I. Die Klage gegen den Bescheid vom 2. Mai 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2006 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Kostenerstattung für die Anschaffung einer unfallbedingt erforderlichen Sehhilfe (Brille) streitig.
Der am 1956 geborene Kläger ist heute Pförtner und Inhaber einer kleinen Nebenerwerbslandwirtschaft.
Im Jahre 1985 war er als landwirtschaftlicher Arbeiter beschäftigt. Bei Mäharbeiten mit einer Motorsense am 17.07.1985 wurde ihm ein Stein ins linke Auge geschleudert. Die dadurch verursachte Augapfelprellung führte zu einer traumatischen Linseneintrübung.
Wegen des unfallbedingten linksseitigen grauen Stars wurde im Jahre 2001 die getrübte Hinterkammerlinse entfernt und durch eine künstliche Linse ersetzt.
Seit dem 28.02.1998 erhält der Kläger wegen Folgen des Arbeitsunfalls vom 17.07.1985 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 10 v.H … Grundlage dieser Rentengewährung war ein erstes Rentengutachten des Augenarztes Dr. L. vom 13.09.2001, in dem als Unfallfolgen folgende Gesundheitsstörungen festgestellt worden waren: Zustand nach operativer Entfernung einer traumatischen Linseneintrübung mit Implantation einer Hinterkammerkunstlinse, Aufhebung der Akkommodationsbreite (Aufhebung der Fähigkeit des Auges, das Scharfstellen während der Anpassung an verschiedene Blickdistanzen herzustellen), vermindertes räumliches Sehen, Abriss der Regenbogenhaut, periphere Hornhautnarben und eine leichte Stabsichtigkeit.
Im Jahre 2001 schaffte der Kläger bei der Fa. F. eine Brille an, bezüglich derer die Beklagte einen Teil der Kosten übernahm.
Am 15.11.2005 teilte der Kläger der Beklagten telefonisch mit, dass er für seine jetzige Tätigkeit als Pförtner wegen der Unfallfolgen eine Gleitsichtbrille benötige, die er sich vom Augenarzt verordnen lassen wolle. Es wurde vereinbart, dass bei der anstehenden Verordnung geprüft werde, ob die Brillenverordnung aufgrund Unfallfolgen erforderlich sei und welche Kosten die Beklagte übernehmen könne.
Eine Begutachtung (augenärztliches Gutachten vom 25.01.2006 durch Dr. B.) erbrachte keine wesentlichen Änderungen zum bereits bestehenden unfallbedingten Gesundheitszustand. Der Gutachter wies darauf hin, dass er dem Kläger geraten habe, wegen der hohen Blendempfindlichkeit eine getönte Brille zu tragen. Ergänzend dazu führte der Gutachter telefonisch am 08.02.2006 aus, dass für das verletzte Auge auf alle Fälle eine bifokale Brille erforderlich sei, da das verletzte Auge des Klägers wegen der Kunstlinse nicht mehr gut akkommodieren könne. Die Entscheidung, ob eine Gleitsichtbrille unbedingt erforderlich sei, überlasse er der Beklagten. Wenn der Kläger älter werde, werde er altersbedingt auch mit dem unverletzten Auge entsprechende Probleme bekommen. Der Kläger brauche die Brille auf alle Fälle in doppelter Ausstattung, nämlich klar und getönt, da er sehr blendempfindlich sei.
Im Frühjahr 2006 erfolgte eine Nachstaroperation.
Am 23.03.2006 informierte der Kläger die Beklagte telefonisch darüber, dass die bislang vorgeschlagene Brillenversorgung mit gleichbleibender Tönung nicht passend sei, da er eine wechselnde Tönung benötige. Am 27.03.2006 setzte der Kläger die Beklagte über eine offenbar zwischenzeitlich erforderlich gewordene Änderung der Korrekturstärke am verletzten Auge in Kenntnis. Er benötige eine Gleitsichtbrille. Es wurde vereinbart, dass nach Berichterstattung durch den Augenarzt umgehend die Überprüfung der jetzt vorgeschlagenen Brillenversorgung erfolge; es werde dann umgehend ein Rückruf erfolgen. Am 28.03.2006 bat ein Mitarbeiter der Beklagten die Augenärzte des Klägers telefonisch nochmals um Berichterstattung zur Brillenversorgung.
In einem Telefonat am 03.04.2006 informierte der Kläger die Beklagte über den Umfang der Verordnung. Er habe von einem Optiker in Günzburg ein Angebot. Es wurde vereinbart, dass das Angebot von der Beklagten dort angefordert werde und dann umgehend eine Kostenübernahme geprüft werde. Noch am selben Tag forderte die Beklagte beim Optiker das Kostenangebot an.
Am 06.04.2006 teilte der Kläger mit, dass er in der nächsten Woche die jetzt beantragte Brillenversorgung machen lasse. Von Seiten der Beklagte wurde zugesagt, umgehend nach Eingang des angeforderten Berichts über die Übernahme der beantragten Kosten zu entscheiden. Gegenüber dem Kläger wurde darauf hingewiesen, dass eine Begründung für die über die geltenden Festbeträge hinausgehenden Positionen notwendig sei.
Mit Schreiben vom 04.04.2006, bei der Beklagten eingegangen am 07.04.2006, berichteten die Augenärzte des Klägers über die von ihnen vorgeschlagene Versorgung mit einer Gleitsichtbrille. Die Verordnung einer Gleitsichtbrille sei sinnvoll ebenso wie die Verordnung von Tönung und Entspiegelung. Der Kläger würde aufgrund seines Lebensalters erfahrungsgemäß noch nicht zwingend eine Bifokal- oder Gleitsichtbrille benötigen. Aufgrund des Operationsstatus am linken Auges, d.h. aufgrund der grauen Star-Operation, die mit einem vollständigen Verlust der Akkommodationsfähigkeit des linken Auges einhergehe, sei jedoch eine Nahkorrektur von +2,5 Dioptrien und zwar beidseits erforderlich, da es sonst zu massiven Unverträglichkeiten zwischen beiden Augen käme. Entspiegelung und Tönung seien nach Kataraktoperationen mit Kunstlinsenimplantation ebenfalls erforderlich, da es in aller Regel zu einer verstärkten Blendempfindung komme und beim Kläger zudem eine traumatische, also unfallbedingte, Pupillenerweiterung vorliege. Die Verordnung einer zweiten Brille mit anderen technischen Daten halte er nicht für notwendig.
Aufgrund der Verordnung des Augenarztes Dr. L. vom 22.03.2006 schaffte sich der Kläger im April 2006, ohne dass zuvor das von der Beklagten beim Optiker angeforderte Kostenangebot bei der Beklagten eingegangen und von der Beklagten geprüft worden war, eine Brille an und legte die Rechnung vom 13.04.2006 mit Schreiben vom 18.04.2006 der Beklagten zur Erstattung vor. Die Brillenrechnung vom 13.04.2006 enthält folgende Rechnungspositionen: – Brillenfassung: 81,48 EUR – 2 Gleitsichtgläser-Kunststoff, höherbrechend, asphärisch, Super ET Hartschicht, selbsteintönend, von 8 % bis 80 %, je nach Lichtverhältnissen variabel: je 494,02 EUR – Insgesamt: 1.069,52 EUR
Mit Bescheid vom 02.05.2006 nahm die Beklagte eine Erstattung (entsprechend den Krankenkassenpositionen) wie folgt vor, wobei sie sich dabei auf die für die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Richtlinien stützte: – Brillenfassung: 81,48 EUR (entspricht vollständiger Erstattung) – 46,04 EUR pro Brillenglas – 5,03 EUR je Tönung – Insgesamt: 183,62 EUR
Mit Schreiben vom 09.05.2006 baten die Bevollmächtigten des Klägers um über Übersendung der genannten Richtlinien und erhoben vorsorglich Widerspruch gegen den Bescheid vom 02.05.2006.
