Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.01.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Regelaltersrente. Streitig ist dabei insbesondere, ob Arbeitszeiten im Ghetto Grojec (im damaligen Generalgouvernement) von September 1940 bis Dezember 1941 sowie im Ghetto Skarzysko (im damaligen Generalgouvernement) von Juni bis Oktober 1942 als glaubhafte gemachte Beitragszeiten auf die allgemeine Wartezeit anzurechnen sind.
Die am 00.00.1917 in X geborene Klägerin ist jüdischer Abstammung und anerkannte Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes – BEG -. Im Jahre 1965 wanderte sie nach einem vorübergehenden Aufenthalt in Frankreich, Argentinien und Brasilien nach Israel aus und erwarb die israelische Staatsangehörigkeit.
Anlässlich eines von der Klägerin im November 1953 eingeleiteten Entschädigungsverfahrens wurde ihr für die Zeit von Dezember 1939 bis März 1942 sowie von Juni 1942 bis Januar 1945 eine Entschädigung für Schaden an Freiheit gewährt (Bescheide des Bezirksamtes für Wiedergutmachung in Mainz vom 29.10.1955, 03.07.1956 und 07.08.1957). Darüber hinaus erhielt die Klägerin eine Entschädigung für Schaden an Körper oder Gesundheit (Bescheid des Bezirksamtes für Wiedergutmachung Mainz vom 03.02.1965). In dem Antragsformular auf Entschädigung für Schaden an Freiheit vom 24.11.1953 machte die Klägerin damals u.a. einen Aufenthalt im Ghetto Grojec von März 1940 bis Februar 1941 sowie im Zwangsarbeitslager Skarzysko von Juni 1942 bis August 1944 geltend. In einer eidesstattlichen Versicherung vom 12.09.1959 führte die Klägerin zu ihrem Verfolgungsschicksal aus, im Jahre 1940 in das Ghetto Grojec eingewiesen worden zu sein. Dort habe sie sich bis Februar 1941 aufgehalten. Nach einem vorübergehenden Aufenthalt im Ghetto Warschau sowie in Szydlowiec sei sie von Juni 1942 bis August 1942 im Zwangsarbeitslager Skarzysko gewesen. In einer eidesstattlichen Erklärung vom 21.08.1957 gab die Klägerin gemeinsam mit ihrem Ehemann an, im Juni 1942 von der Gestapo verhaftet und in das Arbeitslager Skarzysko gesteckt worden zu sein. Ihr damaliger Prozessbevollmächtigter führte in einem Schreiben vom 28.12.1954 aus, der Aufenthalt der Klägerin im Zwangsarbeitslager Grojec von März 1940 bis Februar 1941 sei durch die von ihr vorgelegte Bescheinigung des Bürgermeisters erwiesen. Die Zwangsarbeit habe unter haftähnlichen Bedingungen stattgefunden, da die Arbeiten unter Aufsicht der SS bzw. der Gestapo verrichtet worden, die jüdischen Arbeiter von anderen Personen vollständig abgeschlossen gewesen seien und den Judenstern hätten tragen müssen. S T gab in einer eidesstattlichen Versicherung vom 02.12.1954 an, im August 1940 in das Zwangsarbeitslager Skarzysko interniert worden zu sein. Die Klägerin sei mit ihrem Ehemann Mitte des Jahres 1942, es sei wohl im Juli gewesen, in Skarzysko eingeliefert worden. In einer weiteren eidesstattlichen Versicherung vom 09.09.1955 bestätigte er erneut, dass die Klägerin und ihr Ehemann Mitte des Jahres 1942 in Skarzysko eingeliefert worden seien. J N führte in einer eidesstattlichen Versicherung vom 09.09.1955 aus, die Klägerin habe sich von Mitte 1942 bis Mitte 1944 im Zwangsarbeitslager Skarzysko aufgehalten. V C gerin ab März 1940 im Ghetto in Grojec gewesen zu sein. Dort hätten sie Zwangsarbeit leisten müssen. V C führte in einer eidesstattlichen Erklärung vom 19.11.1959 aus, mit der Klägerin zusammen im Zwangsarbeitslager Skarzysko-Kamienna interniert gewesen zu sein.
Am 28.10.2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Regelaltersrente unter Anerkennung einer Ghettobeitragszeit nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto – ZRBG -. In dem Rentenantragsformular vom 15.01.2003 machte die Klägerin geltend, von 1940 bis Februar 1941 im Ghetto Grojec einige Stunden Näharbeiten verrichtet zu haben, für die sie ein wenig Geld (Zloty) erhalten habe. Von 1942 bis 1944 sei sie im Ghetto Skarzysko Kamienna als Arbeiterin bei der I AG (I T) in Vollzeit, 12 bis 16 Stunden, tätig gewesen und habe als Arbeitsverdienst Essen erhalten. Dem deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) habe sie nicht angehört. In dem Fragebogen zur Anerkennung von Zeiten nach dem ZRBG vom 15.01.2003 führte die Klägerin aus, in Grojec in einer kleinen Werkstatt Näharbeiten verrichtet zu haben und in Skarzysko in der Fabrik HASAG gearbeitet zu haben. Für ihre Arbeiten im Ghetto Grojec habe sie ein wenig Geld/ein wenig Zloty erhalten. Für ihre Arbeiten im Ghetto Skarzysko seien ihr als Arbeitsverdienst Essen, nicht jedoch Sachbezüge gewährt worden. Der Arbeitseinsatz sei durch Vermittlung des Judenrates zustande gekommen. Auf dem Weg von und zur Arbeit sowie während der Arbeit sei sie nicht bewacht worden. Zeugen für die geltend gemachten Arbeitszeiten könne sie nicht benennen.
