Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 18.12.2007 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller. Der Streitwert wird auf 1.000.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
1.
Der Antragsteller wendet sich gegen das Angebot von Wahltarifen nach Maßgabe der §§ 26 – 29 der Satzung der Antragsgegnerin an deren Versicherte.
Der Antragsteller ist eine Vereinigung von privaten Krankenversicherungsunternehmen. Die Antragsgegnerin bietet ihren Mitgliedern nach Maßgabe der §§ 26 – 29 ihrer Satzung Wahltarife an, die die Kostenerstattung für Leistungen im Ausland (§ 26), Kostenerstattung der Krankenhauszuzahlungen (§ 27) Kostenerstattung des Ein- und Zwei-Bett-Zimmers im Krankenhaus (§ 28) sowie Kostenerstattung des Zahnersatzes (§ 29) beinhalten. Die Antragsgegnerin bietet den Wahltarif Ausland ihren Versicherten für eine Jahresprämie von 6 Euro (bis Vollendung des 65. Lebensjahres) bzw. 12 Euro jährlich (nach Vollendung des 65. Lebensjahres) an. Der Wahltarif Krankenhauszuzahlungen kostet gestaffelt nach Altersgruppen zwischen 0,90 Euro und 9,50 Euro monatlich. Für den Wahltarif Ein- und Zwei-Bett-Zimmer im Krankenhaus verlangt die Antragsgegnerin gestaffelt nach Altersklassen und je nach Wahl von Ein-Bett oder Zwei-Bett-Zimmer zwischen 4,70 Euro und 85,20 Euro monatlich. Der Wahltarif Zahnersatz ist ebenfalls nach Altersklassen gestaffelt und sieht eine monatliche Prämie zwischen 2,10 Euro und 19,10 Euro vor.
Das Landesversicherungsamt Nordrhein-Westfalen genehmigte die Satzung durch Bescheid vom 20.03.2007.
Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, dass das Angebot der Wahltarife durch die Antragsgegnerin gegen § 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) in Verbindung mit (i.V.m.) § 194 Abs. 1 a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie § 30 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) verstoße. Er sei deshalb als Verband befugt, diese Rechtsverletzung gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG gerichtlich geltend zu machen. Es handele sich bei dem Angebot der Wahltarife um Zusatzversicherungen, die üblicherweise von privaten Krankenversicherungsunternehmen angeboten würden. § 194 Abs. 1 a SGB V gestatte es den gesetzlichen Krankenkassen nur, derartige Verträge mit Hilfe privater Versicherungsunternehmen an ihre Versicherten zu vermitteln, nicht aber, diese selbst anzubieten. Die privaten Krankenversicherungsunternehmen hätten im Jahr 2006 mit dem Geschäftsbereich der Zusatzversicherungen (als Ergänzung zum Krankenversicherungs-schutz der gesetzlichen Krankenversicherung) ein Umsatzvolumen von 3,5 Millarden Euro erzielt.
Der Antragsteller hat beantragt,
1.die Antragsgegnerin hat es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Versicherungsleistungen in Form von Kostenerstattungstarifen für Zusatzleistungen anzubieten und/oder anbieten zu lassen und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, welche als Zusatzversicherung außerhalb des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenkassen liegen, wie dies in den §§ 26 bis 29 der Satzung der Antragsgegnerin vom 01.04.2007 mit den Angeboten
Tarif für die Kostenerstattung für Leistungen im Ausland (§ 26),
Tarif für die Kostenerstattung Krankenhauszuzahlung (§ 27),
Tarif für die Kostenerstattung bei Wahlleistung Ein- oder Zwei-Bett-Zimmer im Krankenhaus (§ 28) und/oder
Tarif für die Kostenerstattung bei Zahnersatz (§ 29) vorgesehen ist,
2. die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
1. den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen,
2. hilfsweise, die Vollziehung der einstweiligen Verfügung von einer angemessenen Sicherheitsleistung durch den Antragsteller abhängig zu machen.