Mit Schreiben vom 31.05.2005 sagte die Beklagte eine Überprüfung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens zu, ob über die Festbetragsregelung hinaus eine Kostenerstattung möglich sei.
Im Rahmen der weiteren Ermittlungen erkundigte sich die Beklagte bei dem Optiker, der die Brille des Klägers angefertigt hatte, zu Alternativpreisen. Daraus (Telefax vom 06.06.2006) ergab sich Folgendes: 1. Alternative: – Preis für Grundglas Kunststoff Gleitsicht: 372,90 EUR – Mehrpreis für selbsteintönendes Glas: 36,10 EUR – Mehrpreis für Superentspiegelung und Hartschicht: 100,30 EUR 2. Alternative: – Preis für Grundglas mineralisch Gleitsicht: 259,30 EUR – Mehrpreis für selbsteintönendes Glas: 49,40 EUR – Mehrpreis für Superentspiegelung: 34,00 EUR
Im Auftrag der Beklagten erstellte der Augenarzt Dr. S. am 14.07.2006 ein Gutachten. Er führte darin Folgendes aus:
Die Verordnung einer Brille und deren Kostenübernahme durch die Beklagte werde nicht bestritten, ebenso die Verordnung von Kunststoffgläsern zwecks Verhinderung von Verletzungsfolgen durch Schnittwunden. Auch Gleitsichtgläser seien indiziert bei Ausübung des Pförtnerberufs mit stetig wechselnden Entfernungen. Getönte Gläser seien nach einer Operation des grauen Stars wegen der gesteigerten Blendempfindlichkeit ebenso erforderlich.
Nur die Verordnung von sich variabel eintönenden und "superentspiegelten" Gläsern stelle eine gewisse "Luxus-Verordnung" dar, die man auch als "Wunsch-Verordnung" bezeichne und die nicht unbedingt von der Beklagten übernommen werden müsse.
Da die derzeit verordnete Gleitsichtbrille nur eine Tönung von ca. 25 % habe, wäre es angebracht, dass der Kläger noch eine stärker getönte Brille für den Weg zur Arbeit verordnet bekäme, diesmal aber nur als Fernbrille zum Autofahren mit Kunststoffgläsern und keine Gleitsichtbrille.
Auf Anfrage der Beklagten teilte der Landesinnungsverband Bayern für Augenoptiker per E-Mail am 10.10.2006 mit, dass die beim Kläger vorgenommene Versorgung mit Gleitsichtgläsern fachlich und sachlich angemessen sei; auch die veranschlagten Kosten seien angemessen.
Zur weiteren und exakten Ermittlung der erforderlichen Kosten fragte die Beklagte mit Schreiben vom 02.11.2006 bei der Firma F. in Hamburg an. Es wurden telefonisch folgende Kosten mitgeteilt: – Gleitsichtglas aus Kunststoff mit Vollentspiegelung und Tönung: 136,00 EUR – Gleitsichtglas aus Kunststoff mit Tönung ohne Vollent- spiegelung: 110,50 EUR – Gleitsichtglas aus Glas mit Vollentspiegelung und Tönung: 109,50 EUR – Gleitsichtglas aus Glas mit Tönung ohne Vollentspiegelung: 94,50 EUR Die Versorgung mit Gleitsichtgläsern unterscheide sich weiter hinsichtlich der Art der Gläser (unterschiedliche Breite des Kanals von eng bis breit), des Grads der Entspiegelung (einfach, doppelt, voll), der Tönung (fest, selbsteintönend von hell bis zu einer Tönung wie bei einer Sonnenbrille) sowie der besonderen Brechkraft der Gläser. Diese sei bei der geringen Sehminderung des Klägers nicht notwendig und habe auch keinen Einfluss auf den Sehkomfort. Eine gesonderte Versorgung mit Gläsern mit einem ganz breiten Sehkanal würde nach einer Augenmessung durch die Firma Zeiss angefertigt werden und 377,50 EUR kosten. Wegen der unterschiedlichen Additionswerte an beiden Augen sei hier eine Versorgung mit Gleitsichtgläsern mit einem breiteren Sehkanal wahrscheinlich eher zu befürworten. Bei dem gegebenen Sachverhalt würde eine Versorgung mit Gleitsichtgläsern aus Kunststoff (getönten und vollentspiegelten Kunststoffgläsern mit einem breiteren Sehkanal) 259,00 EUR kosten (mit höherer Brechkraft 285,00 EUR).
Mit Widerspruchsbescheid/Teilabhilfebescheid vom 07.12.2006 änderte die Beklagte die Erstattung dahingehend ab, dass für die angeschaffte Gleitsichtbrille ein Betrag von 353,48 EUR erstattet wurde. Im Übrigen wurde der Widerspruch als unbegründet abgewiesen.
Dies wurde wie folgt begründet:
Im Rahmen der Ermessensausübung sei zu berücksichtigen, dass insbesondere unter Berücksichtigung der Arbeitsplatzsituation sowie der bestehenden erhöhten Blendempfindlichkeit grundsätzlich die Versorgung mit einer Gleitsichtbrille mit getönten Kunststoffgläsern zu befürworten sei. Die Ausstattung mit variabel eintönenden und superentspiegelten Gläsern stelle jedoch eine gewisse Luxusausstattung dar, bezüglich der die Kostenübernahme medizinisch nicht zu begründen sei.
In den im angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegten, von den Spitzenverbänden der Krankenkassen beschlossenen Festbetragstabellen seien die gemäß ärztlicher Empfehlung erforderlichen Gleitsichtgläser nicht aufgeführt, so dass die Begrenzung des Erstattungsbetrages auf 51,07 EUR je Glas nicht aufrecht erhalten werde.
Die vor der Einführung der bundeseinheitlichen Festbetragsliste zum 01.01.2005 auf Landesebene geltenden Festbeträge hätten für Gleitsichtgläser in der vom Kläger benötigten Stärke einen Betrag von 130,00 EUR je Glas vorgesehen; dazu komme der Festbetrag für die Tötung von 5,03 EUR je Glas.
Eine Anfrage bei einem namhaften, bundesweit agierenden Anbieter habe ergeben, dass ein Gleitsichtglas aus Kunststoff mit Vollentspiegelung und Tönung zum Preis von 136,00 EUR geliefert werden könne.
Es ergebe sich damit bei Berücksichtigung aller Umstände insgesamt ein Erstattungsbetrag von 353,48 EUR (81,48 EUR für die Fassung und 136,00 EUR pro Glas).
Mit Schreiben vom 21.12.2006 erhoben die Bevollmächtigten des Klägers Klage.