Durch Bescheid vom 05.02.2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit der Begründung ab, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht glaubhaft gemacht sei. Es habe sich bei den geltend gemachten Arbeiten im Ghetto Grojec unter Berücksichtigung auch der Angaben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Entschädigungsverfahren vielmehr um Zwangsarbeit gehandelt. Die behaupteten Arbeitszeiten in Skarzysko-Kamienna seien schon deshalb nicht anzuerkennen, weil sie diese in einem Zwangsarbeitslager verrichtet habe.
Zur Begründung ihres gegen diesen Bescheid am 10.02.2004 eingelegten Widerspruchs führte die Klägerin in einer persönlichen Erklärung vom 24.03.2004 aus, für ihre Näharbeiten im Ghetto Grojec mit Zloty entlohnt worden zu sein. Sie sei nicht bewacht worden. Mit ihrer Angabe in dem Rentenantragsformular vom 15.01.2003, "einige Stunden" gearbeitet zu haben, habe sie die tägliche Arbeitszeit (ca. 6 bis 7 Stunden) gemeint.
Durch Widerspruchsbescheid vom 27.01.2005 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Mit ihrer am 01.02.2005 bei dem Sozialgericht Düsseldorf erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt und durch ihren Prozessbevollmächtigten vorgetragen, laut eigener Erklärung für ihre Arbeiten einen Lohn in Form von Sachbezügen (täglich Essen und wöchentlich zusätzliche Lebensmittel für zu Hause) zur beliebigen Verfügung erhalten zu haben. Für ihre Tätigkeiten in den Ghettos Grojec und Skarzysko gelte ebenso wie nach den Ausführungen des Sachverständigen Bodek in seinem historischen Gutachten zu den damaligen Verhältnissen im Ghetto Lodz, dass die dortigen Beschäftigungsverhältnisse entlohnt worden seien. Zwar falle es den hochbetagten Antragstellern schwer, sich nach über 60 Jahren an alle Einzelheiten zu erinnern, zumal die schreckliche Zeit habe verdrängt und vergessen werden sollen. Auf jeden Fall sei die Klägerin aber für ihre Tätigkeit wie alle anderen Beschäftigten in den Ghettos entlohnt worden. Sofern im Entschädigungsverfahren eine freiwillige und entgeltliche Tätigkeit nicht erwähnt worden sei, stehe dies der Glaubhaftmachung der geltend gemachten Beschäftigungszeiten nicht entgegen. Angaben über eine freiwillige Arbeitsaufnahme und Entlohnung seien für das Entschädigungsverfahren ohne Bedeutung gewesen und dort nicht abgefragt worden. Auch die Bezeichnung als Zwangsarbeit im Entschädigungsverfahren sei nicht anspruchsvernichtend. Generell hätten alle Ghettoinsassen den Aufenthalt und die Tätigkeiten als Zwang empfunden und dies im Entschädigungsverfahren auch entsprechend hervorgehoben. Es könne vor dem historischen Hintergrund jedoch keinen Zweifel geben, dass es im eigenen Interesse der jüdischen Bevölkerung gelegen habe, einer Beschäftigung nachzugehen, um so den Lebensunterhalt zu sichern und um nicht beschäftigungslos aufgegriffen, deportiert und ermordet zu werden.
Mit Urteil vom 11.01.2006 hat das Sozialgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die behaupteten Beschäftigungszeiten nicht glaubhaft gemacht seien. Im Hinblick auf die geltend gemachten Arbeiten im Ghetto Grojec bleibe nach den eigenen Angaben der Klägerin im Entschädigungs- und Rentenverfahren schon unklar, ob und welche Tätigkeit sie dort unter welchen Bedingungen verrichtet habe. Die nunmehr geltend gemachten Arbeiten in einer Nähereiwerkstatt habe sie erstmals in ihrer persönlichen Erklärung vom 24.03.2004 behauptet. Im Übrigen sei die Freiwilligkeit dieser Tätigkeit unter Berücksichtigung der Angaben ihres im Entschädigungsverfahren tätig gewesenen Prozessbevollmächtigten, es habe sich bei Grojec um ein Zwangsarbeitslager gehandelt, in dem die Arbeit unter haftähnlichen Bedingungen und unter Aufsicht der SS und Gestapo stattgefunden habe, nicht glaubhaft gemacht. Die darüber hinaus geltend gemachte Beschäftigung im Ghetto Skarzysko könne schon deshalb keine Berücksichtigung finden, weil es sich dabei nach den eigenen Angaben der Klägerin im Entschädigungsverfahren und der dort schriftlich gehörten Zeugen um ein Zwangsarbeitslager gehandelt habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das am 28.02.2006 abgesandte Urteil hat die Klägerin am 06.03.2006 Berufung eingelegt und ergänzend darauf hingewiesen, dass die Höhe der Entlohnung vom Generalkommissar festgelegt und allgemein bekannt gewesen sei. Diese Entlohnung habe die Geringfügigkeitsgrenze überschritten und ihr komme daher Entgeltcharakter zu.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.01.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05.02.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 zu verurteilen, ihr unter Anerkennung einer Ghettoarbeitszeit von September 1940 bis Dezember 1941 sowie von Juni bis Oktober 1942 und der Verfolgungszeit als Ersatzzeit ab dem 01.07.1997 Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und beim Amt für Wiedergutmachung in Saarburg geführten Entschädigungsakten bezüglich der Klägerin Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit gemäß § 124 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich zuvor mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 05.02.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht gemäß § 54 Abs.2 SGG in ihren Rechten. Die Beklagte hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Regelaltersrente hat.
