I. Die Klage gegen die Bescheide vom 12. Oktober 2005 und vom 15. Februar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2007 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte zu Recht ihre Zuständigkeit für zwei Grundstücke des Klägers erklärt und vom Kläger für das Beitragsjahr 2006 einen Beitrag in Höhe von 70,02 EUR erhoben hat.
Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke in der Gemeinde M., Gemarkung R., mit den Flurstücks-Nrn. 1120 und 1121. Die Grundstücke umfassen eine Gesamtfläche von 0,463 ha.
Die vorgenannten Grundstücke weisen auf einer kleinen Teilfläche im Westen auf einer Strecke von circa 30 bis 35 m Grünland auf, das als Gartenland genutzt. Hier stehen einige Hütten, die nicht nur der Imkerei dienen. Danach schließt sich jeweils ein etwas lückiger Moorrandwald aus Fichten, Birken, Weiden und Sträuchern an. Das Alter der Gewächse ist sehr unterschiedlich. Den vorliegenden Luftaufnahmen der bayerischen Vermessungsverwaltung ist zu entnehmen, dass die Flächen eine Bestockung aufweisen.
Mit Bescheid vom 12.10.2005 erklärte die Beklagte ihre Zuständigkeit für die vorgenannten Grundstücke als Wald; eine Reaktion des Klägers darauf erfolgte nicht.
Mit Bescheid vom 28.03.2006 erhob die Beklagte für das Jahr 2005 einen Beitrag in Höhe von 59,96 EUR, der sich aus einem Grundbeitrag in Höhe 55,- EUR und einem Beitrag der Bodenbewirtschaftung in Höhe von 4,96 EUR zusammensetzte. Widerspruch erhob der Kläger nicht.
Mit Bescheid vom 15.02.2007 erhob die Beklagte für das Jahr 2006 einen Beitrag in Höhe von 70,02 EUR, der sich aus einem Grundbeitrag in Höhe von 65,- EUR und einem Beitrag der Bodenbewirtschaftung in Höhe von 5,02 EUR zusammensetzte. Weiter wurde der sich aus dem Vorjahr ergebende Rückstandsbetrag von 74,46 EUR eingefordert.
Mit Schreiben vom 28.02.2007 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.02.2007 ein. Zur Begründung legte er eine Nutzungsartenbescheinigung des Finanzamts Kaufbeuren vom 15.09.2006 bei. Darin wird ausgeführt, dass eine Ortsbesichtigung der Grundstücke am 12.09.2006 ergeben habe, dass es sich bei den Grundstücken um ehemaliges Abbauland handele. Im südlichen Teil der Grundstücke sei ein Bienenhaus und eine Erholungsfläche vorhanden, bei dem Rest handle es sich um ein typisches Moorgrundstück (sehr sumpfig), das wirtschaftlich nicht benutzbar sei. Die Einstufung als Wald sei nicht zutreffend, da die Fläche nicht mit Baumbestand bewachsen sei; richtig sei die Einstufung als Moor (Geringstland).
Zur weiteren Aufklärung holte die Beklagte beim Amt für Landwirtschaft und Forsten Kaufbeuren eine Auskunft zur Beschreibung der streitgegenständlichen Grundstücke ein.
Das Amt für Landwirtschaft und Forsten Kaufbeuren führte im Schreiben vom 29.03.2007 Folgendes aus:
Die Grundstücke würden folgende Flächen umfassen: – Flurstücks-Nr. 1120: Flächeninhalt Wald: 0,1510 ha; Flächeninhalt Moor: 0,0160 ha; Gesamtfläche: 0,1670 ha – Flurstücks-Nr. 1121: Flächeninhalt Wald: 0,2714 ha; Flächeninhalt Moor: 0,0246 ha; Gesamtfläche: 0,2960 ha
Bei einer Ortsbegehung habe das Amt für Landwirtschaft und Forsten die Waldeigenschaft gemäß Art. 2 Abs. 1 Waldgesetz für Bayern (BayWaldG) festgestellt. Die Waldeigenschaft der beiden Grundstücke sei nicht anzuzweifeln, jedoch den Eigentümern schwer zu vermitteln, dass diese meist nur Wirtschaftswald kennen würden.
Die Grundstücke würden auf einer kleinen Teilfläche im Westen auf einer Strecke von circa 30 bis 35 m Grünland aufweisen, das als Gartenland genutzt werde. Danach schließe sich jeweils ein etwas lückiger Moorrandwald aus Fichten, Birken, Weiden und Sträuchern (z.B. Faulbaum) an. Der Altersrahmen streue sehr weit. Die vorhandenen Lücken der Grundstücke würden die Standortverhältnisse bedingen, da sicher stellenweise ganzjährig Wasser anstehe. Die Bestockung lasse sich schwer angeben, da für Weiden etc. keine Werte vorlägen.
Die forstliche Standorterkundung weise für die Grundstücke folgende Standorteinheit auf: 909 = Fichten-Moorrandwald, Übergangsmoore ("Waldmoore") und abgetorfte Flächen. Auf den Grundstücken seien Zeichen eines früheren Torfabbaus vorhanden, der eine geringe Mächtigkeit erreicht habe.
Beide Flächen seien gut über das öffentliche Verkehrsnetz bzw. Feld- und Waldwege erreichbar. Der Weg schließe direkt im Westen der Grundstücke an.
Die auf den Grundstücken fast flächig vorhandene Bestockung erfülle die Vorgaben des Art. 2 Abs. 1 BayWaldG. Die Blößen seien nach Art. 2 Abs. 2 BayWaldG eine dem Wald gleichgestellte Fläche. Sicherlich sei ein Teil der Flächen als Moorrandwald oder als Bruchwald anzusehen. Die Rückung auf den beiden Grundstücken sei sehr problematisch und könne nicht ganzjährig durchgeführt werden.
Beiden Grundstücken komme eine hervorgehobene Bedeutung für den Naturschutz und das Landschaftsbild zu. Es handle sich jeweils um einen typischen Bruch- oder Moorrandwald mit entsprechend hoher ökologischer Bedeutung. Die Grundstücke würden zum G. Moos gehören, das als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet gemeldet worden sei. Eine Gebietsmanagementplanung stehe noch aus. Eine Verschlechterung dürfe aber heute bereits nicht vorgenommen werden.
Mit Widerspruchbescheid vom 15.05.2007 wurde der Widerspruch als unbegründet abgewiesen.
Darin legte die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Beitragsbescheid vom 15.02.2007 über den Wortlaut des Schreibens des Klägers dahingehend aus, dass er damit auch Widerspruch gegen den Bescheid über die Zuständigkeit vom 12.10.2005 erhoben habe.
Wie den Gründen des Widerspruchsbescheids vom 15.05.2007 zu entnehmen ist, wies die Beklagte den Widerspruch gegen beide Bescheide als unbegründet zurück. Im Rahmen der Widerspruchsbegründung wurde eingehend die sozialgerichtliche Rechtsprechung zum Begriff des forstwirtschaftlichen Unternehmers erläutert, der sich im Wesentlichen bereits aus der Verfügungsgewalt über ein Waldgrundstück ergebe und kein unternehmerisches Tätigwerden voraussetzte. Auch die Berechnung der Beitragshöhe wurde eingehend dargestellt.
Der erste Versuch einer Bekanntgabe scheiterte, da der Kläger nach den Angaben des Postunternehmens unter der der Beklagten bislang bekannten Adresse nicht mehr erreichbar war. Am 21.06.2007 wurde der Widerspruchsbescheid unter der zwischenzeitlich bekannt gewordenen neuen Anschrift des Klägers zur Post gegeben.
Mit Schreiben vom 28.06.2007 an die Beklagte erhob der Kläger Klage. Die Klage wurde im Wesentlichen damit begründet, dass kein Wald vorliege, wie sich aus der Nutzungsartenbescheinigung des Finanzamts Kaufbeuren vom 15.09.2006 ergebe.
Im Rahmen der weiteren Sachaufklärung holte das Gericht eine Stellungnahme des Amts für Landwirtschaft und Forsten Kaufbeuren vom 27.07.2007 ein. Das Amt für Landwirtschaft und Forsten Kaufbeuren wies darin unter anderem, über die Stellungnahme im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hinaus, auf Folgendes hin:
Wie einem, dem Gericht übersandten Luftbild zu entnehmen sei, seien auf beiden Grundstücken Bäume und Sträucher zu finden, die gemäß Art. 2 Abs. 1 BayWaldG als Wald anzusehen seien. Auch die etwas schlechteren Standortteile, wo die Waldbestockung weitere Lücken aufweise, könne gemäß Art. 2 dem Wald zugeordnet werden. Zudem stünden nach Art. 2 Abs. 3 BayWaldG dem Wald außerdem gleich unter anderem Moore, die mit dem Wald in einem natürlichen Zusammenhang stünden. Somit würden die auf den Grundstücken zum Teil flächig vorhandene Bestockung bzw. die dem Wald zugeordneten Flächen die Vorgaben des Art. 2 Abs. 1 bzw. Abs. 3 BayWaldG erfüllen.
Nach dem derzeit gültigen BayWaldG habe der Grundstückseigentümer das Grundstück so zu bewirtschaften, dass keine Schäden entstünden. Art. 15 BayWaldG schreibe dem Grundstückseigentümer die Pflicht der Wiederaufforstung vor. Dies bedeute, dass der Eigentümer Flächen nach Schadenseintritt innerhalb von drei Jahren wieder aufgeforstet haben müsse.