Mit Schreiben vom 18.01.2007 wurde die Klage wie folgt begründet:
Zwischen den Beteiligten sei unstrittig, dass die Beklagte grundsätzlich eintrittspflichtig bezüglich der Kostenübernahme einer Gleitsichtbrille sei, da insbesondere unter Berücksichtigung der Arbeitsplatzsituation des Klägers und der bestehenden erhöhten Blendempfindlichkeit grundsätzlich die Versorgung mit einer Gleitsichtbrille mit getönten Kunststoffgläsern zu befürworten sei. Die Beklagte liege aber falsch, wenn sie alles weitere als eine "gewisse Luxusausstattung", die medizinisch nicht zu begründen sei, bezeichne. Beim Kläger sei nämlich durch die Augenverletzung u.a. eine Schädigung der Pupillomotorik eingetreten, was zu einer erheblich gesteigerten Blendempfindlichkeit und Beeinträchtigung des Sehvermögens bei Gegenlicht und Blendung führe. Wegen dieser besonderen Empfindlichkeit sei eine Schmerztherapie eingeleitet worden und es werde vom behandelnden Augenarzt eine Superentspiegelung für medizinisch absolut gerechtfertigt und indiziert gehalten (Bescheinigung des Augenarztes Dr. L. vom 20.12.2006). Auch der Augenarzt Dr. B., der die Begutachtung für die Beklagte durchgeführt habe, sei zwischenzeitlich der Auffassung, dass die streitgegenständliche Versorgung mit variabel eintönenden und superentspiegelten Gläsern medizinisch notwendig sei (Bescheinigung vom 12.01.2007). Dem Kläger sei schon früher nahe gelegt worden, dass er bei guter Verträglichkeit der Brille auch noch eine Lichtschutzbrille verordnet bekäme, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht sicher vorauszusehen gewesen sei, ob der Kläger die verordnete Bifokal- bzw. Gleitsichtbrille vertragen würde. Dies habe sich zwischenzeitlich geändert. Insgesamt sei daher festzustellen, dass es sich bei der streitgegenständlichen Brille keinesfalls um eine Luxusausgabe handele.
Mit Schreiben vom 27.02.2007 legten die Bevollmächtigten des Klägers einen Arztbrief der Universitäts-Augenklinik U. vom 17.01.2007 an die Beklagte vor, wonach die Versorgung des Klägers mit superentspiegelten Gläsern gerechtfertigt sei.
Mit Schreiben vom 08.03.2007 äußerte sich die Beklagte dahingehend, dass dem im Widerspruchsverfahren tätig gewordenen medizinischen Sachverständigen Dr. S. die Untersuchungen und Verordnungen der behandelten Ärzte vorgelegen hätten. Er sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger aufgrund der Unfallverletzung unter Berücksichtigung der beruflichen Belange zwar auf eine Gleitsichtbrille mit entsprechender Tönung aufgrund der erhöhten Blendempfindlichkeit angewiesen sei, gleichwohl aus medizinischen Gründen die Verordnung von "superentspiegelten" bzw. variabel eintönenden Gläsern nicht unbedingt erforderlich sei, sondern eine "Wunsch- bzw. Luxusverordnung" darstelle. Zu berücksichtigen sei auch, dass dem Kläger nicht etwa unentspiegelte Gläser, sondern vollentspiegelte Gläser bewilligt worden seien. Dass die behandelnden Augenärzte Dr. L. und Dr. B. in den vorgelegten Attesten bei ihrer bisherigen Auffassung bleiben würden, überrasche nicht. Es sei nicht nachvollziehbar, inwiefern die in der Klagebegründung angeführte Schmerzhaftigkeit durch das Tragen einer Brille mit superentspiegelten Gläsern gelindert bzw. beeinflusst werden könnte. Im Rahmen der Widerspruchsbegründung sei unter ausdrücklicher Ermessensdarlegung über die ab dem 01.01.2005 auf Bundesebene geltende Festbetragsregelung hinaus, die weder Kostenansätze für Gleitsichtgläser noch Entspiegelung enthalte, die Kosten einer Brille unter Zugrundelegung von getönten Kunststoffgläsern mit Vollentspiegelung übernommen worden. Es sei davon auszugehen, dass mit dem zuerkannten Erstattungsbetrag von 353,48 EUR eine den medizinischen und individuellen Erfordernissen des Klägers angepasste Brille zur Verfügung gestellt werden könne. Eine darüber hinaus gehende Kostentragung sei nicht gerechtfertigt.
Einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag (Schreiben vom 22.03.2007) auf hälftige Erstattung des mit der Klage geltend gemachten Betrags konnten sich die Beteiligten nicht zu eigen machen.
Im Auftrag des Gerichts erstellte der Augenarzt Dr. L. am 19.07.2007 ein Gutachten. Er führte darin Folgendes aus:
Durch den Unfall vom 17.07.1985 sei beim Kläger eine Linsentrübung (grauer Star) links entstanden, wobei die getrübte Hinterkammerlinse entfernt und durch eine künstliche Linse ersetzt worden sei. Die Iris sei mittelweit und zeige nur noch eine minimale Lichtreaktion.
Die vom Kläger angeschaffte Brille (mit einem Gesamtpreis von 1.069,52 EUR) sei sicherlich eine optimale Versorgung mit den besten Hilfsmitteln, die es derzeit auf dem Markt gebe. Allerdings seien bestimmte Teile dieser Versorgung medizinisch nicht begründbar.
In jedem Fall erforderlich sei die Abgabe einer Gleitsichtbrille und eine Tönung; medizinisch vertretbar sei auch eine hochwirksame Reflexminderung (sog. Superentspiegelung), da eine erhöhte Blendempfindlichkeit vorliege.
Medizinisch nicht begründbar sei die Verwendung von Kunststoffgläsern, die Verwendung von hochbrechendem Kunststoffmaterial und die Verwendung von asphärischen Gläsern. Auch die Verwendung von phototropen Gläsern, die sich allzeit der Helligkeit anpassen würden, sei nicht medizinisch erforderlich.
Als ausreichende medizinische Versorgung sei eine Brille anzusehen, die in Form einer Gleitsichtbrille (aus normalem Glas möglich) mit einer Grundtönung von 10 bis 20 % und einer hochwirksamen Reflexminderung ausgestattet sei. Zusätzlich sollte der Kläger mit einer richtiggehenden Lichtschutzbrille mit einer Absorption von 70 bis 80 % ausgestattet werden in Form einer Fernbrille für die Teilnahme am Straßenverkehr oder beim Aufenthalt im Freien bei hellem Sonnenlicht.
Mit Schreiben vom 30.07.2007 übersandte das Gericht den Beteiligten das eingeholte Gutachten. Es wurde im Einzelnen dargelegt, welche Ausstattungsmerkmale einer Brille medizinisch erforderlich bzw. nicht begründbar seien.
Mit Schreiben vom 14.08.2007 wies die Beklagte darauf hin, dass eine Brille mit der vom Gutachter für erforderlich gehaltenen Qualität und Ausstattung zu folgenden Konditionen beschafft werden könne: – Gleitsichtglas mit Tönung (Normalglas): 94,50 EUR – Superentspiegelung für Mineralglas: 34,00 EUR – dto. für zweites Glas: 128,50 EUR – Brillenfassung: 81,48 EUR – Kostenerstattung insgesamt damit: 338,48 EUR Bereits erstattet worden seien 353,48 EUR, so dass keine Veranlassung bestünde, darüber hinaus weitere Kosten zu übernehmen.