Nach § 35 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) hat ein Versicherter Anspruch auf Altersrente, wenn er das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt hat. Zwar hat die Klägerin das 65. Lebensjahr bereits im August 1992 vollendet. Sie kann jedoch die erforderliche Wartezeit nicht vorweisen. Als anrechnungsfähige Versicherungszeiten kommen insoweit Beitrags- und Ersatzzeiten im Sinne der §§ 50 Abs.1 Nr.1, 51 Abs.1 und Abs.4 SGB VI in Betracht. Dabei finden nach § 250 Abs.1 SGB VI Ersatzzeiten als rentenrechtliche Zeiten allerdings nur dann Berücksichtigung, wenn vor Beginn der Rente zumindest ein Beitrag wirksam entrichtet worden ist oder als wirksam entrichtet gilt; denn Ersatzzeiten sollen nach dem Gesetz nur Versicherten, d.h. Personen zugute kommen, die bereits Beitragsleistungen erbracht haben (vgl. Niesel in Kasseler Kommentar, § 250 SGB VI RdNr. 10; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 2. Aufl., § 250 RdNr.6; BSG, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R).
Die Klägerin hat jedoch keine auf die Wartezeit anrechenbaren Beitragszeiten zurückgelegt. Gemäß §§ 55 Abs.1, 247 Abs.3 S.1 SGB VI sind Beitragszeiten Zeiten, für die nach Bundesrecht oder Reichsversicherungsgesetzen Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Nach § 2 Abs.1 ZRBG gelten für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto Beiträge als gezahlt und werden als sog. "Ghetto-Beitragszeiten" bei der Anrechnung auf die Wartezeit als Beitragszeiten berücksichtigt. Bei der von der Klägerin behaupteten Beschäftigung im Ghetto Grojec von September 1940 bis Dezember 1941 und im Ghetto Skarzysko von Juni bis Oktober 1942 handelt es sich jedoch nicht um eine "Ghetto-Beitragszeit" in diesem Sinne, weil die Voraussetzungen des § 1 Abs.1 S.1 ZRBG nicht erfüllt sind. Danach erhalten Verfolgte im Sinne des BEG Leistungen nach dem ZRBG, die (1.) sich zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten haben, welches sich in einem Gebiet befand, das vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert war, und (2.) dort eine aus eigenem Willensentschluss zustande gekommene Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt haben. Insoweit mag vorliegend dahin stehen, ob die Anerkennung einer Ghetto-Beitragszeit nach dem ZRBG über den Wortlaut des § 1 Abs.1 S.1 ZRBG hinaus voraussetzt, dass der Versicherte gemäß § 17a Fremdrentengesetz (FRG) bzw. § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) in den dort genannten Zeitpunkten dem deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) angehörte und die Klägerin diese Voraussetzung erfüllt, obwohl sie in dem Rentenantragsformular vom 15.01.2003 die Frage nach ihrer früheren Zugehörigkeit zum dSK verneint hat; denn es fehlt vorliegend schon an dem – in § 1 Abs.1 ZRBG ausdrücklich genannten – Erfordernis der Ausübung einer aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen Beschäftigung gegen Entgelt. Dabei kann offen bleiben, ob diese Beschäftigung nachgewiesen oder – in entsprechender Anwendung des § 4 FRG bzw. § 3 WGSVG – lediglich glaubhaft gemacht sein muss; denn die Klägerin hat schon nicht glaubhaft gemacht, in der streitgegenständlichen Zeit eine aus eigenem Willensentschluss zustande gekommene, entgeltliche Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs.1 ZRBG ausgeübt zu haben.
Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. § 4 Abs.1 FRG, § 3 Abs.1 WGSVG). Glaubhaftmachung bedeutet danach mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Es genügt die "gute Möglichkeit", dass der entscheidungserhebliche Vorgang sich so zugetragen hat, wie behauptet wird. Es muss also mehr für als gegen den behaupteten Sachverhalt sprechen. Dabei sind gewisse noch verbleibende Zweifel unschädlich (vgl. BSG SozR 3-3900 § 15 Nr.4).
