Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 18.12.2018 wird zurückgewiesen. Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens jeweils zur Hälfte. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beklagten, den Kläger durch Abschluss einer Kooperationsvereinbarung als Anbieter von Leistungen zur sozialen und kulturellen Teilhabe nach § 28 Abs. 7 SGB II zuzulassen.
Der Kläger ist die Jugendorganisation der M Partei Deutschlands (N). Er führt jährlich Sommercamps für Kinder auf einem Gelände in U/U1 durch. Die Beklagte schließt mit Anbietern von Leistungen zur sozialen und kulturellen Teilhabe iSd § 28 Abs. 7 SGB II Kooperationsvereinbarungen ab. Nach Abschluss einer Kooperationsvereinbarung erhält der Anbieter eine Anbieternummer und kann nach der Entgegennahme von Gutscheinen der Leistungsberechtigten mit der Beklagten abrechnen. Die Kooperationspartner werden auf den Gutscheinen, die den Leistungsberechtigten ausgehändigt werden, aufgeführt. Anbieter, mit denen die Beklagte keine Vereinbarung geschlossen hat, werden bei der Bewilligung von Bildungs- und Teilhabeleistungen faktisch nicht berücksichtigt (Ziffern 8.2 und 8.3 der "Richtlinien der Stadt N für die Gewährung von Leistungen zur Bildung und Teilhabe nach den § 28 und 29 SGB II" vom 25.11.2014).
Im Parteiprogramm der N wird zum Verhältnis zwischen der N und dem Kläger ausgeführt: "Mit ihrem Jugendverband S gewinnt die N die Masse der Jugend als praktische Avantgarde im Kampf um den echten Sozialismus. Die N organisiert mit ihrem Jugendverband S die Rebellion für die Zukunftsinteressen der Arbeiterklasse und der breiten Massen. Die L Jugendarbeit ist die Massentaktik des Parteiaufbaus, der organisationspolitische Schwerpunkt der Partei und Gradmesser für die Zukunftsorientierung der Parteiarbeit." Zum Kläger heißt es weiter: "Er verwirklicht eine Lebensschule der proletarischen Denkweise für die Masse der Jugend und der Kinder gleich welcher Nationalität. Dazu bedarf es der ideologisch-politischen Führung durch die N, der engen praktischen Zusammenarbeit und der Förderung der organisatorischen Selbstständigkeit des Jugendverbands. Die allseitige Parteiarbeit mit dem Aufbau von Kreisverbänden ist die wichtigste Bedingung für die Gewinnung der Masse der Jugend."
Der Kläger beantragte am 21.06.2016 mit einem hierfür von der Beklagten vorgefertigten Formular bei der Beklagten eine Zulassung als Anbieter von Leistungen zur sozialen und kulturellen Teilhabe. Mit Bescheid vom 21.11.2016 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Zulassung einer politischen Partei bzw. ihrer Jugendorganisation entspreche nicht dem Neutralitätsgebot des Staates. Es sei der Verwaltung nicht gestattet, im Bereich der Bildungs- und Teilhabeförderung Steuergelder für parteipolitisch motivierte Veranstaltungen zu verwenden. Daher könnten Jugendorganisationen von politischen Parteien keine Zulassung als Leistungsanbieter erhalten. Am 14.12.2016 erhob der Kläger Widerspruch. Das Sommercamp sei keine parteipolitisch motivierte Veranstaltung, sondern geprägt von vielfältigen Kultur-, Sport- und Freizeitangeboten und der Erziehung zu solidarischem Verhalten, Verantwortungsbewusstsein, Disziplin, dem Gedanken der Völkerverständigung sowie der Ächtung von Sexismus, Alkoholmissbrauch und Drogenkonsum. Die Ablehnung verletze den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 3 GG, weil sie eine Benachteiligung aus sachfremden weltanschaulichen Gründen darstelle. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es handele sich beim Kläger um einen parteipolitisch orientierten Jugendverband. Andere Jugendorganisationen, mit denen eine Kooperationsvereinbarung geschlossen wurde, seien nicht parteipolitisch motiviert. Sie verwies ergänzend auf § 24 der Grundsätze der N, in dem es heißt: "Der Jugendverband S arbeitet unter der ideologisch-politischen Führung und im Rahmen der Strategie der Partei. Er hat die organisatorische Selbständigkeit. Bei der Durchführung seiner Aufgaben entwickelt er eine eigene Taktik zur Gewinnung der Jugend unter Berücksichtigung der Taktik der Partei."
