscheidung des Senats in Abwesenheit einverstanden, hat schriftsätzlich beantragt,
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die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; denn der Bescheid der Beklagten vom 10.02.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Ein Anspruch des Klägers auf Erstattung von im Wege der zulässigen Klageerweiterung (§ 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG) nunmehr geltend gemachten 16.954,84 EUR besteht nicht.
Der Senat nimmt auf die zutreffende Entscheidungsgründe des Urteils des SG vom 25.04.2007 Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG) und führt ergänzend und vertiefend aus:
Als Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch kommt nur § 13 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Betracht. Nach dieser Vorschrift hat die Krankenkasse (KK), wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alternative [Alt.]) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (2. Alt.) dem Versicherten die für die Beschaffung der Leistung aufgewendeten Kosten zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Beide Alternativen setzen grundsätzlich voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die KKen allgemein als Sach- oder Dienstleistung gegenüber ihren Versicherten zu erbringen haben; der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als der entsprechende Sachleistungsanspruch (st. Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG Urteil [Urt.] vom 26.09.2006 – B 1 KR 15/06 R – mit weiteren Nachweisen [m.w.N.]).
1.
Davon ausgehend hat das SG zu Recht zunächst eine Kostenerstattung zumindest für die Behandlungskosten abgelehnt, die vor der Entscheidung der Beklagten vom 10.02.2005 entstanden sind. Die von dem Kläger begehrte Leistung war nicht unaufschiebbar im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 SGB V. Unaufschiebbar ist eine Leistung, wenn eine Leistungserbringung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs bis zur Entscheidung der KK mehr besteht. Die Norm erfasst zwar nicht die Notfälle im Sinne des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V, bei denen ein unvermittelt aufgetretener Behandlungsbedarf sofort befriedigt werden muss (vgl. BSG, Urt. vom 18.07.2006 – B 1 KR 24/05 R -). Sie knüpft aber an die Regel an, dass Versicherte vor Selbstbeschaffung einer Leistung der KK die Prüfung ermöglichen müssen, ob ihre Leistungspflicht besteht (vgl. BSG, Urt. vom 18.07.2006 – B 1 KR 9/05 R -; BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 22 ). Dabei kann eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung unaufschiebbar werden, wenn mit der Ausführung so lange gewartet wird, bis die Leistung zwingend erbracht werden muss, damit der mit ihr angestrebte Erfolg noch erreicht werden kann (BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 22; BSGE 73, 271, 287 = SozR 3-2500 § 13 Nr. 4 S 26; BSG, Urt. vom 14.12.2006 -B 1 KR 8/06 R -).
Ein solcher Fall einer unaufschiebbaren Leistung lag hier nicht vor. Es bestand durchaus die Möglichkeit eines zeitlichen Aufschubs bis zur Entscheidung der Beklagten. Dies ergibt sich bereits aus dem für den Kläger gestellten Antrag des Dr. F vom 15.10.2004, in dem er angibt, dass die Behandlung in naher Zukunft – also nicht unverzüglich – beginnen solle und dass um zeitnahe Entscheidung gebeten werde (s. im Übrigen unter 2 c)).
2.
Ein Anspruch auf Erstattung dieser Kosten besteht aber ebenso wie der nach dem 10.02.2005 entstandenen Kosten auch aus anderen Gründen nicht.
Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass die Rheopherese-Behandlung nicht von der Beklagten – als Voraussetzung für einen Anspruch nach 13 Abs. 3 SGB V – als Sachleistung hätte zur Verfügung gestellt werden müssen. Diese Entscheidung, der sich der Senat nach eigener Meinungsbildung im vollem Umfang anschließt, entspricht der Rechtsprechung des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen (s. Beschlüsse vom 01.03.2004 – L 5 KR 213/02 – und vom 14.01.2004 – L 5 KR 165/03 -; so auch LSG Berlin – Brandenburg, Urt. vom 15.12.2006 – L 1 KR 67/04 -), von der abzuweichen kein begründeter Anlass besteht.
