Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 01. Oktober 2008 geändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig ab dem 13. November 2008 bis zur Beendigung des laufenden Klageverfahrens, längstens bis zum 31. Oktober 2009, Versicherungsschutz gemäß § 264 Abs 2 SGB V zu Lasten der Beigeladenen zu gewähren. Insoweit wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin in beiden Rechtszügen tragen die Antragsgegnerin und die Beigeladene je zur Hälfte.
Gründe:
I. Die Antragstellerin (ASt´in) begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Gewährung von Krankenversicherungsschutz durch die Antragsgegnerin (AG´in); die Beteiligten streiten insbesondere um die Versicherungspflicht der ASt´in bei der AG´in, einer Ortskrankenkasse, nach § 5 Abs 1 Nr 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
Die am 00.00.1964 geborene ASt´in steht unter Betreuung (Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 10.01.2008, Geschäftszeichen: 52 XVII W 367) und war zuletzt bis zum 31.12.2005 privat bei der J Versicherung gegen Krankheit versichert; danach bestand zunächst kein Versicherungsschutz mehr. Ab dem 07.05.2007 bezog die ASt in von der Arbeitsgemeinschaft L (ARGE) Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Über diesen Leistungsbezug war sie bei der AG´in pflichtversichert, § 5 Abs 2a SGB V. Aufgrund einer sozialmedizinischen Stellungnahme der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie E vom 14.12.2007 ("Seelische Minderbelastbarkeit … bei bislang nicht ausreichend behandelter seelischer Erkrankung (wahnhafte Psychose)"; aufgehobene Leistungsfähigkeit für voraussichtlich länger als 6 Monate) beendete die ARGE mit bestandskräftigem Bescheid vom 06.02.2008 den Leistungsbezug nach dem SGB II zum 29.02.2008. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass der ASt´in ab dem 01.03.2008 ein Anspruch auf Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zustehe. Die ARGE zeigte die "Übergabe aus dem Leistungsbereich des SGB II an SGB XII" der beigeladenen Stadt L – Amt für Soziales und Senioren – (Beigl) bereits am 14.01.2008 an und stellte die Beitragszahlung an die AG´in zum 29.02.2008 ein.
Auf ihren Antrag vom 26.02.2008 bewilligte die Beigl der ASt´in mit Bescheid vom 24.04.2008 rückwirkend zum 01.03.2008 laufende Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII in Höhe von monatlich 1.180,20 EUR. Auf ihre Anträge vom 07.03.2008 (freiwillige Weiterversicherung) bzw 29.04.2008 (Pflichtmitgliedschaft) lehnte die AG´in mit Bescheid vom 18.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2008 die Gewährung von Krankenversicherungsschutz ab. Zur Begründung führte sie aus, es bestehe aufgrund des Bezuges laufender Leistungen nach dem SGB XII nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V keine Pflichtversicherung, für eine freiwillige Versicherung nach § 9 SGB V bestehe keine ausreichende Vorversicherungszeit. Die Beigl hatte mit Bescheid vom 30.06.2008 (Antrag vom 20.05.2008) der ASt´in Leistungen der Hilfe bei Krankheit gemäß § 48 SGB XII mit der Begründung abgelehnt, die Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V zu Lasten der AG´in sei vorrangig.
Am 13.08.2008 hat die ASt´in vor dem Sozialgericht (SG) Köln Klage gegen den Bescheid der AG´in vom 18.04.2008 erhoben und im Wege der einstweiligen Anordnung begehrt, die AG´in zu verpflichten, sie in eine Pflichtversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V aufzunehmen. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie sei psychisch krank und bedürfe dringendst psychiatrischer, allgemeinmedizinischer und zahnmedizinischer Behandlung. Die AG´in hat auf § 5 Abs 8a Satz 2 SGB V verwiesen, wonach Bezieher laufender Leistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII nicht versicherungspflichtig seien. Die Beigl hat die Auffassung vertreten, mit der Einstellung des Leistungsbezugs nach dem SGB II habe für die ASt´in kein Versicherungsschutz mehr bestanden, so dass nach der Zielvorstellung des SGB XII die AG´in vorrangig verpflichteter Krankenversicherungsträger sei. § 5 Abs 8a Satz 2 SGB XII betreffe nur sog Bestandsfälle. Erst nach Eingang der für die Leistungsgewährung erforderlichen Unterlagen am 10.04.2008 habe sie mit Bescheid vom 14.04.2008 die laufenden Leistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII gewähren können; einzig auf der Grundlage des § 18 Abs 1 SGB XII sei es zu einer rückwirkenden Leistungsbewilligung gekommen.