Die Bevollmächtigten des Klägers äußerten sich mit Schreiben vom 21.08.2007 und 30.08.2007 dahingehend, dass die Beklagte die Vorgabe des gerichtlichen Gutachters vollständig verkenne: – Die Beklagte fange wieder zum "Sparen" an, indem sie plötzlich nur noch Mineralglas bezahlen möchte, obwohl bereits darauf hingewiesen worden sei, dass Kunststoffgläser mit zusätzlicher Hartbeschichtung wirtschaftlich und angemessen seien, allein schon wegen der erhöhten Haltbarkeit. – Der Optiker des Klägers habe darauf hingewiesen, dass die Verwendung von asphärischen Gläsern bei einer Superentspiegelung, die grundsätzlich befürwortet werde, technisch erforderlich sei (Anmerkung des Gerichts: Dieser Einwand wurde später als unzutreffend zurückgenommen). – Der Gutachter habe darauf hingewiesen, dass dem Kläger bei einer reduzierten Erstbrille auch noch zusätzlich eine Fernbrille für die Teilnahme am Straßenverkehr zu erstatten sei. Dabei würden weitere Kosten in Höhe von 395,80 EUR entstehen, wie einem beigelegten Kostenvoranschlag vom 30.07.2007 zu entnehmen sei. Bei Berücksichtigung all dieser Punkte werde sich zeigen, dass der mit der Klage verfolgte Betrag von insgesamt 1.069,52 EUR erforderlich sei, um dem Kläger die notwendige medizinische Versorgung zukommen zu lassen.
Auf telefonische Nachfrage des Vorsitzenden vom 11.01.2008 teilte der Optiker, der die Brille des Klägers angefertigt hatte, mit, dass die Kosten pro Brillenglas (Gleitsichtbrille in Normalausführung, d.h. qualitativ mittlere Ausführung der Gleitsichtbrille, die in jedem Fall mit einem asphärischem Schliff verbunden sei, aus Mineralglas mit fester Tönung und Superentspiegelung 296,00 EUR betragen würden.
In der mündlichen Verhandlung vom 14.01.2008 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers,
den Bescheid vom 02.05.2006 in Gestalt des Widerspruchsbe scheides vom 07.12.2006 dahingehend abzuändern, dass die Be klagte verpflichtet werde, dem Kläger für die von ihm ange schaffte Sehhilfe den Betrag in Höhe von 1.069,52 EUR voll zu erstatten.
Der Vertreter der Beklagten beantragte,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Akten des Gerichts und der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf weitergehende Kostenerstattung für die Anschaffung einer Brille durch die Beklagte.
Grundsätzlich gilt Folgendes:
Heilbehandlung ist gemäß § 27 in Verbindung mit § 26 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) durch den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung dann zu gewähren, wenn ein Gesundheitsschaden vorliegt, der hinreichend wahrscheinlich auf einen Versicherungsfall zurückzuführen ist.
In einem derartigen Fall ist der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung gehalten, mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig den durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern (§ 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII).
Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 4 SGB VII umfasst die Heilbehandlung auch die Versorgung mit Hilfsmitteln. Unter den Begriff der Hilfsmittel fallen auch Brillen als Sehhilfen (vgl. Streubel, in: LPK-SGB VII, § 31, RdNr. 6).
Sind für Hilfsmittel Festbeträge festgesetzt, sind diese in der gesetzlichen Unfallversicherung nur dann leistungsbegrenzend, wenn die zu diesen Festbeträgen gelieferten oder lieferbaren Hilfsmittel die Unfallfolgen optimal ausgleichen oder mildern, d.h. so gut das nach dem neuesten medizinischen und technischen Stand möglich ist (vgl. Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht – LSG -, Urteil vom 19.12.2001, Az.: L 8 U 80/01). Dies bedeutet, dass abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalles ein in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherter Verletzter einen weitergehenden Leistungsanspruch haben kann als ein in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherter Erkrankter.
Der Unfallversicherungsträger bestimmt gemäß § 26 Abs. 5 SGB VII im Einzelfall Art, Umfang und Durchführung der Leistungen nach pflichtgemäßem Ermessen. Im Rahmen der Ausübung seines Ermessens hat sich der Unfallversicherungsträger auch am Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu orientieren. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist untrennbar mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verbunden; es ist ein immanentes Prinzip des Verwaltungshandelns. Es ist Ausfluss aus dem Solidaritätsverhältnis, das es im Sinne der Gesamtheit der Versichertengemeinschaft gebietet, die zur Verfügung stehenden Mittel sinnvoll einzusetzen. Vom Gesetzgeber ausdrücklich angesprochen worden ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit in § 69 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Er gilt nicht nur für die Haushaltsaufstellung, sondern ist auch bei der Gewährung von Ermessensleistungen, wie z.B. Maßnahmen der Heilbehandlung oder der Rehabilitation zu beachten (vgl. Benz, in: Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 2, Unfallversicherungsrecht, § 43, RdNr. 57 f).
Das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gilt als Grundsatz jedes sozialversicherungsrechtlichen Verwaltungshandelns auch im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung, ohne dass es dazu in den Regelungen zu den unfallversicherungsrechtlichen Leistungen einer ausdrücklichen Erwähnung bedarf. Die gesetzliche Regelung in § 69 Abs. 2 SGB IV stellt dazu eine ausreichende Legitimation dar (vgl. z.B. Ricke, in: Kasseler Kommentar, § 26 SGB VII, RdNr. 3). Wenn das Schleswig-Holsteinische LSG dies in Abrede stellen will (vgl. Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 19.12.2001, Az.: L 8 U 80/01), so kann dem nicht gefolgt werden. Sowohl das Bundessozialgericht (BSG) (vgl. BSG, Urteil vom 05.10.1995, Az.: 2 RU 47/94) als auch das Schleswig-Holsteinische LSG in einer anderen Entscheidung (vgl. Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 25.05.2000, Az.: L 5 U 18/99) gehen zutreffend davon aus, dass das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auch im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung zur Anwendung kommt. Einer expliziten Er- wähnung wie in § 12 SGB V für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung bedarf es nicht. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass, anders als im Bereich der gesetzlichen Krankversicherung, nicht nur die ausreichenden (§ 12 Abs. 1 SGB V), sondern alle geeigneten Leistungen (§ 26 Abs. 2 SGB VII), also mehr, zu gewähren sind. Dies bedeutet aber nicht, dass im Rahmen der Gewährung einer optimalen Versorgung nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten wäre. Vielmehr ist im Rahmen der unfallversicherungsrechtlichen Heilbehandlung bei der Auswahl im Wesentlichen gleich geeigneter Mittel grundsätzlich das preisgünstigere zu wählen (vgl. Ricke, a.a.O., § 26 SGB VII, RdNr. 3, m.w.N.). Dies bedeutet, dass eine Leistung dann nicht mehr zu gewähren ist, wenn diese im Vergleich zu einer günstigeren Versorgung keinen im Verhältnis stehenden Mehrnutzen mit sich bringen würde.