Am 30.03.2017 hat der Kläger beim Sozialgericht Duisburg Klage gegen den Bescheid vom 21.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.03.2017 erhoben. Das Sozialgericht Duisburg hat die Klage mit Beschluss vom 18.04.2017 an das Sozialgericht Gelsenkirchen verwiesen. Die Klägerin hat vorgetragen, der Umstand, dass es sich bei ihm um einen politischen Jugendverband handelt, rechtfertige eine Ablehnung der Zulassung als Leistungsanbieter nicht. Kirchliche Einrichtungen, islamische Verbände sowie politische Jugendverbände wie die "T G" würden von der Beklagten anerkannt. Deswegen könne auch er eine Anerkennung beanspruchen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.11.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2017 zu verpflichten, ihn als Anbieter von Leistungen zur sozialen und kulturellen Teilhabe nach § 28 Abs. 7 SGB II zuzulassen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat ergänzend auf den Flyer des Klägers zu seinem Sommercamp 2017 verwiesen, aus dem sich die parteipolitische Ausrichtung des Camps ergebe. Dort heißt es unter anderem: "Wir stehen für Umweltschutz und die internationale Solidarität, gegen die reaktionäre Flüchtlingspolitik von Merkel und EU. Deshalb arbeiten wir engagiert im Wahlkampf der Internationalistischen Liste/N mit. Ausgehend vom Camp werden Kundgebungen mit Stefan Engel als Spitzenkandidat in U1 organisiert sowie Veranstaltungen in den Ortschaften." Eine Abrechnung mit den "T G" sei einmalig 2012 erfolgt. Der Grund hierfür könne nicht nachvollzogen werden. Aus ihrem früheren Fehler könne nichts hergeleitet werden. Die Beklagte hat eine Auflistung seiner aktuellen Kooperationspartner übersandt, unter denen sich keine politische Partei oder ein parteilicher Jugendverband findet.
Mit Urteil vom 18.12.2018 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 21.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2017 aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Bescheid sei rechtswidrig, weil der Beklagte keine Ermächtigungsgrundlage für ein Handeln durch Verwaltungsakt habe. Das Begehren des Klägers sei auf den Abschluss einer Kooperationsvereinbarung mit der Beklagten gerichtet. Die §§ 28, 29 SGB II beträfen allein das Verhältnis zwischen Hilfebedürftigem und Leistungsträger und ermächtigten den Leistungsträger nicht zum Erlass von Verwaltungsakten gegenüber Anbietern von Teilhabeleistungen. Ein ohne Ermächtigungsgrundlage erlassener Verwaltungsakt sei aufzuheben. Die auf die Zulassung bzw. den Abschluss eines Kooperationsvertrages gerichtete Leistungsklage sei nicht begründet. Ein Anspruch aus Art. 3 GG iVm Art. 12 GG komme nicht in Betracht. Der Kläger sei nicht in den Schutzbereich dieses Grundrechts einbezogen. Da er gemäß den Grundsätzen der N unter der ideologisch-politischen Führung und im Rahmen der Strategie der Partei arbeite, unterfalle er dem Parteibegriff. Die Erzielung von Einkommen sei als mittelbare Parteifinanzierung zu betrachten. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers sei nicht erkennbar, weil die Beklagte dargelegt habe, mit politischen Parteien generell keine Kooperationsverträge abzuschließen. Ein Anspruch aus Art. 21 Abs. 1 GG, der die Betätigungsfreiheit der politischen Parteien und die Chancengleichheit untereinander gewährleiste, bestehe deshalb ebenfalls nicht.