Nach dem BayWaldG dürfe ein Grundstückseigentümer keine Rodungen ohne Genehmigung vornehmen. Die Nutzung der Waldbäume sei dem Eigentümer freigestellt. Nach dem Naturschutzergänzungsgesetz sei sowohl die Latsche als auch die Spirke und die Moorkiefer geschützt und dürften somit nicht genutzt werden. Weitere Nutzungsverbote lägen nicht vor.
Eine forstwirtschaftliche Nutzung der streitgegenständlichen Grundstücke sei möglich, aber sicherlich nicht auf ganzer Fläche. Die Einschränkung erfolge nicht aufgrund von Vorschriften, sondern sei standortbedingt. Eine forstwirtschaftliche Nutzung könne nicht ganzjährig auf ganzer Fläche erfolgen. Es könnten aber auf den stabilen Standorten Bäume eingeschlagen werden, was auch in der Vergangenheit schon ausgeführt worden sei. Darüber hinaus könne bei gefrorenem Boden in den Moorflächen Holz eingeschlagen und gerückt und somit genutzt werden.
Mit auf den 08.06.2007 datiertem Schreiben, bei Gericht eingegangen am 09.08.2007, teilte der Kläger mit, dass kein Wald vorhanden sei und dass er keinen Wald habe. Zur Begründung legte er die Nutzungsartenbescheinigung des Finanzamts Kaufbeuren vom 15.09.2006 vor, die er bereits zur Begründung des Widerspruchs vorgelegt hatte.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 09.08.2007 wurde der Kläger nochmals eingehend über die Rechtslage aufgeklärt und die Klagerücknahme nahe gelegt. Eine Reaktion des Klägers auf dieses Schreiben erfolgte nicht.
Der Kläger beantragte sinngemäß,
die Bescheide vom 12.10.2005 und vom 15.02.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Akten des Gerichts und der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Beklagte hat zutreffend ihre Zuständigkeit für die Grundstücke des Klägers erklärt. Die Beitragserhebung ist nicht zu beanstanden
1. Prüfungsgegenstand:
Die Beklagte hat den Widerspruch des Klägers gegen den Beitragsbescheid vom 15.02.2007 auch als Widerspruch gegen den Zuständigkeitsbescheid vom 12.10.2005 behandelt und darauf verzichtet, sich bezüglich des Zuständigkeitsbescheides auf die Verfristung des Widerspruchs zu berufen.
Dieses Vorgehen der Beklagten stellt sich aus folgenden Gründen als ausgesprochen klägerfreundlich dar und wird vom Gericht ausdrücklich, auch im Sinne des Klägers, begrüßt.
Eigentlich richtet sich der Widerspruch des Klägers nur gegen den Beitragsbescheid. Dies würde bedeuten, dass gegen den Beitragsbescheid nur die Einwände erhoben werden könnten, die sich unmittelbar gegen die Beitragsbemessung als solche richten. Einwände, die darüber hinaus gehen, sich also insbesondere gegen die Beitragspflichtigkeit an sich, d.h. gegen die Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten richten, wären damit auf den ersten Blick abgeschnitten. Denn es handelt sich dabei um Einwände, die gegen den Bescheid (vom 12.10.2005), mit dem die Beklagte ihre Zuständigkeit für das forstwirtschaftliche Unternehmen des Klägers erklärt hat, hätten erhoben werden müssen. Wenn – wie hier – gegen diesen Zuständigkeitsbescheid innerhalb der Widerspruchsfrist kein Widerspruch erhoben worden ist, wären diese Einwendungen grundsätzlich unbeachtlich. Da ein derartiges Ergebnis aber mit Blick auf die bei derartigen Streitigkeiten oft unvertretenen und rechtsunkundigen Kläger fragwürdig wäre (Die Betroffenen erkennen regelmäßig nicht schon im Zuständigkeitsbescheid, dessen Auswirkungen für sie nicht auf der Hand liegen und aus dem sich nicht deutlich die mittelbare Konsequenz einer Zahlungspflicht ergibt, eine Belastung, gegen die sie sich zur Wehr setzen müssten. Vielmehr sehen sie oft erst in dem regelmäßig mit zeitlicher Verzögerung auf den Zuständigkeitsbescheid folgenden Beitragsbescheid, also zu einem Zeitpunkt, zu dem der Zuständigkeitsbescheid bereits in Rechtskraft erwachsen ist, eine Beschwer für sich, da damit eine unmittelbare Zahlungspflicht verbunden ist.), hat die Beklagte ausdrücklich den erhobenen Widerspruch auch als Widerspruch gegen den bereits vor langer Zeit erlassenen Zuständigkeitsbescheid betrachtet und eine inhaltliche Prüfung vorgenommen, ohne sich auf die Verfristung zu berufen. Damit wird es dem Kläger ermöglicht, eine umfassende gerichtliche Prüfung des gesamten Sachverhalts vornehmen zu lassen, ohne dass diese möglicherweise allein aus formalen Gründen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich wäre. Dieses Vorgehen der Beklagten stellt einen klaren Schritt zur Schaffung von Verfahrensfrieden dar.
Im Rahmen des Klageverfahrens sind damit sämtliche im Raum stehende Fragen sowohl zur Beitragspflichtigkeit an sich, d.h. die Frage der Pflichtmitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten, als auch zur Höhe des Beitrags zu klären.
2. Vorbemerkung
Die Frage der Pflichtmitgliedschaft (und daraus resultierend der Beitragspflicht) von Eigentümern und Besitzern von (auch kleinen und kleinsten) Waldgrundstücken ist seit vielen Jahren immer wieder Gegenstand der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung gewesen. Die einschlägige Rechtsprechung reicht weit in die Vergangenheit zurück.
Mit dem Inkrafttreten des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) zum 01.01.1997 (Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes – UVEG -) anstelle der Reichsversicherungsordnung (RVO) hat sich an der Rechtslage mit kleinen Ausnahmen nichts Grundlegendes geändert (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum UVEG, BTag-Drs. 13/2204, S. 104 zur zentralen Regelung des § 123 SGB VII), so dass die zur RVO ergangene Rechtsprechung zum Vorliegen eines forstwirtschaftlichen Unternehmens, der Unternehmereigenschaft sowie der Beitragspflichtigkeit auch nach Inkrafttreten des SGB VII weitgehend herangezogen werden kann (vgl. Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 28.09.1999, Az.: B 2 U 40/98 R).
3. Zur Frage der sog. Pflicht- oder "Zwangsmitgliedschaft" land- und forstwirtschaftlicher Unternehmen bei der gesetzlichen Unfallversicherung
Der Versicherung kraft Gesetzes unterliegen nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a SGB VII "Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens".
Alle Unternehmer, die nach dieser Vorschrift versichert sind oder die versicherte Arbeitskräfte beschäftigen, sind gem. § 150 Abs. 1 SGB VII beitragspflichtig. Der Begriff des landwirtschaftlichen Unternehmens wird in § 123 Abs. 1 SGB VII definiert; er umfasst nach § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII auch Unternehmen der Forstwirtschaft.
3.1. Geschichtlicher Rückblick auf die Entwicklung der landwirtschaftlichen Unfallversicherung
Der Unfallversicherungsschutz für den Bereich der Land- und Forstwirtschaft reicht bis zum Reichsgesetz betreffend die Unfall- und Krankenversicherung der in den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben beschäftigten Personen vom 05.05.1886 (RGBl. S. 132) zurück. Dieses Reichsgesetz konzipierte die landwirtschaftliche Unfallversicherung wie auch schon die gewerbliche Unfallversicherung vorrangig als eine Arbeitnehmerversicherung und verfolgte damit die bereits im Unfallversicherungsgesetz vom 06.07.1884 (RGBl. S. 69) und im Gesetz über die Ausdehnung der Unfall- und Krankenversicherung vom 28.05.1885 (RGBl. S. 159) angestrebten Ziele, insbesondere auch im Hinblick auf die Ablösung der Unternehmerhaftung, weiter.
Zur Zeit der Einführung der landwirtschaftlichen Unfallversicherung war der Arbeitnehmeranteil in der Landwirtschaft weit höher als heute. So ging beispielsweise das Reichsversicherungsamt im Jahre 1896 von rund 12 Millionen Arbeitnehmern in der Landwirtschaft aus (vgl. amtliche Nachrichten (AN) des Reichsversicherungsamts 1896, 13 und 17). Demgegenüber haben sich die Strukturen in der Landwirtschaft bis heute massiv dahingehend geändert, dass heutzutage die große Mehrzahl der landwirtschaftlichen Betriebe ausschließlich durch den Betriebsinhaber selbst, allenfalls mit der Unterstützung von Familienangehörigen, aber nur noch selten mit familienfremden Arbeitskräften bewirtschaftet wird.
Obwohl zur Zeit der Einführung der landwirtschaftlichen Unfallversicherung noch die Prägung als Arbeitnehmerversicherung vorherrschte, war bereits damals die Entwicklung zur Unternehmerversicherung durch das Gesetz über die landwirtschaftliche Unfallversicherung selbst inhaltlich abgedeckt. So hatte z.B. der Initiator der Sozialversicherung, Reichskanzler Bismarck, in seiner Grundsatzrede vom 02.04.1881 zur ersten Lesung eines ersten Entwurfs eines Unfallversicherungsgesetzes (vgl. Verhandlungen des Reichstags – Stenographische Berichte – 1881, S. 711 ff) bereits darauf hingewiesen, dass ihm als Landwirt nicht nur die Arbeitnehmer, sondern auch die "übrige größere Masse der landwirtschaftlichen Bevölkerung" schutzbedürftig erscheine. Zwar sah das Gesetz vom 05.05.1886 eine gesetzliche Pflichtversicherung der landwirtschaftlichen Unternehmerfamilie noch nicht vor, die freiwillige und satzungsmäßige Versicherung des Unternehmers war aber bereits nach § 2 dieses Gesetzes möglich. Zudem wurde die Landesgesetzgebung in § 1 Abs. 3 des Gesetzes ermächtigt, die Unfallversicherung auch auf die Unternehmer selbst auszudehnen. Die landwirtschaftliche Unfallversicherung kann daher unter Berücksichtigung der Entwicklung in der Gründerzeit von Beginn an auch als Unternehmerversicherung angesehen werden.
