I. Die Klage gegen den Bescheid vom 19. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2002 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind nicht zu erstatten.
III. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Unfall der Klägerin vom 30.11.1999 als landwirtschaftlicher Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen ist.
Die am 1966 geborene Klägerin war Besitzerin von 3 Reitpferden. Im Sommer 1999, nach anderen Angaben am 21.11.1999 begab sie sich auf das Gestüt des Beigeladenen, der bei der Beklagten als landwirtschaftlicher Unternehmer versichert ist, um sich nach den Kosten für die Besamung einer ihrer Stuten zu erkundigen. Im Rahmen dieses Gesprächs fragte der Beigeladene die Klägerin, ob sie nicht für ihn regelmäßig seine Pferde bewegen wolle, da er dafür selbst nicht ausreichend Zeit habe.
Eine Entscheidung über eine Tätigkeit der Klägerin für den Beigeladenen, sei es gegen Entgelt, sei es unentgeltlich, wurde bei diesem ersten Gespräch nicht getroffen.
In der Folgezeit kontaktierten sich Klägerin und Beigeladener mehrfach telefonisch, wobei fraglich ist, von welcher Seite die Initiative bei diesen Anrufen ausging.
Im November 1999 trat die Klägerin der Überlegung näher, für den Beigeladenen Pferde zu bewegen. Es wurde daher zwischen dieser und dem Beigeladenen ein Proberitt vereinbart. Dieser Proberitt sollte die Entscheidungsgrundlage sowohl für die Klägerin als auch für den Beigeladenen geben, ob die Klägerin in Zukunft regelmäßig für den Beigeladenen reiten sollte. Die Klägerin wollte durch dieses Probereiten herausfinden, ob sie über die erforderlichen Reitfähigkeiten für die beabsichtigte Tätigkeit verfüge. In gleicher Weise wollte der Beigeladene überprüfen, ob die Klägerin seinen Ansprüchen genüge.
Am 30.11.1999 wurde der vereinbarte Proberitt durchgeführt. Dabei führte der Beigeladene das von der Klägerin gerittene Pferd an der Longe. Bei diesem Ritt stürzte die Klägerin vom Pferd und zog sich schwerste Kopfverletzungen zu, die zur Lähmung und vollen Pflegebedürftigkeit führten.
Die von der Klägerin vor dem Landgericht (LG) Memmingen gegen den Beigeladenen wegen Tierhalterhaftung erhobene Klage wurde mit Urteil vom 05.06.2001 als unbegründet zurückgewiesen, da eine Tierhalterhaftung gemäß § 833 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wegen § 104 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) ausgeschlossen sei. Der erstmalige Testritt der Klägerin sei als eine vom Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung umfasste Tätigkeit anzusehen. Wäre – so das LG Memmingen – der Proberitt erfolgreich verlaufen, so wäre die Klägerin für den Beigeladenen als Arbeitnehmerin im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung tätig geworden. Eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII liege damit auch beim Proberitt vor. Der Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung beziehe alle diejenigen Personen ein, die sich in die Einflusssphäre eines anderen begäben, um für diesen eine vorteilhafte Tätigkeit zu erbringen. Auch bereits beim Proberitt sei von einer Eingliederung auszugehen, da auch bei einem ersten Kontakt mit dem Gefahrenbereich zur Anbahnung eines arbeitsähnlichen Verhältnisses der Schutzbereich der Norm eröffnet sei. Auch wenn beim Proberitt noch von beiden Seiten ein Vorbehalt (ausreichende Reitfähigkeiten) bestanden habe, so ändere dies nichts daran, dass die Situation, in der der Unfall geschehen sei, genau derjenigen entspreche, die der Gesetzgeber als Fall der gesetzlichen Unfallversicherung ansehe. Die Klägerin habe sich auf ein Pferd des im Zivilprozess Beklagten (hier: Beigeladener) in dessen Gestüt gesetzt und sich damit in den Gefahren- und Einflussbereich des Beklagten (hier: Beigeladener) begeben. Ein in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherter Arbeitsunfall liege daher nach Ansicht des LG Memmingen vor.
Nach diesem Urteil wurde die Beklagte erstmals mit Schreiben der Bevollmächtigten der Klägerin vom 12.06.2001 über den etwaigen Arbeitsunfall informiert.
Nach Befragung mehrerer Zeugen und des Beigeladenen, dieser gemäß § 22 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) durch das Sozialgericht Detmold, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 19.09.2001 fest, dass ein versicherter Arbeitsunfall nicht vorliege. Es seien weder die Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 14 oder Abs. 2 SGB VII erfüllt.
Dagegen erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin und des Beigeladenen jeweils Widerspruch.
Die Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2002 als unbegründet zurückgewiesen.
