Der Rechtsstreit wurde vom Kl. beim BSG für erledigt erklärt.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 11.05.2012 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer dem Kläger gegenüber ausgesprochenen Aufforderung zur Auskunftserteilung nach § 117 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII).
Der am 00.00.1957 geborene Kläger ist Vater des am 00.00.1983 geborenen E F (im Folgenden: Hilfempfänger). Der Hilfeempfänger gilt seit dem 15.06.1984 als schwerbehindert; bei ihm wurden unbefristet ein Grad der Behinderung von zurzeit 50 sowie die Merkzeichen G – Nachteilsausgleich "erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr" – und B – Nachteilsausgleich "Notwendigkeit ständiger Begleitung" – festgestellt. Er leidet an einer Tuberösen Sklerose mit Nieren- und Leberbeteiligung und lebt alleine. Seine Mutter, Frau D F, wurde 1989 vom Kläger geschieden und bezieht nach Aktenlage Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch – Zweites Buch (SGB II).
Seit dem 29.06.2009 erhält der Hilfeempfänger von der Beklagten Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB – Zwölftes Buch (XII). Die Beklagte ging dabei aufgrund eines Gutachten nach Aktenlage des Gesundheitsamtes des Rhein-Kreis O von einer vollen Erwerbsminderung des Hilfeempfängers im Sinne des § 43 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) aus, die jedoch wegen der sehr seltenen und schweren Erkrankung und einer langandauernden Behandlung gegenwärtig nicht auf Dauer bestehe, sondern zunächst für ein Jahr anzunehmen sei. Gegen die entsprechenden Bewilligungsbescheide der Beklagten legte der Hilfeempfänger keinen Widerspruch ein. Bis zum Beginn der Sozialhilfeleistungen hatte der Hilfeempfänger Arbeitslosengeld II von der ARGE Rhein-Kreis O bezogen.
Mit Bescheid vom 12.11.2009 bewilligte darüber hinaus die Deutsche Rentenversicherung Rheinland dem Hilfeempfänger auf dessen Antrag vom 16.07.2009 eine bis zum 30.06.2011 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem Leistungsfall am 15.06.2009 (nach den Angaben des Hilfeempfängers der Zeitpunkt der Feststellung von Arbeitsunfähigkeit) beginnend am 01.01.2010. Grundlage der Rentenbewilligung war ein Gutachten des Arztes für Allgemeinmedizin N vom 28.10.2009, der bei dem Leistungsvermögen ein Leistungsvermögen von unter 3 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt festgestellt, im Hinblick auf die Teilnahme des Hilfeempfänmgers an einer von der Charité in Berlin durchgeführten Studie jedoch ausgeführt hatte, der Krankheitsverlauf sei aus medizinischer Sicht abzuwarten, und eine Zeitrente für die Dauer von 2 Jahren empfohlen hatte. Gegen die Befristung der Rentengewährung legte der Hilfeempfänger ebenfalls keinen Widerspruch ein.
Die laufende Rentenzahlung rechnete die Beklagte fortlaufend als Einkommen des Hilfeempfängers an und gewährte ihm dementsprechend ab Februar 2010 geringere Sozialhilfeleistungen.
Mit Bescheid vom 04.08.2009 zeigte die Beklagte dem Kläger die Hilfegewährung an den Hilfeempfänger ab dem 29.06.2009 an und teilte ihm mit, dass er zu den potentiell unterhaltspflichtigen Personen gehöre und der Unterhaltsanspruch des Hilfeempfängers für die Zeit der Hilfegewährung auf sie übergehe. Weiterhin forderte sie den Kläger auf, gemäß § 117 SGB XII Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen.
Gegen die Aufforderung zur Auskunftserteilung erhob der Kläger am 19.08.2009 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, dass der Hilfeempfänger dauerhaft erwerbsgemindert im Sinne des Vierten Kapitels des SGB XII sei. Infolge dessen sei er als Vater nicht unterhaltspflichtig; denn er verdiene weniger als 100.000 Euro im Jahr.
