Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 4.4.2019 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens gem. § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) darüber, ob die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als mitarbeitender Gesellschafter bei der Klägerin in der Zeit ab dem 1.4.2013 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH, Gesellschaftsvertrag v. 21.2.2012 [GV], HRB xxx, Amtsgericht [AG] G). Ihr Unternehmensgegenstand sind der Bau und Betrieb technischer Anlagen (§ 2 GV). Das Stammkapital der Klägerin beträgt 25.000 Euro (§ 3 GV). Hieran beteiligt sind die Firma N Sanitär- und Heizungsanlagen GmbH, die Herren E O und U L sowie der Beigeladene zu 1) mit je 6.250 Euro (§ 3 GV). Nach § 12 Nr. 1 GV werden in der Gesellschafterversammlung der Klägerin Beschlüsse mit ¾ Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, wenn nicht gesetzlich oder nach den Bestimmungen des GV eine höhere Mehrheit vorgeschrieben ist. Auf je 100,00 Euro Stammeinlage entfällt eine Stimme (§ 12 Nr. 2 GV). Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn sämtlich Gesellschafter anwesend oder vertreten sind (§ 12 Nr. 3 S. 1 GV). Bei Beschlussunfähigkeit muss innerhalb von einer Woche eine neue Gesellschafterversammlung stattfinden. Diese ist dann ohne Rücksicht auf die Anzahl der Anwesenden beschlussfähig (§ 12 Nr. 5 GV).
Am 21.2.2012 wurde Herr F N zum einzelvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreiten Geschäftsführer bestellt. Mit dem Beigeladenen zu 1) schloss die Klägerin einen "Anstellungsvertrag mit einem Gesellschafter im Angestelltenverhältnis" ohne Datumsangabe mit Wirkung zum 1.6.2012 (AV). Aufgabengebiet und Zuständigkeit wurden in § 1 AV wie folgt bestimmt:
1. Der angestellte Gesellschafter übernimmt ab 01.06.2012 in dem Unternehmen folgende Position:
Mitglied der Betriebsleitung im technischen Bereich zur Instandsetzung und Instandhaltung von Wirtschaftsgebäuden.
2. Der angestellte Gesellschafter hat die in Abs. 1 beschriebenen Aufgaben eigenverantwortlich und selbstständig wahrzunehmen. Er ist Vorgesetzter den Arbeitnehmern gegenüber, die nicht Gesellschafter sind. Er ist anderen angestellten Gesellschaftern gegenüber nicht weisungsgebunden.
3. Dem angestellten Gesellschafter können im Rahmen eines bes. Gesellschafterbeschlusses besondere Aufgabengebiete zugeteilt werden. Er wird erforderlichenfalls über die betriebsüblichen Arbeitszeiten hinaus seine Arbeitsleistung erbringen. Er kann sich die Arbeitszeit frei einteilen.
4. Das Arbeitsverhältnis bezieht sich auf eine weltweite Tätigkeit.
5. Der angestellte Gesellschafter ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.
Die Vergütung wurde mit 3.000 Euro monatlich brutto und einer Erhöhung um 6.500 Euro für Tätigkeiten außerhalb Deutschlands sowie einer Tantieme bestimmt (§ 2 AV). Ebenfalls vereinbart wurden u.a. ein Urlaubsanspruch (§ 3 AV), eine Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall (§ 4 AV) sowie eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Jahresende (§ 5 AV).
Im Dezember 2012 beantragten der Beigeladene zu 1) und die Klägerin, die ihn zur Sozialversicherung anmeldete, gem. § 7a Abs. 1 SGB IV festzustellen, dass eine Beschäftigung nicht vorliege. Der Beigeladene zu 1), dessen regelmäßiges Arbeitsentgelt die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreite, unterliege weder einem zeitlichen, örtlichen noch einem die Art der Arbeit betreffenden Weisungsrecht.
Mit Bescheid vom 11.3.2013 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) "als Gesellschafter-Geschäftsführer" seit dem 1.6.2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Die Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe entsprechend der Anmeldung. Nach einer Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Einen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Klägerin könne der Beigeladene zu 1) kraft seines Anteils von 25% am Gesamtkapital nicht ausüben. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage er kein eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko. Hieran ändere die Zahlung der Tantieme, die Ausdruck eines auch bei Arbeitnehmern verbreiteten leistungsorientierten Vergütungsbestandteils sei, nichts. Wenngleich der Beigeladene zu 1) hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Ausübung der Tätigkeit weitgehende Gestaltungsfreiheit habe, bleibe die Arbeitsleistung fremdbestimmt und gliedere sich in die Ordnung des Betriebes ein. Die Weisungsgebundenheit verfeinere sich, wie bei Diensten höherer Art üblich, zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess.
Nachdem die Klägerin die Anmeldung des Beigeladenen zu 1) zur Sozialversicherung storniert hatte, "ergänzte" die Beklagte den Bescheid vom 11.3.2013 mit weiterem Bescheid vom 11.4.2013. Sie stellte ab 1.6.2012 Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung fest. In der Krankenversicherung bestehe – aufgrund der voraussichtlichen Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze – Versicherungsfreiheit.