Die Versicherung landwirtschaftlicher und Unternehmer in der gesetzlichen Unfallversicherung wird daher zu Recht als eine genossenschaftliche, auf versicherungsrechtlicher Grundlage aufgebaute Eigenhilfe der Unternehmer der Landwirtschaft angesehen (vgl. Schlegel, in: Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd. 2 Unfallversicherungsrecht, § 16, RdNr. 31).
3.2. Keine Gewinnerzielungsabsicht als Voraussetzung für den forstwirtschaftlichen Unternehmerbegriff
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt die Annahme eines Unternehmens der Forstwirtschaft voraus, dass der Inhaber des Unternehmens über Grund und Boden verfügt, der zum Zwecke der Gewinnung von Forsterzeugnissen bearbeitet wird (vgl. BSG SozR 2200 § 647 Nr. 5; BSG SozR 3-2200 § 776 Nr. 5; BSG, Urteil vom 07.12.2004, Az.: B 2 U 43/03 R). Damit nicht verbunden muss eine Absicht sein, Gewinn in wirtschaftlicher Sicht zu erwirtschaften.
So führte beispielsweise das BSG bereits mit Urteil vom 01.02.1979 (vgl. SozR 2200 § 647 Nr. 5) aus, dass ein Unternehmen der Forstwirtschaft, das von der landwirtschaftlichen Unfallversicherung umfasst werde, grundsätzlich voraussetze, dass der Inhaber des Unternehmens über Grund und Boden verfüge, die zum Zwecke der Gewinnung von Forsterzeugnissen bearbeitet würden, wobei der Begriff der Gewinnung von Forsterzeugnissen sehr weit zu fassen sei. Denn Unternehmen der Forstwirtschaft könnten den Anbau und den Abschlag des Holzes in verschiedenen Betriebsweisen betreiben, entweder als Nachhaltsunternehmen, in denen jedes Jahr schlagreifes Holz geschlagen werde, oder als aussetzende Unternehmen, die nur in mehrjährigen Zwischenräumen einen Ertrag liefern würden (vgl. BSG, Beschluss vom 12.06.1989, Az.: 2 BU 175/88). Die Zeiten ohne Anbau und Einschlag von Holz könnten sich dabei über Jahrzehnte hinziehen (vgl. Bayer. Landesssozialgericht – BayLSG -, Urteil vom 17.10.2001, Az.: L 2 U 90/00). Nicht zuletzt im Hinblick auf solche aussetzenden Unternehmen gehöre auch die Vorbereitung des Bodens für die Bepflanzung, die Bepflanzung selbst, die Pflegearbeiten einschließlich der Maßnahmen zur Verhütung von Schäden und die Kontrolle des Waldzustandes sowie des Wachstums aller notwendigen Pflanzen zur forstwirtschaftlichen Tätigkeit (vgl. BSG SozR 2200 § 647 Nr. 5).
Das BSG stellte weiter im Urteil vom 03.05.1984, Az.: 11 RK 1/83, zum Rechtsbereich der Krankenversicherung der Landwirte, das aber auch Rückschlüsse für den Rechtsbereich der gesetzlichen Unfallversicherung zulässt, fest, dass die Begriffe "Unternehmen" und "Unternehmer" in der gesetzlichen Sozialversicherung grundsätzlich auf längere Zeiträume zu beziehen seien. Dies sei in der Forstwirtschaft noch mehr als in der Landwirtschaft erforderlich, weil sich in der Forstwirtschaft (bei aussetzenden Unternehmen) die Zeiten ohne Anbau und Abschlag des Holzes über Jahrzehnte hinziehen könnten. Für das Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) hielt das BSG zwar daran fest, dass bloße Besitz- und Nutzungsrechte noch nicht die Eigenschaft als land- oder forstwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne des KVLG begründen könnten. Von einem unternehmensschädlichen "Brachliegenlassen" in der Forstwirtschaft könne zumindest dann keine Rede sein, wenn auf den forstwirtschaftlichen Flächen noch Bäume stehen, wachsen oder nachwachsen würden (vgl. BSG, Beschluss vom 12.06.1989, Az.: 2 BU 175/88). Jedenfalls dieser Umstand würde eine tatsächliche Vermutung dahingehend begründen, dass bei bestehenden Nutzungsrechten die forstwirtschaftliche Bearbeitung auch dementsprechend erfolge, selbst wenn sich Bearbeitungsmaßnahmen im konkreten Einzelfall nicht feststellen lassen würden (vgl. BSG SozR 5420 § 2 Nr. 30). Diese Vermutung stützt sich in rechtlicher Hinsicht auf die jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften der Waldgesetze (vgl. z.B. Hessisches LSG, Urteil vom 11.03.1981, Az.: L 3 U 1303/80), die dem Waldeigentümer oder Waldbesitzer – damals wie heute – konkrete Bewirtschaftungspflichten auferlegen.
Die landwirtschaftliche Unfallversicherung umfasste damit bereits seit jeher Unternehmen der Forstwirtschaft im weit gesetzten Rahmen des § 658 Abs. 2 Nr. 1 RVO (Betrieb, Einrichtung oder Tätigkeit), der weit über die Grenzen des "forstwirtschaftlichen Betriebes" im Sinne des Baurechts (vgl. Bayer. Verwaltungsgerichtshof – BayVGH – , Urteil vom 29.01.1979, Az.: 71 XIV 76) und auch im Sinne des Einkommensteuerrechts (vgl. Niedersächsisches Finanzgericht – FG -, EFG 1972, S. 532 ) hinausgeht. Die landwirtschaftliche Unfallversicherung setzte bereits nach der Rechtsprechung zur RVO vor allem keine Gewinnerzielungsabsicht voraus. Sie stellte nicht wie das Einkommensteuerrecht auf die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ab (vgl. Niedersächsisches FG, a.a.O.). Das forstwirtschaftliche Unternehmen im Sinne des Sozialrechts brauchte auch nicht nach den Maßstäben des Baurechts nachhaltig und mit einer auf Dauer berechneten und auf Dauer lebensfähigen Planung oder Nutzung größerer Waldflächen mit einer gewissen Intensität betrieben zu werden (vgl. BayVGH, Urteil vom 29.01.1979, Az.: 71 XIV 76). Entscheidend war vielmehr nach dem Sinn und Zweck der landwirtschaftlichen Unfallversicherung allein die Tatsache, dass forstwirtschaftliche Arbeiten im oben genannten Sinne verrichtet wurden. Die darin liegenden möglichen Risiken sollten soweit wie möglich durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt werden.
Auch die sozialgerichtliche Rechtsprechung zum SGB VII, wie schon zur RVO, geht durchwegs davon aus, dass die land- und forstwirtschaftliche Unfallversicherung für das Vorliegen eines Unternehmens keine Gewinnerzielungsabsicht voraussetzt. Sie stellt nicht, anders als das Einkommensteuerrecht, auf die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ab (vgl. BayLSG, Urteil vom 23.03.2005, Az.: L 17 U 430/04). Nach Sinn und Zweck der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ist vielmehr entscheidend allein die Tatsache, dass forstwirtschaftliche Arbeiten, wie die Vorbereitung des Bodens für die Bepflanzung, die Bepflanzung selber, die Pflegearbeiten einschließlich der Maßnahmen zur Verhütung von Schäden und die Kontrolle des Waldzustandes sowie des Wachstums aller notwendigen Pflanzen verrichtet werden. Die darin liegenden möglichen Risiken sollen durch die Unfallversicherung abgedeckt werden (vgl. BayLSG, Urteil vom 17.10.2001, Az.: L 2 U 90/00; BayLSG, Urteil vom 23.03.2005, Az.: L 17 U 430/04).
3.3. Keine Mindestgröße der forstwirtschaftlichen Fläche als Voraussetzung für den forstwirtschaftlichen Unternehmerbegriff
Eine bestimmte Mindestgröße der (im weiten sozialrechtlichen Sinne forstwirtschaftlich genutzten) Waldfläche ist zur Begründung der Unternehmereigenschaft nicht erforderlich. Das Gesetz sieht in § 5 SGB VII für Inhaber landwirtschaftlicher Unternehmen bis zu einer Größe von 0,25 ha (bis zum 29.03.2005 noch 0,12 ha) und ihre Ehegatten aber die Möglichkeit einer Befreiung von der Versicherungspflicht auf Antrag vor. Damit wird gleichzeitig klargestellt, dass selbst bei Unterschreitung einer Flächengröße von 0,25 ha grundsätzlich eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen landwirtschaftlichen Unfallversicherung besteht. Auch sog. Klein- oder Kleinstwaldbesitzer sind deshalb, wenn sie sich forstwirtschaftlich im Sinne des Rechts des SGB VII betätigen, versicherungs- und beitragspflichtig zu der für sie zuständigen landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft.
Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass auch bei Kleinstunternehmen oder Zwergbetrieben das Unfallrisiko land- oder forstwirtschaftlicher Tätigkeit im Einzelfall genauso groß sein kann wie in einem großen Unternehmen. So sind nur Haus-, Zier- und andere Kleingärten gem. § 123 Abs. 2 SGB VII ebenso wie bei der früher geltenden Regelung des § 778 RVO unter den dort genannten Voraussetzungen von der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ausgenommen (vgl. BSG, Urteil vom 31.01.1989, Az.: 2 RU 30/88).