Nach der Bewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung an den Leistungsberechtigten wies der Landrat des Rhein-Kreis O als Widerspruchsbehörde den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 26.05.2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, § 117 Abs. 1 SGB XII begründe eine eigenständige öffentlich-rechtliche Auskunftspflicht. Der Kläger sei auskunftspflichtig, weil er zumindest dem Grunde nach gemäß §§ 1601 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unterhaltspflichtig sei. Die Auskunftspflicht setzte nicht einen später tatsächlich bestehenden Unterhaltsanspruch voraus. Die Möglichkeit eines Unterhaltsanspruchs werde durch die Einwände des Klägers nicht berührt. Nach der Rechtsbehelfsbelehrung dieses Widerspruchsbescheids war Klage beim Sozialgericht Düsseldorf zu erheben.
Der Kläger hat am 08.06.2010 Klage beim Sozialgericht (SG) Duisburg erhoben. Zunächst hat er seine Klage gegen den Rhein-Kreis O gerichtet. Mit am 09.07.2010 eingegangenem Schriftsatz hat er beantragt, als Beklagte den Bürgermeister der Beklagten aufzunehmen. In der Sache hat er die Auffassung vertreten, der Hilfeempfänger sei in Wirklichkeit berechtigt, als dauerhaft voll erwerbsgeminderte Person Leistungen nach dem Vierten Kapitel des GSB XII zu erhalten. In diesem Fall bestünde aber kein Auskunftsanspruch gegen ihn. Er sei auch nicht an die Feststellungen und Bescheide der Beklagten und des Rentenversicherungsträgers gegenüber dem Leistungsberechtigten gebunden, zumal der Hilfeempfänger mangels Rechtsschutzbedürfnisses auch nicht gegen die Bewilligung von Leistungen nach dem Dritten Kapitel anstelle der Leistungen nach dem Vierten Kapitel hätte vorgehen können. Es müsse deshalb im vorliegenden Verfahren durch Einholung eines Sachverständigengutachtens geklärt werden, ob eine dauerhafte Erwerbsminderung des Hilfeempfängers bestehe. Insoweit komme die sog. "Theorie der Negativevidenz" nicht zur Anwendung. Da über den Auskunftsanspruch wirtschaftlich auch über seine Haftung entschieden werde, bestehe auch im vorliegenden Verfahren ein erhebliches Rechtsschutzinteresse an der Klärung dieser Frage. Zur Begründung seines Vorbringens hat der Kläger den Hilfeempfänger betreffende ärztliche Bescheinigungen des Nephrologen Dr. H vom 15.10.2010 und der Fachärztin für Pychiatrie und Psychotherapie Dr. M vom 17.12.2010 zu den Akten gereicht, in denen dem Hilfeempfänger eine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit bescheinigt wird.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 04.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2010 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat darauf verwiesen, dass die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers, der eine dauerhafte volle Erwerbsminderung nicht angenommen habe, für sie nach § 45 Abs. 1 Satz 2 SGB XII bindend sei. Im Übrigen sehe auch § 43 Abs. 2 Satz 4 SGB XII (i.d.F. bis zum 31.12.2012) einen Auskunftsanspruch des Sozialhilfeträgers bei der Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel vor. Der Grundsatz der Negativevidenz müsse nicht nur für die Frage des Bestehens eines Unterhaltsanspruchs, sondern auch für Frage der Rechtmäßigkeit der Leistungen nach dem Dritten oder dem Vierten Kapitel des SGB XII gelten. Dass der Hilfeberechtigte in Wirklichkeit Anspruch auf Leistungen nach Vierten Kapitel gehabt habe, sei gerade nicht offenkundig. Eine weitergehende Prüfung könne im Rahmen des Auskunftsanspruchs nach § 117 SGB XII vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein.