Im Mai 2014 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und beantragte eine "Überprüfung zur Feststellung der Sozialversicherungsfreiheit gemäß § 44 SGB X". Das bereits bis zum 31.3.2013 durchgeführte Statusfeststellungsverfahren habe aufgrund von vorgelegten Arbeitsverträgen zu einem falschen Ergebnis geführt. In der Praxis sei das Arbeitsverhältnis anders gelebt worden und zwar in der weiteren Fortführung der vorher existierenden OHG, die aus Lohnsteuergründen in eine GmbH umgewandelt worden sei. Dies könne sowohl durch das nach Gründung der Klägerin getätigte Entnahmeverhalten der Gesellschafter als auch durch tatsächlich vorgenommene Gehaltsverzichte aufgrund einer angespannten Wirtschaftslage der Klägerin belegt werden. Gemäß Versammlungsprotokoll vom 28.3.2013 seien ein Einstimmigkeitserfordernis von Gesellschafterbeschlüssen eingeführt und neue "Arbeitsverträge" verfasst worden. Sozialversicherungsfreiheit habe daher von Beginn an vorgelegen. Dem Antrag fügte die Klägerin einen dem AV weitgehend entsprechenden "Geschäftsleitervertrag" (GLV) zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) vom 28.3.2013 bei, nach dem dieser ab dem 1.4.2013 die Position eines "Mitglieds der Geschäftsleitung" ausübe. Ebenfalls übersandte sie das Protokoll ihrer Gesellschafterversammlung vom 28.3.2013, nach dem § 12 Abs. 1 GV nunmehr lauten sollte:
Beschlüsse der Gesellschaft werden ausschließlich einstimmig gefasst. Geschäfte des täglichen Lebens sind allerdings davon ausgenommen.
Folgende Fälle bedürfen jedoch insbesondere der Einstimmigkeit: a) Anstellung und Kündigung von Mitarbeitern aller Art (auch Geschäftsführern und Geschäftsleitern) b)
Die Änderung des § 12 Abs. 1 GV wurde am 21.7.2014 notariell in entsprechendem Sinn beurkundet (im Folgenden: GV n.F.) und am 18.8.2014 in das Handelsregister eingetragen.
Mit Bescheid vom 25.8.2014 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als mitarbeitender Gesellschafter "weiterhin im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung" ausgeübt werde. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe "weiterhin Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung". Der Bescheid vom 11.3.2013 über die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status werde nicht "nach § 48 SGB X" aufgehoben. Mit diesem Bescheid habe sie bereits über den sozialversicherungsrechtlichen Status entschieden. Die eingereichten Unterlagen führten nicht zu einer anderen Beurteilung. Aufgrund der Änderung des GV vom 21.7.2014 würden Beschlüsse der Gesellschaft, soweit sie nicht Geschäfte des regelmäßigen Alltags beträfen, einstimmig gefasst. Bei einem Kapitaleinsatz des Beigeladenen zu 1) von 25 % des Gesamtkapitals und dem daraus resultierenden Stimmrechtsanteil sei es diesem nicht möglich, die Geschicke der Klägerin maßgeblich zu beeinflussen. Er könne zwar Beschlüsse der Gesellschafterversammlung verhindern, aber den Geschäftsbetrieb weder bestimmen noch als Minderheitsgesellschafter einen maßgebenden gestalterischen Einfluss auf die Klägerin nehmen, da er kein Geschäftsführer sei.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch und wies darauf hin, dass neben der vereinbarten Einstimmigkeit aller Gesellschafterbeschlüsse am 28.3.2013 ein Stimmbindungsvertrag geschlossen worden sei. Das LSG Sachsen habe mit Urteil vom 4.3.2014 (L 1 KR 9/11) entschieden, dass auch Minderheitsgesellschafter ohne Sperrminorität durch Stimmbindungsvereinbarungen über eine Rechtsmacht verfügten, die es diesen ermögliche, ihnen nicht genehme Beschlüsse und Weisungen abzuwehren. Eine entsprechende Vereinbarung unterliege nicht dem Gebot der notariellen Beurkundung.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.6.2017 zurück. Dem Begehren der Klägerin, die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) ab dem 1.4.2013 nicht als abhängige Beschäftigung anzusehen, könne aus den Gründen des Bescheids vom 25.8.2014 nicht entsprochen werden. Das Bundessozialgericht (BSG) habe mit seinen Urteilen vom 11.11.2015 (B 12 R 2/14 R, B 12 KR 10/14 R und B 12 KR 10/14 R) die Bedeutung der gesellschaftsvertraglichen Rechtsmacht erneut betont und eine Rechtsmachtverschiebung aufgrund von Stimmbindungsvereinbarungen verneint.
Mit der am 27.7.2017 zum Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt und vertieft. Bei dem Beigeladenen zu 1) liege seit dem 1.4.2013 keine abhängige Beschäftigung vor, da er nicht vom Arbeitgeber persönlich abhängig sei. Aufgrund des Stimmbindungsvertrags vom 28.3.2013 habe er, obwohl nur Minderheitsgesellschafter, von nun an ihm missliebige Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Klägerin verhindern können. Spätestens gelte dies jedenfalls seit der notariell beurkundeten Änderung des GV am 21.7.2014, mit der u.a. die Kündigung von Mitarbeitern aller Art einschließlich Geschäftsführern und Geschäftsleitern eines einstimmigen Gesellschafterbeschlusses bedürfe. Dem folgend habe der Beigeladene zu 1) die eigene Kündigung und auch missliebige Weisungen verhindern und damit wie ein selbstständiger Unternehmer agieren können.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.8.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.6.2017 zu verurteilen, den Bescheid vom 11.3.2013 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit bei ihr ab dem 1.4.2013 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, dem Recht der Arbeitsförderung und der Kranken- und Pflegeversicherung unterliegt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat insbesondere geltend gemacht, dass aus § 12 Abs. 1 GV n.F. keine umfassende Sperrminorität abgeleitet werden könne, da die Regelung nicht die Geschäfte des regelmäßigen Alltags umfasse.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 4.4.2019 abgewiesen. Soweit die Klägerin die Feststellung der Versicherungsfreiheit in der Kranken- und Pflegeversicherung begehre, bestehe hierfür kein Rechtsschutzbedürfnis. Die Beklagte habe die Versicherungspflicht in diesen Zweigen der Sozialversicherung ausdrücklich nicht festgestellt. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X seien nicht erfüllt. Der Bescheid vom 11.3.2013 in der Gestalt des Bescheids vom 11.4.2013 sei rechtmäßig. Die Beklagte habe zutreffend festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als angestellter Gesellschafter der Klägerin der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege. Es sei ihm auf Grund seines Kapitaleinsatzes von 25 v.H. des Gesamtkapitals und dem daraus resultierenden Stimmrechtsanteil nicht möglich, die Geschicke der Klägerin maßgeblich zu beeinflussen. Auf unmittelbar gesellschaftsvertraglich verankerter Grundlage bestünden keine Regelungen, die es ihm ermöglichten, bei der Ausübung seiner Tätigkeit jederzeit weisungsfrei vom Geschäftsführer der Klägerin zu agieren. Die außerhalb der Satzung geschlossene, widerrufbare und kündbare Stimmbindungsvereinbarung könne die in der Satzung getroffenen vertraglichen Regelungen in Bezug auf die Beschlussfassung nicht wirksam abbedingen. Auch der Anstellungsvertrag mit arbeitsvertraglich typischen Bestandteilen wie festen Bezügen, einem Urlaubsanspruch und einer Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Arbeitsunfähigkeit spreche für eine abhängige Beschäftigung. Die gewährte Tantieme sei Ausdruck eines leistungsorientierten Vergütungsanteils. Zwar habe der Beigeladene zu 1) weitgehende Gestaltungsfreiheit hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Ausübung der Tätigkeit, bleibe jedoch dennoch in seiner Arbeitsleistung fremdbestimmt, da er sich in eine von der Gesellschafterversammlung vorgegebene Ordnung des Betriebes eingliedere.
