Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 03. September 2008 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger zu 1) vom 15.09.2002 bis 31.12.2005 versicherungspflichtig beschäftigt war.
Der 1957 geborene Kläger ist Mitglied der Beklagten. Bis 2002 war er selbständig (als Vorstandsmitglied) tätig. Mit Geschäftsführervertrag vom 07.08.2002 wurde er mit Wirkung ab 15.09.2002 zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Klägerin zu 2) bestellt. Gesellschafter der Klägerin zu 2) sind zu 65 Prozent eine inländische juristische Person und zu 35 Prozent eine juristische Person mit Sitz im Ausland. An beiden ist der Kläger zu 1) nicht beteiligt.
Nach den Bestimmungen des Geschäftsführervertrags, der – mit Verlängerungsoption – zunächst befristet bis zum 31.12.2004 geschlossen wurde, erhielt der Kläger ein in zwölf monatlichen Teilbeträgen zu zahlendes Bruttojahresgehalt von 240.000,- Euro. Daneben wurden erfolgsabhängige Tantiemenzahlungen vereinbart (bis 31.12.2003 garantierte Mindesttantieme 75.000,- Euro). Weiterhin heißt es in den vertraglichen Vereinbarungen u.a., die Arbeitszeit und ihre Einteilung richten sich nach den Erfordernissen der Gesellschaft. Es besteht Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub von 30 Arbeitstagen, der hinsichtlich des Zeitpunkts seiner Inanspruchnahme vorher mit den zur alleinigen Vertretung berechtigten Geschäftsführern abzustimmen ist. Die Gesellschaft übernimmt maximal 50 Prozent der Beiträge für die höchste Beitragsbemessungsgrenze zur Angestellten- und Krankenversicherung oder für eine entsprechende private Versicherung. Im Falle der Krankheit wird die Gesellschaft nach der üblichen Gehaltsfortzahlung von sechs Wochen für einen weiteren Zeitraum von insgesamt 20 Wochen die Diffferenz zwischen Krankengeld und dem durchschnittlichen Nettogehalt zahlen. Während der Dauer des Geschäftsführervertrages ist jede auf Erwerb ausgerichtete oder das Arbeitsverhältnis beeinträchtigende Nebentätigkeit nur mit vorheriger Zustimmung der Gesellschafterversammlung zulässig. Konkurrenzgeschäfte sind weder für eigene noch für fremde Rechnung erlaubt. Zudem galt für die Tätigkeit des Klägers ein "Katalog zustimmungspflichtiger Entscheidungen für die Geschäftsführer einer Gesellschaft". In dessen Präambel heißt es u.a., die Gesellschafter/Unternehmensleitung sind/ist im Sinne einer vertrauensvollen Zusammenarbeit und unter Beachtung der Führungsgrundsätze in alle Entscheidungsprozesse, die wesentliche Bedeutung haben, einzubeziehen. Dies gilt auch dann, wenn die einzelne Entscheidung weder von den Richtlinien oder Weisungen der Unternehmensleitung, dem Handlungsrahmen für GF/FK noch von diesem Katalog erfasst werden. Wesentliche Bedeutung haben Entscheidungen mit erheblichen Auswirkungen z.B. auf die Personalpolitik, Ergebnisentwicklung, Markenpolitik oder für Entscheidungen, die auch andere Gesellschaften der Unternehmensbereiche betreffen.
Der Kläger wurde arbeitgeberseitig entsprechend § 28a Sozialgesetzbuch Viertes Buch – SGB IV – zur Sozialversicherung angemeldet und es wurden Sozialversicherungsbeiträge entrichtet (so die unwidersprochen gebliebenen Angaben der Beklagten im angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 12.10.2005).