Am 04.02.2019 hat der Kläger gegen das ihm am 04.01.2019 zugestellte Urteil Berufung eingelegt. Er werde durch den Ausschluss von Kooperationsvereinbarungen in seiner Eigenschaft als Jugendverband der N in Art. 21 Abs. 1 GG verletzt. Zudem habe er als Anbieter von Leistungen zur sozialen und kulturellen Teilhabe einen Anspruch auf fehlerfreie und am Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG ausgerichtete weltanschaulich neutrale Ermessensausübung. Die Beklagte verletze ihre Neutralitätspflicht, weil sie mit kirchlichen und religiösen Trägern Kooperationsverträge abschließe, den Kläger als Jugendverband einer L orientierten Partei jedoch ausschließe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 18.12.2018 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihn als Anbieter von Leistungen zu sozialen und kulturellen Teilhabe nach § 28 Abs. 7 SGB II durch Abschluss einer Kooperationsvereinbarung zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ein Verstoß gegen Art. 3 GG liege nicht vor, weil der Kläger und die anderen berücksichtigten Anbieter, unter denen sich keine Parteien oder deren Jugendorganisationen befinden, nicht vergleichbar seien.
Die Beklagte hat auf Aufforderung durch den Senat ihre organisationspolitischen Grundsätze vorgelegt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Gegenstand der Berufung ist nach der Aufhebung des Bescheids vom 21.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2017 durch das Sozialgericht nur noch die Frage einer Verpflichtung der Beklagten zu einer Zulassung des Klägers als Anbieter von Leistungen zur sozialen und kulturellen Teilhabe nach § 28 Abs. 7 SGB II durch den Abschluss einer Kooperationsvereinbarung.
Die Berufung ist zulässig. Der Kläger ist beteiligtenfähig. Fähig am sozialgerichtlichen Verfahren beteiligt zu sein sind gem. § 70 Nr. 2 SGG nichtrechtsfähige Personenvereinigungen. Nichtrechtsfähige Personenvereinigungen im Sinne dieser Vorschrift sind Personenmehrheiten, die nicht selbst rechtsfähig sind oder sonst juristischen Personen gleichgestellt sind. Eine Vereinigung im Sinne von § 70 Nr. 2 SGG, der insoweit der Regelung des § 61 Nr. 2 VwGO entspricht (Arndt in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl., § 70 Rn. 9), ist gegeben, wenn sich eine Personenmehrheit zu einem gemeinsamen Zweck zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat, also ein Mindestmaß an Organisation vorliegt (BVerwG Urteil vom 28.11.2018 – 6 C 2/17; zum Erfordernis einer hinreichenden rechtlichen Verselbständigung auch BSG Urteil vom 05.09.2006 – B 2 U 8/05 R). Vereinigungen in diesem Sinne sind fähig, als Kläger, Beklagter oder Beigeladener an einem Verfahren vor einem Gericht der Sozialgerichtsbarkeit teilzunehmen, soweit sie geltend machen können, dass ihnen in Bezug auf den Prozessgegenstand eigene Rechte und Pflichten zustehen. Als Vereinigungen iSd § 70 Nr. 2 SGG bzw. § 61 Nr. 2 VwGO werden mithin verselbständigte Personenmehrheiten anerkannt, wenn sie Zuordnungssubjekt der bezüglich des Streitgegenstandes in Frage stehenden Rechte und Pflichten sein können (BSG Urteil vom 05.09.2006 – B 2 U 8/05 R). Der Kläger ist eine hinreichend rechtlich verselbständigte Personenvereinigung. Zwar ist er als Jugendverband der N in die Organisationsstruktur der Partei eingebunden und ihr Bestandteil. Der Kläger hat aber eine eigene Satzung in Gestalt seiner organisationspolitischen Grundsätze. Gemäß § 9 Abs. 2 dieser Grundsätze hat er eine organisatorische Selbständigkeit und verfügt gemäß § 15 der Grundsätze über eigene Organe in Gestalt einer Verbandsleitung, des Verbandsdelegiertentages und des Landesdelegiertentages. Er wird nach außen durch eine eigene Vorsitzende vertreten. Da der Kläger geltend machen kann, einen eigenen Anspruch auf Abschluss einer Kooperationsvereinbarung zu haben, ist er in Bezug auf den Streitgegenstand beteiligtenfähig.
Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die als Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG statthafte und im Übrigen zulässige Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf eine Zulassung als Anbieter von Leistungen zur sozialen und kulturellen Teilhabe nach § 28 Abs. 7 SGB II durch Abschluss einer Kooperationsvereinbarung.