Gegen das ihr am 8.5.2019 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 6.6.2019 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen. Das SG habe die Klarstellung in § 12 des geänderten GV verkannt, wonach Beschlüsse der Gesellschaft, soweit sie nicht Geschäfte des regelmäßigen Alltags erfassten, Einstimmigkeit erforderten. Mit Geschäften des regelmäßigen Alltags seien nur unwesentliche Entscheidungen gemeint, sodass die Gesellschafter und somit auch der Beigeladene zu 1) über eine sog. echte Sperrminorität verfügten. Die ausdrücklich nach § 12 Nr. 1a GV n.F. bei der Kündigung von Mitarbeitern notwendige Einstimmigkeit bewirke, dass jeder Gesellschafter im Grunde unkündbar gewesen sei und somit – anders als bei einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis – keinerlei Weisungen der Gesellschafter oder des Geschäftsführers unterliege. Dies werde durch den Geschäftsführeranstellungsvertrag mit Herrn N bestätigt. Nach dessen § 1 Abs. 2 sei der Geschäftsführer "Dienstvorgesetzter der Arbeitnehmer, die nicht Gesellschafter [seien]", folglich also den Gesellschaftern selbst gegenüber nicht weisungsbefugt. Derartige Weisungen hätten im Übrigen auch keine Wirkung entfalten können. Der Gesellschafter habe die Möglichkeit gehabt, sich schlichtweg über sie hinwegzusetzen, da eine Kündigung ohne seine Zustimmung nicht hätte vorgenommen werden können. Dem stünden die Stimmverbote des § 47 Abs. 4 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) nicht entgegen. Der Vorschrift sei kein allgemeines Prinzip zu entnehmen, nach dem der Gesellschafter bei Vorliegen eines Interessenkonflikts von Stimmrechten ausgeschlossen werde. Gesellschafter könnten vielmehr auch bei der Kündigung ihrer Anstellungsverträge mitbestimmen. Das vorliegend (allein) in Betracht kommende Stimmverbot des § 47 Abs. 4 S. 2 GmbHG gelte zudem nicht für die Erteilung von (Arbeitgeber-)Weisungen hinsichtlich der Erbringung der Arbeitsleistung. Auch ein Beschluss über die Auflösung der Gesellschaft könne nicht Gegenstand eines Stimmverbotes nach der Vorschrift sein. Bei abschließender Würdigung aller Einzelfallumstände müsse man zu dem Ergebnis kommen, dass die festgelegte Sperrminorität allen Anforderungen an eine echte Sperrminorität in vollem Umfang gerecht werde.
Auch könne der Arbeitsvertrag des Beigeladenen zu 1) nicht als arbeitnehmertypisch angesehen werden. Neben der Weisungsfreiheit hinsichtlich Zeitpunkt, Dauer, Umfang und Ort der Tätigkeit habe der Beigeladene zu 1) auch seinen Urlaub nicht genehmigen lassen, sondern ihn lediglich anzeigen müssen. Die Fortzahlung der Vergütung bei Arbeitsunfähigkeit sei zudem mit drei bzw. sechs Monaten gegenüber den im Entgeltfortzahlungsgesetz vorgesehenen sechs Wochen untypisch lang. Entsprechendes gelte für die Dauer der Kündigungsfristen. Soweit dem Beigeladenen zu 1) ein Festgehalt gezahlt worden sei, müsse auch seine Beteiligung am Gewinn der Klägerin berücksichtigt werden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 4.4.2019 zu ändern und den Bescheid vom 25.8.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.6.2017 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als mitarbeitender Gesellschafter für die Klägerin seit dem 1.4.2013 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
Die Beklagte, die das Urteil des SG für zutreffend erachtet, beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 25.8.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.6.2017. Maßstab für die inhaltliche Auslegung dieser Verwaltungsakte ist der "Empfängerhorizont" eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) erkennbar einbezogen hat (vgl. hierzu: BSG Urt. v. 24.1.2018 – B 6 KA 48/16 R – juris Rn. 21; Urt. v. 13.8.2014 – B 6 KA 38/13 R – juris Rn. 13; Urt. v. 6.4.2011 – B 4 AS 119/10 R – juris Rn. 18; Senatsurt. v. 5.12.2018 – L 8 BA 95/18 – juris Rn. 110). Hier hat die Beklagte eine Aufhebung ihres Bescheids vom 11.3.2013 in der Fassung des Bescheids vom 11.4.2013 nach § 48 Abs. 1 SGB X mit Wirkung zum 1.4.2013 abgelehnt und festgestellt, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin weiterhin der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
Eine Entscheidung über den Überprüfungsantrag der Klägerin gem. § 44 SGB X sowie zur Versicherungspflicht oder -freiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung haben die angefochtenen Bescheide hingegen nicht getroffen. So hat die Beklagte allein die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung benannt. Ihre Entscheidung ist rechtlich ausdrücklich auf die Vorschrift des § 48 SGB X, nicht jedoch auf die des § 44 SGB X gestützt worden. Auch aus der Begründung der Bescheide lässt sich lediglich die Befassung mit der Frage entnehmen, ob zum 1.4.2013 eine Änderung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1) gegenüber dem Zeitpunkt der Erteilung des Bescheides vom 11.3.2013 eingetreten ist. Dies entspricht im Übrigen der Argumentation der Klägerin im Verfahren, die mit Vorlage des Versammlungsprotokolls vom 28.3.2013 und des neuen "Geschäftsleiter"-Vertrags eine solche Änderung zum 1.4.2013 geltend gemacht hat. Da der Streitgegenstand durch den objektiven Regelungsgehalt der angefochtenen Bescheide bestimmt wird (vgl. z.B. auch BSG Urt. v. 28.3.2013 – B 4 AS 12/12 R – juris Rn. 10 m.w.N.; Bayerisches LSG Urt. v. 16.5.2019 – L 20 KR 502/17 – juris Rn. 60), hat der Senat über die Rechtmäßigkeit des (vorigen) Bescheides vom 11.3.2013 auch nicht zu befinden.
II. Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Gelsenkirchen vom 4.4.2019 ist nicht begründet. Der Bescheid vom 25.8.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.6.2017 beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, da er nicht rechtswidrig ist. Die Beklagte hat eine Aufhebung des Bescheides vom 11.3.2013 in Gestalt des Bescheids vom 11.4.2013 gem. § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X zu Recht abgelehnt.
Die Beklagte hat formell (hierzu unter 1.) und materiell (hierzu unter 2.) rechtmäßig festgestellt, dass hinsichtlich der sozialversicherungsrechtlichen Statusbeurteilung des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit als mitarbeitender Gesellschafter bei der Klägerin in der Zeit ab 1.4.2013 keine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist und dieser (weiterhin) der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
1. Der Bescheid vom 25.8.2014 ist formell rechtmäßig. Zwar ist nach dem Akteninhalt zweifelhaft, ob die Beklagte die Klägerin vor seinem Erlass ordnungsgemäß angehört hat (§ 7a SGB IV i.V.m. § 24 Abs. 1 SGB X). Auch wenn es hieran fehlen sollte, wäre dieser Mangel jedoch im Widerspruchsverfahren gem. § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt. Der Klägerin ist während des Vorverfahrens hinreichend Gelegenheit gegeben worden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (vgl. BSG Urt. v. 9.11.2010 – B 4 AS 37/09 R – juris Rn. 17 m.w.N.). So hat die Beklagte ihr die Rechtslage mit Schreiben vom 18.5.2016 unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgebrachten Gesichtspunkte noch einmal dargelegt und ausdrücklich eine Stellungnahme ermöglicht. Ebenfalls ist mit weiterem Schreiben vom 27.10.2016 vollständige Akteneinsicht gewährt und bei ausbleibender Antwort mit Schreiben vom 30.3.2017 erneut Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
2. Die streitgegenständlichen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig.
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 S. 1 SGB X). Eine solche wesentliche Änderung ist gegenüber den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 11.3.2013 in Gestalt des Bescheids vom 11.4.2013 zugrunde gelegen haben, weder am 1.4.2013 noch zu einem späteren Zeitpunkt eingetreten. Der Beigeladene zu 1) hat im Rahmen seiner Tätigkeit als mitarbeitender Gesellschafter bei der Klägerin auch ab diesem Datum der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen.
a) Der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).
Der Beigeladene zu 1) ist seit dem 1.6.2012 bei der Klägerin gegen Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV) beschäftigt.
Das Vorliegen einer Beschäftigung beurteilt sich nach § 7 Abs. 1 SGB IV, wenn – wie im vorliegenden Fall – in Bindungswirkung erwachsene (§ 77 Sozialgerichtsgesetz – SGG) Feststellungen zum sozialversicherungsrechtlichen Status fehlen. Hiernach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (st. Rspr., vgl. zuletzt BSG Urt. v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 14 m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. BVerfG Beschl. v. 20.5.1996 – 1 BvR 21/96 – juris Rn. 6 ff).
Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (st. Rspr., vgl. zuletzt BSG Urt. vom 4.6.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 15 m.w.N.).
Der Senat ist ausgehend von diesen Maßstäben zu der Überzeugung gelangt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als mitarbeitender Gesellschafter in einem die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung begründenden Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden hat. Unter Berücksichtigung der in der klägerischen GmbH geltenden Rechtsmachtsverhältnisse war er dieser gegenüber weisungsgebunden (hierzu unter aa), was durch die vertraglichen Beziehungen zwischen ihm und der Klägerin untermauert wird (hierzu unter bb). Seine Tätigkeit fand eingegliedert in deren Betrieb statt (hierzu unter cc). Wesentliche Indizien, die für eine Selbstständigkeit sprechen, liegen nicht vor (hierzu unter dd). Auch fehlt es an einem die Versicherungspflicht ausschließenden Vertrauensschutz (hierzu unter ee).
aa) In der Zeit ab dem 1.6.2012 und auch nach dem 28.3.2013, in welcher der Beigeladene zu 1) für die Klägerin als mitarbeitender Gesellschafter tätig gewesen ist, war er an deren Stammkapital zu 25 v.H. beteiligt. Wer Gesellschaftsanteile an einer Kapitalgesellschaft hält, ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nur dann selbstständig erwerbstätig, wenn damit zugleich eine im Gesellschaftsvertrag verankerte wesentliche Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen dergestalt verbunden ist, dass im Einzelfall zumindest Einzelanweisungen an sich jederzeit abgewehrt werden können (vgl. z.B. BSG Beschl. v. 9.4.2019 – 12 KR 91/18 B – juris Rn. 6; Urt. v. 11.11.2015 – B 12 R 2/14 R – juris Rn. 28 m.w.N.; Urt. v. 19.8.2015 – B 12 KR 9/14 R – juris Rn. 26 f. m.w.N.).