Im Oktober 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung seiner Versicherungsfreiheit in der Sozialversicherung. Im dazu überreichten Feststellungsbogen gab er u.a. an, er verfüge als einziger Geschäftsführer/Gesellschafter/Betriebsangehöriger über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse. Eine Arbeitszeitregelung gebe es nicht und er unterliege keinem Direktionsrecht der Gesellschaft bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung. Er könne selbständig Personal einstellen oder entlassen und müsse sich seinen Urlaub nicht genehmigen lassen (ausreichend sei eine Information der Gesellschafter). Von der ihm zustehenden Vergütung werde Lohnsteuer entrichtet. Die Verbuchung der Vergütung erfolge als Lohn/Gehalt bzw. Betriebsausgabe. Unter dem 10.12.2002 erließ die Beklagte gegenüber der Klägerin zu 2) einen nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid, in dem sie feststellte, dass das ab dem 15.09.2002 eingegangene Beschäftigungsverhältnis der Sozialversicherungspflicht unterliege. Ein Fremdgeschäftsführer, der weder selbst noch durch seine Familie am Gesellschaftskapital beteiligt sei, übe in der Regel eine abhängige Beschäftigung aus, weil er auch bei Belassung größter Freiheiten der Überwachung durch die Gesellschaft unterliege. Die Weisungsgebundenheit verfeinere sich bei höheren Diensten zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess. Der Kläger zu 1) trage mangels finanzieller Beteiligung kein Unternehmerrisiko. Die Gefahr bei fehlendem wirtschaftlichen Erfolg nur eine geringe oder gar keine Tantieme zu erhalten, ersetze nicht den unternehmertypischen Einsatz von Wagniskapital. Der Bescheid wurde dem Kläger zu 1) zur Kenntnis übersandt. Den dagegen und gegen einen weiteren Bescheid vom 03.12.2004, mit dem die Beklagte ihre im Feststellungsbescheid vom 10.12.2002 dargelegte Rechtsauffassung bestätigt hatte, gerichteten Widerspruch (zwischenzeitlich hatte der Kläger im März 2003 bei der damaligen Bundesversicherungsanstalt – Clearingstelle für sozialversicherungsrechtliche Statusfragen – auch ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV beantragt, den Antrag aber dann nicht mehr weiter verfolgt) wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2005 zurück. Es fehle nicht an einer Weisungsgebundenheit und der Kläger zu 1) trage kein Unternehmerrisiko, weil ihm ein nicht von der Ertragslage der GmbH abhängiges Festgehalt gewährt werde.
Gegen diese Entscheidung haben der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) am 11.11.2005 Klage erhoben und zu deren Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, der Kläger zu 1) habe während des fraglichen Zeitraums keine abhängige Beschäftigung ausgeübt, weil er seinen Arbeitsort, seine Arbeitszeit und die Festlegung seines Urlaubs selbst und völlig frei habe bestimmen können. Er habe Weisungen schon deshalb nicht unterlegen, da lediglich er selbst das erforderliche Fachwissen zur Unternehmensleitung gehabt habe, so dass sinnvolle Weisungen der Gesellschafter nicht möglich gewesen seien. Es müsse zudem berücksichtigt werden, dass der Kläger zu 1) die Aufgabe gehabt habe, zwischen den Gesellschafterinnen der Klägerin zu 2), die international auch im Wettbewerb zueinander stünden, einen Interessensausgleich über die Anteilsverhältnisse hinaus durchzuführen. Mit dieser Ausgleichsfunktion sei ein Verzicht der Gesellschafterinnen auf Ausübung ihres Weisungsrechts verbunden gewesen. Daran ändere auch der Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte nichts, denn daraus ergebe sich, dass der Kläger zu 1) das Unternehmen grundsätzlich eigenverantwortlich leite. Er trage auch ein beträchtliches eigenes Unternehmerrisiko, weil sein Gehalt in besonders hohem Maße von der wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft abhängig sei. Nach dem Gesamtbild der Tätigkeit, wie sie tatsächlich ausgeübt wurde, habe der Kläger zu 1) damit keine abhängige Beschäftigung ausgeübt.