Nach der insoweit erforderlichen Gesamtwürdigung aller Umstände ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerin sich – entsprechend ihrem Vorbringen im Renten- und Streitverfahren tatsächlich von September 1940 bis Dezember 1941 im Ghetto Grojec aufhielt. Zwar lassen sich ihre diesbezüglichen Angaben mit den historischen Erkenntnissen über die Existenz des Ghettos in Einklang bringen, nach denen das Ghetto Grojec von Juli 1940 bis September 1942 (vgl. die ARC Ghetto List unter www.deathcamps.org/occupation/ghettolist.htm) bestand. Sie weichen jedoch nicht unerheblich von dem Vortrag der Klägerin in ihrem zeitnäher zu dem Verfolgungsgeschehen eingeleiteten Entschädigungsverfahren ab. Damals hatte sie in dem Antragsformular vom 24.11.1953 – bestätigt durch die eidliche Versicherung des damals schriftlich gehörten Zeugen V Ci vom 09.09.1955 – einen Aufenthalt im Ghetto Grojec von (März) 1940 bis Februar 1941 geltend gemacht.
Darüber hinaus hat der Senat erhebliche Zweifel daran, dass die Klägerin sich – wie im Renten- und Streitverfahren behauptet – von Juni bis Oktober 1942 im Ghetto Skarzysko befand; denn auch dieses Vorbringen weicht von ihren zeitnäheren Angaben im Entschädigungsverfahren ab. Damals erklärte sie in dem Antragsformular vom 24.11.1953 und in ihrer eidlichen Versicherung vom 12.09.1959, sich von Juni 1942 bis August 1944 im Zwangsarbeitslager Skarzysko befunden zu haben. In Übereinstimmung damit hatte J N in einer eidlichen Erklärung vom 09.09.1955 angegeben, die Klägerin habe sich dort von Mitte 42 bis Mitte 1944 befunden. Unabhängig davon sind auch die Angaben der Klägerin in ihrem Rentenverfahren zu dem Zeitraum ihres Aufenthalts in Skarzysko derartig uneinheitlich, dass sich ihnen nicht mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit entnehmen lässt, wann genau sie sich dort befand. Während die Klägerin nach ihren Angaben in dem Rentenantragsformular vom 15.01.2003 von 1942 bis 1944 und damit über einen Zeitraum von ca. zwei Jahren im Ghetto Skarzysko Kamienna gewesen sein will, machte sie im Klageverfahren insoweit lediglich einen Aufenthalt von Juni bis Oktober 1942, also für nur fünf Monate, geltend.
Unabhängig von den uneinheitlichen Angaben der Klägerin im Renten- und Entschädigungsverfahren zu dem Zeitraum ihres Aufenthalts im Ghetto Skarzysko hat der Senat auch erhebliche Zweifel daran, ob sie sich in Skarzysko – wie von § 1 Abs.1 ZRBG vorausgesetzt – überhaupt in einem Ghetto aufgehalten hat. Zwar bestand das Ghetto Skarzysko-Kamienna – genau dieses Ghetto erwähnt die Klägerin in ihrem Rentenantragsformular vom 15.01.2003 – von Mai 1941 bis zum 01.10.1942 (vgl. www.keom.de/denkmal suche lager anzeig.php?lager ), so dass es durchaus möglich ist, dass die Klägerin sich dort in dem im Rentenverfahren behaupteten Zeitraum von Juni 1942 Oktober 1942 befand. Überwiegend wahrscheinlich ist dies jedoch insbesondere deshalb nicht, weil damals auch ein Zwangsarbeitslager Skarzysko Kamienna existierte und die dort befindlichen Häftlinge bei der HASAG, also genau in dem Betrieb eingesetzt wurden, in dem die Klägerin im Ghetto Skarzysko-Kamienna gearbeitet haben will (vgl. www.keom.de/denkmal suche lager anzeig.php?lager). Dafür, dass sich die Klägerin in dem geltend gemachten Zeitraum nicht in dem Ghetto, sondern dem Zwangsarbeitslager Skarzysko Kamienna aufhielt, spricht im Übrigen insbesondere der Umstand, dass sie ihren damaligen Aufenthaltsort in dem zeitnäheren Entschädigungsverfahren – ebenso wie die damals schriftlich gehörten Zeugen J N und V C – ausdrücklich als "Zwangsarbeitslager" bezeichnete (vgl. ihre eidesstattliche Versicherung vom 12.09.1959). Darüber hinaus lässt sich der damals genannte Zeitraum ihres dortigen Aufenthalts (von Juni 1942 bis August 1944) auch eher mit dem Zeitraum der Existenz des Zwangsarbeitslagers Skarzysko Kamienna in Einklang bringen. Während das gleichnamige Ghetto nämlich lediglich ca. 1,5 Jahre (von Mai 1941 bis zum 01.10.1942) bestand und die Klägerin sich dort also gar nicht über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren befunden haben kann, existierte das Zwangsarbeitslager für Frauen über einen längeren Zeitraum, nämlich von April 1940 bis Oktober 1944 (= Zeitpunkt der letzten Erwähnung), wobei die weiblichen Häftlinge bereits im August 1944 evakuiert wurden (vgl. die Datenbank bei keom, a.a.O.), was im Übrigen ebenfalls mit dem von der Klägerin im Entschädigungsverfahren benannten Endzeitpunkt ihres Aufenthalts in Skarzysko in Einklang zu bringen ist.