Am 01.08.2002 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin dagegen Klage. Die Klage wurde damit begründet, dass der Beigeladene die Klägerin zum Proberitt überredet habe und dieser Proberitt im Interesse des Beigeladenen durchgeführt worden sei. Der Proberitt eröffne als Anbahnung einer Beschäftigung den Schutzbereich des § 2 SGB VII, da die Klägerin in den typischen Gefahrenbereich des Betriebes auf Anweisung des Unternehmers geraten sei. Auch auf das Urteil des LG Memmingen wurde hingewiesen.
Mit Beschluss des Sozialgerichts vom 26.03.2003 erfolgte die Beiladung des landwirtschaftlichen Unternehmers.
Mit Schreiben vom 15.02.2005 wiesen die Bevollmächtigten der Klägerin zusammenfassend darauf hin, dass der Zweck des Handelns der Klägerin darin bestanden habe, künftig als Reitlehrerin/Zureiterin auf dem Gestüt des Beigeladenen zu arbeiten. Da sich die Handlungstendenz der Klägerin darauf gerichtet habe, ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu begründen, stelle der Unfall einen Versicherungsfall gemäß § 8 Abs. 1 SGB VII dar.
Im Termin vom 12.04.2005 wurde sowohl die Mutter der Klägerin als auch die Zeugin L., die bei dem ersten Kontakt der Klägerin mit dem Beigeladenen anwesend gewesen war, zu den Umständen, die dem Unfall vorangegangen waren, befragt. Wegen des genaueren Inhalts wird auf das Protokoll verwiesen.
In der mündlichen Verhandlung vom 12.04.2005 beantragte die Bevollmächtigte der Klägerin,
den Bescheid vom 19.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2002 aufzuheben und die Beklagte zur Anerkennung des Unfalls vom 30.11.1999 als versicherten Arbeitsunfall sowie zur Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu verpflichten.
Der Bevollmächtigte des Beigeladenen beantragte,
den Bescheid der Beklagten vom 19.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2002 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Unfall der Klägerin vom 30.11.1999 um einen Arbeitsunfall im Betrieb des Beigeladenen handelte.
Der Vertreter der Beklagten beantragte,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Akten des Gerichts und der Beklagten sowie auf die beigezogenen Akten des Sozialgerichts Detmold und des LG Memmingen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Unfall vom 30.11.1999 stellt keinen versicherten Arbeitsunfall dar.
Ein Arbeitsunfall ist gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII ein Versicherungsfall. Dabei sind nach § 8 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz gemäß §§ 2, 3 und 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Alle rechtserheblichen Tatsachen, die für die Bejahung einer versicherten Tätigkeit vorliegen müssen, bedürfen des vollen Beweises, d. h. sie müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorgelegen haben (vgl. BSGE 45, 285, 287). Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann (vgl. auch BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 128).
Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer versicherten Tätigkeit liegen hier nicht vor:
Voraussetzung dafür wäre ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis der Klägerin. Nach den übereinstimmenden Angaben aller Beteiligten und Zeugen sollte der Proberitt die Entscheidungsfindung erleichtern, ob die Klägerin mit dem Beigeladenen gegebenenfalls ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis eingehen sollte oder nicht. Der Ritt am 30.11.1999 erfolgte damit lediglich zur Vorbereitung bzw. Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses, nicht jedoch im Rahmen eines solchen Verhältnisses.
Versicherungsschutz nach dieser Vorschrift kommt nur für Personen in Betracht, die nach den Vorschriften des SGB II oder des SGB III der Meldepflicht unterliegen. Die Klägerin war hingegen zum Unfallzeitpunkt berufstätig und unterlag keiner Meldepflicht. Eine entsprechende oder über den Wortlaut hinausgehende Anwendung dieser Vorschrift hat das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 24.06.2003, Az.: B 2 U 45/02 R, ausdrücklich mit Hinweis darauf verboten, dass mit einer extensiven Auslegung ein zusätzlicher und neuer Tatbestand geschaffen würde. Eine solche Ausweitung des Unfallversicherungsschutzes könne aber nicht von der Rechtsprechung vorgenommen werden, sondern nur vom Gesetzgeber.
Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sind Personen unfallversichert, die wie nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Versicherte – wenn auch nur vorübergehend – tätig werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist für die Anwendung dieser Vorschrift entscheidend, dass es sich um eine ernstliche, dem fremden Unternehmen dienende Tätigkeit handelt, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmens entspricht (vgl. BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 15 m.w.N.) und unbeachtet des Beweggrundes für den Entschluss, tätig zu werden, unter solchen Umständen tatsächlich geleistet wird, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist. Die Tätigkeit muss ferner in einem inneren Zusammenhang mit dem unterstützten Unternehmen stehen. Denn nicht alles, was einem Unternehmen objektiv nützlich und der Art der Verrichtung nach üblicherweise sonst dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich ist, wird für das Unternehmen und in beschäftigtenähnlicher Tätigkeit verrichtet.