a)
§ 135 Abs. 1 SGB V bestimmt, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nur zu Lasten der KKen erbracht werden dürfen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss in den genannten Richtlinien (RL) Empfehlungen u.a. zum therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Diese Vorschrift legt nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (grundlegend Urt. vom 16.09.1997, u.a. SozR 3-2500 § 135 Nr. 4, und vom 19.02.2003 – B 1 KR 18/01 R – sowie vom 26.09.2006 – B 1 KR 3/06 R -) den Umfang der den Versicherten von den KKen geschuldeten Leistungen fest. Bei den RL handelt es sich um untergesetzliche Rechtsnormen, die in Verbindung mit § 135 Abs. 1 SGB V für Ärzte, KKen und Versicherte verbindlich regeln, welche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zum Leistungsumfang der Krankenversicherung zählen. Das Fehlen einer positiven Entscheidung des Bundesausschusses steht einer Leistungspflicht der KKe entgegen. § 135 Abs. 1 SGB V ist in der Art eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt gefasst und schließt neue Behandlungsmethoden so lange von der Abrechnung zu Lasten der KKen aus, als der Bundesausschuss sie nicht als zweckmäßig anerkannt hat (BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 4; Urt. vom 26.09.2006 – B 1 KR 3/06 R -). Die Prüfung und Feststellung, ob eine neue Behandlungsweise dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und damit dem in § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V geforderten Versorgungsstandard genügt, obliegt nach der gesetzlichen Konzeption – vom Ausnahmefall des Systemversagens abgesehen – dem Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (BSGE 86, 54). Dieser hat mit Beschluss vom 24.03.2003 (BAnz Nr. 123 vom 8.7.2003, S. 14 486) seine Beratungen zu den Apheresebehandlungen, die auch die Rheopherese einschloss (s. dazu auch seine Auskunft vom 08.03.2006), abgeschlossen. Er hat in der Anlage A die zugelassenen Indikationen für diese Behandlungsart genannt und die Voraussetzungen hierfür präzisiert. Auch wenn die Rheopherese nicht ausdrücklich in die in der Anlage B der BUB-Richtlinien genannten ausgeschlossenen Methoden aufgenommen worden ist, ergibt sich aus der auf zwei Indikationen beschränkten Entscheidung des Bundesausschusses ebenso wie aus seiner Auskunft vom 08.03.2006, dass für alle anderen Indikationen der für eine Aufnahme in den Leistungskatalog der GKV geforderte Qualitätsnachweis nicht vorliegt. Die Ablehnung durch den Bundesausschuss hat nach § 135 Abs. 1 SGB V zur Folge, dass die Rheopherese von den KKen als Sachleistung nicht gewährt werden darf. Hat der Bundesausschuss in einem ordnungsgemäßen Verfahren eine Entscheidung getroffen, so ist diese einer inhaltlichen Überprüfung durch die Gerichte nicht zugänglich, das Gesetz bewirkt selbst eine Bindung, in dem es anordnet, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden ohne Empfehlungen in den Richtlinien nicht zu Lasten der GKV angewandt werden dürfen (BSG, Urt. vom 19.02.2003 – B 1 KR 18/01 R -).
Das Vorbringen des Klägers, der Bewertung des Bundesausschusses ständen die von ihm vorgelegten Veröffentlichungen entgegen, führt nicht weiter. Unabhängig davon, dass diese Veröffentlichungen größtenteils bereits Gegenstand der Beratungen des Bundesausschusses waren (s. Auskunft vom 06.04.2006), kann die Frage, ob eine Methode "neu" ist, nur aus Sicht des Krankenversicherungsrechts als demjenigen Recht beurteilt werden, aus dem der Versicherte seine Leistungsansprüche herleitet. Im Recht der GKV werden die Leistungsansprüche der Versicherten regelmäßig erst durch untergesetzliches Recht näher konkretisiert und bestehen nicht schon, weil bestimmte Ärzte, Fachleute bzw. Wissenschaftler – wie z.B. in den von dem Kläger u.a. mit Schriftsatz vom 22.04.2008 vorgelegten Veröffentlichungen – deren Anwendung in der GKV befürworten (BSG, Urt. vom 26.09.2006 – B 1 KR 3/06 -). Aus der von dem Kläger vorgelegten Stellungnahme des Verbandes Pro Retina e.V. ergibt darüber hinaus im Wesentlichen nur, dass es auch aus dessen Sicht derzeit verfrüht erscheine, Patienten mit AMD die Rheopherese als Behandlung zu empfehlen. Im Übrigen hat das LSG NRW bereits zutreffend weiter ausgeführt (Beschluss vom 14.01.2004, a.a.O., m.w.N.), dass die Entscheidung des Bundesausschusses auch inhaltlich offenkundig jedenfalls der Auffassung der Mehrheit der Fachkreise entspricht.
b)
Für ein sog. Systemversagen besteht schon deshalb kein Raum, weil sich der Bundesausschuss – wie ausgeführt – mit der Behandlungsmethode Rheopherese hinreichend und zeitnah beschäftigt hat.
c)
Aus dem Beschluss des BVerfG vom 06.12.2005 – 1 BvR 347/98 – (SozR 4-2500 § 27 Nr. 5 = NZS 2006, 84 = NJW 2006, 891 = MedR 2006, 164 – immunbiologische Therapie) kann der Kläger auch keinen Anspruch herleiten. Danach ist es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende medizinische Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
Um eine derartige Konstellation geht es vorliegend nicht. Der Kläger leidet zwar an einer nachhaltigen, seine Lebensqualität auf Dauer beeinträchtigenden Krankheit. Diese Erkrankung ist aber – anders als vom BVerfG für die Erweiterung des herkömmlichen gesetzlichen Leistungskatalogs gefordert – auch nach dem Vorbringen des Klägers nicht als "lebensbedrohlich" oder gar "regelmäßig tödlich verlaufend" einzuschätzen.