Sie hat entgegnet: Ein Anordnungsanspruch stehe dem Antragsgegner nicht zu. § 4 Nr. 11 UWG sei schon deshalb nicht erfüllt, weil das Landesversicherungsamt die Satzung genehmigt und damit das Anbieten der Wahltarife erlaubt habe. Das entspreche auch der Rechtslage, denn § 53 Abs. 4 SGB V räume den gesetzlichen Krankenkasse gerade die Möglichkeit des Anbietens von Wahltarifen ein. Ebenso wenig liege ein Verstoß gegen § 194 Abs. 1 a SGB V vor. Es gehe nicht um den Vertrieb von Zusatzversicherungen im Sinne dieser Vorschrift wie der Antragsteller fälschlich meine, sondern vielmehr lediglich um das Angebot von Wahltarifen an ihre Versicherten. Ein Verstoß gegen das europäische Kartellrecht liegt nicht vor, denn sie sei kein Unternehmen im Sinne dieser Vorschriften. Im Übrigen fehle es auch am Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Der Antragsteller habe nicht darzulegen vermocht, dass er durch das Angebot der Wahltarife nachhaltig in dem Zusatzversicherungsgeschäft der privaten Krankenversicherer betroffen werde.
Durch Beschluss vom 18.12.2007 hat das Sozialgericht Köln den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs sei als offen zu beurteilen. Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes sei wegen des Fehlens wesentlicher Nachteile oder einer Gefahr nicht anzunehmen. Entscheidend sei bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass der Antragsteller mit dem vorläufigen Rechtsschutz die endgültige Entscheidung vorweg nehme wolle. Dies sei aber in aller Regel ausgeschlossen und könne nur im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes ausnahmsweise erforderlich sein, wenn Rechtsschutz nicht erreichbar und dies für den Antragsteller unzumutbar sei.
Gegen den ihm am 27.12.2007 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 14.01.2008 Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung bringt er vor: Der Anordnungsanspruch ergebe sich aus § 8 Abs. 3 Nr.2 UWG iVm § 4 Nr. 11 UWG. Das UWG sei auch anwendbar. Es liege ein wirtschaftliches Handeln der Antragsgegnerin vor, das den Regelungen des Wettbewerbsrechts unterfalle. Nach § 4 Nr. 11 UWG handele unlauter und rechtswidrig, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwider handele, die auch dazu bestimmt sei, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Insbesondere der Verstoß gegen § 194 Abs. 1 a SGB V stelle eine derartige Zuwiderhandlung dar. Es gehe um klassische Zusatzversicherungsange-bote. Genau diese würden aber von § 194 Abs. 1 a SGB V in der Weise geregelt, dass die gesetzlichen Krankenkassen insoweit nur als Vermittler auftreten dürften. Außerdem ermächtige § 53 Abs. 4 SGB V nicht zu den Regelungen der §§ 26 – 29 der Satzung der Antragsgegnerin. Durch § 53 Abs. 4 SGB V sollten Umfang und Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung gerade nicht verändert werden. Es sollte für gesetzlich Versicherte lediglich die Möglichkeit geschaffen werden, wie Privatversicherte behandelt werden zu können. Darüber hinaus seien die Wahltarifangebote der Antragsgegnerin für sich allein nicht tragfähig; es liege ein Verstoß gegen das Verbot der Quersubventionierung aus § 53 Abs. 9 SGB V vor. Würde man – unzutreffender Weise – in § 53 Abs. 4 SGB V eine Ermächtigungsgrundlage für das Handeln der Antragsgegnerin erblicken, so sei diese Norm kartellrechtswidrig. Auch sei ein Verstoß gegen die europäischen Vorschriften des Wettbewerbs- und Kartellrechts zu bejahen, die nicht zur Disposition des Gesetzgebers stünden.
Ferner sei das Vorliegen eines Anordnungsgrundes zu bejahen. Das Sozialgericht habe die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG verkannt. Aber auch unabhängig von dieser seien die Voraussetzungen eines Anordnungsgrundes zu bejahen. Die Antragsgegnerin habe inzwischen bereits 20.000 Tarife verkauft.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 18.12.2007 zu ändern und der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, es zu unterlassen, ihren Versicherten Kostenerstattungstarife für Leistungen im Ausland, für Krankenhauszuzahlungen, für die Wahlleistung Ein- und Zwei-Bett-Zimmer im Krankenhaus sowie für Zahnersatz anzubieten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie meint, der Antrag des Antragstellers sei unzulässig und unbegründet. Die Vorschriften des UWG seien auf hoheitliches Handeln nicht anwendbar. Das ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 31.03.1998, B 1 KR 9/95 R). Darüber hinaus liege kein Wettbewerbsverhältnis und auch keine Wettbewerbshandlung im Sinne des UWG vor. Die Auswirkungen der Handlungen der Antragsgegnerin auf die Unternehmen der privaten Krankenversicherung begründeten kein nach den Grundsätzen des Privatrechts zu qualifizierendes Rechtsverhältnis. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG sei nicht anzuwenden, so dass der Antragsteller nicht antragsbefugt sei. Darüber hinaus sei auch ein Anordnungsanspruch nicht gegeben. Die Satzungsregelungen mit den jeweiligen Wahltarifen seien vom Landesversicherungsamt als zuständiger Aufsichtsbehörde amtlich genehmigt worden. Eine Gleichstellung von Wahltarifen mit Zusatzversicherungen sei unzulässig.