Mit Urteil vom 03.09.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, gemessen an den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen zur Unterscheidung von selbständiger Arbeit und abhängiger Beschäftigung habe bei einer Gesamtschau sämtlicher maßgeblicher Umstände der Kläger zu 1) bei der Klägerin zu 2) eine abhängige und damit der Versicherungspflicht unterliegende Beschäftigung ausgeübt. Der Geschäftsführervertrag regele die für eine abhängige Beschäftigung wesentlichen Elemente (gleichbleibendes Monatseinkommen, Anspruch auf Erholungsurlaub von 30 Arbeitstagen, Beitragszuschüsse zur Renten- bzw. Krankenversicherung, Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall und Übernahme der Kosten einer Dienstwohnung in Paris). Der Kläger zu 1) habe damit die klassische Tätigkeit eines Fremdgeschäftsführers ausgeübt, der keine eigenen Anteile an der Gesellschaft besitzt. Dass er aufgrund seiner Kenntnisse die strategische Ausrichtung des Unternehmens zur besseren Positionierung am Markt festgelegt habe, begründe keine Versicherungsfreiheit. Hätten die Gesellschafter die vom Kläger zu 1) vorgeschlagene strategische Ausrichtung nicht akzeptiert, wäre seine von ihm nicht zu verhindernde Abberufung als Geschäftsführer möglich gewesen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Kläger zu 1) sicherlich eine herausragende Vermittlungs- und Koordinierungsfunktion für das Unternehmen übernommen habe, denn die das Kapital tragenden Gesellschafter hätten weder ihre finanzielle Verantwortung noch ihre Rechtsmacht zur Unternehmensleitung damit in vollem Umfang dem Kläger zu 1) übertragen. Es sei nicht unüblich, wenn Gesellschafter lediglich Vorgaben hinsichtlich der zu erreichenden Rendite machten, dem Geschäftsführer aber überlassen bleibe, auf welche Art und Weise er das Ziel erreiche. Bei einer Verfehlung der Vorgaben müsse der Fremdgeschäftsführer sich aber Rückfragen gefallen lassen und im schlimmsten Falle seine Entlassung hinnehmen, ohne Einfluss auf die Entscheidung der Gesellschafter, bei denen die alleinige Rechtsmacht liege, zu haben. Allein die Tatsache, dass von dieser Rechtsmacht kein Gebrauch gemacht wurde, könne eine unternehmerische Tätigkeit des Klägers zu 1) nicht begründen. Dagegen spreche bereits der nicht aufgehobene Katalog zustimmungspflichtiger Entscheidungen.
Gegen das ihnen am 07.10.2008 zugestellte Urteil haben die Kläger zu 1) und 2) am 07.11.2008 Berufung eingelegt. Unter weiterer Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens machen sie geltend, die vom Kläger zu 1) erstellten Strategiepläne seien stets und ausnahmslos von den Gesellschafterinnen genehmigt worden. Es habe zu keinem Zeitpunkt Besprechungs- oder gar Änderungsbedarf diesbezüglich gegeben. Im Rahmen von Gesellschafterversammlungen habe keine kritische oder gar abweichende Befassung mit der Führung des Unternehmens stattgefunden. Während seiner Stellung als Geschäftsführer habe der Kläger zu 1) direkt an die Unternehmensleitung der N-Gruppe berichtet. Aufgrund der getroffenen Tantieme-Regelungen habe er neben der festen Jahresvergütung in erheblichem Umfang erfolgsabhängige Einkommensbestandteile erhalten. Dies stelle ein erhebliches unternehmerrisches Risiko für ihn dar. Das erstinstanzliche Gericht habe den umfangreichen Vortrag zur tatsächlichen Stellung des Klägers zu 1) im Unternehmen vernachlässigt. Dies gelte insbesondere für seine Befugnisse und die praktische Umsetzung vertraglicher bzw. gesellschaftsvertraglicher Vorgaben. Jedenfalls seien die tatsächlichen Verhältnisse dadurch gekennzeichnet gewesen, dass er faktisch wie ein Alleingesellschafter-Geschäftsführer habe schalten und walten können. Denn soweit die vertraglichen Regelungen Weisungsbefugnisse bzw. Zustimmungserfordernisse enthielten, seien diese in der Praxis nicht beachtet worden.