Unabhängig von den aufgezeigten, einer Glaubhaftmachung entgegenstehenden Zweifeln des Senats an dem behaupteten Aufenthalt im Ghetto Skarzysko sowie dem Zeitraum ihres Aufenthalts im Ghetto Grojec ist auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Klägerin im Ghetto Grojec der nunmehr geltend gemachten Arbeit in einer Nähereiwerkstatt nachgegangen ist. Bereits den eigenen uneinheitlichen Angaben der Klägerin im Entschädigungs- und Rentenverfahren lässt sich nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit entnehmen, dass sie in der streitgegenständlichen Zeit von September 1940 bis Dezember 1941 im Ghetto Grojek in einer Nähereiwerkstatt gearbeitet hat; denn in ihren zeitnäher zu dem Verfolgungsgeschehen eingeleiteten Entschädigungsverfahren ließ sie eine solche Tätigkeit gänzlich unerwähnt. Ihr damaliger Prozessbevollmächtigter führte zwar unter dem 28.12.1954 aus, die Klägerin habe im Ghetto Grojek Zwangsarbeit geleistet, konkretisierte diese jedoch nicht.
Der Uneinheitlichkeit der Angaben der Klägerin kann nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, der nunmehr behaupteten freiwilligen Beschäftigung in der Nähereiwerkstatt sei in ihrem Entschädigungsverfahren keine (anspruchsbegründende) Bedeutung zugekommen. Es mag zwar sein, dass von den Antragstellern dort die entschädigungsrechtlich bedeutsame Verfolgungssituation und die Verrichtung von Zwangsarbeiten herausgestellt wurden, während nach etwaigen freiwillig ausgeübten Tätigkeiten nicht konkret gefragt wurde. Die erstmalige Aufnahme einer Tätigkeit stellte für die damals erst 13-jährige Klägerin, insbesondere vor dem Hintergrund des zweiten Weltkriegs und des durch den Kriegsausbruch erfolgten Schulabbruchs, aber ein einschneidendes und auf Dauer prägendes Ereignis dar und hätte es schon aus diesem Grunde nahe gelegt, die nunmehr behaupteten Näharbeiten – wenn auch nur am Rande – schon damals zu erwähnen.
Die aufgezeigten – einer Glaubhaftmachung entgegegenstehenden – Zweifel des Senats an der behaupteten Beschäftigung in einer Nähereiwerkstatt von September 1940 bis Dezember 1941 im Ghetto Grojek lassen sich auch nicht mittels der im Entschädigungsverfahren vorgelegten schriftlichen Zeugenerklärungen ausräumen. In keiner der dort vorgelegten schriftlichen Erklärungen wird eine Tätigkeit der Klägerin in einer Nähereiwerkstatt erwähnt. Lediglich V C berichtet in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 22.07.1957 von Zwangsarbeiten, die die Klägerin im Ghetto Grojek habe leisten müssen, ohne diese allerdings näher zu konkretisieren.
Abgesehen davon, dass weder der Zeitraum ihres Aufenthalts im Ghetto Grojec noch die dort ausgeübten Arbeiten in der Nähereiwerkstatt noch der geltend gemachte Aufenthalt im Ghetto Skarzysko glaubhaft gemacht ist, ist es – die Richtigkeit ihres Vorbringens im Rentenverfahren unterstellt – auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin in beiden Ghettos einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist. Auch bei Arbeiten, die unter den allgemeinen Bedingungen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verrichtet wurden, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eine von den Merkmalen der Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit bestimmte Beschäftigung, die grundsätzlich der Versicherungspflicht unterliegt, von nichtversicherungspflichtiger Zwangsarbeit abzugrenzen (BSG SozR 3-5070 § 14 Nr. 2,3; BSG SozR 3-2200 § 1248 Nr.15, 16, 17). Dabei ist das Vorliegen eines – freien – Beschäftigungsverhältnisses danach zu beurteilen, ob die Beschäftigung im Sinne des Arbeitsrechts aufgrund einer zweiseitigen Vereinbarung aufgenommen wurde und den Austausch wirtschaftlicher Werte (Arbeit gegen Lohn) zum Inhalt hatte. Die Ausübung einer Beschäftigung im Sinne von "Zwangsarbeit” genügt dazu nicht (BSG SozR 3-5070 § 14 Nr.2 S.6 ff und Nr.3 S.18 ff). Zwangsarbeit ist in Abgrenzung zur versicherungspflichtigen Beschäftigung die Verrichtung von Arbeit unter obrigkeitlichem (hoheitlichem) bzw. gesetzlichem Zwang, wie z.B. bei Strafgefangenen und Kriegsgefangenen oder in Zwangsarbeitslagern (vgl. z.B. BSGE 80, 250, 253 = SozR 3-2200 § 1248 Nr.15). Typisch ist dabei insbesondere die obrigkeitliche Zuweisung von Arbeiten, ohne dass die Arbeiter selbst hierauf Einfluss haben. Weiter ist charakteristisch für Zwangsarbeit, dass ein Entgelt für die individuell geleistete Arbeit nicht oder nur in geringem Maße an die Arbeiter ausgezahlt wird (vgl. hierzu BSGE 38, 245 = SozR 5070 § 14 Nr.12; BSG, Urteil vom 20.02.1975 – 4 RJ 15/74 -; BSG SozR 5070 § 14 Nr.9). Entsprechendes gilt für die Bewachung der Arbeiter während der Arbeit, um zu verhindern, dass diese sich aus dem obrigkeitlichen Gewahrsam entfernen können (zur Abgrenzung vgl. BSGE 12, 71 = SozR Nr. 18 zu § 537 RVO). Diese Kriterien zeigen, dass eine verrichtete Arbeit sich um so mehr von dem Typus des Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses entfernt und dem Typus der Zwangsarbeit annähert, als sie durch hoheitliche Eingriffe überlagert wird, denen sich der Betroffene nicht entziehen kann (vgl. BSG, Urteil vom 14.07.1999, B 13 RJ 71/99 R). Diese Grundsätze gelten auch für Rentenansprüche, die – wie hier – auf das ZRBG gestützt werden. Mit § 1 Abs.1 ZRBG, der die Zahlbarmachung einer Rente nur für aus eigenem Willensentschluss zustande gekommene, gegen Entgelt ausgeübte Beschäftigungen in einem Ghetto vorsieht, knüpft der Gesetzgeber erkennbar an die von der Rechtsprechung des BSG aufgestellten Kriterien der Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit für eine versicherungspflichtige Beschäftigung in einem Ghetto an. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut des § 1 Abs.1 S.1 ZRBG als auch aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 14/8583, S.1, 5; 14/8602, S.1,5). Danach ist das ZRBG ausdrücklich in Reaktion (und Akzeptanz) der Rechtsprechung des BSG verabschiedet worden, um – entgegen § 272 SGB VI – in vielen Fällen die daraus resultierenden Rentenansprüche in das Ausland erst zahlbar zu machen. Eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises über den von der "Ghetto-Rechtsprechung" begünstigten hinaus ist hingegen ersichtlich vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen (BSG, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R).
Unter Berücksichtigung der Kriterien des BSG zur Abgrenzung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zu nichtversicherter Zwangsarbeit ist es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin im Ghetto Grojec und Skarzysko einer aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen, entgeltlichen Beschäftigung nachgegangen ist. Der Senat hat bereits erhebliche Zweifel daran, dass es sich bei der behaupteten Tätigkeit in einer Nähereiwerkstatt und als Arbeiterin bei der HASAG AG – die Richtigkeit des aktuellen Vortrags der Klägerin unterstellt – um eine freiwillige, aufgrund zweiseitiger Vereinbarung aufgenommene Beschäftigung handelte. Es ist zwar möglich, dass die Klägerin die geltend gemachten Arbeiten – entsprechend ihrem Vorbringen im Renten- und Streitverfahren – durch Vermittlung des Judenrats aufgenommen hat. Abgesehen davon, dass die Vermittlung der Arbeit durch den Judenrat allein kaum ausreicht, um die Freiwilligkeit der verrichteten Arbeit zu bejahen (vgl. BSG, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R), ist es nach dem sonstigen Vorbringen der Klägerin im Renten- und Entschädigungsverfahren sowie der damals schriftlich gehörten Zeugen zumindest ebenso gut möglich, dass es sich dabei um Arbeiten handelte, die dem Typus der Zwangsarbeit entsprachen, weil sie durch derart hoheitliche Eingriffe überlagert waren, dass sich die Klägerin ihnen nicht entziehen konnte. So sprechen bereits die – offenbar auf den Schilderungen der Klägerin beruhenden – Ausführungen ihres Prozessbevollmächtigten in seinem Schreiben vom 28.12.1954, die Klägerin habe im "Zwangsarbeitslager" Grojec "Zwangsarbeit" geleistet, sowie die Angaben des im Entschädigungsverfahren schriftlich gehörten Zeugen V C in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 09.09.1955, sie – die Klägerin und er – hätten im Ghetto Grojec Zwangsarbeit leisten müssen, gegen die Freiwilligkeit der nunmehr behaupteten Näharbeiten. Ebenso stehen die Angaben der Klägerin in dem Antragsformular vom 24.11.1953 und der eidestattlichen Versicherung vom 12.09.1959 sowie der damals schriftlich gehörten Zeugen J N und V C, die Klägerin habe sich im "Zwangsarbeitslager" Skarzysko befunden, einer freiwilligen Beschäftigung in den HASAG-Werken entgegen. Der Senat verkennt insoweit nicht, dass der Klägerin und den damals schriftlich gehörten Zeugen anlässlich ihrer damaligen Erklärungen nicht die rechtliche Ausprägung des Begriffs der Zwangsarbeit bekannt und bewusst war. Das Wort Zwang hat jedoch – neben seiner inhaltlichen Bedeutung in dem Rechtsbegriff der Zwangsarbeit – auch und inbesondere einen allgemein gültigen Sinngehalt dahingehend, dass er gemeinhin als Gegenbegriff zur freien Willensentscheidung verstanden wird und das Merkmal der Freiwilligkeit ausschließt. Gerade weil den damals schriftlich gehörten Zeugen und der Klägerin der (genaue) rechtliche Gehalt des Begriffs der Zwangsarbeit nicht bekannt war, spricht vieles dafür, dass durch die Verwendung dieses Begriffs entsprechend seinem üblichen Verständnis zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass sich die Klägerin dem Arbeitseinsatz gerade nicht entziehen konnte und gegen ihren Willlen zur Arbeit gezwungen wurde. Im Übrigen hat die Klägerin den Begriff der Zwangsarbeit durch die Schilderung der damaligen Arbeitsbedingungen, nämlich die von ihrem Prozessbevollmächtigten unter dem 28.12.1954 beschriebene Bewachung durch die SS bzw. Gestapo im Ghetto Grojek und den von ihr in dem Rentenantragsformular vom 15.01.2003 selbst angegebenen täglichen Arbeitseinsatz in der Fabrik HASAG im Ghetto Skarzysko von 12 bis 16 Stunden, auch inhaltlich ausgefüllt.