Die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht, die den Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. den mitarbeitenden Gesellschafter in die Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft bestimmen oder zumindest ihm nicht genehme Weisungen verhindern zu können, muss gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein. Außerhalb des Gesellschaftsvertrags bestehende Vereinbarungen über die Ausübung von Stimmrechten, wirtschaftliche Verflechtungen oder tatsächliche Einflüsse kraft familiärer Verbundenheit oder überlegenen Wissens ("Kopf und Seele") sind nicht zu berücksichtigen. Sie vermögen die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben, weil sie nicht dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände genügen (st. Rspr., vgl. zB BSG Beschl. v. 9.4.2019 – B 12 KR 91/18 R – juris Rn. 7; Urt. v. 14.3.2018 – B 12 KR 13/17 R – juris Rn. 20, 22 m.w.N.; Senatsurt. v. 5.12.2018 – L 8 BA 95/18 – juris Rn. 127). Jedwede außerhalb der Satzung selbst statuierte Abrede birgt – jedenfalls abstrakt – die Gefahr, durch eine nachträgliche Abänderung zuvor getroffener Abreden rechtsmissbräuchlich rückwirkend Versicherungsfreiheit zu generieren. Dieses Risiko wird dann entscheidend gemindert, wenn nur im Gesellschaftsvertrag selbst verankerte und im Fall der Satzungsänderung dem notariellen Beurkundungsgebot (§§ 53 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, 54 GmbHG) unterliegende Abänderungen Maßstab der zu beurteilenden Rechtsmacht sind (vgl. Senatsurt. v. 5.12.2018 – L 8 BA 95/18 – juris Rn. 127).
Eine Rechtsmacht im genannten Sinn – und damit eine anzunehmende Selbstständigkeit – besteht bei einem mitarbeitenden Gesellschafter, der zugleich zum Geschäftsführer der GmbH bestellt ist, wenn er über eine Kapitalbeteiligung von mehr als 50 v.H. verfügt. Er ist ausnahmsweise auch dann als Selbstständiger anzusehen, wenn er exakt 50 v.H. der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist, die es ihm zumindest ermöglicht, ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern zu können (st. Rspr., vgl. z.B. BSG Urt. vom 19.9.2019 – B 12 R 25/18 R – juris Rn. 15 m.w.N.).
Etwas anderes gilt, wenn der mitarbeitende Gesellschafter einer GmbH – wie hier der Beigeladene zu 1) – nicht zum Geschäftsführer bestellt worden ist. Dieser besitzt allein aufgrund seiner gesetzlichen Gesellschafterrechte in der Gesellschafterversammlung grundsätzlich nicht regelmäßig auch zugleich die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft nach Belieben aufzuheben oder abzuschwächen. Seine Rechtsmacht erschöpft sich in solchen Fällen vielmehr allein darin, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung verhindern zu können. Vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ist die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Angestellten der Gesellschaft Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung (st. Rspr., vgl. z.B. BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 R 2/14 R – juris Rn. 37 m.w.N.; Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 13/14 R – juris Rn. 21; Urt. v. 19.8.2015 – B 12 KR 9/14 R – juris Rn. 28 m.w.N.; vgl. zum mitarbeitenden Gesellschafter mit 50-prozentiger Beteiligung auch Senatsurt. v. 5.12.2018 – L 8 BA 95/18 – juris Rn. 124 m.w.N.; LSG Sachsen Urt. v. 26.6.2018 – L 1 KR 267/13 – juris Rn. 41; LSG Baden-Württemberg Urt. v. 8.8.2019 – L 7 R 715/17 – juris Rn. 76).
Entsprechend diesen Grundsätzen war der Beigeladene zu 1) (von Beginn seiner Tätigkeit im Juni 2012 an und auch) über März 2013 hinaus an die Weisungen des Geschäftsführers der Klägerin gebunden und konnte ihm ungenehme Weisungen mit seiner Kapitalbeteiligung von (nur) 25 v.H. weder rechtlich (hierzu unter (1)) noch faktisch (hierzu unter (2)) abwehren.
(1) Die in der Gesellschafterversammlung vom 28.3.2013 beschlossene Änderung des § 12 Abs. 1 GV, die (im Übrigen erst) nach notarieller Beurkundung mit der Eintragung in das Handelsregister am 18.8.2014 wirksam geworden ist (§ 53 GmbHG), führt – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht dazu, dass die vom Beigeladenen zu 1) ausgeübte Tätigkeit ab April 2013 (bzw. ab August 2014) die Kriterien einer selbstständigen Beschäftigung im oben genannten Sinn erfüllt. Vielmehr konnte der Beigeladene zu 1) auch weiterhin ihm ungenehme Weisungen des Geschäftsführers der Klägerin nicht abwehren. Im Fall der Erteilung einer solchen Weisung hatte er mit seinem Gesellschaftsanteil von 25 v.H. nicht die Möglichkeit, die gem. § 12 Abs. 1 GV n.F. erforderliche Einstimmigkeit herbeizuführen, um den Geschäftsführer zu einer Änderung anzuhalten. Gleichermaßen konnte er eine gem. § 46 Nr. 5 GmbHG in der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung liegende Abberufung des Geschäftsführers nicht herbeiführen.