Die Kläger beantragen schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 03.09.2008 abzuändern, die Bescheide der Beklagten vom 10.12.2002 und 03.12.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2005 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit des Klägers zu 1) als Geschäftsführer der Klägerin zu 2) nicht sozialversicherungspflichtig war.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und macht ergänzend geltend, bereits die Existenz eines auf das Arbeitsverhältnis des Klägers zu 1) anwendbaren Katalogs zustimmungspflichtiger Geschäfte sowie die Notwendigkeit, strategische Planungen der Geschäftsaktivität von den Gesellschafterinnen genehmigen zu lassen, belege, dass trotz besonderer Umstände des Einzelfalls im Kern eine Weisungsgebundenheit bestanden habe.
Die Beigeladenen haben sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und auch keine Berufungsanträge gestellt.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Verfahrens wird zur Ergänzung des Tatbestands auf den sonstigen Akteninhalt und insbesondere die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Die den Vorgang betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten des Sozialgerichts Detmold mit dem Az.: S 5 KR 275/05 haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten dazu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zutreffend eine Versicherungspflicht des Klägers zu 1) aufgrund abhängiger Beschäftigung bei der Klägerin zu 2) vom 15.09.2002 an festgestellt.
Die Zuständigkeit der Beklagten für die Feststellung folgt aus § 28h Abs. 2 SGB IV. Danach entscheidet die Einzugsstelle, d.h. die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung durchgeführt wird (§ 28i SGB IV), über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Das daneben bestehende Recht, ein Anfrageverfahren gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV durchzuführen, für das die Deutsche Rentenversicherung Bund bzw. ihr Rechtsvorgänger zuständig ist, lässt eine Zuständigkeit der hier zuerst angegangenen Beklagten gemäß § 28h Abs. 2 SGB IV schon deshalb nicht entfallen, weil für die Abgrenzung das Kriterium der zeitlichen Vorrangigkeit maßgeblich ist (vgl. Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 04.06.2009 – 12 KR 31/07 R zu RdNr. 13 der Wiedergabe bei juris).
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung, wobei Versicherungsfreiheit beim Überschreiten gewisser Verdienstgrenzen gemäß § 6 SGB V eintreten kann -; § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung; § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung; § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei der Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der geschuldeten Arbeiten umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dem gegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgeblich ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung, so wie es sich aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse darstellt.
Das BSG hat diese Grundsätze in ständiger Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 18.12.2001 – B 12 KR 10/01 R – m.w.N.) zutreffend auch bei Organen juristischer Personen angewandt und gleichfalls darauf abgestellt, ob sie von der Gesellschaft persönlich abhängig sind. Bei den Organen juristischer Personen, zu denen auch Geschäftsführer einer GmbH gehören, scheidet eine abhängige Beschäftigung nicht von vornherein deshalb aus, weil sie im Verhältnis zu sonstigen Arbeitnehmern Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (siehe BSG, Urteil vom 24.06.1982 – 12 RK 45/90 -) und in der Regel keinen Weisungen Dritter bzgl. Zeit, Art und Ort ihrer Arbeitsleistung unterliegen. In der bereits benannten Entscheidung des BSG vom 18.12.2001 weist das Revisionsgericht zu Recht darauf hin, dass es spezieller gesetzlicher Regelungen (vgl. beispielsweise § 1 Satz 4 SGB VI) über die fehlende Versicherungspflicht für leitende Angestellte oder Organe juristischer Personen nicht bedurft hätte, wenn der Gesetzgeber davon ausgegangen wäre, dass sie bereits aufgrund ihrer Stellung im Unternehmen nicht als Beschäftigte anzusehen sind. Vielmehr bestätigen diese Ausnahmevorschriften, dass auch die geschäftsführenden Organe juristischer Personen im Regelfall abhängig beschäftigt sind.