Die Beklagte ist für den geltend gemachten Anspruch passivlegitimiert. Sie ist ein zugelassener kommunaler Träger iSd §§ 6a, 6b SGB II. Für die Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB II hat sie gem. § 6a Abs. 5 SGB II eine besondere Einrichtung zu unterhalten, die die Bezeichnung Jobcenter zu tragen hat (§ 6d SGB II). Die Beklagte hat vorliegend indes nicht als Jobcenter gehandelt, da die Aufgaben nach § 28 SGB II nach der internen Aufgabenverteilung der Beklagten nicht dem Jobcenter zugewiesen sind. Für die Passivlegitimation bezüglich des geltend gemachten Anspruchs ist diese Aufgabenverteilung jedoch unbeachtlich, da das Jobcenter der Beklagten nicht als eigenständige juristische Person, sondern als Abteilung der Beklagten geführt wird und daher ungeachtet interner Zuständigkeitsverteilungen eine einheitliche Rechtsträgerschaft gegeben ist.
Es gibt keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für einen Anspruch von Anbietern von Leistungen nach § 28 Abs. 7 SGB II auf Anerkennung als geeigneter Anbieter (hierzu Beschluss des Senats vom 20.11.2017 – L 7 AS 1956/17 B ER; Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, § 29 Rn. 39). Ein Zulassungsverfahren wie bei der Zertifizierung von Anbietern für Weiterbildungsmaßnahmen mit entsprechendem Antragsrecht (vgl. zB § 181 Abs. 1 SGB III) hat der Gesetzgeber im SGB II gerade nicht eingeführt. Das Sozialgericht hat zu Recht erkannt, dass aufgrund der fehlenden Normierung eines gesetzlichen Zulassungsverfahrens im Bereich der Leistungen zur sozialen und kulturellen Teilhabe kein Subordinationsverhältnis zwischen Leistungsträger und Anbieter besteht, das den Leistungsträger zum Erlass von Verwaltungsakten gegenüber den Anbietern ermächtigt. Daher hat das Sozialgericht den Bescheid vom 21.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2017 zu Recht aufgehoben (BSG Urteil vom 31.01.2012 – B 2 U 12/11 R zur Aufhebung eines ohne Befugnis erlassenen Verwaltungsakts).
Dennoch ist die Beklagte berechtigt, entsprechende Kooperationsvereinbarungen zu schließen, weshalb die Klage nicht allein deshalb unbegründet ist, weil der Beklagten eine ausdrückliche Befugnisnorm zu einem entsprechenden Vorgehen fehlt. Leistungen für Bildung und Teilhabe iSd § 28 Abs. 7 SGB II dürfen nur bei geeigneten Anbietern erbracht werden. Dies ergibt sich aus § 29 Abs. 2 Satz 2 SGB II, wonach die kommunalen Träger gewährleisten, dass Gutscheine bei geeigneten vorhandenen Anbietern eingelöst werden können. Diese Vorschrift gilt gem. 29 Satz 1 SGB II auch für Freizeitangebote iSd § 28 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 SGB II. Den Leistungsträgern obliegen daher eine Prüfungspflicht, ob es sich bei dem geltend gemachten Bedarf – hier den Kosten für die Teilnahme an einer Freizeit – um einen geeigneten, zum Existenzminimum gehörenden Bedarf für Bildung und Teilhabe iSd § 28 Abs. 7 SGB II handelt (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 07.11.2019 – L 19 AS 1204/18) und die Festlegung von entsprechenden Qualitätsmaßstäben (Leopold in JurisPK-SGB II § 29 Rn. 38). Hierzu kann sie sich zur Erleichterung des Verwaltungsvollzugs eines generellen Vorgehens bedienen, ohne jeweils auf eine Inzidentprüfung bei der Entscheidung über individuelle Ansprüche des Antragstellers verwiesen zu sein. Die von der Beklagten geführte Liste der Kooperationspartner ist insoweit vergleichbar mit dem für das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung maßgeblichen Hilfsmittelverzeichnis gem. 139 SGB V. Auch das Hilfsmittelverzeichnis enthält keine leistungsrechtliche Entscheidung über den Inhalt des Versorgungsanspruches der Versicherten iS einer abschließenden Positivliste. Der Versorgungsanspruch der Versicherten richtet sich allein nach den gesetzlichen Vorgaben. Das Hilfsmittelverzeichnis schließt weder Hilfsmittel von der Versorgung der Versicherten aus, die den gesetzlichen Anforderungen genügen, noch besteht ein Anspruch der Versicherten auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die zwar im Hilfsmittelverzeichnis verzeichnet, für