Gemäß § 26 Abs. 4 Satz 2 SGB VII werden Leistungen der Heilbehandlung grundsätzlich als Dienst- und Sachleistungen zur Verfügung gestellt (sog. Sachleistungsprinzip). Grund für das Sachleistungsprinzip ist einerseits der Schutzgedanke, dass der Versicherte die erforderlichen Leistungen unmittelbar erhalten soll, ohne sich die Leistungen selbst beschaffen und dafür in Vorleistung treten zu müssen. Auf der anderen Seite wird durch das Sachleistungsprinzip für den Versicherungsträger die Möglichkeit geschaffen, ein gesamtheitliches System im jeweiligen Zweig der Sozialversicherung mit Einbindung der Leistungserbringer zu errichten, das auf der einen Seite eine effektive Leistungserbringung sicherstellt (vgl. auch die gesetzliche Regelung des § 34 Abs. 3 SGB VII, wonach die Verbände der Unfallversicherungsträger entsprechende Vereinbarungen mit der Kassenärztlichen und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung abzuschließen haben, um die Heilbehandlung sicherzustellen), auf der anderen Seite eine Wirksamkeits-, Qualitäts- und Kostenkontrolle im Sinne des Systems und aller Versicherten ermöglicht und schließlich durch die Steuerung der Leistungen durch den Träger der Sozialversicherung eine zielgerichtete, sinnvolle und effektive Leistungserbringung gewährleistet (vgl. Höfler, in: Kasseler Kommentar, § 13 SGB V, RdNr. 2, 5 f).
Das Sachleistungsprinzip bedeutet andererseits auch, dass ein Rechtsanspruch auf Selbstbeschaffung von Leistungen und ein Kostenerstattungsprinzip grundsätzlich nicht gegeben sind (vgl. Ricke, in: a.a.O., § 26 SGB VII, RdNr. 5).
Eine Kostenerstattung ist daher ausnahmsweise nur dann angezeigt und möglich, wenn durch die strikte Einhaltung des Sachleistungsprinzips eine Gefährdung des Versicherten entstehen könnte, und kommt nach den Hinweisen der maßgeblichen Literatur (vgl. Ricke, a.a.O., § 26 SGB VII, RdNr. 5 f) ausschließlich unter folgenden alternativen Voraussetzungen in Betracht:
1. Gesetzlich vorgesehene Abweichungen in SGB VII oder SGB IX 2. Unkenntnis des Versicherten vom Bestehen der Versicherung (vgl. BSG SozR § 182 Nr. 113 – zum Rechtsbereich der gesetz lichen Krankenversicherung) 3. Unaufschiebbarkeit der Heilbehandlung und Nichtbereitstel lung der Heilbehandlung durch den Unfallversicherungsträger – § 13 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. SGB V analog (vgl. Ricke, a.a.O., § 26 SGB VII, RdNr. 6 m.w.N.). 4. Unberechtigte Leistungsablehnung vor Beginn der Selbstbe schaffung – § 13 Abs. 3 Satz 1, 2. Alt. SGB V analog (vgl. Ricke, a.a.O., § 26 SGB VII, RdNr. 6 m.w.N.)
Dies entspricht im Wesentlichen auch der ständigen Rechtsprechung (vgl. beispielhaft BSG, Urteil vom 24.02.2000, Az.: B 2 U 12/99 R).
Begründet wird die analoge Anwendung des § 13 Abs. 3 SGB V wie folgt:
Bereits vor Inkrafttreten dieser unmittelbar nur für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden Vorschrift sei in diesem vom Sachleistungsprinzip geprägten Sozialversicherungszweig ausnahmsweise ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zuerkannt worden, wenn der Sozialversicherungsträger die Leistungen zu Unrecht verweigert habe oder aus anderen Gründen eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig habe erbringen können (vgl. BSG SozR 3-2200 § 557 Nr. 1 m.w.N.). Dies habe entsprechend für alle Sozialversicherungszweige gegolten, soweit in ihnen – wie auch in der gesetzlichen Unfallversicherung – Sozialleistungen als Sachleistungen zu erbringen seien (vgl. BSG, a.a.O.). Dementsprechend sei § 13 Abs. 3 SGB V analog für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung anzuwenden, da hier eine Regelungslücke hinsichtlich der Kostenerstattung bestehe, die die Vorschrift des § 13 Abs. 3 SGB V sachgerecht ausfüllen könne (vgl. BSG a.a.O.; Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, 12. Auflage, § 26 RdNr. 8).
Raum für weitere Ausnahmen vom Sachleistungsprinzip und damit eine Kostenerstattung sehen Rechtsprechung und Literatur nicht. Sie stützen sich dabei darauf, dass weitere Ausnahmen vom Sachleistungsprinzip, welche die Rechtsprechung des BSG zum vor Inkrafttreten des SGB V geltenden Recht zugelassen habe (vgl. BSG SozR 3-2200 § 557 Nr. 1), der insoweit eindeutige Wortlaut des § 13 Abs. 3 SGB V nicht gestatte (vgl. BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 15).
Dieser apodiktischen Ablehnung weiterer Ausnahmen kann sich das erkennende Gericht nicht anschließen. Als weitere Alternative muss über die Ausführungen in der oben aufgezeigten Rechtsprechung und Literatur hinaus auch folgende Konstellation für eine Kostenerstattung in Betracht kommen:
5. Kostenerstattung nach vorhergehender Zusage der Kostener stattung durch den Versicherungsträger, also mit dessen Ein verständnis
Die Legitimation dieser weiteren Ausnahme vom Sachleistungsprinzip ergibt sich aus folgenden zwei Überlegungen heraus:
– Zwar sollen die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen die Beziehungen zwischen ihnen und den an der Durchführung der Heilbehandlung beteiligten Stellen durch Verträge regeln (§ 34 Abs. 3 SGB VII). Derartige vertragliche Beziehungen sind jedoch in der Praxis nicht für alle Arten von Leistungserbringern und zu jeder Zeit möglich (vgl. zum damals vertragslosen Zustand zwischen den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung und der Zahnärzteschaft: BSG, Urteil vom 05.10.1995, Az.: 2 RU 47/94), so dass in derartigen Situationen der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung schwerlich zur Erbringung der Sachleistung in der Lage und daher der versicherte Verletzte in der gesetzlichen Unfallversicherung darauf angewiesen ist, sich die versicherungsfallbedingt erforderlichen Leistungen selbst zu verschaffen. In diesen Fällen ist es sinnvoll und angezeigt, dass der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung gegebenenfalls schon vor Eintritt der Unaufschiebbarkeit der Leistung eine Kostenerstattung zusagt.
– Zum anderen sind Fallkonstellationen denkbar, in denen der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung die Durchführung der Heilbehandlung und damit auch die Auswahl der Leistungserbringer dem Versicherten selbst überlässt (vgl. BSG, Urteil vom 24.01.1992, Az.: 2 BU 173/91; andeutungsweise auch Ricke, a.a.O., § 34 SGB VII, RdNr.3). Dabei können die Gründe für die Überlassung der Durchführung der Heilbehandlung an den Versicherten selbst mannigfaltig sein. So ist es denkbar, dass der Versicherte eine Behandlung durch einen Familienangehörigen, der nicht in das System der Leistungserbringung der gesetzlichen Unfallversicherung eingebunden ist, aus persönlichen Gründen wünscht, was ihm bei entsprechender fachlicher Befähigung nicht verweigert werden sollte, zumal möglicherweise in einem derartigen Fall aufgrund der zivilrechtlichen und standesrechtlichen Vorgaben für die Honorierung die Heilbehandlung für den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung kostengünstiger kommt als bei der Erbringung durch dritte, in das System der Leistungserbringung der gesetzlichen Unfallversicherung eingebundene Heilbehandler (zumindest zu früheren Zeiten galt der Grundsatz, dass eine Heilbehandlung jedenfalls unter nahen Angehörigen, in früheren Zeiten sogar unter Angehörigen des Arztstandes, sofern sie nicht ein erhebliches Ausmaß annahm, ohne Liquidation erbracht wurde, was auch heute noch in geringerem Umfang der Fall ist).