3.4. Kein Mindestmaß an Arbeitsaufwand bei der Bewirtschaftung der forstwirtschaftlichen Fläche als Voraussetzung für den forstwirtschaftlichen Unternehmerbegriff
Die Annahme des Status als forstwirtschaftlicher Unternehmer setzt nicht voraus, dass die Bewirtschaftung der Waldflächen ein bestimmtes Mindestmaß an Arbeitsaufwand erfordert. Soweit das BSG in früheren Entscheidungen geäußert hat, dass land- und forstwirtschaftliche Kleinstunternehmen nicht von der landwirtschaftlichen Unfallversicherung erfasst würden, wenn der Umfang der Bodenbewirtschaftung eine arbeitsaufwandsbezogene Geringfügigkeitsgrenze unterschreite (vgl. z.B. BSGE 64, 252, 253; BSG, Beschluss vom 12.06.1989, Az.: 2 BU 175/88), kommt dem unter der Geltung des SGB VII keine Bedeutung mehr zu. Die Notwendigkeit einer Bagatellgrenze ist ehedem unter dem Anwendungsbereich der RVO mit dem Zweck der Unfallversicherung begründet worden, der es einerseits gebiete, wegen der bestehenden Unfallrisiken auch Kleinst- und Zwergbetriebe der Versicherungspflicht zu unterstellen, andererseits aber einen Versicherungszwang nicht rechtfertige, wenn wegen der geringen Größe und der Eigenheit des landwirtschaftlichen Grundstücks im konkreten Einzelfall ein nennenswerter Arbeitsaufwand für die Bodenbewirtschaftung nicht zu erwarten sei. Hintergrund war, dass die RVO selbst, anders als die jetzige Rechtslage in § 5 SGB VII, keine Geringfügigkeitsgrenze vorsah und die Ausnahmeregelung für Haus-, Zier- und andere Kleingärten in § 778 RVO nach der Rechtsprechung keine eindeutige Grenzziehung ermöglichte.
Mit der Einführung der Möglichkeit zur Versicherungsbefreiung in § 5 SGB VII und der Präzisierung des Begriffs "Kleingarten" in § 123 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII hat der Gesetzgeber mit der Einführung des SGB VII klargestellt, wo bei landwirtschaftlichen Kleinstbetrieben die Grenze der Versicherungspflicht verlaufen soll. Einer durch Richterrecht geschaffenen Bagatellgrenze ist damit die Legitimation und Grundlage entzogen. So hat das BSG in diversen Entscheidungen die Berechtigung einer durch Richterrecht gesetzten Bagatellgrenze im zeitlichen Geltungsbereich des SGB VII verneint (vgl. BSG, Urteil vom 06.05.2003, Az.: B 2 U 37/02 R; BSG, Urteil vom 11.11.2003, Az.: B 2 U 51/02 R; BSG, Urteil vom 07.12.2004, Az.: B 2 U 43/03 R).
3.5. Keine Bewirtschaftung oder Bewirtschaftungsabsicht der forstwirtschaftlichen Fläche in der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft als Voraussetzung für den forstwirtschaftlichen Unternehmerbegriff
Ob eine Bewirtschaftung der forstwirtschaftlichen Fläche in der Vergangenheit nicht erfolgt ist, derzeit nicht geschieht und auch für die Zukunft nicht beabsichtigt ist, ist ohne Einfluss auf die Versicherungspflicht. Die Bearbeitung und Bewirtschaftung von Waldflächen kann entsprechend der Eigenart der Forstwirtschaft auf verschiedene Weise erfolgen. Während die sog. Nachhaltsunternehmen jedes Jahr schlagreifes Holz ernten, geschieht dies bei den sog. aussetzenden Unternehmen nur in mehrjährigen Zwischenräumen, wobei sich die Zeiten ohne Anbau und Einschlag von Holz über Jahrzehnte hinziehen können. Demnach können sich forstwirtschaftliche Unternehmen zumindest über lange Zeiträume hinweg in ihrer äußeren Erscheinung stark unterscheiden. Gemeinsam ist ihnen lediglich der Bestand von Flächen, auf denen Bäume wachsen bzw. nachwachsen; irgendwelche konkreten Bewirtschaftungsmaßnahmen (z.B. Anpflanzungen, Fällungen) bzw. deren Spuren gehören nicht zum notwendigen Erscheinungsbild eines forstwirtschaftlichen Unternehmens (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 07.12.2004, Az.: B 2 U 43/03 R; BayLSG, Urteil vom 11.05.2005, Az.: L 2 U 298/04; BayLSG, Urteil vom 10.05.2005, Az.: L 17 U 179/04; BayLSG, Urteil vom 23.03.2005, Az.: L 17 U 430/04; BayLSG, Urteil vom 17.10.2001, Az.: L 2 U 90/00).
Es ist daher auch ohne jede Bedeutung, wenn völlig glaubhaft angegeben wird, dass weder in der Vergangenheit noch irgendwann in der Zukunft eine forstwirtschaftliche Nutzung erfolgen werde. Denn damit kann die Vermutung der Eigenschaft des Nutzungsberechtigten als forstwirtschaftlicher Unternehmer nicht widerlegt werden (vgl. BayLSG, Urteil vom 17.10.2001, Az.: L 2 U 219/99). Greifbare Umstände, die auf eine andersartige, nicht auf die Gewinnung von Forsterzeugnissen gerichtete Nutzung der Waldfläche hinweisen, ergeben sich daraus nicht. Die bloße Absicht, keine forstwirtschaftliche Tätigkeit zu entfalten, ändert an der Eigenschaft als forstwirtschaftlicher Unternehmer jedenfalls solange nichts, wie auf dem Grundstück forstwirtschaftliche Pflanzen wachsen. Sie entzieht der auf tatsächliche und rechtliche Kriterien gestützten Vermutung keine ihrer Grundlagen. Insbesondere in rechtlicher Hinsicht ändert sich dadurch an der Verpflichtung des Waldbesitzers, den Wald jedenfalls in gewissem Umfang zu bewirtschaften, nichts (vgl. BSG, Urteil vom 28.09.1999, Az.: B 2 U 40/98 R).
Aufgrund der die Forstwirtschaft prägenden langen Bewirtschaftungszeiträume besteht die – widerlegbare – Vermutung, dass bei bestehenden Nutzungsrechten an forstwirtschaftlichen Flächen auch bei im Einzelfall fehlenden konkreten Bewirtschaftungsmaßnahmen eine forstwirtschaftliche Tätigkeit und damit die Eigenschaft des Nutzungsberechtigten als forstwirtschaftlicher Unternehmer gegeben ist (vgl. BSG SozR 3-2200 § 776 Nr. 5; ebenso für den Bereich der landwirtschaftlichen Krankenversicherung: BSG SozR 5420 § 2 Nr. 30; zum Fehlen einer vergleichbaren Vermutung bei landwirtschaftlichen Nutzflächen: BSG, Urteil vom 23.09.2004, Az.: B 10 LW 13/02 R). Solange auf den streitgegenständlichen Flächen Bäume wachsen oder nachwachsen, kann von einem "Brachliegenlassen" nicht gesprochen werden, auch wenn über einen langen Zeitraum keine Pflege- oder Erhaltungsmaßnahmen vorgenommen werden. Dabei begründet sich die aufgezeigte Vermutung u.a. damit, dass nach den landesrechtlichen Waldgesetzen, auch dem Waldgesetz für Bayern (BayWaldG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.07.2005 (GVBl 2005, S. 313), den Eigentümern und Nutzungsberechtigten von Waldgrundstücken Pflichten (vgl. Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayWaldG: Wiederaufforstungspflicht bei Schadenseintritt, d.h. unabhängig davon, ob der Waldbesitzer den Anlass für die Erforderlichkeit der Wideraufforstung gesetzt hat) im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung der Waldflächen auferlegt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 03.05.1984, Az.: 11 RK 1/83; BayLSG, Urteil vom 23.03.2005; Az.: L 17 U 430/04). Darauf, ob waldrechtliche Sanktionsmöglichkeiten bei Nichteinhaltung der Pflichten eröffnet sind, kommt es nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 28.09.1999, Az.: B 2 U 40/98 R).
Um die Vermutung der Eigenschaft des Nutzungsberechtigten als forstwirtschaftlicher Unternehmer zu widerlegen, reicht es deshalb nicht aus, wenn behauptet wird, die betreffende Forstfläche werde, gleich aus welchen Gründen, nicht bewirtschaftet. So ist beispielsweise das Bayer. Landessozialgericht (vgl. Urteil vom 11.05.2005, Az.: L 2 U 298/04) von einer Beitragspflichtigkeit ausgegangen, obwohl dagegen eingewandt worden war, dass keinerlei Nutzung des Grundstücks stattfinde, es in den letzten 50 Jahren von keinem Eigentümer betreten worden sei, keinerlei Zugang bestehe, da sich rundum bebaute Grundstücke befänden, das Grundstück seit dem 19. Jahrhundert Brachland sei und daher keinerlei Versicherungsrisiko bestehe.