II.
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet.
Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des Inhalts, dass der Antragsgegnerin das Angebot von Wahltarifen nach den §§ 26 bis 29 ihrer Satzung untersagt werden soll, ist zulässig.
Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist bindend festgestellt worden (§ 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz [GVG]), im Übrigen aber auch nicht zu bezweifeln (vgl. § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG] in der klarstellenden Fassung gemäß Art. 17 des 6. Änderungsgesetzes zum SGG [SGG-Änderungsgesetz] vom 17.08.2001, BGBl. I 2144). Danach sind bei Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufgrund von Entscheidungen oder Verträgen der Krankenkassen oder ihrer Verbände, auch soweit Dritte betroffen werden, mit Ausnahme bestimmter Fragen aus dem Krankenhausbereich, ausschließlich die Sozialgerichte zuständig (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-2200 § 376d Nr. 1). Ferner ist auch die Antragsbefugnis des Antragstellers zu unterstellen. Zwar vermag dieser die Verletzung eigener (materieller) Rechte als Verband, der selbst durch das Angebot der Wahltarife nicht betroffen ist, nicht geltend zu machen. Dies ist aber grundsätzlich erforderlich (vgl. § 54 SGG, der im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens entsprechende Anwendung findet). Der Antragsteller beruft sich indes auf die Vorschriften des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG vom 03.07.2004 (BGBl I S. 1414) sowie des § 33 Absatz 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vom 15.07.2005 (BGBl I S. 1954), die das Verbandsklagerecht in wettbewerbs- und kartellrechtlichen Streitigkeiten eröffnen. Diese Vorschriften regeln auch die prozessuale Klagebefugnis (vergl. Bundesgerichtshof (BGH), Urt. v. 27.01.2005, I ZR 146/02, GRUR 2005, 689f). Diese setzt nur voraus, dass ein derartiger Anspruch behauptet wird. Ob dagegen diese Vorschriften im vorliegenden Fall tatsächlich anwendbar und ob ggffs. ihre Voraussetzungen erfüllt sind, ist dagegen eine Frage der Begründetheit des geltend gemachten Anspruchs (vergl. BGH Urt. v. 23.02.2006, I ZR 164/03).
Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ist unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung ist nach § 86b Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 920 ZPO das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes, was vom Antragsteller glaubhaft zu machen ist.
Ein derartiger Anordnungsanspruch, der es der Antragsgegnerin untersagen würde, ihren Versicherten Wahltarife nach den §§ 26-29 der Satzung anzubieten, steht dem Antragsteller nicht zur Seite. Da es sich bei dem Antragsteller um einen Verband handelt, scheidet eine unmittelbare eigene Rechtsverletzung aufgrund des Handelns der Antragstellerin von vornherein aus. Allein aufgrund der in den §§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, 33 Abs. 2 GWB eingeräumten Möglichkeit, die Verletzung fremder Rechte in eigenem Namen geltend zu machen, käme das Bestehen eines Anordnungsanspruchs des Antragstellers in Betracht ("Prozeßstandschaft", vergl. BSG, Urt. v. 25.09.2001, B 3 KR 3/01 R). Indes sind diese Vorschriften des UWG und des GWB auf das zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin bestehende Rechtsverhältnis nicht anwendbar.
Das ergibt sich aus der durch § 69 SGB V getroffenen Wertungsentscheidung. Diese Vorschrift bestimmt, dass die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Leistungserbringern abschließend durch die Normen des SGB V geregelt werden (Satz 1). Satz 2 (in der ab 01.04.2007 gültigen Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.03.2007, BGBl I, 378) sieht die entsprechende Anwendung der §§ 19 bis 21 GWB vor; Ausnahmen hiervon sind im 2.Halbsatz sowie Satz 3 geregelt. Nach Satz 4 sind unter bestimmten Voraussetzungen auf diese Rechtsbeziehungen die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) entsprechend anwendbar. Satz 5 schließlich erstreckt den Anwendungsbereich der Sätze 1 bis 3 auch auf Dritte, die durch die Rechtsbeziehungen iSd Satzes 1 betroffen sind. Demzufolge ist es ausgeschlossen, Handlungen der Krankenkassen und der von ihnen eingeschalteten Leistungserbringer, die der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrags gegenüber den Versicherten dienen sollen, nach den Vorschriften des Kartell-und Wettbewerbsrechts – mit Ausnahme des Anwendungsbereichs des Satzes 2 – zu beurteilen (vergl. BGH Urt.v. 02.10.2003, I ZR 117/01, GRUR 2004, 247f; BGH Urt.v. 23.02.2006 aaO).