die aber nicht die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Obwohl das Hilfsmittelverzeichnis damit nur die Funktion einer reinen Auslegungs- und Orientierungshilfe hat, stellt die Auflistung im Verzeichnis ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass ein bestimmtes Hilfsmittel von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen erfasst ist. Insoweit kommt ihm eine wesentliche Steuerungsfunktion zu (Engelmann in: jurisPK-SGB V § 139 Rn. 19) und ist anerkannt, dass der einzelne Anbieter eines Hilfsmittels einen Anspruch auf Aufnahme seines Produkts in das Hilfsmittelverzeichnis haben kann (zB BSG Urteil vom 28.09.2006 – B 3 KR 28/05 R). Ähnliches gilt auch hier: Die Beklagte ist nicht verpflichtet, Kooperationsvereinbarungen mit Anbietern abzuschließen. Der Abschluss einer solchen Vereinbarung hat weder für die Anbieter noch für die Leistungsempfänger rechtsbegründende Wirkung. Es ist weder ausgeschlossen, Bildungs- und Teilhabeleistungen bei Anbietern zu bewilligen, mit denen eine Kooperationsvereinbarung nicht abgeschlossen worden ist, noch begründet die Auswahl eines Anbieters, mit dem eine Kooperationsvereinbarung vorliegt, ohne weiteres einen Leistungsanspruch des Hilfebedürftigen. Schließt der Leistungsträger aber wie vorliegend Kooperationsvereinbarungen ab mit der Wirkung, dass er Anbieter, mit denen er keine Vereinbarung geschlossen hat, bei der Bewilligung von Bildungs-und Teilhabeleistungen faktisch nicht berücksichtigt und die Inhaber der Gutscheine nur auf die zugelassenen Kooperationspartner verweist, ist er verpflichtet, diesen Ausschluss rechtmäßig, insbesondere unter Beachtung grundrechtlicher Positionen der Anbieter diskriminierungsfrei zu gestalten (Beschluss des Senats vom 20.11.2017 – L 7 AS 1956/17 B ER; zu einem Anspruch auf Bewilligung von Förderleistungen allein aufgrund von Art. 3 Abs. 1 GG iVm einer entsprechenden Verwaltungspraxis vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg Urteil vom 14.03.2012 – OVG 6 B 19.11). Gelingt ihm das nicht, besteht ein Anspruch des Anbieters auf Abschluss einer Kooperationsvereinbarung und Aufnahme in die entsprechend geführte Liste geeigneter Anbieter.
Auch unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Kläger keinen Anspruch auf Abschluss einer Kooperationsvereinbarung. Die Beklagte hat den Kläger ohne Grundrechtsverstoß diskriminierungsfrei als Anbieter von Freizeiten iSd § 28 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 SGB II ausgeschlossen.
Der Kläger kann sich zur Begründung seines Anspruchs nicht auf das Grundrecht der Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG stützen. Für das sozialrechtliche Leistungserbringungsrecht ist allerdings anerkannt, dass in dem eingeschränkten Zugang zu einer beruflichen Tätigkeit ein Eingriff in die aus Art. 12 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit liegen kann. In Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG folgt hieraus ein Anspruch auf diskriminierungsfreien Zugang zu dem durch materielle Leistungsansprüche eröffneten Dienstleistungsmarkt. Zwar gewährt Art. 12 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf Erfolg im Wettbewerb. Auch besteht kein Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen dauerhaft gleich bleiben. Im Rahmen der gesetzlichen Regelungen sichert Art. 12 Abs. 1 GG aber die Berechtigung, am Wettbewerb nach Maßgabe der gesetzlichen Voraussetzungen teilhaben zu können. Diese Berechtigung ist verletzt, wenn ein Leistungsträger die Voraussetzungen für die Teilhabe in einer vom Gesetzgeber nicht vorgezeichneten Weise zu Lasten einzelner Marktteilnehmer ändert und andere hierdurch begünstigt. Insofern ist die Gleichbehandlung aller Wettbewerber nach Maßgabe ausschließlich der vom Gesetzgeber vorgegebenen Regeln zum Schutz der Berufsfreiheit geboten (so für die Zulassung zur Leistungserbringung in der gesetzlichen Krankenversicherung BVerfG Urteil vom 23.03.1960 – 1 BvR 216/51, Beschluss vom 08.02.1961- 1 BvL 10/60; BSG Urteile vom 19.09.2013 – B 3 KR 8/12 R und vom 10.03.2010 – B 3 KR 26/08 R).