3.6. Kein Erfordernis einer wirtschaftlich sinnvollen forstwirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit als Voraussetzung für den forstwirtschaftlichen Unternehmerbegriff
Auch die Behauptung, ein Grundstück sei wegen seiner Größe, Lage, Bodenbeschaffenheit oder aus anderen Gründen für eine wirtschaftlich sinnvolle forstliche Nutzung nicht geeignet, lässt die Vermutung eines forstwirtschaftlichen Unternehmens nicht entfallen, zumal für das Vorliegen eines zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung beitragspflichtigen Unternehmens eine Gewinnerzielungsabsicht nicht vorausgesetzt wird (vgl. BSG SozR 3-2200 § 776 Nr. 5 m.w.N.).
3.7. Widerlegung der an den Besitz eines Waldgrundstücks anknüpfenden Vermutung der forstwirtschaftlichen Betätigung und damit Ausschluss des forstwirtschaftlichen Unternehmerbegriffs nur unter engen Voraussetzungen
3.7.1. Widerlegung der Vermutung durch Nachweis einer andersartigen Nutzung
Aus Gründen der Praktikabilität und Nachprüfbarkeit kann nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 07.12.2004, Az.: B 2 U 43/03 R) die an den Besitz eines Waldgrundstücks anknüpfende Vermutung der forstwirtschaftlichen Betätigung nur dadurch widerlegt werden kann, dass eine Nutzung der forstwirtschaftlichen Fläche zu anderen Zwecken als der periodischen Gewinnung von Forsterzeugnissen nachgewiesen wird.
Für die Widerlegung der Vermutung ist es erforderlich, dass greifbare Umstände auf eine andersartige Nutzung hinweisen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die äußeren Umstände erkennen lassen, dass der Grund und Boden nicht zur periodischen Gewinnung von Forsterzeugnissen genutzt, der Wald etwa als Baugelände oder zum Liegenlassen als "Urwald" aus wissenschaftlichen Gründen oder als sonstiges Versuchs- und Übungsgelände erworben wird (vgl. BayLSG, Urteil vom 03.03.2005, Az.: L 17 U 216/04; BayLSG, Urteil vom 23.03.2005, Az.: L 17 U 430/04).
3.7.2. Widerlegung der Vermutung durch Ausschluss einer forstwirtschaftlichen Nutzung oder Bewirtschaftung in Gänze
Über die dargestellte Rechtsprechung hinaus muss nach der Ansicht des erkennenden Gerichts auch dann von einer Widerlegung der Vermutung ausgegangen werden, wenn die rechtlichen und/oder örtlichen Gegebenheiten eine Nutzung oder Bewirtschaftung in Gänze ausschließen.
Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der land- und forstwirtschaftlichen Unfallversicherung. Die sozialgerichtliche Rechtsprechung geht, wie bereits oben erläutert, davon aus, dass die landwirtschaftliche Unfallversicherung für das Vorliegen eines Unternehmens keine Gewinnerzielungsabsicht voraussetzt, nicht auf die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr abstellt und das Unternehmen nicht nach den Maßstäben des Baurechts oder Steuerrechts nachhaltig und mit einer auf Dauer berechneten und auf Dauer lebensfähigen Planung oder Nutzung größerer Waldflächen mit einer gewissen Intensität betrieben werden muss (vgl. BayLSG, Urteil vom 23.03.2005, Az.: L 17 U 430/04). Nach Sinn und Zweck der Unfallversicherung ist vielmehr entscheidend allein die Tatsache, dass forstwirtschaftliche Arbeiten, wie z.B. Maßnahmen zur Verhütung oder Beseitigung von Schäden (Wiederaufforstungspflicht gem. Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayWaldG), die Kontrolle des Waldzustandes sowie des Wachstums aller notwendigen Pflanzen, verrichtet werden. Die darin liegenden möglichen Risiken, die der Waldbesitzer ggf. sogar gegen seinen Willen auf sich nehmen muss (z.B. wegen der gesetzlichen Wiederaufforstungspflicht), sollen durch die Unfallversicherung soweit wie möglich abgedeckt werden (BSG, Urteil vom 28.09.1999, Az.: B 2 U 40/98 R). Dabei ist zu berücksichtigten, dass derartige Risiken auch bei Kleinstbetrieben in ähnlicher Form, wegen fehlender technischer Mittel oder einschlägiger Erfahrung trotz des geringeren Zeitaufwands ggf. sogar in erhöhter Form gegenüber Großbetrieben mit entsprechendem Einsatz hochtechnisierter und damit auch risikomindernder Maschinen vorhanden sind (ähnlich BSG, Urteil vom 28.09.1999, Az.: B 2 U 40/98 R).
Wenn aber derartige gefährdende Tätigkeiten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen vollständig ausgeschlossen sind, besteht unter keinem Gesichtspunkt mehr ein Bedürfnis für einen unfallversicherungsrechtlichen Schutz, wie es vom Gesetzgeber für die Einbeziehung in die gesetzliche Unfallversicherung zugrunde gelegt wird, was jede Legitimation für die Einbeziehung in die gesetzliche Unfallversicherung entfallen lässt und damit zur Versicherungsfreiheit führen muss (vgl. Sozialgericht – SG – Augsburg, Gerichtsbescheid vom 03.08.2007, Az.: S 5 U 5056/07 L).
3.7.3. Beweislast
Solange eine (auch nur theoretische) Zugriffs- bzw. Nutzungsmöglichkeit (insbesondere infolge der Eigentümerstellung oder eines vertraglich begründeten Nutzungsrechts) des potentiellen, im Sinne des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung forstwirtschaftlichen Unternehmers auf das forstwirtschaftliche Grundstück besteht, obliegt diesem die Beweislast für den Ausschluss einer forstwirtschaftlichen Nutzung oder Bewirtschaftung (vgl. BayLSG, Urteil vom 06.05.2003, Az.: L 3 U 5/03). Dies bedeutet, dass solange von einem forstwirtschaftlichen Unternehmen im Sinne des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung auszugehen ist, wie nicht die andersartige Nutzung oder der vollständige Ausschluss einer forstwirtschaftlichen Nutzung aufgrund der rechtlichen und/oder örtlichen Gegebenheiten im Vollbeweis nachgewiesen ist.
Vollbeweis bedeutet, dass die erforderlichen Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein müssen. Erst wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung für das Vorliegen der Tatsachen sprechen, kann das Gericht diese Tatsachen als gegeben annehmen (vgl. BSGE 7, 103, 106). Anders gesagt – das Gericht muss vom Vorliegen der Tatsachen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit ausgehen können (vgl. BSGE 45, 285, 287).
Lässt sich eine andersartige Nutzung oder der vollständige Ausschluss einer forstwirtschaftlichen Nutzung nicht zweifelsfrei nachweisen, geht dies zu Lasten des versicherten Unternehmers. Denn es gilt der Grundsatz, dass jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen oder für ihn günstig sind (vgl. BSGE 27, 40). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht im Vollbeweis nachgewiesen werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten möchte (vgl. BSGE 6, 70, 72).
3.8. Keine Auswirkungen des Bestehens privatrechtlicher Versicherungen und damit einer anderweitigen Absicherung der aus der forstwirtschaftlichen Fläche resultierenden Unfallgefahr auf die Pflichtmitgliedschaft
Ob etwaige, aus dem im Sinne des Sozialrechts gegebenen forstwirtschaftlichen Unternehmen resultierende Risiken durch andere Versicherungen (insbesondere eine private Unfallversicherung) abgedeckt sind, ist ohne jede Bedeutung für die Frage der kraft Gesetzes vorliegenden Versicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung. Denn einer vom Gesetzgeber vorgesehenen Pflichtmitgliedschaft in einem Teil der gesetzlichen Sozialversicherungssysteme kann nicht durch den Abschluss privater Versicherungsverträge ausgewichen werden und damit dem System der Sozialversicherung der Boden entzogen werden. Insofern stellt eine private Unfallversicherung lediglich eine private, im Belieben des Versicherten stehende, ergänzende, nicht aber eine die zwingende gesetzliche Versicherung ersetzende Absicherung dar (vgl. zur grundsätzlichen Frage der Vereinbarkeit des Systems der gesetzlichen Unfallversicherung im Sinne einer Pflichtmitgliedschaft mit Verfassungs- und Europarecht: BSG, Urteil vom 09.05.2006, Az.: B 2 U 34/05 R).
4. Zur Frage der Beitragsbemessung forstwirtschaftlicher Unternehmen (Höhe des Beitrags)
4.1. Grundsätzliches
Nach § 152 Abs. 1 und 2 SGB VII werden in der gesetzlichen Unfallversicherung die Beiträge nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt, wobei diese den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge decken muss. Abweichend zu den generellen Vorschriften über die Berechnungsgrundlagen für die Beitragserhebung gelten gemäß § 182 Abs. 1 SGB VII für die land- und forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften die Sonderregelungen der §§ 182 ff SGB VII. Nach § 183 Abs. 2 SGB VII bestimmt die Satzung die Einzelheiten der Beitragsberechnung.
4.2. Umfang der gerichtlichen Überprüfung
Die Regelung der Frage der Beitragsbemessung ist von der zuständigen land- und forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zu regeln. Eine gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Beitragsbescheids im Einzelnen ist nur insofern eröffnet, als zu prüfen ist, ob sich die (Beitrags-)Satzung als autonom von einer land- und forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft gesetztes objektives Recht in dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Rahmen bewegt, d.h. also mit höherrangigem Recht vereinbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 20.02.2001, Az.: B 2 U 2/00 R m.w.N.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2006; Az.: L 10 U 1323/04), und die satzungsrechtlichen Regelungen im konkreten Fall richtig angewendet worden sind. Nicht gerichtlich zu prüfen ist, ob sich die von der land- und forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft als Satzungsgeberin getroffene Regelung im konkreten Fall, aber auch über die große Bandbreite aller versicherten Unternehmen betrachtet, als die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste unter vielen denkbaren und vom Gesetzgeber ermöglichten Regelungen erweist (vgl. LSG Berlin, Urteil vom 04.05.2004, Az.: L 2 U 7/03).