Auf unmittelbar gesellschaftsvertraglich verankerter Grundlage sind auch keine sonstigen Bestimmungen getroffen worden, die es dem Beigeladenen zu 1) ermöglicht hätten, bei der Ausübung seiner Tätigkeit jederzeit vom Geschäftsführer der Klägerin weisungsfrei agieren zu können. Die Satzung sieht weder vor, dass die Dienstaufsicht und die Ausübung von Weisungsbefugnissen gegenüber Angestellten der Gesellschaft allgemein oder gegenüber mitarbeitenden Gesellschaftern im Besonderen der Gesellschafterversammlung obliegen, noch regelt diese, dass jedwede dem Geschäftsführer zugewiesene Maßnahme der Dienstaufsicht und der Ausübung des Weisungsrechts gegenüber Angestellten bzw. mitarbeitenden Gesellschaftern von einem vorherigen Beschluss der Gesellschafterversammlung abhängig ist. Mangels abweichender Regelungen im GV gelten hinsichtlich der Aufgaben, Rechte und Pflichten des Geschäftsführers die Regelungen des GmbHG. In § 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG ist bestimmt, dass der Geschäftsführer die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich vertritt. Die außergerichtliche Vertretung einer GmbH umfasst die Abgabe von Willenserklärungen der GmbH nach außen und die Entgegennahme von an die GmbH gerichteten empfangsbedürftigen Willenserklärungen Dritter. Dies bedeutet, dass die Vertretungsmacht nach § 35 GmbHG den gesamten "Außenverkehr" beinhaltet (vgl. Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010, § 35, Rn. 79). Zum Außenverkehr zählen sämtliche Rechtsgeschäfte im Rahmen von Arbeitsverhältnissen, insbesondere auch die Erteilung von Weisungen. Das gilt gleichermaßen bei Arbeitsverhältnissen mit Gesellschaftern (Zöller/Noack, a.a.O., Rn. 82).
Auch der Stimmbindungsvertrag vom 28.3.2013 führt nicht dazu, dass der Beigeladene zu 1) als selbstständig anzusehen wäre. Schuldrechtliche Stimmbindungsvereinbarungen verschaffen einem Gesellschafter bereits deshalb nicht die behauptete Rechtsmacht, Einzelweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit zu verhindern, weil diese Vereinbarungen aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung gekündigt werden können (vgl. BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 13/14 R – juris Rn. 23, 31). Die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht, die den Gesellschafter in die Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen oder ihm nicht genehme Weisungen verhindern zu können, muss zudem – wie oben dargelegt – gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein. Eine allein schuldrechtliche Vereinbarung vermag die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben (vgl. BSG Urt. v. 19.9.2019 – B 12 KR 21/19 R – juris Rn. 18).
(2) Entgegen der Auffassung der Klägerin konnte sich der Beigeladene zu 1) über Weisungen des Geschäftsführers auch nicht "schlichtweg hinwegsetzen". Insbesondere bewirkte das in § 12 Nr. 1a GV n.F. vereinbarte Einstimmigkeitserfordernis bei einer Kündigung von Mitarbeitern nicht, dass – wie die Klägerin meint – jeder Gesellschafter und damit auch der Beigeladene zu 1) "im Grunde unkündbar" gewesen ist.
Gemäß § 47 Abs. 4 S. 1 GmbHG hat ein Gesellschafter, der durch die Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, hierbei kein Stimmrecht und darf ein solches auch nicht für andere ausüben. Dasselbe gilt von einer Beschlussfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegenüber einem Gesellschafter betrifft (§ 47 Abs. 4 S. 2 GmbHG). § 47 Abs. 4 S. 2 GmbHG erfasst auch einseitige oder rechtsgeschäftsähnliche Handlungen und damit auch die einem Gesellschafter gegenüber zu erklärende Kündigung eines Vertragsverhältnisses (vgl. BGH Urt. v. 31.5.2011 – II ZR 116/10 – juris Rn. 14 m.w.N.). Dem Einstimmigkeitserfordernis unterliegende Beschlüsse sind vom Stimmverbot nicht ohne Weiteres ausgenommen. Der einstimmige Beschluss kommt dann ohne die Stimme des vom Stimmrecht Ausgeschlossenen zustande (vgl. Schmidt in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 47 Rn. 108).
Vom Stimmverbot ausgenommen sind grundsätzlich sog. körperschaftliche Sozialakte, bei denen der Gesellschafter sein Mitgliedsrecht ausübt. Bei solchen, die inneren Angelegenheiten der Gesellschaft betreffenden Beschlüssen ist dem Gesellschafter die Mitwirkung nicht schon zu versagen, wenn der Beschlussinhalt zugleich auf seinen persönlichen Rechtskreis einwirkt (vgl. BGH Urt. 31.5.2011 – II ZR 109/10 – juris Rn. 15). So kann ein Gesellschafter etwa mitstimmen bei seiner Bestellung zum Geschäftsführer und seiner gewöhnlichen Abberufung und selbst bei der ordentlichen Kündigung seines Anstellungsvertrags (st. Rspr. des BGH, z. B. Urt. v. 4.4.2017 – II ZR 77/16 – juris Rn. 10 m.w.N.). Anders ist dies hingegen bei "Rechtsgeschäften gegenüber einem Gesellschafter" (vgl. Schmidt in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 47 Rn. 110). Insbesondere bei Entscheidungen, bei denen es um die Billigung oder Missbilligung seines Verhaltens geht, ist ihm die Mitwirkung zu versagen, da er ansonsten dadurch zum "Richter in eigener Sache" würde (st. Rspr. des BGH, z. B. Urt. v. 4.4.2017 – II ZR 77/16 – juris Rn. 10; Urt. v. 31.5.2011 – II ZR 109/10 – juris Rn. 15; s. auch: Senatsurt. v. 21.5.2014 – L 8 R 665/13 – juris Rn. 115). Insoweit handelt es sich um zwingendes Recht, das nicht vertraglich abbedungen werden kann (vgl. BGH Urt. v. 12.6.1989 – II ZR 246/88 – juris Rn. 19; Schmidt in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 47 Rn. 173). Mit dem Stimmverbot für die Beschlussfassung über Rechtsgeschäfte, die gegenüber dem Gesellschafter vorgenommen werden, soll vermieden werden, dass die Willensbildung der Gesellschaft durch den überwiegenden Einfluss der individuellen, verbandsfremden Sonderinteressen des Gesellschafters beeinträchtigt wird (vgl. BGH Urt. v. 31.5.2011 – II ZR 116/10 – juris Rn. 16). Voraussetzung für ein Stimmverbot ist, dass auf Grund eines bestimmten Interessenkonflikts typischerweise damit zu rechnen ist, der Gesellschafter werde sich bei der Abstimmung von seinen eigenen Interessen leiten lassen und die Interessen der Gesellschaft hintanstellen (vgl. BGH Urt. v. 21.6.2010 – II ZR 230/08 – juris Rn. 16). Ein Gesellschafter ist daher insbesondere von der Beschlussfassung über eine außerordentliche Kündigung seines Anstellungsvertrags aus wichtigem Grund ausgeschlossen (st. Rspr. des BSG, z. B. Urt. v. 4.4.2017 – II ZR 77/16 – juris Rn. 10; Urt. v. 21.6.2010 – II ZR 230/08 – juris Rn. 13 Urt. v. 27.10.1986 – II ZR 74/86 – juris Rn. 10).