Mit Bescheid vom 01.04.2011 hat die Deutsche Rentenversicherung Rheinland die befriste Rente des Hilfeempfängers wegen voller Erwerbsminderung bis zum 30.06.2014 verlängert. Der Hilfeempfänger hat wiederum gegen die Befristung keinen Widerspruch eingelegt. Die Deutsche Rentenversicherung Rheinland hat darüber hinaus einen Antrag des Hilfeempfängers auf Bewilligung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zunächst mit der Begründung abgelehnt, die Erwerbsfähigkeit des Hilfeempfängers könne hierdurch nicht wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden. Nachdem der Hilfeempfänger hiergegen mit der Begründung Widerspruch eingelegt hat, die Rehabilitation könne dazu beitragen, seinen physischen und psychischen Zustand zu verbessern, hat der Rentenversicherungsträger für den Hilfeempfänger vom 31.01.2012 bis zum 28.02.2012 eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme in Bad T durchgeführt. Aus dieser Maßnahme ist der Hilfeempfänger mit einem unter dreistündigen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen worden.
Mit Urteil vom 11.05.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei berechtigt, aufgrund ihrer Hilfeleistungen an den Leistungsberechtigten von dem Kläger gemäß § 117 SGB XII Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu verlangen. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheides sei im Rahmen dieser Anfechtungsklage der Erlass des Widerspruchsbescheides am 26.05.2010. Die Beklagten habe davon ausgehen können und müssen, dass der Hilfeempfänger Anspruch auf Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII und nicht auf Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitels des SGB XII habe. Denn für die Beklagte sei die Entscheidung des zuständigen Rentenversicherungsträgers in den bestandskräftigen Bescheiden vom 23.12.2009 und zuletzt vom 01.04.2011 nach § 45 Abs. 1 S. 2 SGB XII bindend und nicht anfechtbar. Darüber hinaus dürfe der Sozialhilfeträger auch bei etwaigen Unterhaltspflichtigen von Grundsicherungsleistungsempfängern Auskünfte verlangen. Nach § 43 Abs. 2 S. 3 SGB XII könne die Behörde Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die jeweiligen Einkommensverhältnisse zuließen; nach den Sätzen 4 und 5 bestehe dann ggf. auch eine weitergehende Auskunftspflicht. Die Aussage des Klägers, er verdiene nicht mehr als 100.000 Euro pro Jahr, sei bisher jedenfalls nicht belegt. Die Behörde habe einen großen Ermessensspielraum, welche Auskünfte sie ihres Erachtens für geeignet und erforderlich halte, um eine etwaige Leistungspflicht von Dritten zu überprüfen (Verweis auf Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.09.2009, Az. L 20 SO 96/08). Das Auskunftsersuchen der Beklagten wäre nur dann rechtswidrig, wenn offensichtlich kein überleitbarer Anspruch bestünde, sog. Grundsatz der Negativevidenz. Dies sei vorliegend nicht anzunehmen. Im Gegenteil gehe der Kläger selbst davon aus, dass er ohne die Privilegierung des § 43 Abs. 2 S. 1 SGB XII zu Unterhaltszahlungen herangezogen werden könnte. Schließlich sei der Beweisantrag des Klägers, seinem Sohn einer richterlich angeordneten, ambulanten Untersuchung durch einen Sachverständigen auszusetzen, abzulehnen gewesen. Zunächst sei die Indizwirkung der bestandskräftigen Leistungserbringung durch den Rentenversicherungsträger zu beachten. Die Kammer halte es bei dieser Sachlage für offenkundig grob unverhältnismäßig, dem Sohn als in diesem Verfahren unbeteiligten Dritten diesen schwerwiegenden Eingriff aufzuerlegen. Bei der Abwägung des Datenschutzinteresses/informationellen Selbstbestimmungsrechts des Klägers einerseits und dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit/Integrität des Sohnes andererseits überwögen die Interessen des nicht beteiligten Sohnes nach Auffassung der Kammer ganz eindeutig. Die Nichterweislichkeit einer unbefristeten, dauerhaften vollständigen Erwerbsminderung des Sohnes gehe zu Lasten des Klägers.
Mit Schreiben vom 14.05.2012 hat der Kläger zunächst gegenüber der Beklagten mitgeteilt, dass er bereits im Jahre 2011 ein Einkommen von über 100.000,- Euro erzielt habe. Für die Zeit ab dem 01.01.2011 sei er daher bereit, Unterhalt zu zahlen. Für die Zeit davor bleibe es jedoch dabei, dass sein Einkommen wesentlich geringer gewesen sei als 100.000,- Euro.