Das BSG hat vielmehr der mit dem Tun – selbst wenn es objektiv beschäftigtenähnlich ist – verbundenen Handlungstendenz der betreffenden Person, so wie diese Tendenz in den gesamten objektiven Umständen des Falles ihre Bestätigung findet, eine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen, um den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII zu bejahen. Bei der unfallbringenden Tätigkeit muss diese Handlungstendenz wesentlich auf die Belange des als unterstützt geltend gemachten Unternehmens gerichtet sein, damit die Handlung überhaupt als beschäftigtenähnliche Tätigkeit für dieses Unternehmen gewertet werden kann (vgl. BSG Urteil vom 05.03.2002, Az.: B 2 U 9/01 R). Verfolgt eine Person mit einem solchen Verhalten stattdessen wesentlich ihre eigenen Angelegenheiten, ist sie nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung und somit nicht wie im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, sondern eigenwirtschaftlich tätig und steht daher auch nicht nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII wie eine nach Abs. 1 Nr. 1 dieser Vorschrift Tätige unter Versicherungsschutz (vgl. BSG Urteil vom 13.10.1993, Az.: 2 RU 53/92 – HV-Info 1993, S. 2626). Die Handlungstendenz als subjektives Kriterium der arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit dient der Abgrenzung zu nicht versicherten eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten.
Maßgeblicher Beurteilungsmaßstab und -zeitpunkt für die Handlungstendenz ist dabei die Sicht des objektiven Betrachters zur Zeit, als die betreffende Handlung vorgenommen wurde (vgl. BSG Urteil vom 01.07.1997, Az.: 2 RU 32/96 – HVBG-Info 1997, S. 2728). Wesentlich ist dabei nicht allein die zum Unfall führende einzelne Verrichtung, sondern das Gesamtbild des Vorhabens in einem größeren zeitlichen Zusammenhang (vgl. Bayerisches Landessozialgericht – BayLSG -, Breithaupt 2002, S. 548).
Die obergerichtliche Rechtsprechung hat sich in diversen Urteilen jeweils übereinstimmend dahin geäußert, dass ein Beschäftigungsverhältnis vorbereitende Tätigkeiten nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterliegen. So wurde mit Urteil des BSG vom 20.01.1987, Az.: 2 RU 15/86, Unfallversicherungsschutz für ein Vorstellungsreiten im Rahmen der Arbeitsplatzsuche verneint. Zwar war dieser Entscheidung zugrunde gelegt worden, dass die einzelne Tätigkeit dem Unternehmen sehr wohl nützlich gewesen sei, weil der Unternehmer von einem Teil seiner Arbeit entlastet worden sei. Jedoch wurde die Tätigkeit der sich vorstellenden Person vom BSG im Wesentlichen als eigenwirtschaftlich qualifiziert. Auch wenn die konkrete Tätigkeit der einer im Unternehmen beschäftigten Person weitgehend ähnelte, war die Vorstellende doch eigenwirtschaftlich tätig.
Damit folgte das BSG seiner Entscheidung vom 30.01.1986, Az.: 2 RU 1/85, in der das Gericht festgestellt hatte, dass Verrichtungen, die mit der Arbeitssuche und Verhandlungen über den Abschluss eines Arbeitsvertrags zusammenhängen, grundsätzlich dem eigenwirtschaftlichen unversicherten Bereich zuzurechnen sind.
Auch im Urteil vom 25.08.1994, Az.: 2 RU 32/93 bestätigte das BSG seine bisherige Rechtsprechung erneut.
Diesen Entscheidungen entsprechend ist auch hier ein Versicherungsschutz gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII abzulehnen. Wie übereinstimmend vorgetragen worden war, diente das Vorstellungsreiten am 30.11.1999 der Entscheidungsfindung auch der Klägerin, ob sie eine etwaige zukünftige Beschäftigung beim Beigeladenen aufnehmen sollte oder nicht. Die Handlungstendenz der Klägerin, die nach den objektiven Umständen zu bestimmen ist, war damit unzweifelhaft darauf gerichtet, für eine eigene Entscheidung die Entscheidungsgrundlage zu finden. Ein fremdwirtschaftliches Tätigwerden kann damit – jedenfalls in rechtlich wesentlichem Umfang – im Reiten vom 30.11.1999 nicht gesehen werden.