Mit Beschluss vom 01.10.2008 hat das SG die AG´in verpflichtet, vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache die ASt´in als Versicherte nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V zu führen und ihr Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu gewähren. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Voraussetzungen einer Pflichtversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V lägen vor, da insbesondere die ASt´in am 01.03.2008 noch nicht Empfängerin einer laufenden Leistung nach dem Dritten Kapitel SGB XII gewesen sei. Ein abstrakter, noch nicht bescheidmäßig festgestellter Anspruch auf diese Leistungen reiche nicht aus.
Gegen diesen Beschluss hat die AG´ in am 09.10.2008 unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens vor dem SG Köln Beschwerde eingelegt und gleichzeitig bei dem SG beantragt, den Vollzug der angefochtenen Entscheidung einstweilig auszusetzen (§ 175 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Da das SG über den Aussetzungsantrag nicht entschieden, sondern dem erkennenden Gericht mit Verfügung vom 10.10.2008 die Beschwerde zur Entscheidung vorgelegt hat, hat die AG in der ASt´in eine Versicherungskarte (§ 291 SGB V) ausgehändigt. Ihren Antrag nach § 175 Satz 3 SGG hat sie auf Vorschlag des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 13.11.2008 zurückgenommen.
Die AG´in beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 01. Oktober 2008 aufzuheben und den Antrag der Antragsgegnerin vom 13. August 2008 zurückzuweisen.
Die ASt´in beantragt,
die Beschwerde der Antragsgegnerin mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Antragsgegnerin vorläufig ab dem 13. November 2008 verpflichtet wird, ihr den Versicherungsschutz als Pflichtversicherte (§ 5 Abs 1 Nr 13 SGB V), hilfsweise als freiwillig Versicherte nach § 9 SGB V zu gewähren, weiter hilfsweise ihr Krankenversicherungsschutz nach § 264 Abs 2 SGB V zu Lasten der Beigeladenen zu gewähren.
Die Beigl beantragt,
die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
Zur Begründung beziehen sich ASt´in und Beigl auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung. Die ASt´in hat nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung die Versicherungskarte der AG´in bisher noch nicht eingesetzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakten der AG´in und der Beigl Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
II. Die zulässige Beschwerde der AG´in gegen den Beschluss des SG Köln vom 01.10.2008 ist nur insoweit begründet, als die AG´in nur für die Zeit ab der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (13.11.2008) verpflichtet ist, vorläufig den Krankenversicherungsschutz der ASt´in nach § 264 Abs 2 SGB V zu Lasten der Beigel sicherzustellen. Zu Unrecht hat das SG im angefochtenen Beschluss nach summarischer Prüfung das Bestehen einer Pflichtversicherung der ASt´in bei der AG´in nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V bejaht und damit einen Versicherungsschutz im Auftragsverhältnis zu Lasten der Beigl nach § Abs 2 SGB V im Ergebnis abgelehnt.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 86b Abs 2 Satz 2 SGG (Regelungsanordnung). Danach kann das Gericht – soweit, wie hier, kein Fall nach § 86b Abs 1 SGG vorliegt (zur rückwirkenden Stornierung einer Pflichtmitgliedschaft, LSG NRW, Beschluss vom 18.04.2008 – L 5 B 9/08 KR ER – sozialgerichtsbarkeit.de -) – auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde (§ 86b Abs 2 Satz 1 SGG). Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung dafür ist das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs (materielles Recht, für das einstweiliger Rechtsschutz begehrt wird) und eines Anordnungsgrundes (Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, wenn ein Abwarten auf eine Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten ist). Dabei stehen sich Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert einander gegenüber, vielmehr besteht zwischen ihnen eine funktionelle Wechselbeziehung dergestalt, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw Schwere des drohenden Eingriffs (Anordnungsgrund) zu verringern sind oder umgekehrt (dabei dürfen keine zu hohen Anforderungen an die Glaubhaftmachung im Eilverfahren gestellt werden; die Anforderungen haben sich vielmehr am Rechtsschutzziel zu orientieren, das der Antragsteller mit seinem Begehren verfolgt, Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschlüsse vom 29.07.2003 – 2 BvR 311/03 – NVwZ 2004, 95; vom 19.03.2004 – 1 BvR 131/04 – NJW 2004, 3100 -). Ist dagegen dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, ist anhand einer Folgenabwägung unter umfassender Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange aller Beteiligter zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – Breithaupt 2005, 803 -; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b Rn 27 f mwN).