Der Senat lässt – mit der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfG Urteil vom 12.03.2008 – 2 BvF 4/03) – offen, ob Art. 12 GG neben Art. 21 GG auf politische Parteien und ihre Untergliederungen Anwendung findet. Selbst wenn dies der Fall wäre, wäre vorliegend der Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG nicht eröffnet. Beruf iSd Art. 12 Abs. 1 GG ist jede Tätigkeit, die auf Dauer berechnet ist und der Schaffung und Erhaltung der Lebensgrundlage dient (BVerfG Beschluss vom 26.06.2002 – 1 BvR 558/91 mwN). Die Organisation von Sommercamps durch den Kläger ist nicht auf Gewinnerzielung im Sinne der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage ausgerichtet. Vielmehr dienen die Camps ausweislich der Veröffentlichungen des Klägers der Vermittlung seiner Werte, der Förderung des Zusammenhalts innerhalb des Verbands und der Unterstützung der Mutterpartei. Die Erhebung von Beiträgen für die Teilnahme an dem Sommercamp soll deren Organisation im Sinne des Klägers und der N ermöglichen.
Offen bleiben kann, ob sich der Kläger als Jugendorganisation einer Partei iSd Art. 21 GG auf diese Norm berufen kann (differenzierend insoweit OVG Berlin-Brandenburg Urteil vom 14.03. 2012 – OVG 6 B 19.11). Soweit – bei unterstellter Anwendbarkeit – aus Art. 21 GG der Grundsatz der Parteiengleichheit abgeleitet wird, der dem Staat ein Neutralitätsgebot im Sinne der Wahrung der Chancengleichheit der Parteien auferlegt (dazu Ipsen in: Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 21 Rn. 126 ff.), scheidet eine Verletzung aus, weil die Beklagte politische Parteien bzw. deren Jugendverbände überhaupt nicht berücksichtigt. Die einmalige, gegebenenfalls versehentliche Berücksichtigung des SPD-nahen Jugendverbandes "T G" 2012 betrifft einen weit zurückliegenden Zeitraum, hat nicht zu einer abweichenden Verwaltungspraxis geführt und führt nicht zu einer anderweitigen Beurteilung für die hier streitigen Zeiträume ab 2016.
Einen Anspruch auf Berücksichtigung als Anbieter von Freizeiten iSd § 28 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 SGB II unmittelbar aus Art. 21 GG kann der Kläger auch bei Anwendung dieser Vorschrift auf Jugendorganisationen von politischen Parteien nicht geltend machen. Das Begehren des Klägers ist letztlich darauf gerichtet, die Beklagte zu verpflichten, bei bedürftigen Teilnehmern einen Beitrag zur Finanzierung der Ferienfreizeiten zu leisten. Damit begehrt der Kläger seine mittelbare Berücksichtigung bei der Zuteilung von staatlichen Finanzmitteln. Ein unmittelbarer verfassungsrechtlicher Anspruch auf staatliche Unterstützung existiert nicht (BVerfG Urteil vom 19.07.1966 – 2 BvF 1/65, Rn. 120 ff; Ipsen in: Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 21 Rn. 33). Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass den politischen Parteien die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen (Burghart in: Leibholz/Rinck, GG, 79. Lieferung 10.2019, Art. 21 Rn. 113).