Etwas Anderes ist auch nicht aus den Urteilen des BSG vom 26.09.2006 – B 1 KR 3/06 R – ("wie es etwa für den Fall akut drohender Erblindung eines Kindes zu erwägen wäre") und vom 04.04.2006 – B 1 KR 12/04 R – ("wie es etwa für den Fall drohender Erblindung zu erwägen wäre") herzuleiten.
Dem Kläger drohte keine Erblindung. Blind ist der Mensch, dem das Augenlicht vollständig fehlt. Darüber hinaus ist auch derjenige als blind anzusehen, dessen Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als 1/50 (0,02) beträgt oder bei dem eine im Schweregrad gleichzusetzende Störung des Sehvermögens vorliegt (vgl. z.B. § 1 Abs. 1 Gesetz über die Hilfen für Blinde und Gehörlose oder Nr. 23 Abs. 2 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2008). Demgegenüber hat der Kläger "nur" die Befürchtung der einer Erblindung gleichkommenden Schädigung seines linkes Auges vorgetragen. Eine Blindheit i.o.a.S. war im Übrigen auch nicht im Hinblick auf die Vorschädigung des rechten Auges zu befürchten, da dessen Sehschärfe nach den Angaben des Klägers im Termin 0,15 beträgt.
Unabhängig davon bestand auch keine notstandsähnliche Situation i.S. einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Es drohte nicht akut ein nicht kompensierbarer Verlust der Sehfähigkeit (s. zuletzt dazu BSG, Urt. vom 28.02.2008 – B 1 KR 15/07 R -).
Die trockene AMD mit Drusenbildung führt zu Sehbehinderungen, geht in der Regel mit einer allmählich fortschreitenden Atrophie einher; im Spätstadium gehen Sinneszellen zu Grunde und das zentrale Sehen verschlechtert sich (vgl. "Inovative Therapien für eine häufige Erblindungsursache" unter http://pharmazeutische-Zeitung.de/index.php?id=1395; "Die altersabhängige Makuladegeneration (AMD)", Informationsschrift des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands e.V. und der Deutschen Ophtamologischen Gesellschaft). Sie führt auch nie zur völligen Erblindung (LSG Berlin-Brandenburg, Urt. vom 15.12.2006, a.a.O. m.w.N. und o.a. Informationsschrift "Die altersabhängige Makuladegeneration (AMD)"). Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus den von dem Kläger vorgelegten Publikationen, in denen von Atrophie, Fortschreiten der morphologischen Veränderungen u.ä. die Rede ist. Dieser langwierigere Verlauf der Erkrankung rechtfertigt nicht die Annahme einer notstandsähnliche Extremsituation, die wiederum es erst erlauben könnte, das gesetzliche und untergesetzliche Leistungsrecht der GKV aus übergeordneten verfassungsrechtlichen Gründen gegenüber den allgemein geltenden Regeln ausnahmsweise zurücktreten zu lassen und es "übergesetzlich" zu modifizieren. Es besteht kein Anlass, die Rechtsgedanken der Entscheidung des BVerfG auf weitläufigere Bereiche auszudehnen, in denen der Gesetzgeber den Leistungsumfang der GKV durch Schaffung besonderer Verfahren und mit besonderem Sachverstand ausgestatteter Institutionen bewusst begrenzt hat. Das vom BVerfG herangezogene Kriterium würde bei weiter Auslegung sinnentleert, weil nahezu jede schwere Krankheit ohne therapeutische Einwirkung irgendwann auch einmal lebensbedrohende Konsequenzen nach sich zieht. Das kann aber ersichtlich nicht ausreichen, das Leistungsrecht des SGB V und die dazu ergangenen untergesetzlichen Regelungen nicht mehr als entscheidenden rechtlichen Maßstab für die Leistungsansprüche der Versicherten anzusehen (s. BSG, Urteil vom 26.09.2006 – B 1 KR 3/06 -).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 04.06.2008
Zuletzt verändert am: 04.06.2008