Irgendeinen Grund, diese im Jahre 1992 erfolgte Rechtsprechung nicht auch nach der Einführung der gesetzlichen Regelung in § 13 Abs. 3 SGB V fortzusetzen, sieht das Gericht nicht. Denn sowohl im Jahre 1992 als auch nach der Einführung des § 13 Abs. 3 SGB V war und ist das Sachleistungsprinzip der beherrschende Grundsatz im Recht der Leistungserbringung der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Unfallversicherung. Darüber hinaus gilt es, die zwei Zielrichtungen der Regelung des § 13 Abs. 3 SGB V zu bedenken. Auf der einen Seite will diese Vorschrift den Versicherten davor schützen, dass der Träger der Sozialversicherung eine ihm zustehende und erforderliche Maßnahme der Heilbehandlung nicht oder nicht rechtzeitig gewähren will oder kann. Auf der anderen Seite soll der Träger der Sozialversicherung vor der Inanspruchnahme durch finanzielle Forderungen eines Versicherten geschützt werden, die zu finanziellen Zusatzbelastungen führen würden, die durch das gesamtheitliche System der Sachleistungserbringung ausgeschlossen sein sollen. Mit diesen beiden Zielrichtungen steht es nicht im Widerspruch, wenn der Sozialversicherungsträger vor Inanspruchnahme einer Maßnahme der Heilbehandlung durch den Versicherten im Einzelfall nach entsprechenden Ermessenserwägungen diesem gestattet, sich die Leistung selbst zu beschaffen. Insofern ist davon auszugehen, dass auch nach der Einführung der gesetzlichen Regelung des § 13 Abs. 3 SGB V eine Kostenerstattung jedenfalls dann möglich sein muss, wenn sie der Träger der Sozialversicherung den Versicherten zugesagt hat.
– Einer Ablehnung einer Kostenerstattung, die zulasten des Versicherten gehen würde, steht auch der letztlich aus § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abzuleitende Grundsatz von Treu und Glauben entgegen, der in sämtlichen Rechtsbereichen Geltung hat. Denn ein Versicherter muss sich darauf verlassen können, dass eine zunächst zugesagte Kostenerstattung nach entsprechender Vorverauslagung der für die Selbstbeschaffung der Leistung erforderlichen Kosten dann auch ausgeführt wird, was sich im Übrigen auch aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ableiten lassen würde, wenn sich nicht sogar ein Anspruch auf Kostenerstattung aus einer zuvor ausgesprochenen Zusicherung gemäß § 34 SGB X (, die aber nicht schon bei einer abstrakten Zusage, dem Grunde nach eine Kostenerstattung durchzuführen, sondern erst bei einer konkreten Zusage der Übernahme bezifferter, noch anfallender Kosten, z.B. nach einem Kostenvoranschlag, vorliegen würde,) ergibt.
Im Rahmen der Ausübung des Ermessens bei der Gewährung von Maßnahmen der Heilbehandlung muss dem Versicherungsträger daher im Einzelfall die Möglichkeit eröffnet sein, im Rahmen seines Ermessens die Beschaffung der Heilbehandlung insofern an den Versicherten zu delegieren, als er diesem die Kostenerstattung für von ihm selbstbeschaffte und selbstorganisierte Maßnahmen der Heilbehandlung vorab zusagt und nach der Leistungserbringung gewährt.
Erstattungsfähig sind im Rahmen des § 13 Abs. 3 SGB V grundsätzlich die Kosten von Leistungen, die der Art nach dem Gesetz entsprechen und unter Beachtung der jeweiligen Voraussetzungen erbracht werden (z.B. ärztliche Verordnung bei Hilfsmitteln). Die Erstattung erfolgt in Höhe der tatsächlichen Kosten im Rahmen der Notwendigkeit und der allgemeinen Grenzen aufgrund der Gebührenordnungen und sonstiger Rechtsvorschriften. Denn nur dann bestehen auch durchsetzbare Vergütungsansprüche der Leistungserbringer, denen der Versicherte ausgesetzt ist, so dass seine Aufwendungen sich als notwendig erweisen und durch die Leistungsverweigerung oder nicht rechtzeitige Leistungserbringung veranlasst sind (vgl. Höfler, a.a.O., § 13 SGB V, RdNr. 41 f).
Sofern eine Kostenerstattung nach der oben unter Ziffer 5. genannten Ausnahme vom Sachleistungsprinzip erfolgt (Kostenerstattung nach vorhergehender Zusage der Kostenerstattung durch den Versicherungsträger) ist eine weitergehende Differenzierung erforderlich. Dies ergibt sich daraus, dass bei der Erbringung von Maßnahmen der Heilbehandlung im Rahmen des Sachleistungsprinzips dem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 26 Abs. 5 SGB VII ein Ermessensspielraum eröffnet ist, was nicht ohne Konsequenzen auch im Rahmen einer zuvor im Rahmen des Ermessens zugesagten Kostenerstattung bleiben kann, und auch bei der Kostenerstattung der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten ist. Es ist daher wie folgt zu differenzieren:
– 1. Alternative – der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung gibt eine Kostenübernahmezusage nach vorheriger Überprüfung der zu erbringenden Leistungen ab:
In derartigen Fällen kann der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung von seinem Auswahlermessen bezüglich der Leistungen umfassenden Gebrauch machen und dies dem Versicherten auch vor der Leistungserbringung mitteilen. In derartigen Fällen muss der Versicherungsträger eine Kostenerstattung für die Leistungen übernehmen, denen er vorher im Rahmen seiner Überprüfung zugestimmt hat. Zudem muss er auch die Kosten für die Maßnahmen übernehmen, auf die ein Rechtsanspruch des Versicherten, also eine Ermessensreduktion des Versicherungsträgers auf null, besteht, wenn er diesen Leistungen nicht ohnehin zugestimmt hat.
– 2. Alternative – der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung gibt eine generelle Kostenübernahmezusage ab, ohne die zu erbringenden Leistungen im Detail zu überprüfen und ihnen bereits vorab zuzustimmen:
In derartigen Fällen erfolgt eine Kostenübernahme in dem Umfang, wie sie zu den oben ausgeführten Ziffern 1. bis 4. der Ausnahmen vom Sachleistungsprinzip dargestellt worden ist. Dies ist damit zu begründen, dass die Ausgangslage in diesen Fällen im Wesentlichen identisch ist, da der Versicherte in beiden Fällen selbst in eigener Verantwortung die Leistungen in Anspruch nimmt.
– 3. Alternative – der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sichert eine Kostenerstattung statt Sachleistung zu, wobei er sich vorbehält, eine exakte Kostenübernahmezusage erst nach Überprüfung eines Kostenvoranschlags für die vom Versicherten selbst zu beschaffende Leistungserbringung durchzuführen, der Versicherte beschafft sich die Leistungen jedoch vor Durchführung der Überprüfung des Kostenvoranschlags durch den Versicherungsträger:
In derartigen Fällen ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Versicherungsträger, auch wenn die Leistungserbringung vor der eigentlich vorgesehenen Überprüfung des Kostenvoranschlags erfolgt, sich nachträglich nicht mehr darauf berufen kann, dass seine Leistung als Sachleistung zu erbringen wäre. Denn durch die Zusicherung einer Kostenerstattung, auch wenn für die konkrete Höhe der Kostenerstattung noch die Prüfung eines Kostenvoranschlags erforderlich wäre, ist ein Vertrauenstatbestand des Versicherten geschaffen, der ihn dazu berechtigt, auf dem Prinzip der Kostenerstattung zu bestehen.