Soweit der Kläger geltend macht, sein Ausschluss stelle einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG dar, da kirchliche oder islamische Jugendverbände als Anbieter zugelassen würden und er damit aus Gründen der politischen Anschauung diskriminiert werde, trifft dies nicht zu. Grund für den Ausschluss ist die Stellung des Klägers als Unterorganisation einer Partei als solche, nicht deren politische Anschauung.
Der geltend gemachte Anspruch des Klägers resultiert auch nicht aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser findet auch auf politische Parteien Anwendung (BVerfG Beschluss vom 17.04.2008 – 2 BvL 4/05) und gilt auch für den Kläger als Jugendorganisation einer politischen Partei. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BVerfG Urteil vom 10.04.2018 – 1 BvL 11/14 u.a.). Bei einer Ungleichbehandlung ist Art. 3 GG verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (Krieger in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 14. Aufl. 2018, Art. 3 Rn. 31 ff.).
Da die Beklagte politische Parteien bzw. deren Jugendverbände überhaupt nicht in den Katalog geeigneter Anbieter aufgenommen hat, ist Vergleichsgruppe, deren Besserstellung durch Sachgründe gerechtfertigt sein muss, die Gesamtheit aller anderen, nicht parteipolitisch gebundenen, von der Beklagten zugelassenen Anbieter (zB Sportvereine, Alpenverein, Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Evangelische Familienbildungsstätte). Eine Ungleichbehandlung von Parteien bzw. deren Untergliederungen einerseits und anderen Anbietern anderseits rechtfertigt sich bei der Berücksichtigung als Anbieter von Leistungen zur Bildung und Teilhabe aus dem aus Art. 21 GG folgenden strengen staatlichen Neutralitätsgebot. Die chancengleiche Beteiligung an der politischen Willensbildung des Volkes macht es erforderlich, dass Staatsorgane im politischen Wettbewerb der Parteien Neutralität wahren. Auch außerhalb von Wahlkampfzeiten erfordert der Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien die Beachtung dieses Gebots (BVerfG Urteil vom 27.02.2018 – 2 BvE 1/16). Dem Staat ist es außerhalb der engen verfassungsrechtlich zulässigen Grenzen verwehrt, politische Meinungsäußerungen und sonstige friedliche politische Aktivitäten direkt oder indirekt zu honorieren oder zu sanktionieren. Die Gefahr einer unzulässigen Verzerrung des politischen Wettbewerbs besteht nicht erst, wenn der Staat ihn auf der Ebene der Mutterpartei beeinflusst, sondern in ebensolchem Maße dann, wenn er auf die Jugendverbände einwirkt (OVG Berlin-Brandenburg Urteil vom 14.03.2012 – OVG 6 B 19.11). Eine – wie dargelegt bestehende – inhaltliche Prüfungskompetenz der Leistungsträger ist mit dem Neutralitätsgebot iSd Art. 21 GG nicht vereinbar, weshalb politische Parteien und ihre Untergliederungen sich von anderen Anbietern von Freizeiten in einer Weise unterscheiden, die die vorgenommene Differenzierung rechtfertigt. Zudem vermeidet der Leistungsträger durch den Ausschluss von Jugendorganisationen politischer Parteien als Anbieter von Freizeiten iSd § 28 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 SGB II die Gefahr, durch eine indirekte Förderung der Mutterpartei eine unzulässige Parteienfinanzierung vorzunehmen (hierzu OVG Berlin-Brandenburg Urteil vom 14.03.2012 – OVG 6 B 19.11).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, 154 VwGO, weil der Kläger nicht dem kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 SGG angehört. Soweit die Bescheide der Beklagten aufgehoben worden sind, ist er iSd § 154 Abs. 1 VwGO unterlegen, so dass er die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zur Hälfte zu tragen hat. Die der Quote nach zutreffende Kostengrundentscheidung des Sozialgerichts für das erstinstanzliche Verfahren war zu korrigieren, weil das Sozialgericht nur über die außergerichtlichen Kosten des Klägers entschieden hat, aufgrund der Unanwendbarkeit des § 183 SGG aber auch Gerichtskosten iSd § 1 Abs. 2 Nr. 3 GKG angefallen sind.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Erstellt am: 06.05.2020
Zuletzt verändert am: 06.05.2020