Nach diesen Grundsätzen hat das SG zwar zu Recht einen Anordnungsgrund bejaht, dabei jedoch bei summarischer Prüfung zu Unrecht das Bestehen einer rückwirkenden Pflichtversicherung ab dem 01.03.2008 nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V zu Lasten der AG´in unterstellt (anders wohl selbst noch dieselbe Kammer des SG Köln bei nahtlosen Leistungsbezug nach dem Vierten Kapitel SGB XII, Beschluss vom 08.10.2008 – S 5 KR 278/08 ER, nachgehend Beschluss LSG NRW vom 08.10.2008 – L 5 B 69/08 KR ER – sozialgerichtsbarkeit.de -). Dabei ist den Beteiligten zuzugeben, dass insbesondere Sozialhilfeträger und Krankenkassen heftig um den Eintritt der Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V bzw um die Möglichkeit des Beitritts zur freiwilligen Krankenversicherung für den hier betreffenden Personenkreis streiten (so ausdrücklich Padé, jurisRR-SozR 22/2008 mit einem Rechtsprechungsüberblick; vgl auch Geiger, info also 2007, 199 mwN). Höchstrichterlich liegt zu dieser Problematik bisher nur die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13.06.2007 (Az: B 12 KR 29/06 R – SozR 4-2500 § 9 Nr 1 – (Beitrittsrecht nach § 9 Abs 1 Nr 8 SGB V); andererseits zur Vorschusspflicht der Sozialhilfeträger bei der Übernahme der Krankenbehandlung nicht versicherter Leistungsbezieher nach dem SGB XII durch die Krankenkasse, BSG, Urteil vom 17.06.2008 – B 1 KR 30/07 R – Die Leistungen Beilage 2008, 306 -) vor.
Nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V (eingeführt zum 01.04.2007 durch Art 1 Nr 2 des "Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung" (GKV-WSG) vom 26.03.2007, BGBl I 378) sind ua Personen in der GKV versicherungspflichtig, die keinen anderen Versicherungsschutz haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Abs 5 dieser Vorschrift (hauptberuflich Selbständige) oder den in § 6 Abs 1 oder 2 SGB V genannten (versicherungsfreien) Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeiten im Inland gehört hätten. Nicht versicherungspflichtig sind Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII, § 5 Abs 8a Satz 2 SGB V. Dies gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistung für weniger als einen Monat unterbrochen wird (§ 5 Abs 8a Satz 3 SGB V; zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals "unterbrochen", vgl einerseits SG Hamburg, Beschluss vom 21.08.2007 – S 8 KR 490/07 ER – juris.de -(unterbrochen" setze denknotwendig voraus, dass ein Leistungsbezug bereits aufgenommen worden sei); andererseits, Geiger, aaO, S 201 mit Hinweis auf ein Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 20.03.2007).
Nach diesen Grundsätzen erfüllt die ASt´in entgegen der Rechtsauffassung des SG bei der gebotenen summarischen Prüfung die Voraussetzungen einer Pflichtmitgliedschaft in der GKV nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V nicht. Sie war bis zum 29.02.2008 bei der AG´in nach § 5 Abs 2a SGB V gesetzlich versichert und bezog ab dem 01.03.2008 nahtlos laufende Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII (Ausschlusstatbestand nach § 5 Abs 8a Satz 2 SGB V).
Dem steht nicht entgegen, dass die Beigl der ASt´in diese Leistungen erst rückwirkend mit Bescheid vom 24.04.2008 bewilligt hat. Zwar ist dem SG insoweit zuzustimmen, dass der hier einschlägige Ausschlusstatbestand des § 5 Abs 1 Nr 8a Satz 2 SGB V grundsätzlich seinem Wortlaut nach ("Empfänger") den tatsächlichen Bezug von laufenden Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten oder Siebten Kapitel SGB XII und nicht nur eine etwaige Verpflichtung zur Leistungserbringung voraussetzt (so ausdrücklich LSG NRW, Beschluss vom 30.05.2008 – L 20 B 12/08 SO ER – sozialgerichtsbarkeit.de -). Dies gilt jedoch nicht, wenn – wie hier – ersichtlich ein nahtloser Übergang von SGB II – in SGB XII – Leistungen vorliegt. In diesen Fällen kann insbesondere der Nachrangigkeitsgrundsatz des § 2 Abs 1 SGB XII der AG´in nicht entgegengehalten werden. Nur eine solche Auslegung entspricht dem Regelungszusammenhang, der Entstehungsgeschichte und dem Zweck des § 5 Abs 8a Satz 2 SGB V (wie hier im Ergebnis: SG Karlsruhe, Urteil vom 15.04.2008 – S 7 KR 5508/07 – juris.de -; Geiger, aaO, S 201, der allerdings als