Gegen dieses seinem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis vom 18.05.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.06.2012 Berufung eingelegt. Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor, die Rechtmäßigkeit des Auskunftsverlangens hänge entscheidend davon ab, ob der Hilfeempfänger zu Recht Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII erhalten habe. Würde diese Frage nicht geprüft, würde die Privilegierung der Unterhaltspflichtigen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ausgehebelt. Die Negativevidenz spiele nur bei der Frage eine Rolle, ob ein Rechtsmittel gegen eine Überleitung erfolgversprechend sei oder nicht. Für eine Auskunftspflicht sei jedoch erforderlich, dass ein Anspruch bestehe. Die Negativevidenz spiele hierbei keine Rolle. Gegenteiliges sei bislang auch nicht entschieden worden. Nach der vom SG herangezogenen Vorschrift des § 43 Abs. 2 SGB XII könne zudem vorliegend keine Auskunft verlangt werden, denn nach § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB XII dürfe der Sozialhilfeträger nur allgemeine Angaben verlangen, aber nicht nach dem Einkommen fragen. Die Durchführung der Begutachtung des Hilfeempfängers sei auch nicht unverhältnismäßig, denn dadurch könnte der ansonsten notwendige Prozess vor dem Familiengericht vermieden werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 11.05.2012 abzuändern und den Bescheid vom 04.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.05.2010 aufzuheben, soweit er für die Zeit bis zum 31.12.2010 zur Auskunft verpflichtet worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist erneut auf die Grundsätze der Negativevidenz und hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat die Akten des Hilfeempfängers bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf die Prozessakte und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Deutschen Rentenversicherung Bezug. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
I. Die Berufung ist unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstandes nach Maßgabe von §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Klägerin wendet sich nicht gegen einen Verwaltungsakt, der (unmittelbar) auf eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung gerichtet ist im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Dem Auskunftsersuchen, das verfahrensrechtlich die Vorstufe zum Übergang von Ansprüchen nach §§ 93 ff. SGB XII insbesondere gegen Unterhaltspflichtige bildet (vgl. u.a. Blüggel, in: jurisPK-SGB XII, § 117 Rn. 17), kann ein bezifferbarer wirtschaftlicher Wert nicht zugeordnet werden, weil mit dessen Hilfe überhaupt erst festgestellt werden soll, ob und ggf. in welcher Höhe ein überleitungsfähiger Zahlungsanspruch besteht (vgl. LSG NRW, Urt. v. 07.05.2012 – L 20 SO 32/12 -, juris Rn. 17).
II. Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage – die Umstellung der Klage auf die Beklagte erfolgte innerhalb der infolge der fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung im Widerspruchsbescheid (SG Düsseldorf statt richtig SG Duisburg) gemäß § 66 Abs. 2 SGG geltenden Jahresfrist, so dass sich Frage einer Verfristung insoweit nicht stellt – im Ergebnis zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide, soweit sie den Zeitraum bis zum 31.10.2010, auf den der Kläger seine Klage im Berufungsverfahren durch Teilklagerücknahme reduziert hat (vgl. § 102 Abs. 1 SGG), betreffen, nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig.
1. a) Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid vom 04.08.2009 ist § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Danach haben die Unterhaltspflichtigen, ihre nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und die Kostenersatzpflichtigen dem Träger der Sozialhilfe über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu geben, soweit die Durchführung des SGB XII es erfordert. § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII begründet eine eigenständige öffentlich-rechtliche Pflicht zur Auskunftserteilung, der ein von dem zivilrechtlichen Auskunftsanspruch aus § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 1605 BGB zu unterscheidender öffentlich-rechtlicher Auskunftsanspruch des Sozialhilfeträgers gegenübersteht. Die Vorschrift ermächtigt den Träger der Sozialhilfe, die Auskunftspflicht durch Verwaltungsakt gegenüber dem Pflichtigen geltend zu machen und bei Auskunftsverweigerung im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchzusetzen (vgl. zu alledem u.a. BVerwG, Urt. v. 21.01.1993 – 5 C 22/90 -, juris Rn. 7 zu der im Wesentlichen inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 116 Abs. 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG); vgl. ferner ausführlich Blüggel, a.a.O., Rn. 54, 55).