Zwar wird der vorliegende Fall nicht unmittelbar von § 69 SGB V erfasst, denn es geht nicht um die Rechtsbeziehung der Antragsgegnerin zu einem Leistungserbringer, durch die der Antragsteller als Dritter betroffen ist. Hier geht es vielmehr um das Angebot von Leistungen der Antragsgegnerin (Angebot von Wahltarifen) aufgrund von § 53 Abs.4 SGB V iVm den betreffenden Satzungsregelungen; hiervon sehen sich die privaten Krankenversicherungen und der Antragsteller als deren Interessenverband (als Dritte) betroffen. Nach Auffassung des Senats trifft § 69 SGB V aber eine Wertungsentscheidung, die generell die Anwendung der Vorschriften des UWG und GWB auf das Leistungsrecht des SGB V ausschliesst, und zwar auch dann, wenn durch die aufgrund gesetzlicher Vorschriften des SGB V angebotenen Leistungen an Versicherte Dritte betroffen sind.
(1)Vor der Neufassung und Erweiterung des § 69 SGB V durch Art.1 Nr. 26 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22.12.1999, BGBl I, S. 2626, (§ 69 SGB V a.F.)) entsprach es der Rechtsprechung des BGH hinsichtlich der Handlungen von gesetzlichen Krankenkassen zu unterscheiden zwischen dem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu den Versicherten und demjenigen zu anderen Betroffenen, nämlich den Leistungserbringern der Kassen sowie Dritten. Das Rechtsverhältnis zu Leistungserbringern und betroffenen Dritten wurde als privatrechtliches qualifiziert und die Vorschriften des Wettbewerbs- und Kartellrechts für anwendbar gehalten (Beschluss vom 29.10.1987 des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, (GmS-OGB) 1/86; BGH Urt. v. 19.01.1995, I ZR 41/93, NJW 1995, 2352f;)
Als Reaktion hierauf wies der Gesetzgeber durch § 69 SGB V a.F. die Rechtsbeziehungen zwischen Kassen und Leistungerbringern sowie betroffenen Dritten dem öffentlichen Recht zu und schloss die Anwendung des Wettbewerbs- und Kartellrechts auch hinsichtlich betroffener Dritter aus (vergl. BSG Urt. v. 25.09.2001 aaO; BGH Urt. v. 23.02.2006 aaO; vergl. ferner die Übersicht über die Entstehungsgeschichte des § 69 SGB V bei Engelmann, jurisPK-SGB V, § 69 Rdnrn 1ff).
(2)Nach Auffassung des Senats ist hieraus zu schlußfolgern, dass nach dem Willen des Gesetzgebers Handlungen der gesetzlichen Krankenkassen, die der Erfüllung ihres öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrags gegenüber ihren Versicherten dienen sollen, auch dann allein nach sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen beurteilt werden sollen, wenn dadurch Dritte betroffen werden. Durch die Schaffung des § 69 SGB V hat der Gesetzgeber klargestellt, dass Handlungen der Krankenkassen, die jenen durch das SGB V geregelten Bereich betreffen, nur einheitlich nach öffentlich-rechtlichen Grundsätzen zu beurteilen sein sollen. Die dargestellte frühere Rechtsprechung des BGH, durch die "ein und dassselbe Verhalten, das öffentlich-rechtlich geordnet war, allein wegen der Auswirkungen auf den Wettbewerb als zugleich privatrechtliches Verhältnis qualifiziert wurde" (Pietzcker in: Sozialrecht und Sozialpolitik in Deutschland und Europa, Festschrift für Bernd Baron von Maydell, 2002, Seite 531ff) ist damit gegenstandslos geworden. Es erschiene unerklärlich, würden Handlungen der Kassen unter Beteiligung eines Leistungserbringers gemäß § 69 SGB V ausschließlich nach den Vorschriften des SGB V beurteilt, dagegen Handlungen bzw. Leistungen, die eine Krankenkasse ebenfalls nach Maßgabe sozialgesetzlicher Normen unmittelbar gegenüber Versicherten anbietet oder erbringt, bei Betroffenheit eines Dritten der Anwendung des Kartell- und Wettbewerbsrechts unterfielen.
