Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 14.02.2011 geändert. Es wird festgestellt, dass der Widerspruch der Antragsteller vom 09.12.2010 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26.11.2010 aufschiebende Wirkung hat. Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller in beiden Rechtszügen.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26.11.2010 war festzustellen.
Nach § 86a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung (Satz 2). Beachtet ein Sozialversicherungsträger die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage nicht oder bestreitet er die aufschiebende Wirkung, hat das Gericht die aufschiebende Wirkung durch Beschluss festzustellen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b, Rdn. 15; Düring in: Jansen, SGG, 3. Aufl. 2008, § 86b, Rdn. 6, jeweils m.w.N.). Für den Eintritt der aufschiebenden Wirkung kommt es nicht darauf an, ob der Rechtsbehelf unzulässig oder unbegründet ist (Düring in: Jansen, SGG, 3. Aufl. 2008, § 86a, Rdn. 5).
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin stellt die angefochtene – das Ende der Familienversicherung mit Ablauf des 31.12.2004 feststellende – Mitteilung der Antragsgegnerin vom 26.11.2010 einen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar. Bei der Feststellung der Bestehens, Nichtbestehens oder Erlöschens einer Familienversicherung handelt es sich um eine Statusentscheidung im Sozialversicherungsrecht (vgl. LSG Hessen, Beschluss v. 21.08.2008 – L 1 KR 145/08 B ER). § 10 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) enthält keine des Selbstvollzugs fähige Regelung, sondern bedarf der rechtsstaatsgemäßen Umsetzung durch die Verwaltung. Diese wird ermächtigt und verpflichtet, u.a. die Anspruchsvoraussetzungen der Familienversicherung zu prüfen sowie bei Verneinung einen entsprechenden, die Familienversicherung ablehnenden Verwaltungsakt zu erlassen (vgl. hierzu § 289 Satz 1 SGB V). Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Gesetzgeber insoweit eine vom Normalfall abweichende Ausnahmeregelung hätte schaffen wollen. Nicht der Selbstvollzug des Gesetzes, sondern seine Umsetzung durch Verwaltungsakt unter Anwendung des Rechts auf den jeweiligen Einzelfall prägt auch das Sozialversicherungsrecht und ist aus Gründen der Rechtssicherheit geboten (BSG SozR 3-5405 Art. 59 Nr. 1, juris Rdn. 29 ff.; LSG Hessen, Beschluss v. 21.08.2008, a.a.O.; Ulmer in: BeckOK SozR, § 10 SGB V, Rdn. 32, jeweils m.w.N.).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Antragsgegnerin hier die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB V geprüft und dem Antragsteller zu 1) durch den angefochtenen Bescheid mitgeteilt, dass sie die Familienversicherung der Antragstellerin zu 2) zum 31.12.2004 beenden müsse. Diese Entscheidung haben die Antragsteller mit dem Widerspruch angefochten, der gemäß § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung hat.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs entfällt nicht gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG. Danach haben Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie über die Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten keine aufschiebende Wirkung. Hierbei handelt es sich in erster Linie um Entscheidungen, die sich auf den Finanzbedarf von Sozialversicherungsträgern auswirken. Zweck der Regelung ist die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit dieser Leistungsträger (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b, Rdn. 15; Krodel in: BeckOK SozR, § 86a SGG, Rdn. 22). Von § 86a Abs. 2 SGG nicht erfasst wird jedoch die Feststellung der Beendigung einer Familienversicherung (LSG Hessen, Beschluss v. 21.08.2008, a.a.O.). Eine Familienversicherung begründet zwar ein Versicherungsverhältnis mit eigenen Leistungsansprüchen des Versicherten. Die Feststellung von Versicherungs- oder Beitragspflichten i.S.d. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG ist hiermit jedoch weder im Hinblick auf den Stammversicherten noch hinsichtlich des Familienversicherten verbunden.
Schließlich kommt auch eine entsprechende Anwendung des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht. Denn es handelt sich hierbei um eine Ausnahme zu dem Grundsatz, dass Rechtsbehelfe aufschiebende Wirkung haben. Aufgrund dieses Regel-Ausnahme-Verhältnisses ist § 86a Abs. 2 SGG eng auszulegen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b, Rdn. 12), so dass für eine analoge Anwendung kein Raum verbleibt (Krodel in: BeckOK SozR, § 86a SGG, Rdn. 23.1 ).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 20.04.2011
Zuletzt verändert am: 20.04.2011