4.3. Beitragsmaßstab
4.3.1. Berechnungsgrundlagen
Die gesetzlichen Vorgaben für die satzungsrechtliche Regelung des Beitrags ergeben sich insbesondere aus § 182 Abs. 2 SGB VII. Berechnungsgrundlagen für die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften sind das Umlagesoll, die Fläche, der Wirtschaftswert, der Flächenwert, der Arbeitsbedarf, der Arbeitswert oder ein anderer vergleichbarer Maßstab (§ 182 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Hierbei hat nach 182 Abs. 2 Satz 2 SGB VII die Satzung bei der Festlegung der Berechnungsgrundlagen die Unfallrisiken in den Unternehmen ausreichend zu berücksichtigen und kann – muss dies aber nicht – hierzu einen Gefahrtarif aufstellen. Zu berücksichtigen ist, dass dem Satzungsgeber ein weiter Gestaltungsspielraum einzuräumen ist (vgl. BayLSG, Urteil vom 11.10.2006, Az.: L 2 U 152/04).
Die genannten Berechnungsgrundlagen müssen nicht kumulativ, sondern können alternativ verwendet werden. Es ist daher u.a. zulässig, dass ein Versicherungsträger bei der Berechnungsweise lediglich von der Fläche des Unternehmens ausgeht und einen festen Hektarwert ansetzt (vgl. BayLSG, Urteil vom 11.10.2006, Az.: L 2 U 152/04). Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 20.02.2001, Az.: B 2 U 2/00 R) ist die Verwendung des Flächenwertmaßstabes nicht von Verfassung wegen zu beanstanden ist. Der Flächenwertmaßstab verstößt weder gegen das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) noch gegen das Grundrecht der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG). Er ist als Maßstab für die Beitragsveranlagung grundsätzlich geeignet und erforderlich und verstößt somit auch nicht gegen den aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. BayLSG, Urteil vom 11.10.2006, Az.: L 2 U 152/04).
4.3.2. Insbesondere Gefahrtarif
Ein Gefahrtarif kann, muss aber nicht aufgestellt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 20.02.2001, Az.: B 2 U 2/00 R m.w.N.) ist der Flächenwertmaßstab für sich allein schon geeignet, die Unfallgefahr ausreichend zu berücksichtigen. Die Aufstellung eines Gefahrtarifs ist gem. § 182 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz. 2 SGB VII ausdrücklich in das Ermessen des Unfallversicherungsträgers gestellt. Es steht deshalb im Satzungsermessen der Vertreterversammlung, ob ein Gefahrtarif aufgestellt wird, ob unmittelbar an die Unfallbeteiligung der einzelnen Unternehmen anknüpfende Zu- und Abschläge zum bzw. vom Beitrag vorgesehen werden oder ob ein sonstiger Beitragsmaßstab geeignet ist, die Unfallgefahr besser zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 20.02.2001, Az.: B 2 U 2/00 R m.w.N.). Denn mögliche Unfallrisiken enthalten keinen bestimmenden, sondern nur einen möglichen, aber nicht zwingenden Faktor von mehreren innerhalb des Beitragsmischsystems (vgl. BSGE 82, 132). Auch wenn einzelne Unternehmen, bei denen das Unfallrisiko im Vergleich zum Durchschnitt aller Unternehmen nachweislich geringer ist, ggf. durch die Nichteinführung eines Gefahrtarifs in gewissem Umfang benachteiligt sind, so kann dies nicht beanstandet werden. Denn eine pauschalierte und typisierende Betrachtungsweise ohne verschiedene Gefahrtarife ist im Hinblick auf das Vorliegen einer Massenverwaltung sowie den Solidargedanken zulässig (vgl. BayLSG, Urteil vom 11.10.2006, Az.: L 2 U 152/04).
4.3.3. Insbesondere Mindest- oder Grundbeitrag
Zusätzlich zu einem Beitragsbestandteil, der sich entsprechend den o.g. Berechnungsgrundlagen ergibt, kann der Satzungsgeber gem. § 182 Abs. 3 SGB VII einen Mindestbeitrag oder einen Grundbeitrag bestimmen. Die Erhebung eines zur Abdeckung der allgemeinen Verwaltungskosten und des allgemeinen Arbeits- und Berufskrankheitenrisikos gedachten Grundbeitrags neben einem Flächenwertbeitrag nach § 182 Abs. 1 und 4 SGB VII wegen des speziellen Risikos ist nicht verfassungswidrig (vgl. BSG SozR 4-2700 § 182 Nr. 1). Während für den allgemeinen, risikobezogenen Beitrag nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 lediglich die Bemessungsgrundsätze festzulegen sind, ist ein etwaiger Grund- oder Mindestbeitrag in der Satzung selbst "zu bestimmen". Nach allgemeinem Sprachverständnis bedeutet dies, dass seine Höhe in der Satzung festzulegen ist (vgl. BSG, Urteil vom 07.12.2004, Az.: B 2 U 43/03 R). Damit wird dem im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Vorbehalt des (materiellen) Gesetzes sowie dem Gebot der ausreichenden Bestimmtheit von Gesetzen Rechnung getragen, die beide auch für das Beitragsrecht der Sozialversicherung gelten (vgl. BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Ein Einwand gegen die Höhe des Grundbeitrags dahingehend, dass er so hoch angesetzt sei, dass er bei der überwiegenden Zahl der Kleinwaldbesitzer den risikoabhängigen Flächenwertbeitrag um ein Mehrfaches übersteige, er so die eigentliche Beitragsbelastung ausmache und ihm damit entgegen der gesetzlichen Regelung eine Vorrangstellung eingeräumt werde, ist nicht zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 07.12.2004, Az.: B 2 U 43/03 R). Denn aus der Formulierung in § 182 Abs. 2 Satz 3 SGB VII, die Satzung könne "zusätzlich" einen Grundbeitrag bestimmen, lässt sich nicht ableiten, dass der Grundbeitrag nachrangig wäre und den Regelbeitrag nach § 182 Abs. 2 Satz 1 SGB VII betragsmäßig nicht übersteigen dürfte. Denn die Funktion des Grundbeitrags besteht darin, bestimmte Grundkosten, die auch bei kleinen und kleinsten land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen mit der Durchführung der Versicherung verbunden sind, die sich aus dem geringen allgemeinen Beitragsaufkommen dieser Betriebe aber nicht bestreiten lassen, auf die betreffenden Unternehmer umzulegen. Das BSG hat im Urteil vom 07.12.2004, Az.: B 2 U 43/03 R, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass, gerade wenn sich im Zuständigkeitsbereich einer landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft durch Erbteilung oder aus anderen Gründen ungünstige betriebswirtschaftliche Strukturen mit einer großen Zahl von Klein- und Zwergbetrieben herausgebildet haben, es geboten sein kann, die auch bei diesen Unternehmen anfallenden Verwaltungskosten sowie den kalkulatorischen Aufwand für das Grundunfallrisiko durch Erhebung eines angemessenen Grundbeitrages aufzufangen.
Eine Verletzung des Äquivalenzprinzips im Rahmen der Beitragsgestaltung und der Bemessung der Grundbeiträge ist im deutschen Rechtssystem regelmäßig nur in seltenen Fällen möglich. Nach diesem Prinzip, das grundsätzlich bei öffentlichen Abgaben zu beachten ist, dürfen sogenannte Vorzugslasten wie Gebühren und Beiträge von Verfassung wegen nicht beliebig festgesetzt werden, sondern müssen in einem angemessenen Verhältnis zu der dafür gewährten Leistung stehen. Das Äquivalenzprinzip gilt jedoch für Sozialversicherungsbeiträge nur mit Einschränkungen. Das Bundesverfassungsgericht hat seit jeher betont, dass der abgabenrechtliche Grundsatz, dass zu Beiträgen nur herangezogen werden darf, wer von einem bestimmten öffentlichen Unternehmen einen Vorteil zu erwarten hat, in der Sozialversicherung nicht anwendbar ist, weil es in der Sozialversicherung um sozialen Ausgleich und nicht um die Abgeltung individueller Vorteile geht (ständige Rechtsprechung: vgl. BVerfGE 11, 105 , 117; 14, 312, 318; 75, 108, 157, 158). Allerdings bleibt der Gesetzgeber berufen, bei der Beitragsgestaltung sachgerecht zu differenzieren und speziell in der Unfallversicherung eine risikogerechte Abstufung vorzunehmen, wie dies für die allgemeine Unfallversicherung durch die obligatorische Aufstellung eines Gefahrtarifs (§§ 153 Abs. 1, 157, 159 SGB VII) verwirklicht ist. Für den Bereich der land- und forstwirtschaftlichen Unfallversicherung hat der Gesetzgeber diese Anforderungen gelockert: Vorgeschrieben ist hier nur, dass die Satzung der Berufsgenossenschaft bei der Festlegung der Berechnungsgrundlagen die Unfallrisiken in den Unternehmen ausreichend berücksichtigen muss. Ob sie einen Gefahrtarif aufstellt, entscheidet sie nach eigenem Ermessen (§ 182 Abs. 2 Satz 2 SGB VII). Das BSG hat daraus schon unter der Geltung der RVO gefolgert, dass in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung die Unfallgefahr kein bestimmender Faktor für die Beitragsberechnung ist. Es reicht vielmehr aus, wenn sie durch Auswahl eines geeigneten Berechnungsmaßstabs oder durch Kombination verschiedener Berechnungsmaßstäbe im Rahmen eines Mischsystems berücksichtigt wird (vgl. BSGE 54, 232, 234; 68, 111, 114; 73, 253, 255; 82, 132, 138). Es reicht daher z.B. aus, wenn das bei forstwirtschaftlichen Unternehmen bestehende Unfallrisiko sowohl durch die Anknüpfung an den Flächenwert als Indikator für die Art und Intensität der Bewirtschaftung als auch bei der Bemessung des Grundbeitrages selbst einbezogen wird (vgl. BSG, Urteil vom 07.12.2004, Az.: B 2 U 43/03 R). Mit Blick auf die Besonderheiten der landwirtschaftlichen Unfallversicherung lässt sich eine Forderung nach einer weitergehenden Differenzierung des Grundbeitrags nach der Vorteilslage aus dem Äquivalenzprinzip nicht herleiten. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 07.12.2004, Az.: B 2 U 43/03 R) ist die Heranziehung von Kleinwaldbesitzern zu einem Jahresbeitrag von wenig mehr als 60,- EUR, der im Wesentlichen aus dem Grundbeitrag besteht, nicht unverhältnismäßig.