Abgesehen von den eigenen Angaben der Klägerin und der im Entschädigungsverfahren schriftlich gehörten Zeugen ist es auch aufgrund der damals geltenden Verordnungslage nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin im Ghetto Skarzysko von Juni bis Oktober 1942 – einen solchen Aufenthalt unterstellt – einer freiwilligen Beschäftigung nachgegangen ist. Wie bereits erwähnt, liegt ein freiwilliges Beschäftigungsverhältnis in Abgrenzung zur Zwangsarbeit nur dann vor, wenn der Arbeiter im Sinne des Arbeitsrechts aufgrund einer zweiseitigen Vereinbarung tätig ist. Dies setzt voraus, dass der Arbeiter neben einem gewissen Maß an Entscheidungsfreiheit zur Beschäftigungsaufnahme die – wenn auch nur begrenzte – Möglichkeit hat, auf die Organisation und Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses Einfluss zu nehmen (LSG NRW, Urteil vom 03.06.2005, L 4 R 3/05), und insbesondere dominierende Eingriffsmöglichkeiten des Staates in das Arbeitsverhältnis auch während der Beschäftigung fehlen (vgl. BSG, Urteil vom 17.03.1993, 8 RKnU 1/91, SozR 3-5050 § 5 Nr.1). Das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Ghetto Skarzysko zu ihrem "Arbeitgeber” war aber derartig fremdbestimmt, dass ihr eine solche Einflussnahmemöglichkeit bereits ab Juni 1942 sowohl im Hinblick auf die Arbeitsaufnahme als auch die Organisation und Ausgestaltung des Arbeitseinsatzes nicht (mehr) zustand; denn die SS hatte seither überragenden Einfluss auf die Gestaltung der Arbeitsverhältnisse von Juden im Generalgouvernement. Der nach der Zweiten Durchführungsverordnung vom 12.12.1939 (VBlGG 246) zur Verordnung vom 26.10.1939 (VBlGG 6) seit 1939 geltende Arbeitszwang für die jüdische Bevölkerung des Generalgouvernements wurde bereits ab Juni 1942 dahingehend konkretisiert, dass der Arbeitseinsatz von Juden nur noch nach vorherigem Einvernehmen mit dem örtlich zuständigen Polizeiführer vorgenommen werden durfte. Mit dem Erlass des Generalgouverneurs zur Überweisung von Dienstgeschäften an den Staatssekretär für das Sicherheitswesen vom 03.06.1942 wurden die Judenangelegenheit zum Sachgebiet der Sicherheitspolizei erklärt und damit die Zuständigkeit der deutschen Zivilverwaltung im Generalgouvernment für die Judenangelegenheiten beendet.
Unabhängig von den aufgezeigten Zweifeln des Senats an der Freiwilligkeit der behaupteten Arbeiten im Ghetto Grojec und Skarzysko ist es auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Klägerin diese gegen Entgelt ausgeübt hat. Wie bereits erwähnt, erfordert das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ein Austauschverhältnis zwischen geleisteter Arbeit und gezahltem Entgelt. Zwar ist die Höhe des Entgelts grundsätzlich kein wesentliches Merkmal für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses und kann auch in Form von Sachbezügen gewährt werden. Art und Umfang der gewährten Leistungen können aber Anhaltspunkte dafür geben, ob das Entgelt als Bezahlung im Sinne einer Entlohnung der geleisteten Arbeit oder zu anderen Zwecken, wie z.B. nur als "Mittel zur Erhaltung der Arbeitskraft” des zur Arbeit gezwungenen Beschäftigten, gedacht ist. Allzu geringfügige Leistungen außerhalb eines jeden Verhältnisses zur erbrachten Leistung haben keine Entgeltcharakter mehr (BSG; Urteil vom 07.10.2004 – B 13 RJ 59/03 R -). Die bloße Gewährung freien Unterhalts genügt insoweit ebenfalls nicht, als solche Versicherungspflicht begründen zu können, weil sie zur Versicherungsfreiheit kraft Gesetzes führt (BSG, Urteil vom 07.10.2004, a.a.O.).
Es ist jedoch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin für die behaupteten Arbeiten in der Schneiderwerkstatt und in der Fabrik HASAG ein Entgelt erhalten hat, das die Gewährung freien Unterhalts bzw. allzu geringfügige Leistungen überstieg. Auf den Bezug von Barlohn lässt sich die Entgeltlichkeit der geltend gemachten Tätigkeiten nicht stützen. Den Erhalt von Barlohn hat die Klägerin lediglich für die geltend gemachten Näharbeiten im Ghetto Grojek behauptet. Ihrem diesbezüglichen Vortrag, zu wenig Geld (Zloty) bzw. ein wenig Geld/Zloty erhalten zu haben, der mangels sonstiger Mittel zur Glaubhaftmachung als alleinige Grundlage zur Beurteilung des für die Annahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses wesentlichen Merkmals der Entgeltlichkeit zur Verfügung steht, lässt sich jedoch schon nicht mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit entnehmen, in welcher Regelmäßigkeit und konkreten Höhe sie entlohnt worden sein will und ob diese Leistungen insbesondere die Geringfügigkeitsgrenze überstiegen.