Das BSG hat demgemäß bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen (siehe BSG, Urteil vom 18.12.2001, m.w.N. aus der Rspr.). Eine abhängige Beschäftigung als Geschäftsführer ist allerdings dann ausgeschlossen, wenn der Geschäftsführer neben seiner Organ-Stellung eine Kapitalbeteiligung innehält und damit als Allein- oder Mehrheitsgesellschafter maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft nehmen kann und in Folge dessen jeden ihm nicht genehmen Gesellschafterbeschluss verhindern kann. Das Gleiche gilt auch, wenn der Geschäftsführer seine Rechtsmacht in der Gesellschaft aus einer Sperrminorität herleiten kann. Ist der Geschäftsführer hingegen nicht am Kapital der Gesellschaft beteiligt (Fremdgeschäftsführer), liegt in der Regel ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vor. An einer abhängigen Beschäftigung kann es jedoch gleichwohl fehlen, wenn ein externer Geschäftsführer in der GmbH "schalten und walten" kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert. Dies kann insbesondere in Betracht kommen, wenn zwischen Geschäftsführer und Gesellschaftern familiäre Beziehungen bestehen.
Unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze war der Kläger zu 1) nicht selbständig tätig, sondern befand sich in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Dies ergibt sich aus einer Gesamtbetrachtung.
Der Kläger zu 1) war an der Gesellschaft, deren Geschäftsführer er war, finanziell nicht beteiligt. Seine Arbeit galt also nicht einem "eigenen" Betrieb und er hatte aufgrund fehlender Gesellschaftsanteile auch nicht die Rechtsmacht, maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft in der Gesellschafterversammlung auszuüben. Der Geschäftsführervertrag enthält zudem eine Vielzahl von Indizien, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis und gegen eine selbständige Tätigkeit sprechen. Dem Kläger zu 1) wurde Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gewährt, er erhielt einen bezahlten Jahresurlaub im für Arbeitnehmer typischen Umfang und er erwarb Anwartschaften auf eine betriebliche Altersversorgung. Zudem waren ihm Konkurrenztätigkeiten verboten. Wesentliches Kriterium für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses ist auch die Gewährung einer festen Vergütung. Deren Höhe ist jedoch nicht maßgeblich. Insbesondere kann aus den verhältnismäßig hohen erzielten Einkünften nicht geschlossen werden, der Kläger zu 1) sei aufgrund fehlender Schutzbedürftigkeit nicht als abhängig Beschäftigter anzusehen, denn auch wenn das Arbeitsentgelt bestimmte Grenzen übersteigt, ist davon die Versicherungs- und Beitragspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung nicht betroffen.
Im Gegensatz zu den meist gewissen Schwankungen unterliegenden Einkünften Selbständiger ist das Erzielen einer gleichbleibenden (Grund-)Vergütung für Arbeitnehmer typisch. Der Hinweis des Klägers zu 1) auf den erheblichen Anteil einer erfolgsabhängigen Vergütung an seinem Gesamteinkommen rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn ein Unternehmerrisiko liegt nur dann vor, wenn nicht nur Einkommensausfälle bei Arbeitsmangel oder Schlechtleistung der Arbeit zu befürchten sind (derartige Risiken, die durch Leistungen der Sozialversicherung gerade abgemildert werden sollen, drohen einem Arbeitnehmer bei Kurzarbeit, Kündigung oder Insolvenz des Arbeitgebers auch), sondern zusätzlich auch Kosten für betriebliche Investitionen und/oder fürArbeitnehmer anfallen, wenn also trotz fehlender Einnahmen Betriebsausgaben zu tragen sind (ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt im Senatsurteil vom 21.01.2010, L 16 KR 176/08). Daran fehlt es hier aber völlig, denn der Kläger zu 1) war am Risikokapital des Unternehmens nicht beteiligt und von ihm wurden auch keine eigenen Betriebsmittel eingesetzt. Dies kennzeichnet typischerweise die Tätigkeit eines Arbeitnehmers, während vom Arbeitgeber ein an den betrieblichen Erfordernissen orientierter Einsatz von eigenen oder auf seine Kosten bereitgestellten Betriebsmitteln erfolgt.