Beitragsbelastungen im geringen Rahmen, wobei hierunter nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 07.12.2004, Az.: B 2 U 43/03 R) bereits im Jahre 2000 ein Grundbeitrag von rund 60,- EUR zu subsumieren ist, stehen auch nicht im Widerspruch zum Eigentumsgrundrecht des Art. 14 GG. Ein Einwand, dass durch eine jährliche Beitragsbelastung mit einem Grundbeitrag von rund 60,- EUR für ein Waldgrundstück, das sich nicht wirtschaftlich sinnvoll nutzen lasse, dem Eigentümer auf längere Sicht die Substanz seines Grundeigentums entzogen werde, ist nicht zutreffend. Anderenfalls würde nicht beachtet, dass die Beitragsbelastung nicht an das Eigentum am Grundstück, sondern an die Existenz eines forstwirtschaftlichen Unternehmens und die damit verbundenen Unfallgefahren anknüpft. Dagegen kann nicht eingewandt werden, dass ein Unfallrisiko nicht bestehe, wenn die Waldflächen nicht bewirtschaftet würden, oder eine forstliche Nutzung wirtschaftlich sinnlos sei, weil keine nennenswerten Erträge zu erwarten seien. Denn dem steht, wie schon in anderem Zusammenhang bei der Unternehmereigenschaft erörtert (vgl. oben), die an den Besitz und die Nutzungsberechtigung eines Waldgrundstücks geknüpfte Vermutung der forstwirtschaftlichen Betätigung entgegen. Solange keine anderweitige Nutzung erfolgt, ist von einem forstwirtschaftlichen Unternehmen mit entsprechenden Unfallrisiken auszugehen. Wird dieses Unternehmen ohne Gewinnerzielungsabsicht aufrechterhalten, kann der daraus folgenden Beitragspflicht nicht entgegengehalten werden, sie wirke erdrosselnd oder konfiskatorisch.
4.3.4. Beitragsgerechtigkeit
Gegen einen Beitragsbescheid kann auch nicht eingewandt werden, dass die Heranziehung eines Waldbesitzers als Kleinstunternehmer gegen den aus Art 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit verstoße. Es ist zwar sicher zutreffend, dass in der Vergangenheit die Veranlagung der Klein- und Kleinstwaldbesitzer nicht nur in Bayern, sondern im Bundesgebiet überhaupt (vgl. BSG, Urteil vom 07.12.2004, Az.: B 2 U 43/03 R) unvollständig erfolgt ist und die Beitragslasten deshalb nur von einem Teil der an sich beitragspflichtigen forstwirtschaftlichen Unternehmer getragen worden sind. Daraus lässt sich aber keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung ableiten ("keine Gleichbehandlung im Unrecht"). Zudem belegen die seit einiger Zeit dokumentierten erheblichen Anstrengungen der land- und forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften bei der Auswertung der Kataster, dass die Bestrebungen nach einer lückenlosen Erfassung der beitragspflichtigen Waldbesitzer schon von erheblichem Erfolg gekennzeichnet sind.
Über den genannten Aspekt hinaus verlangt der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Steuerrecht jedoch, dass die Abgabepflichtigen durch das Gesetz nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich gleich belastet werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, so kann dies die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Besteuerungsgrundlage nach sich ziehen und die Steuerpflichtigen in ihrem Grundrecht auf Besteuerungsgleichheit verletzen (vgl. BVerfGE 84, 239, 268 ff). Diese Rechtsprechung lässt sich im Grundsatz auf andere Abgaben und auch auf Sozialversicherungsbeiträge übertragen (vgl. BSG, Urteil vom 07.12.2004, Az.: B 2 U 43/03 R). Auch im Bereich des Sozialrechts muss gelten, dass der Gesetzgeber seine Entscheidung, einen bestimmten Personenkreis der Versicherungs- und Beitragspflicht zu unterwerfen, in ein normatives Umfeld einzubetten hat, welches die Gleichheit der Belastung auch hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges prinzipiell gewährleistet. Dass dagegen bei der Anordnung der Versicherungspflicht für forstwirtschaftliche Unternehmer verstoßen worden wäre, ist jedoch nicht ersichtlich (vgl. BSG, Urteil vom 07.12.2004, Az.: B 2 U 43/03 R). Insbesondere ist nicht zu erkennen, dass die Heranziehung der Kleinwaldbesitzer in tatsächlicher Hinsicht Probleme aufwerfen würde, die auch auf längere Sicht nicht lösbar wären und den Gesetzgeber deshalb hätten veranlassen müssen, zwecks Wahrung der Beitragsgerechtigkeit von seinem Vorhaben Abstand zu nehmen. Eine Belastungsungleichheit, die lediglich durch behebbare Vollzugsmängel bei der Beitragserhebung verursacht wird, führt jedoch noch nicht zu einer gleichheitswidrigen Lastenverteilung (vgl. BVerfGE 84, 239, 268 ff).
Nach herrschender Rechtsprechung (vgl. z.B. BayLSG, Urteil vom 11.10.2006, Az.: L 2 U 152/04) erfordern Art. 3 Abs. 1 GG und das verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprinzip auch nicht, dass der Unfallversicherungsträger im Rahmen der Satzung eine Härteklausel einführt. Aufgrund des Erfordernisses einer notwendigen typisierenden Regelung und dem Vorliegen einer Massenverwaltung sind gewisse Härten hinzunehmen, ohne dass eine Verletzung des Gleichheitssatzes anzunehmen ist (vgl. BVerfGE 26, 265, 275). Eine Härteklausel wäre nur erforderlich, um offensichtlich unbillige Ergebnisse zu mildern (vgl. BVerfGE 35, 283, 291; 16, 147, 177; 27, 375, 385; 30, 250, 266). Davon kann bei der Ermittlung der Beitragshöhe nach dem Flächenwert und einem Grundbeitrag nicht ausgegangen werden (vgl. BSG, Urteil vom 20.02.2001, Az.: B 2 U 2/00).
5. Übertragung der Grundsätze auf den hier zu entscheidenden Fall
Explizit trägt der Kläger lediglich vor, dass die streitgegenständlichen Grundstücke kein Wald seien. Es ist jedoch anzunehmen, dass er noch weitere, bislang unausgesprochene Einwände gegen die Zuständigkeit der Beklagten und die Beitragserhebung hegt. Auch darauf soll im Folgenden eingegangen werden.
5.1. Einwand des Klägers, es liege überhaupt kein Wald vor
Zur Begründung der Klage trägt der Kläger ausdrücklich als einziges und entscheidendes Argument vor, dass kein Wald vorhanden sei und er nicht über Wald verfüge, wobei er sich diesbezüglich auch auf die Nutzungsartenbescheinigung des Finanzamts stützt.
Zu diesem Gesichtspunkt ist auf Folgendes hinzuweisen:
Der Kläger unterliegt offenbar dem Irrtum, dass von "Wald" nur dann die Rede sein könne, wenn es sich um einen so genannten Wirtschaftswald handelt, also einen Wald, wie er typischerweise zur Gewinnung von Holz genutzt wird.
Zutreffend ist aber dann von "Wald" dann auszugehen, wenn Flächen vorliegen, die dem Anwendungsbereich des BayWaldG unterliegen, da vom Anwendungsbereich des BayWaldG weitaus mehr Flächen umfasst sind als lediglich der Wirtschaftwald.
Dies ist wie folgt zu begründen:
Grund für die Annahme eines forstwirtschaftlichen Unternehmens im Sinne der land- und forstwirtschaftlichen Unfallversicherung ist, dass Flächen vorliegen, bei denen potentiell gefährdende Tätigkeiten (Wiederaufforstungspflicht gemäß § 15 BayWaldG!) verrichtet werden müssen, für die nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers ein Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung bestehen soll.