Die gute Möglichkeit einer Entlohnung in Form von Barlohn – sowohl für die geltend gemachten Näharbeiten als auch die Arbeiten in der Fabrik HASAG – lässt sich auch nicht darauf stützen, dass die Höhe der für jüdische Arbeitskräfte vorgesehenen Entlohnung von dem damaligen Generalkommissar festgelegt worden und allgemein bekannt gewesen sei. Insoweit mag offen bleiben, ob sich aus etwaigen Festlegungen durch den Gebietskommissar ein Entgeltanspruch der Klägerin für die von ihr geltend gemachten Arbeiten ableiten lässt; denn auch das Bestehen eines etwaigen Entgeltanspruchs reicht nicht aus, um die Entgeltlichkeit der streitgegenständlichen Tätigkeiten glaubhaft zu machen. Nichts anderes lässt sich der Entscheidung des Reichsversicherungsamtes vom 29.10.1930 (Az: III AV 44/30 B, in: Amtliche Nachrichten für Reichsversicherung, 1931 IV 34) entnehmen. Zwar hat das Reichsversicherungsamt der Beitragsbemessung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses in der genannten Entscheidung das tarifvertraglich geschuldete, nicht hingegen das tatsächlich gezahlte Entgelt zu Grunde gelegt. In dem vom Reichsversicherungsamt entschiedenen Fall lag jedoch ein freiwillig zustande gekommenes, der Versicherungspflicht unterliegendes Arbeitsverhältnis vor. Vorliegend fehlt es aber schon an dem für die Annahme eines solchen Beschäftigungsverhältnisses wesentlichen Element der Freiwilligkeit (s.o.).
Der von der Klägerin in dem Rentenantragsformular vom 15.01.2003 und in dem Fragebogen zur Anerkennung von Zeiten nach dem ZRBG vom 15.01.2003 für ihre Tätigkeit im Ghetto Skarzysko behauptete Erhalt von Essen stellt ebenfalls nicht überwiegend wahrscheinlich ein Entgelt dar. Zwar ist im Hinblick auf die Erkenntnisse des Senats in vergleichbaren Verfahren davon auszugehen, dass die Klägerin im Zusammenhang mit der erbrachten Arbeitsleistung verpflegt wurde. Dem Sachvortrag der Klägerin ist jedoch nicht mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit zu entnehmen, dass das erhaltene Essen über die Gewährung freien Unterhalts bzw. allzu geringfügige Leistungen hinausging. Zur Gewährung freien Unterhalts gehören Sachbezüge in geringerem Umfang zur Befriedigung kleinerer Bedürfnisse und Lebensgewohnheiten (vgl. hierzu Etmer, RVO Bd. I, Stand März 1966, § 1228 Anm.4). Gewährte Lebensmittel fallen unter den freien Unterhalt, wenn sie nach Umfang und Art des Bedarfs unmittelbar zum Verbrauch oder Gebrauch, nicht hingegen nach vorbestimmtem Maße zur beliebigen Verfügung gegeben werden (vgl. RVO mit Anmerkungen, herausgegeben von Mitgliedern des Reichsversicherungsamtes, Bd. IV- Invalidenversicherung – 2. Auflage, Berlin 1930, § 1227 Anm.2). Aus dem Sachvortrag der Klägerin, für ihre Arbeit bei der HASAG Essen erhalten zu haben, lassen sich jedoch keine hinreichend sicheren Schlussfolgerungen zum konkreten Umfang, Wert und der Art der Gegenleistungen für die erbrachten Arbeiten ziehen. Im Übrigen spricht die von der Klägerin gewählte Formulierung, "Essen" erhalten zu haben, lediglich für eine Verpflegung am Arbeitsplatz und damit die bloße unmittelbare Bedarfsdeckung.
Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Klageverfahren darüber hinaus – unter Bezugnahme auf die eigene Erklärung der Klägerin – vorträgt, die Klägerin sei neben dem Erhalt von täglichem Essen durch wöchentlich zusätzliche Lebensmittel für zuhause bzw. Sachbezüge zur beliebigen Verfügung entlohnt worden, findet dieses Vorbringen in den eigenen Erklärungen der Klägerin keine Stütze. Im Übrigen ist diesem Vortrag auch weder der konkrete Umfang noch der Wert und die Art der erhaltenen Gegenleistung mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit zu entnehmen.
Weitere Beweismittel zur Glaubhaftmachung der behaupteten freiwilligen und entgeltlichen Beschäftigung stehen nicht zur Verfügung. Insbesondere konnte die Klägerin keine Zeugen benennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 SGG nicht erfüllt sind.
Erstellt am: 17.10.2006
Zuletzt verändert am: 17.10.2006