Auf der anderen Seite ist zu bedenken, dass der Versicherungsträger dadurch, dass er dem Versicherten mitgeteilt hat, eine exakte Kostenübernahmezusage erst nach Überprüfung eines Kostenvoranschlages zu erteilen, sich das Recht vorbehalten hat, im Rahmen seines Ermessens auf die Ausgestaltung der Leistungserbringung einzuwirken. Wenn ihm dieses Recht faktisch dadurch genommen wird, dass der Versicherte die Leistungserbringung ohne die vom Versicherungsträger vorgesehene Überprüfung des Kostenvoranschlages durchführt, führt dies jedenfalls dazu, dass sich der Versicherungsträger auch im Rahmen der Kostenerstattung darauf berufen kann, dass er bestimmte Leistungen im Rahmen seines Ermessens, wenn diese als Sachleistung erbracht worden wären, ablehnen hätte können.
Daraus kann insofern eine gewisse Schlechterstellung des Versicherten gegenüber der Konstellation bei der 1. (und auch der 2.) Alternative resultieren, als der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung bei dieser Alternative möglicherweise sich bereits vorweg auf Leistungen festlegt, auf die nicht in jedem Fall ein Anspruch des Versicherten im Rahmen der Sachleistung bestanden hätte, was dazu führt, dass der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung im Rahmen der Kostenerstattung an seine vorherige Zusage nach Überprüfung des Kostenvoranschlags gebunden ist. Im Falle der 3. Alternative hingegen kann der Versicherte im Rahmen der Kostenerstattung einen Ersatz der Kosten für nur die Leistungen beanspruchen, auf die ihm auch im Rahmen des Sachleistungsprinzips ein Rechtsanspruch zugestanden hätte, da diesbezüglich eine Ermessensreduktion des Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung auf null vorgelegen hätte. Diese etwaige Schlechterstellung ist damit zu begründen, dass ein Versicherter gegenüber dem Sozialversicherungsträger keine Vorteile dadurch erlangen darf, dass er eine vorherige Überprüfung eines Kostenvoranschlags, die im Rahmen der Ermessenserwägungen des Versicherungsträgers angezeigt ist, dadurch vereitelt, dass er die Leistung vorzeitig in Anspruch nimmt.
Hat es dagegen der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zu verantworten, das der Versicherte das Ergebnis der Überprüfung des Kostenvoranschlags nicht mehr abwarten konnte, weil die Inanspruchnahme der Leistung dringlich war, so hat die Kostenerstattung denselben Grundsätzen zu folgen, wie dies auch in den Fällen des § 13 Abs. 3 SGB V der Fall ist.
Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies Folgendes:
Nach keiner der oben unter den Ziffern 1. bis 4. aufgezählten Ausnahmen vom Sachleistungsprinzip kommt eine Kostenerstattung in Betracht.
1. Gesetzlich vorgesehene Abweichungen in SGB VII oder SGB IX:
Derartige Abweichungen bestehen für die Anschaffung einer Sehhilfe nicht.
2. Unkenntnis des Versicherten vom Bestehen der Versicherung:
Dem Kläger war sehr wohl bewusst, dass die Beklagte im Rahmen der von ihr zu gewährenden Heilbehandlung auch für die Anschaffung einer Sehhilfe zuständig war.
3. Unaufschiebbarkeit der Heilbehandlung und Nichtbereitstellung der Heilbehandlung durch den Unfallversicherungsträger – § 13 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. SGB V analog:
Von einer derartigen Dringlichkeit kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Dass der Kläger eine Brille benötigen würde, war bereits seit längerer Zeit absehbar. Auch hat die Beklagte keinerlei Anlass für die Entstehung einer Dringlichkeitslage gegeben, da sie in großem Maße um eine zügige Bearbeitung bemüht war; irgendwelche Verzögerungen hat es nicht gegeben.
4. Unberechtigte Leistungsablehnung vor Beginn der Selbstbeschaffung – § 13 Abs. 3 Satz 1, 2. Alt. SGB V analog:
Die Beklagte hat es nicht vor Beginn der Selbstbeschaffung der Brille durch den Kläger abgelehnt, eine derartige Leistung im Rahmen ihrer Heilbehandlung zu erbringen. Vielmehr hat sie mehrfach ihre Bereitschaft erklärt, umgehend zu prüfen, in welchem Umfang unfallbedingt eine Versorgung mit einer Sehhilfe erforderlich wäre.
Es war dem Kläger anlässlich seiner Telefonate mehrfach mitgeteilt worden, dass die Beklagte über die Gewährung der Heilbehandlung in Form einer Brille nach Eingang der entsprechenden Unterlagen entscheiden würde. Obwohl dies dem Kläger bekannt war, schaffte er sich die Brille an, ohne die Entscheidung der Beklagten abzuwarten. So legte der Kläger mit Schreiben vom 18.04.2006 die bereits am 13.04.2006 angeschaffte Brille samt Rechnung über 1.069,52 EUR vor.
Der Kläger kann aber verlangen, dass die Beklagte eine Kostenerstattung durchführt, weil sie ihm mehrfach (Telefonate vom 15.03., 23.03., 27.03. und 03.04.2006) zugesagt hat, bezüglich der unfallbedingt erforderlichen Brille eine Kostenerstattung durchzuführen und diese nicht als Sachleistung zu erbringen. Insofern liegt ein Fall vor, wie er oben als Ziffer 5. der Ausnahmen vom Sachleistungsprinzip (Kostenerstattung nach vorhergehender Zusage der Kostenerstattung durch den Versicherungsträger) beschrieben worden ist.
Im Rahmen der Höhe der zu erstattenden Kosten ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte dem Kläger ebenfalls mehrfach (Telefonate vom 15.03., 23.03., 27.03. und 03.04.2006) mitgeteilt hat, dass vor Zusage der Höhe der Kostenerstattung das Angebot des Optikers über die dem Kläger verordnete Brille zu überprüfen und erst dann eine exakte Aussage zur Kostenübernahme möglich sei. So wurde am 28.03.2006 zwischen Beklagter und Kläger vereinbart, dass nach der noch ausstehenden Berichterstattung durch den Augenarzt die Beklagte umgehend die Überprüfung der jetzt vorgeschlagenen Brillenversorgung durchführen und dann umgehend ein Rückruf erfolgen werde. Bereits am Tag danach mahnte die Beklagte nochmals bei der Augenarztpraxis des Klägers die Berichterstattung zur vorgeschlagenen Brillenversorgung an. Am 03.04.2006 fand erneut ein Telefonat zwischen Kläger und Beklagter statt, wobei der Kläger mitteilte, dass er ein neues Angebot für eine Brillenversorgung habe. Auch hier wurde erneut vereinbart, dass das Angebot vom Optiker angefordert werde und dann umgehend eine Kostenübernahme geprüft werde. Diese Überprüfung wartete der Kläger aber, ohne dass für die Anschaffung der Brille ein besonderer zeitlicher Druck bestanden hätte, nicht ab und schaffte sich am 13.04.2006 eine Brille zu einem Gesamtpreis von 1.069,52 EUR an.