Rein der Vollständigkeit halber, ohne dass es auf diesen Gesichtspunkt noch ankäme, wird auf Folgendes hingewiesen: In den oben angeführten Entscheidungen, zudem beispielsweise auch im Urteil des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16.02.2000, Az.: L 17 U 290/99, war es regelmäßig der Fall, dass die – teilweise im Rahmen eines Probearbeitstags – ausgeführten Arbeiten den Unternehmen objektiv betrachtet dienlich waren. Aber auch dieser Umstand bewog die genannten Gerichte zu keiner anderen Entscheidung. In dem hier zu entscheidenden Fall ist demgegenüber ein dem Unternehmen des Beigeladenen dienliches Tätigwerden fraglich. Denn wie sich aus den Zeugenaussagen und insbesondere den Angaben des Beigeladenen ergibt, suchte dieser eine Reiterin, die ihn von den anfallenden Arbeiten, dem Bewegen der Pferde, entlasten könnte. Da jedoch beim Probereiten der Beigeladene anwesend war und das Pferd an der Leine führte, ist es fraglich, ob das Reiten der Klägerin am Unfalltag überhaupt für das Unternehmen des Beigeladenen von Nutzen war.
Ebenso rein der Vollständigkeit halber wird festgestellt, dass folgende Gesichtspunkte, die im Rahmen der Ermittlungen und auch bei der Erörterung in der Sitzung thematisiert worden sind, für die Entscheidung nicht von Bedeutung sind:
– Ob und wenn ja auf welcher Rechtsgrundlage die etwaige spätere Tätigkeit der Klägerin dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterlegen hätte, ist nicht entscheidungserheblich, da in jedem Fall die Vorbereitungshandlungen, die bei der Entscheidungsfindung über die spätere Tätigkeit helfen sollen, unversichert sind. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die spätere Tätigkeit gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 2 Satz 1 SGB VII versichert gewesen wäre oder eventuell als wesentlich eigenwirtschaftlich geprägt dem unversicherten Bereich zuzuordnen gewesen wäre. Die Frage, ob später eine Bezahlung erfolgt wäre, bedarf daher nicht der Klärung.
– Ebenso ist es nicht entscheidungserheblich und kann daher offen bleiben, von wem die Initiative zum Probereiten ausgegangen ist. Denn entscheidend ist, wie eingehend oben dargelegt worden ist, dass die Tätigkeit, bei der der streitgegenständliche Unfall geschehen ist, aus der anhand objektiver Aspekte zu ermittelnden Sicht der Klägerin durch das nach den oben dargelegten Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung ohne jeden Zweifel als eigenwirtschaftlich bewertete Interesse der Klägerin geprägt war, eine eigene Entscheidungsgrundlage über eine etwaige spätere Tätigkeit zu finden. Welches Interesse der Unternehmer gehabt hat, ist bei der Ermittlung der Handlungstendenz der Klägerin unerheblich. Von welcher Seite die Initiative zu den der Eingehung eines eventuell versicherten Verhältnisses vorangehenden Maßnahmen und damit zum Entscheidungsfindungsprozess der Klägerin ausgegangen ist, ist damit nicht von Bedeutung.
Aus den obigen Ausführungen ist bereits deutlich geworden, dass das Urteil des LG Memmingen vom 05.06.2001 nicht überzeugen kann, wenn es die Haftungsbeschränkung des § 104 Abs. 1 SGB VII für gegeben hält. Denn ein versicherter Arbeitsunfall liegt ohne jeden Zweifel nicht vor. Im Einzelnen wird nochmals kurz auf Folgendes hingewiesen:
– Die Argumentationskette des LG, dass der Proberitt versichert sei, weil, wenn dieser erfolgreich verlaufen wäre, später eine Beschäftigung im Sinne des SGB VII erfolgt wäre, und dieser (spätere) Versicherungsschutz sich dann auch auf den Proberitt bezogen hätte, ist unvereinbar mit der Entscheidung des BSG vom 20.01.1987, Az.: 2 RU 15/86 und dem Urteil des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16.02.2000, Az.: L 17 U 290/99.
– Bei den Ausführungen unter Ziff. 2 der Entscheidungsgründe zum Schutzbereich der Norm wird verkannt, dass § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne dieser Vorschrift zum Unfallzeitpunkt verlangt, § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII eine Handlungstendenz im Sinne einer Unternehmensdienlichkeit verlangt.
– Sofern vom LG – zutreffend – auf den Vorbehalt beim Probereiten hingewiesen wird, wird verkannt, dass gerade dieser Vorbehalt ein Beleg dafür ist, dass das Probereiten der eigenen Entscheidungsfindung, nicht dem fremden Unternehmen dienen sollte.
Die Klage ist daher abzuweisen, da die Klägerin keinen landwirtschaftlichen Arbeitsunfall erlitten hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Dem Beigeladenen war Kostenerstattung nicht zu gewähren, da er am Verfahren mit der gleichen Intention wie die Klägerin teilgenommen hat und mit diesem Ziel gescheitert ist.
Erstellt am: 27.03.2007
Zuletzt verändert am: 27.03.2007