Dass der Kläger jedenfalls im Alltagsgeschäft seine Arbeit praktisch frei gestalten konnte und sich Ort, Zeit und Dauer der Arbeitsleistung allein aus den betrieblichen Erfordernissen und nicht aus Weisungen des Arbeitgebers ergaben, rechtfertigt ebenfalls keine andere Beurteilung. Denn bei Diensten höherer Art wandelt sich das Direktionsrecht des Arbeitgebers regelmäßig in eine an den betrieblichen Erfordernissen orientierte funktionsgerechte und dienende Teilhabe am Arbeitsprozess um. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn dem Arbeitgeber eine Einflussnahme auf die Art der Ausführung der Tätigkeit schon aus Rechtsgründen versagt ist (z.B. gegenüber Ärzten) oder aus tatsächlichen Gründen etwa deshalb nicht in Betracht kommt, weil die entscheidende Sach- und Fachkunde beim Arbeitnehmer liegt. Letzteres ist zur Überzeugung des Senats hier der Fall gewesen. Die Gesellschafter der Klägerin zu 2) haben den Kläger zu 1) aufgrund seiner Fachkompetenz zum Geschäftsführer ernannt und ihm dafür eine an den Anforderungen orientierte Vergütung gewährt. Typischerweise sind deshalb derart herausragende Positionen durch eine jedenfalls bei täglichen Geschäften völlig in den Hintergrund tretende Weisungsgebundenheit gekennzeichnet.
Allerdings belegt die konkrete Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses, dass auch der Kläger zu 1) nicht völlig weisungsfrei agieren konnte. Dies ergibt sich bereits aus dem für das Arbeitsverhältnis geltenden Katalog zustimmungspflichtiger Entscheidungen, wonach der Geschäftsführer die Gesellschafter bzw. die Unternehmensleitung in alle Entscheidungsprozesse, die wesentliche Bedeutung haben, einzubeziehen hatte. Der Senat folgt nicht dem Einwand der Kläger, diese Regelungen seien in der Praxis nicht angewandt worden. Es ist bereits zu berücksichtigen, dass die bloße Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, so lange die diesem zugrunde liegende Rechtsposition nicht wirksam abbedungen wurde (so bereits BSG im Urteil vom 25.01.2006 – B 12 KR 30/04 R – zur RdNr. 22 bei juris). Zu den tatsächlichen Verhältnissen, die für die Beurteilung eines Arbeitsverhältnisses im Hinblick auf seine Versicherungspflichtigkeit maßgeblich sind, gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht, auf das Arbeitsverhältnis und insbesondere auf die Art und Weise der Arbeitsausführung Einfluss zu nehmen. Ob tatsächlich Einfluss genommen wird, ist bei dazu bestehender Rechtsmacht schon deshalb unbeachtlich, weil die versicherungsrechtliche Beurteilung ansonsten wesentlich davon abhinge, ob die Tätigkeit aus Sicht der Rechtsmachtinhaber beanstandungsfrei ausgeübt wird. Dies kann jedoch kein rechtlich entscheidendes Kriterium zur Unterscheidung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit sein.
Im Übrigen ergibt sich aus dem Vorbringen der Kläger, dass bei für die Gesellschaft wichtigen Entscheidungen die Gesellschafter auf ihre Kontroll- und Weisungsrechte nicht haben verzichten wollen. In dem beim Sozialgericht durchgeführten Erörterungstermin hat der Kläger zu 1) beispielsweise von Rückfragen der Gesellschafter berichtet, wenn ihnen ein von ihm geplanter Strategiezug ungewöhnlich erschien. Er hatte diesen dann zu erläutern und für den Fall einer plausiblen Erklärung wurde die von ihm vorgeschlagene Strategie sodann weiter verfolgt. Auch in der Berufungsschrift weist die Bevollmächtigte der Kläger darauf hin, dass die vom Kläger zu 1) ausgearbeiteten Strategiepläne von den Gesellschaftern genehmigt wurden. Entgegen der Ansicht der Berufungsführer ist jedoch nicht der Umstand der Genehmigung entscheidend, sondern dass eine Vorlage zur Genehmigung zu erfolgen hatte und auch tatsächlich erfolgt ist. Denn dies belegt, dass der Kläger zu 1) jedenfalls bei wichtigen Entscheidungen nicht – wie geltend gemacht – "frei schalten und walten" konnte.