Der Kläger kann daher, da er eine Überprüfung eines Kostenvoranschlags für die Brille durch die Beklagte nicht abgewartet hat, eine Kostenerstattung lediglich in dem Umfang verlangen, in dem Leistungen erbracht worden sind, bezüglich derer ihm ein Anspruch zugestanden hätte, also das Ermessen der Beklagten auf null reduziert gewesen wäre.
Eine Ermessensreduktion der Beklagten bezüglich der Brillenversorgung besteht bezüglich der Ausstattungsmerkmale, die erforderlich sind, um die Unfallfolgen optimal auszugleichen oder zu mildern, d.h. so gut das nach dem neuesten medizinischen und technischen Stand möglich ist (vgl. Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 19.12.2001, Az.: L 8 U 80/01). Ausstattungsmerkmale, bezüglich derer der weitergehende Nutzen nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zum Kostenaufwand steht, sind vom Träger der gesetzlichen Unfallversicherung nicht mehr zwingend im Rahmen der Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen des Sachleistungsprinzips zu erstatten und damit auch bei der Kostenerstattung nicht mehr zu berücksichtigen.
Welche Ausstattungsmerkmale einer Brillenversorgung für den Kläger erforderlich sind, um die Folgen des Unfalls vom 17.07.1985 optimal auszugleichen oder zu mildern, ergibt sich aus dem vom Gericht eingeholten augenärztlichen Gutachten des Prof. Dr. Dr. L. vom 19.07.2007.
Danach sind erforderlich neben einem Brillengestell – Gleitsichtgläser, – eine Tönung und – eine hochwirksame Reflexminderung (sog. Superentspiege lung).
Diese Ausstattungsmerkmale sind erforderlich, da beim Kläger eine Hinterkammerlinse implantiert ist, so dass die Akkomodationsfähigkeit des Auges aufgehoben ist, und die Pupillenmotorik gestört ist, so dass eine erhöhte Blendempfindlichkeit besteht.
Nicht erforderlich sind – die Verwendung von Kunststoffgläsern statt Mineralgläsern; – die Verwendung von hochbrechendem Kunststoffmaterial, das lediglich zur Verringerung der Glasstärke führt, was aber beim Kläger aufgrund der Stärke der Brille nicht erforder lich ist, um eine erhöhte Belastung der Nase oder eine nachteilige Optik durch besonders dicke Gläser zu vermei den; von Auswirkung auf die Sehfähigkeit ist die Verwendung von hochbrechendem Kunststoffmaterial nicht; – die Verwendung von asphärischen Gläsern, wobei der Gutach ter darunter die Verwendung von derart geschliffenen asphä rischen Gläsern versteht, die einen besonders großen Schärfebereich der Brille ermöglichen. Auch insofern han delt es sich bei der durchgeführten Versorgung um eine Ver sorgung, die einen lediglich geringen Komfortvorteil gegen über standardmäßigen Gleitsichtgläsern bringt; – selbsteintönende Gläser; ausreichend ist eine Brille mit einer Grundtönung von 10 bis 20 %, wobei der Kläger zusätz lich einen weitergehenden Sonnenschutz erhalten sollte (ob dafür eine richtiggehende Sonnenbrille als Lichtschutzbril le erforderlich ist oder ein Sonnenschutzclip als Zusatz für die medizinisch erforderliche Gleitsichtbrille ausrei chend ist, kann im vorliegenden Verfahren dahingestellt bleiben).
Für die Anschaffung eines Brillengestells mit Gleitsichtgläsern, Tönung und einer hochwirksame Reflexminderung (sog. Superentspiegelung) sind (zum Zeitpunkt der Anschaffung der Brille durch den Kläger) folgende Kosten zu veranschlagen: – Brillengestell: 81,48 EUR (entspricht den tatsächlich ange fallenen Kosten) – Gleitsichtgläser aus Mineralglas mit Tönung: je 94,50 EUR (Kosten laut Mitteilung der Firma F. vom 20.11.2006) – Superentspiegelung: je 34,00 EUR (Kosten entnommen der Ko stenaufstellung des Brillenstudios vom 06.06.2006) – Insgesamt: 338,48 EUR
Bei den Kosten sind die günstigsten bekannten Kosten zu Grunde zu legen, die bei der Inanspruchnahme eines Optikers entstanden wären, auf den die Beklagte den Kläger hätte verweisen können, wenn sie im Rahmen der Überprüfung des von ihr verlangten Kostenvoranschlags die dort veranschlagten Kosten für zu hoch gehalten hätte und eine kostengünstigere Anschaffung bei einem Optiker im Einzugsbereich des Klägers möglich gewesen wäre. Vorliegend ist davon auszugehen, dass die Kosten für eine Brillenversorgung, wie sie von der Firma F. telefonisch mitgeteilt worden sind, eine kostengünstige Versorgung darstellen würden, auf die die Beklagte den Kläger im Rahmen der Wirtschaftlichkeitserwägungen hätte verweisen können, zumal die nächste Niederlassung der Firma F. rund 10 km vom Wohnsitz des Klägers entfernt ist, diese Niederlassung sich im selben Ort befindet, in dem auch der Optiker gelegen ist, bei dem der Kläger die Brille gekauft hat, und der Kläger selbst bei der Firma F. bereits im Jahr 2001 einmal eine Brille angeschafft hat.
Im Rahmen der Ermessenserwägungen vor der Kostenerstattung bei der Prüfung des Kostenvoranschlags hätte die Beklagte daher dem Kläger mitteilen können, dass er im Rahmen der Wirtschaftlichkeit statt bei dem von ihm in Anspruch genommenen Brillenstudio in G. eine Filiale des Optikers F. in derselben Stadt aufsuchen hätte sollen, da dort die Brillenversorgung bei vergleichbarer Qualität kostengünstiger erfolgen würde.
Dass die Beklagte im Rahmen des Widerspruchsbescheids eine Teilabhilfe vorgenommen hat und bei dieser Teilabhilfe die Versorgung mit Kunststoffgläsern zu Grunde gelegt hat, führt nicht dazu, dass der Kläger im Rahmen seines weitergehenden Verlangens auf Kostenerstattung auch darauf beharren darf, dass der Kostenerstattung eine Versorgung mit Kunststoffgläsern zu Grunde gelegt wird. Denn wie oben bereits ausgeführt, kann im Rahmen der Kostenerstattung bei der vorliegenden Konstellation die Beklagte nur dazu verurteilt werden, die Kosten zu erstatten, die bei der Inanspruchnahme von Leistungen entstehen würden, auf die ein Rechtsanspruch des Klägers besteht. Insofern ist es ohne Bedeutung, dass die Beklagte dem Kläger im Rahmen der Teilabhilfe bereits mehr erstattet hat, als ihm tatsächlich zusteht.
Dem Kläger steht insgesamt ein Anspruch auf Kostenerstattung in Höhe von 338,48 EUR zu.
Da dem Kläger ein Anspruch auf Kostenerstattung in Höhe von 338,48 EUR zusteht, die Beklagte aber bereits eine Kostenerstattung in Höhe von 353,48 EUR und damit über den bestehenden Anspruch des Klägers hinaus durchgeführt hat, kann dem Kläger im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens keine weitere Kostenerstattung zugesprochen werden.
Die Klage ist daher als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 183, 193 SGG.
Erstellt am: 07.06.2010
Zuletzt verändert am: 07.06.2010