Zweck auf die Begründung einer GKV-Mitgliedschaft abstellt; im Ergebnis offen gelassen, LSG NRW, Beschluss vom 30.10.2008 – L 11 B 11/08 KR ER – sozialgerichtsbarkeit.de -). Der Empfang von Leistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII ist danach bereits dann anzunehmen, wenn in absehbarer Zeit die Gewährung laufender Leistungen erwartet werden kann. Das bedeutet, dass die Betreffende hilfebedürftig sein, der Sozialleistungsträger von ihrer Hilfebedürftigkeit Kenntnis haben und die Betreffende den für die Leistungsgewährung notwendigen Antrag gestellt haben muss (so ausdrücklich, SG Karlsruhe, aaO). Die Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V kann in diesen Fällen nicht allein von den Zufälligkeiten der rechtzeitigen Bescheiderteilung oder Leistungsauszahlung durch den Sozialhilfeträger abhängen. Dies entspricht dem Normzweck der vorgegebenen Risikoverteilung zwischen Sozialhilfeträgern und Krankenkassen (BT-Drs 16/3100, S 94 zu § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V). Danach tragen die Krankenkassen in § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V nur das Risiko für eine Auffangzuständigkeit derartiger Personen, die eine Absicherung durch einen Sozialhilfeträger nicht erfahren (vgl auch § 264 Abs 7 SGB V, §§ 48 und 52 SGB XII). Der Gesetzgeber hat damit bewusst eine leistungsrechtliche und gerade keine versicherungsrechtliche Gleichstellung von Empfängern laufender Leistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII mit gesetzlich Krankenversicherten vorgegeben (vgl dazu insbesondere die in Art 28 Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21.12.1992 (BGBl I 2266) zunächst vorgesehene Mitgliedschaft, die aufgrund von Uneinigkeit über die angemessene Beitragszahlung nicht verwirklicht wurde (BSG, Urteile vom 13.06.2007 und vom 17.06.2008, jeweils aaO; BT-Drs 15/1525 S 141 zu § 264 SGB V) und damit an der finanziellen Verpflichtung des Sozialhilfeträgers bei der Übernahme der Krankenbehandlung durch die Krankenkassen dogmatisch stimmig festgehalten.
So liegt der Fall hier. Ausweislich der vom Senat beigezogenen Verwaltungsakte der Beigl war diese durch Mitteilung der ARGE vom Übergang der SGB II in eine SGB XII-Leistung bereits am 14.01.2008 informiert und die ASt´in von der ARGE im Einstellungsbescheid vom 06.02.2008 auf den bestehenden Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII hingewiesen worden. Auch wenn der Beigl ein eigener Prüfungsanspruch zuzugestehen ist, sprach nach Aktenlage nichts dagegen, dass der Antrag der ASt´in vom 26.02.2008 auf laufende Leistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII der Erfolg versagt werden konnte. Tatsächlich stand – wie von der Beigl mit Bescheid vom 24.04.2008 schließlich auch angenommen – zu erwarten, dass die in einem gegliederten Sozialleistungssystem von der ARGE bereits getroffene Bedürftigkeitsprüfung nach dem SGB II auch im Rahmen der Leistungen nach dem SGB XII Bestand haben wird, auch wenn die Voraussetzungen nicht vollständig übereinstimmen. Wenn sich dann diese Prüfung durch die Beigl über die in § 19 Abs 2 SGB V vorgegebene Monatsfrist (zum Ausschluss einer Pflichtmitgliedschaft nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V bei nachgehenden Ansprüchen aus einer Pflichtversicherung, Geiger, aaO, S 200) hinaus erstreckte, ist dies aus Sicht des Senats bei einem Antrag auf existenzsichernde Leistungen nach dem SGB XII schon kaum hinnehmbar, jedenfalls führt dies nicht zu einer Umkehr der vom Gesetzgeber vorgegebenen Risikoaufteilung bei der Tragung des Krankenversicherungsschutzes von SGB XII-Leistungsbeziehern.
Bestand für die AG´in mithin nur in der Zeit vom 07.05.2007 bis zum 29.02.2008 eine Pflichtmitgliedschaft in der GKV, fehlt es, wie von der AG´in im angefochtenen Bescheid vom 18.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2008 zu Recht näher ausgeführt, an einer ausreichenden Vorversicherungszeit der ASt´in für einen möglichen Beitritt zu einer freiwilligen Krankenversicherung (§ 9 Abs 1 Nr 1 2. Halbsatz SGB V). Ein Beitrittsrecht nach § 9 Abs 1 Nr 8 SGB V ist mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 13.06.2007, aaO) ebenfalls ausgeschlossen.