Entgegen der Auffassung der Berufungsführer ist auch nicht entscheidend darauf abzustellen, dass die Gesellschaft aufgrund der Beteiligungsverhältnisse möglicherweise im besonderen Maße auf eine interessensausgleichende Geschäftsführung angewiesen gewesen sein könnte. Eine Beteiligung von Minderheits- und Mehrheitsgesellschaftern an einem Unternehmen ist schon nicht ungewöhnlich. Ein Interessensausgleich, soweit ein solcher wegen des i.d.R. vorhandenen und übergeordneten Interesses der Gesellschafter am Erfolg des gemeinsamen Unternehmens überhaupt erforderlich ist und zudem nicht bereits durch Regelungen im Gesellschaftsvertrag hinreichend erfolgt ist, kann – jedenfalls im Streitfall – durch den Geschäftsführer allerdings nur dann erfolgreich erfolgen, wenn er über die dafür erforderliche Rechtsmacht verfügt und beispielsweise den Minderheitsgesellschafter benachteiligende Beschlüsse der Gesellschafterversammlung durch den Mehrheitsgesellschafter verhindern kann. Über eine solche Rechtsmacht verfügte der Kläger zu 1), der in dem beim Berufungsgericht durchgeführten Erörterungstermin nochmals ausdrücklich bestätigt hat, dass der Katalog zustimmungspflichtiger Entscheidungen für die Geschäftsführer der Gesellschaft nie aufgehoben worden ist, aber gerade nicht. Er war vielmehr bei der Ausübung seiner Tätigkeit aufgrund des vorgenannten Katalogs nicht unerheblichen Genehmigungsvorbehalten ausgesetzt. Vor diesem Hintergrund stellen sich auch seine Angaben, er habe frei Personal einstellen und entlassen können und sogar eine Verlegung des Gesellschaftssitzes sei ihm unabhängig möglich gewesen, als nicht mit den ihn bindenden vertraglichen Regelungen konform dar. Nach dem genannten Katalog zu 5. waren wichtige Personalentscheidungen (siehe auch Art. 6 (6) k des Gesellschaftsvertrages der Klägerin zu 2), wonach der Geschäftsführer zur Einstellung und Entlassung von Angestellten, deren Bezüge jeglicher Art mehr als insgesamt 5.000,- Euro pro Monat betragen, sowie für die Zusage oder Zubilligung irgendwelcher Versorgungs- und/oder Pensionsansprüche einer Genehmigung bedarf) zustimmungspflichtig. Gleiches gilt nach dem Katalog zu 1. und auch nach Buchstabe (h) des Gesellschaftsvertrages für die Errichtung, Verlegung und Auflösung von Zweigniederlassungen und/oder Betriebsstätten. Ist bereits die Verlegung einer Zweigniederlassung genehmigungspflichtig, muss dies erst Recht für den Sitz der Gesellschaft gelten, so dass der Kläger zu 1) nicht zu dessen eigenmächtiger Verlegung nach den ihn bindenden Regelungen berechtigt war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Zwar gehört die Klägerin zu 2) nicht zu dem gemäß § 183 SGG begünstigten Personenkreis. Da sie aber mit dem insoweit begünstigten Kläger zu 1) gemeinsam Rechtsmittelführerin ist, richtet sich die Kostenentscheidung für alle Beteiligten einheitlich nach § 193 SGG (siehe BSG, Urteil vom 29.05.2006, B 2 U 391/05 B).
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Erstellt am: 02.06.2010
Zuletzt verändert am: 02.06.2010