Eine derartige außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Beigeladenen zu 1) aber wäre in Betracht gekommen, wenn dieser ihm nicht genehme arbeitsvertragliche Weisungen des Geschäftsführers der Klägerin beharrlich verweigert hätte (vgl. BAG Urt. v. 22.10.2015 – 2 AZR 569/14 – juris Rn. 22). Aufgrund des hierfür wie dargelegt geltenden Stimmverbots wäre es dem Beigeladenen zu 1) somit trotz des Einstimmigkeitserfordernisses in der Gesellschafterversammlung gerade nicht möglich gewesen, sich seiner außerordentlichen Kündigung zu widersetzen. Entsprechend konnte er damit letztlich die rechtliche Durchsetzung von Weisungen aus dem Anstellungsvertrag nicht verhindern (vgl. Senatsurt. v. 20.6.2018 – L 8 R 725/16 – juris Rn. 135; LSG Baden-Württemberg Urt. v. 23.11.2016 – L 5 R 50/16 – juris Rn. 79).
bb) Die gesellschaftsrechtlich bestehende Weisungsgebundenheit des Beigeladenen zu 1) wird darüber hinaus durch den zwischen ihm und der Klägerin am 28.3.2013 geschlossenen "Geschäftsleiter"-Vertrag, der das Verhältnis der Vertragsparteien bestimmt hat und daher offenkundig auch nicht nur zum Schein getroffen worden ist, untermauert. Eine von den vertraglichen Vereinbarungen abweichende, rechtlich anzuerkennende konkludente Vertragsänderung in der Praxis wurde weder dargelegt noch ist diese sonst ersichtlich. Dieser Vertrag entspricht in seinen wesentlichen Teilen dem zuvor ab dem 1.6.2012 geltenden "Anstellungs"-Vertrag und weist (entsprechend weiterhin) für eine Beschäftigung typische Merkmale auf. Allein die ab März 2013 erfolgte Umbenennung des Vertragstitels und nunmehrige Bezeichnung der Position des Beigeladenen zu 1) als eines "Mitglieds der Geschäftsleitung" statt zuvor als "Mitglied der Betriebsleitung" ist für die statusrechtliche Beurteilung ohne Relevanz. Im Übrigen ist auch weder geltend gemacht worden oder sonst ersichtlich, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse der Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin nach Abschluss des GLV vom 28.3.2013 geändert haben. § 1 Abs. 4 des GLV benennt die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) (weiterhin) als "Arbeitsverhältnis". Auch die sonstigen Regelungen entsprechen dem vorigen Vertrag und sind für ein Beschäftigungsverhältnis typisch. Dem Beigeladenen zu 1) konnten gemäß § 1 Abs. 3 GLV besondere Aufgaben zugewiesen werden. Geregelt wurde unter § 3 Abs. 1 GLV zudem eine feste monatliche Arbeitsvergütung. Die – auch bei Arbeitnehmern nicht ungewöhnliche – Gewährung einer Tantieme spricht nicht gegen eine abhängige Beschäftigung (vgl. BSG Urt. v. 19.9.2019 – B 12 R 25/18 R – juris Rn. 17). Nach § 3 Abs. 1 GLV hatte der Beigeladene zu 1) – gleichfalls arbeitnehmertypisch – Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen und nach § 4 Abs. 1 GLV Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Arbeitsverhinderung infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit hatte er – ebenfalls arbeitnehmertypisch – nach § 4 Abs. 3 GLV "unverzüglich" der Klägerin anzuzeigen und "spätestens bis zum Ablauf des dritten Werktags eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen."
Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Regelungen des Vertrags bezüglich des Urlaubs und der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall im Vergleich mit den typischen Regelungen aus dem Arbeitsleben Besonderheiten aufweisen, kommt dem kein besonderes Gewicht zu, weil auch Arbeitnehmer im Rahmen der Privatautonomie die Möglichkeit haben, weitergehende Rechte mit ihrem Arbeitgeber auszuhandeln (vgl. Preis in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 20. Aufl. 2020, § 611a BGB Rn. 371).
Dass der Beigeladene zu 1) nach § 1 Abs. 2 GLV die ihm übertragenen Aufgaben eigenverantwortlich und selbstständig wahrnehmen konnte, den Arbeitnehmern, die nicht Gesellschafter sind, vorgesetzt war und bei fehlenden Regelungen zur wöchentlichen Arbeitszeit und zum Arbeitsort in der tatsächlichen Ausgestaltung seiner Tätigkeit weitreichende Gestaltungsfreiheiten hatte, ändert nichts daran, dass er grundsätzlich einem Weisungsrecht der Klägerin unterlag. Weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines – wie hier – "leitenden Angestellten", bedingen lediglich eine Verfeinerung des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess, machen diesen jedoch nicht schon zu einem Selbstständigen (vgl. z.B. BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 R 2/14 R – juris Rn. 24 m.w.N.).