Nach summarischer Prüfung spricht danach alles dafür, der ASt´in Krankenversicherungsschutz nach § 264 Abs 2 Satz 1 SGB V durch die AG´ in zu Lasten der Beigl zu leisten. Nach dieser Vorschrift wird die Krankenbehandlung von Empfängern von Leistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII, die nicht versichert sind, von der Krankenkasse übernommen. Diese Krankenbehandlung erfolgt aufgrund gesetzlichen Auftrags (BSG, Urteil vom 17.06.2008, aaO) durch die Krankenkasse, wobei die Regelung der Kostenerstattung (§ 264 Abs 7 SGB V) in Erfüllung der bereits dargestellten Risikoverteilung sicherstellt, dass Kosten in Höhe der tatsächlich entstandenen Aufwendungen erstattet werden.
Diese Voraussetzungen liegen vor. Die ASt´ in gehört als Bezieherin laufender Leistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII zum leistungsberechtigten Personenkreis dieser Vorschrift; zudem besteht, wie ausgeführt, nach vorläufiger Prüfung kein anderer Krankenversicherungsschutz und kein Ausschluss nach § 264 Abs 2 Satz 2 SGB V. Sie hat mit ihren Anträgen vom 07.03. bzw 29.04.2008 zudem die AG´ in wirksam als zuständige Krankenkasse gewählt (§ 264 Abs 3 Satz 1 SGB V), wobei eine vorherige besondere Anmeldung der ASt´ in durch die Beigl nicht erforderlich ist (wie hier: SG Hamburg, Beschluss vom 31.01.2008 – S 8 KR 276/08 ER – juris.de -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07.11.2007 – L 9 B 519/07 KR ER – juris.de -, jeweils mwN).
Ein Anordnungsgrund ist ebenfalls gegeben. Die Eilbedürftigkeit ergibt sich zumindest aus der medizinischen Behandlungsbedürftigkeit der ASt´in, die neben dem glaubhaften Vorbringen ihrer Betreuerin in beiden Rechtszügen durch das eingeholte Gutachten der ARGE vom 14.12.2007 ("nicht ausreichend behandelte seelische Erkrankung") zur Überzeugung des Senats ausreichend belegt ist.
Der Anordnungszeitraum war hinsichtlich seines Beginns auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu begrenzen, weil die ASt´in für die davor liegende Zeit keine in die Zukunft fortwirkende wesentliche Nachteile behauptet noch glaubhaft gemacht hat. Da die ASt´in nach Einlassung ihrer Betreuerin dem vorliegenden Krankheitsbild entsprechend von der ihr inzwischen ausgestellten Versicherungskarte ohnehin noch keinen Gebrauch gemacht hat, sieht auch der Senat kein Bedürfnis für eine rückwirkende Verurteilung. Dabei teilt der Senat ausdrücklich nicht die Bedenken des LSG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 07.01.2008 – L 1 B 336/07 KR ER – juris.de -) zur Zumutbarkeit eines Krankenversicherungsschutzes von Leistungsbeziehern nach dem SGB XII nach § 264 Abs 2 SGB V. Die Verurteilung entsprach dem gestellten Hilfsantrag und begründet im Ergebnis eine leistungsrechtliche Gleichstellung der ASt´in mit gesetzlich Krankenversicherten (so wohl auch BSG, Urteil vom 17.06.2008, aaO). Die ASt´in behält bzw erhält eine neue Krankenversichertenkarte (§ 264 Abs 4 Satz 2 SGB V) und hat wie alle GKV-Versicherte einen Anspruch auf die vollständige medizinische Versorgung nach dem SGB V. Dies ist für die hier allein zu treffende Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren ausreichend und angemessen. Hinsichtlich des Endzeitpunkts der einstweiligen Anordnung ergab sich die Notwendigkeit der Begrenzung bis zur Beendigung des vor dem SG Köln anhängigen Hauptsacheverfahrens über die von der ASt´in gestellten Anträge hinsichtlich ihres Versicherungsstatus, längstens aber bis zum 31.10.2009. Die Möglichkeit der teilweisen Verurteilung der Beigl ergab sich aus § 75 Abs 5 SGG; die mit – nicht bestandskräftigen – Bescheid vom 19.06.2008 erfolgte Ablehnung der Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII stand dem nicht entgegen (Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 75 Rn 18b).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183 und 193 SGG und berücksichtigt das Maß des anteiligen Unterliegens von AG´in und Beigl.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden, § 177 SGG.
Erstellt am: 03.12.2008
Zuletzt verändert am: 03.12.2008