Wald im Sinne des BayWaldG hat der bayerische Gesetzgeber wie folgt definiert:
"Art. 2 Wald (1) Wald (Forst) im Sinn dieses Gesetzes ist jede mit Waldbäumen bestockte oder nach den Vorschriften dieses Gesetzes wiederaufzuforstende Fläche. (2) Bei Anwendung dieses Gesetzes stehen dem Wald gleich 1. Waldwege, Waldeinteilungs- und Waldsicherungsstreifen, Waldblößen und Waldlichtungen, 2. mit dem Wald räumlich zusammenhängende Pflanzgärten, Holzlagerplätze, Wildäsungsflächen und sonstige ihm dienende Flächen. (3) Bei Anwendung der Art. 17, 32 bis 36, 45 und 46 dieses Gesetzes stehen dem Wald außerdem gleich Alpenlichtungen, Gewässer, Moore, Heide- und Ödflächen, die mit dem Wald in einem natürlichen Zusammenhang stehen. (4) In Feld und Flur gelegene Christbaum- und Schmuckreisigkulturen, Kurzumtriebskulturen, Baumschulen und Flächen, die mit Baumgruppen, Baumreihen oder Hecken bestockt sind, sowie mit Waldbäumen bestockte Flächen in Friedhöfen sind nicht Wald im Sinn dieses Gesetzes. Dies gilt auch für im bebauten Gebiet gelegene, kleinere Flächen, die mit Waldbäumen bestockt sind."
Bei den im Eigentum des Klägers stehenden Flächen handelt es sich ohne Zweifel um Wald im Sinne der genannten Vorschrift. Es liegt ein Moorrandwald vor, der aus Fichten, Birken, Weiden und Sträuchern besteht. Es ist fast flächig eine Bestockung vorhanden. Auch aus den vorliegenden Luftbildaufnahmen ergibt sich diese Bestockung. Zur Ergänzung wird auf die überzeugenden Ausführungen des Amts für Landwirtschaft und Forsten sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Gerichtsverfahren verwiesen.
Wenn das Finanzamt Kaufbeuren in der Nutzungsartenbescheinigung vom 15.09.2006 ausgeführt hat, dass die Einstufung als Wald nicht zutreffend sei, so ist dies unter waldrechtlichen und unfallversicherungsrechtlichen Gesichtspunkten falsch. Zum einen irrt das Finanzamt bereits darin, dass eine Bewachsung mit Bäumen nicht vorhanden sei. Diese Annahme wird widerlegt durch die überzeugenden Ausführungen des Amtes für Landwirtschaft und Forsten sowie durch die vorliegenden Luftaufnahmen. Die unzutreffenden Ausführungen des Finanzamts können nur dadurch erklärt werden, dass dieses keinen Wald im Sinne des Steuerrechts annimmt. Entscheidend für die Beurteilung, ob Wald vorliegt, ist jedoch im vorliegenden Fall nicht das Steuerrecht, sondern das BayWaldG.
5.2. Möglicher Einwand, es liege kein forstwirtschaftliches Unternehmen vor
Völlig ausreichend für die Begründung der Unternehmereigenschaft ist es, dass auch nur unter gewissen Umständen forstwirtschaftliche Tätigkeiten ausgeführt werden können oder müssen. Dafür ist es ausreichend, wenn sich aus den waldrechtlichen Pflichten eine Verpflichtung für den Kläger ergibt, unter bestimmten Umständen forstwirtschaftliche Tätigkeiten, z.B. die Wiederaufforstung, zu betreiben.
Eine Gewinnerzielungsabsicht und eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr müssen mit dem forstwirtschaftlichen Unternehmen im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung nicht verbunden sein. Insofern ist der landläufige Begriff des "Unternehmers" nicht deckungsgleich mit dem sozialversicherungsrechtlichen Unternehmerbegriff.
5.3. Möglicher Einwand, es würden, schon aufgrund der örtlichen Verhältnisse, keinerlei forstwirtschaftlichen Tätigkeiten verrichtet und es könnte daher keine potentielle Gefährdung entstehen
Ein forstwirtschaftliches Unternehmen würde lediglich dann nicht in Betracht kommen, wenn aufgrund der rechtlichen und/oder örtlichen Verhältnisse eine Nutzung des Grundstücks in Gänze ausgeschlossen wäre. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Es liegt lediglich eine erschwerte Nutzbarkeit beziehungsweise eine Einschränkung der Nutzbarkeit auf bestimmte Jahreszeiten (gefrorener Boden) vor. Dies bedeutet aber, dass sehr wohl eine Nutzung und/oder eine Ausführung von Verrichtungen z.B. im Rahmen der Wiederaufforstungspflicht in Betracht kommen. Auch sind in der Vergangenheit schon Bäume ausgeschlagen worden (vgl. Schreiben des Amts für Landwirtschaft und Forsten Kaufbeuren vom 27.07.2007, S. 4, dort zu 6.).
5.4. Möglicher Einwand, wegen der Größe des Grundstücks dürfe nicht von einem forstwirtschaftlichen Unternehmen ausgegangen werden
Das Grundstück des Klägers liegt mit über 4.500 m² deutlich über der Grenze von 2.500 m², bis zu der der Gesetzgeber gemäß § 5 SGB VII eine Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft vorgesehen hat. Dies zeigt deutlich, dass beim Kläger nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung von einem forstwirtschaftlichen Unternehmen auszugehen ist.
5.5. Möglicher Einwand, es sei weder in der Vergangenheit eine forstwirtschaftliche Nutzung erfolgt noch sei eine solche für die Zukunft beabsichtigt
Völlig ausreichend für die Begründung der Unternehmereigenschaft ist es, dass auch nur unter gewissen Umständen forstwirtschaftliche Tätigkeiten ausgeführt werden (können oder müssen). Dafür ist es ausreichend, wenn sich aus den waldrechtlichen Pflichten eine Verpflichtung für den Kläger ergibt oder ergeben kann, unter bestimmten Umständen forstwirtschaftliche Tätigkeiten, z.B. die Wiederaufforstung, zu betreiben.
5.6. Möglicher Einwand, das Finanzamt betrachte den Kläger nicht als forstwirtschaftlichen Unternehmer und er könne daher die steuerrechtlichen Privilegien eines forstwirtschaftlichen Unternehmers nicht nutzen
Der Unternehmerbegriff im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ist nicht identisch mit dem Unternehmerbegriff des Steuerrechts. Insofern ist eine steuerrechtliche Bewertung bezüglich der streitgegenständlichen Flächen und der unfallversicherungsrechtlichen Unternehmereigenschaft des Klägers ohne jede Bedeutung.
5.7. Möglicher Einwand, es bestehe kein Bedarf für einen Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung, da schon anderweitig ein Versicherungsschutz bestehe
Ohne Bedeutung wäre es, wenn sich der Kläger privat gegen das Unfallrisiko abgesichert hätte. Die gesetzliche Unfallversicherung stellt keine Option oder Wahlmöglichkeit bei der Absicherung dar, sondern baut auf einer Pflichtmitgliedschaft kraft Gesetzes auf, der man sich nicht durch privatrechtliche Gestaltungen entziehen kann. Denn anderenfalls würde der gesetzlichen Sozialversicherung, hier der Unfallversicherung, die Grundlage entzogen.
5.8. Möglicher Einwand, der Beitrag sei seiner Höhe nach nicht angemessen
Der Beitrag im vorliegenden Fall, der sich zu seinem ganz überwiegenden Teil aus dem Grundbeitrag zusammensetzt, ist der Höhe nach nicht zu beanstanden. Eine Grundbeitrag in Höhe von 65,- EUR pro Jahr liegt im Rahmen dessen, was von der Rechtsprechung als angemessen anerkannt ist.
6. Ergebnis
Die Entscheidung der Beklagten, den Kläger als forstwirtschaftlichen Unternehmer zu versichern und für die streitgegenständlichen Grundstücke einen Beitrag von rund 70,- EUR für das Beitragsjahr 2006 zu erheben, ist nicht zu beanstanden.
Die Klage ist daher als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 183, 193 SGG und nicht aus § 197 a SGG, da der Kläger zu den in § 183 SGG benannten Personen gehört.
Dies entspricht der ständigen und aktuellen Rechtsprechung des BayLSG, die auf die ausführlichen Erläuterungen im Beschluss des Präsidentensenats vom 29.06.2005, Az.: L 1/3 U 291/04, verweist (vgl. Beschlüsse aller für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung zuständigen Senate z.B. vom 11.10.2006, Az.: L 2 U 152/04, vom 16.05.2006, Az.: L 3 U 261/04, und vom 04.10.2006, Az.: L 17 B 603/05 U ER).
Ansatzpunkte, von dieser ständigen bayerischen Rechtsprechung abzuweichen, sieht das Gericht auch in Ansehung des Beschlusses des LSG Baden-Württemberg vom 15.03.2007, Az.: L 10 U 900/07 ER, L 10 U 900/07, nicht. Die dort vorgenommene Interpretation des Beschlusses des BSG vom 23.11.2006, Az.: B 2 U 258/06 B, kann das Gericht nicht teilen. So ist für das Gericht nicht erkennbar, dass sich das BSG in der vorgenannten Entscheidung weitergehende Gedanken zur Frage, ob bei Beitragsstreitigkeiten von Land- und Forstwirten ein Anwendungsfall des § 197 a SGG gegeben ist, gemacht hat. Vielmehr liegt für das Gericht der Schluss nahe, dass das BSG zur Frage der Anwendbarkeit des § 197 a SGG keine grundlegende Entscheidung hat treffen wollen und sich bei dieser Frage lediglich unreflektiert der Ansicht des vorentscheidenden Gerichts angeschlossen hat. Hätte das BSG eine grundlegende Entscheidung zu § 197 a SGG treffen wollen, hätte es sich mit Sicherheit mit der unterschiedlichen Rechtsprechung auf Ebene der Landessozialgerichte auseinandergesetzt. Dass dazu im Beschluss des BSG vom 23.11.2006 keinerlei Ausführungen enthalten sind, belegt, dass die Frage, ob § 197 a SGG bei derartigen Streitigkeiten zur Anwendung kommt, keiner genaueren Prüfung unterzogen worden ist.
Erstellt am: 10.12.2009
Zuletzt verändert am: 10.12.2009