Gleiches gilt, wenn der Beigeladene zu 1) in der täglichen Praxis tatsächlich keine Weisungen des Geschäftsführers erhalten hat, da dies für die Bestimmung des sozialrechtlichen Status unbeachtlich ist. Aus der nur faktischen Nichtwahrnehmung eines Weisungs-, Aufsichts- oder Überwachungsrechts kann nicht auf einen rechtswirksamen Verzicht auf dieses Recht geschlossen werden; maßgeblich für die Beurteilung ist vielmehr allein die im zu beurteilenden Zeitraum bestehende Rechtsmacht (vgl. z.B. BSG Urt. v. 14.3.2018 – B 12 KR 13/17 R – juris Rn. 23; Urt. v. 11.11.2015 – B 12 R 2/14 R – juris Rn. 39, 41; Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 10/14 R – juris Rn. 31; Urt. v. 29.7.2015 – B 12 KR 23/13 R – juris Rn. 25 m.w.N.; vgl. auch Senatsurt. v. 5.12.2018 – L 8 BA 95/18 – juris Rn. 141).
Soweit der Beigeladene zu 1) nach § 1 Abs. 2 GLV anderen angestellten Gesellschaftern gegenüber nicht weisungsgebunden ist, führt dies gleichfalls nicht zu einem anderen Ergebnis. Bereits unter Beachtung gesellschaftsrechtlicher Erfordernisse dürfte sich diese Bestimmung schon nicht zulässig auf einen organschaftlich agierenden (Gesellschafter-)Geschäftsführer beziehen. Darüber hinaus kommt einer entsprechenden Regelung im AV aber auch grundsätzlich deshalb keine relevante Wirkung zu, weil es sich bei diesem Vertrag nicht um eine unmittelbar gesellschaftsrechtlich verankerte Rechtsgestaltung handelt. Von einer Weisungsgebundenheit des Beigeladenen zu 1) geht im Übrigen auch § 1 Abs. 3 GLV aus, wonach dem Beigeladenen zu 1) Aufgabengebiete zugeteilt werden konnten.
cc) Der Beigeladene zu 1) war mit dem vom Vertrag erfassten Aufgabengebiet auch klar in einen für ihn fremden Betrieb, dem der Klägerin, eingegliedert. Seine vertraglich vereinbarten Leistungen konnten nur umfassend eingebunden im organisatorischen, personellen und sachlichen Organisationsablauf der Klägerin erbracht werden. Diese war als juristische Person des Privatrechts mit eigener Rechtspersönlichkeit alleinige Unternehmensträgerin (vgl. § 13 Abs. 1 GmbHG) und von den als Gesellschaftern dahinterstehenden Personen – und damit auch vom Beigeladenen zu 1) – unabhängig (vgl. BSG Urt. v. 29.7.2015 – B 12 KR 23/13 R – juris Rn. 24 m.w.N.; Senatsurt. v. 5.12.2018 – L 8 BA 95/18 – juris Rn. 139).
dd) Indizien, die für eine Selbstständigkeit sprechen, liegen hingegen nicht in relevantem Maße vor. Weder verfügte der Beigeladene zu 1) über eine eigene Betriebsstätte noch trug er insbesondere ein Unternehmerrisiko. Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. etwa BSG Urt. v. 25.1.2001 – B 12 KR 17/00 R – juris Rn. 24; Urt. v. 28.5.2008 – B 12 KR 13/07 R – juris Rn. 27), denen sich der Senat in seiner ständiger Rechtsprechung angeschlossen hat (vgl. z.B. Senatsurt. v. 22.4.2015 – L 8 R 680/12 – juris Rn. 122), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist (st. Rspr., vgl. zB BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 36 m.w.N.). Seine Arbeitskraft musste der Beigeladene zu 1) angesichts der anstellungsvertraglich vereinbarten Gegenleistung in Form einer Festvergütung nicht mit der Gefahr des Verlustes einsetzen (vgl. hierzu BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 R 2/14 R – juris Rn. 26). Das verbleibende Risiko der Insolvenz des Auftrag- bzw. Arbeitgebers trifft Arbeitnehmer in gleicher Weise (vgl. z.B. BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 37).
In der Gesamtschau überwiegen damit (auch) in der Zeit ab dem 1.4.2013 bzw. der formal rechtswirksamen Änderung des GV, d. h. ab dem 18.8.2014, die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) und eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sprechen.
ee) Ein der Feststellung der Versicherungspflicht entgegenstehender Vertrauensschutz der Klägerin nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) aufgrund der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses des Geschäftsführers N besteht nicht. Vielmehr bedarf jedes Beschäftigungsverhältnis einer eigeständigen Beurteilung. Da sich die gesellschaftsrechtliche Stellung des Geschäftsführers (§ 6 GmbHG) – wie bereits ausgeführt – von derjenigen eines mitarbeitenden Gesellschafters bzw. Mitglieds der Geschäftsleitung unterscheidet, kann die Klägerin aus der Feststellung der Versicherungsfreiheit des Herrn N keine Rechtsfolgen in Bezug auf die statusrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) ableiten.
b) Tatbestände, die eine Versicherungsfreiheit des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung begründen, sind weiterhin nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind weder erstattungsfähig noch sind diese mit Kosten zu belasten, da sie von einer Antragstellung abgesehen haben (vgl. § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Der Streitwert ist für das Berufungsverfahren gemäß § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG) auf 5.000 Euro festzusetzen. In Verfahren vor den Sozialgerichten ist der Streitwert, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts – wie hier – keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist ein Streitwert von 5.000 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG). Davon geht der Senat im Rahmen von Statusfeststellungsverfahren aus (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 12.4.2017 – L 8 R 104/17 – juris Rn. 18 f.).
Erstellt am: 29.06.2020
Zuletzt verändert am: 29.06.2020