(3)Die Antragsgegnerin bewegt sich mit dem Angebot von Wahltarifen im Bereich ihres öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrags. Dies ist hier schon deshalb zu bejahen, weil die Wahltarife den Versicherungsschutz der Versicherten – der sich grundsätzlich nach den Vorschriften des Dritten Kapitels bemisst – lediglich in einigen Bereichen modifizieren, indem der Leistungsumfang ausgeweitet wird. Ausreichend für die Rechtsfolge des Ausschlusses von Kartell- und Wettbewerbsrecht ist insoweit, dass sich die Krankenkasse auf ihr gesetzlich eingeräumte Befugnisse stützt und dass sie sich ersichtlich in dem ihr zugewiesenen Aufgabenbereich halten will. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit der Schaffung von Wahltarifen eröffnet (§ 53 SGB V), die Antragsgegnerin hat hiervon Gebrauch gemacht, indem sie entsprechende Leistungen in ihre Satzung aufgenommen hat, die zuständige Aufsichtsbehörde hat diese Satzungsregelungen genehmigt. Die Antragsgegnerin bewegt sich damit – unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 53 Abs.4 SGB V im einzelnen gegeben sind – innerhalb des vom Gesetzgeber gezogenen Rahmens, der eine Anwendung des Kartell- und Wettbewerbsrechts ausschliesst. (Jedenfalls) insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von den der Entscheidung des BGH vom 19.01.1995 (I ZR 41/93, NJW 1995, 2352f) und des Landgerichts Braunschweig vom 08.01.2007 (21 O 2945/07). Dort fehlte es gerade für die angebotenen Zusatz(sterbegeld)versicherungen an jeglicher gesetzlicher Grundlage. Soweit der Antragsteller im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin angebotenen Wahltarife einen Vergleich mit privaten Zusatzversicherungen und der Regelung des § 194 Abs. 1a SGB V bemüht, kann er daraus für die hier zu entscheidende Fallgestaltung nichts ableiten. Der Antragsteller verkennt, dass das Vermitteln von Zusatzversicherungen rechtlich und tatsächlich etwas anderes darstellt, als das Angebot von Wahltarifen. Während im ersteren Fall private Zusatzversicherungen bei privaten Versicherungsunter-nehmen an Versicherte nur vermittelt werden, erfolgt im Rahmen des Angebots von Wahltarifen eine Modifizierung des im Rahmen der Pflichtversicherung bzw. freiwilligen Versicherung bestehenden Versicherungsschutzes der Versicherten der Antragsgegnerin.
Es kann offen bleiben, ob möglicherweise dann etwas anderes zu gelten hätte, wenn der Antragsteller sein Begehren ausschliesslich auf wettbewerbsrechtliche Vorschriften im Sinne der Entscheidung des BGH vom 09.11.2006 (I ZB 28/06, NJW 2007, 1819f) stützen würde. Ungeachtet der Frage, ob dieser Entscheidung zu folgen ist (vergl. dazu Knispel, NZS 2008, Seite 129f), ist dies hier nicht der Fall; denn der Antragsteller macht im Kern gerade die Verletzung von Vorschriften des SGB V geltend.
Auf die Frage, ob die europarechtlichen Wettbewerbs- und Kartellvorschriften auf das Handeln der gesetzlichen Krankenkassen anwendbar sind, kommt es hier nicht an, weil diese jedenfalls dem Antragsteller keine eigenen Rechte einräumen, die dieser im gerichtlichen Verfahren geltend machen könnte. Im Übrigen ist auch bei dem vorliegenden Sachverhalt ein grenzüberschreitender Bezug nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Bei der Festsetzung des Streitwertes ist der Senat im Rahmen einer Schätzung davon ausgegangen, dass das finanzielle Interesse der Mitglieder des Antragstellers an dem Unterlassen des Angebots der Wahltarife durch die Antragsgegnerin mindestens einen Umfang von 1 Million Euro erreicht; ein Abschlag hiervon wegen der Vorläufigkeit der angestrebten einstweiligen Anordnung ist nicht vorzunehmen, da diese für den Zeitraum ihrer Gültigkeit endgültigen Charakter gehabt hätte.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 19.05.2008
Zuletzt verändert am: 19.05.2008