b) § 43 Abs. 2 Satz 4 und 5 SGB XII in der Fassung bis zum 31.12.2012 (ab 01.01.2013: Abs. 3 Satz 4 und 5) scheidet hingegen als Ermächtigungsgrundlage aus. Abgesehen davon, dass die Beklagte keine Leistungen nach dem Vierten Kapitel gewährt hat, ist die Vorschrift von ihrer Zielsetzung her nicht einschlägig. Da im Falle des Überschreitens der Einkommensgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XII und der Widerlegung der Vermutung des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB XII ein tatsächlich bestehender Unterhaltsanspruch gegen Eltern oder Kinder des Hilfeempfängers gemäß § 43 Abs. 2 Satz 6 SGB XII den Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitelt ausschließt, zielt die in § 43 Abs. 2 Satz 4 und 5 SGB XII geregelte Auskunftspflicht darauf ab, das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs auch in zivilrechtlicher Hinsicht sowie die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII abschließend zu klären. Sie kommt daher in dem auf die Bewilligung der laufenden Leistungen nach dem Vierten Kapitel gerichteten Verwaltungsverfahren zur Anwendung. Demgegenüber geht es der Beklagten hier allein darum, nach erfolgter Leistungsbewilligung zu klären, ob die Geltendmachung eines möglicherweise bestehenden, nach § 94 SGB XII kraft Gesetzes auf sie übergegangenen Anspruchs von den Zivilgerichten wirtschaftlich sinnvoll ist. Diesem Zweck dient die Auskunftspflicht nach § 117 Abs. 1 SGB XII.
Im Übrigen besteht eine Auskunftspflicht nach § 43 Abs. 2 (ab. 01.01.2013: Abs. 3) Satz 4 und 5 SGB XII nur, wenn im Einzelfall Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Einkommensgrenze von 100.000,- Euro überschritten wird. Für die allein streitige Zeit vom 29.06.2009 bis zum 31.10.2010 ist dies bislang nicht der Fall. Unabhängig davon, ob die Auskunft des Klägers, er habe erst im Jahre 2011 über mehr als 100.000,- Euro Gesamteinkommen verfügt, zutrifft, sind bislang keine Umstände bekannt, die auf eine Überschreitung der Einkommensgrenze bis zum 31.10.2010 schließen lassen könnten. Es ist noch nicht einmal bekannt, welche Tätigkeit der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt ausgeübt hat.
2. Der Bescheid ist formell rechtmäßig.
Der Kläger ist zwar vor Erlass des Bescheids vom 04.08.2009 nicht angehört worden. Der darin liegende Verstoß gegen § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist jedoch durch Durchführung des Widerspruchsverfahrens geheilt worden (§ 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X).
Die Heilung eines Anhörungsfehlers im Widerspruchsverfahrens setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) voraus, dass (a) die Behörde dem Betroffen in dem angefochtenen Verwaltungsakt die wesentlichen Tatsachen mitteilt, auf die sie ihre Entscheidung stützt, wobei es hinsichtlich der Wesentlichkeit auf die – u.U. unzutreffende – Rechtsauffassung der Behörde ankommt, (b) dem Betroffenen Gelegenheit gegeben wird, zu den von der Behörde für entscheidungserheblich gehaltenen Tatsachen Stellung zu nehmen, wobei dies in der Regel durch die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheids gewährleistet ist, es sei denn, die Behörde verwertet im Widerspruchsverfahren neue Tatsachen zu Lasten des Betroffenen, und (c) die Behörde im Widerspruchsbescheid erkennen lässt, dass sie die vorgebrachten Argumente des Widerspruchsführers zur Kenntnis genommen und abgewogen hat (vgl. BSG, Urt. v. 22.10.1998 – B 7 AL 106/97 R -, juris Rn. 26; Urt. v. 13.12.2001 – B 13 RJ 67/99 R -, juris Rn. 26 ff.; Urt. v. 11.06.2003 – B 5 RJ 28/02 R -, juris Rn. 29; Schütze, in: v. Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010 § 41 Rn. 15).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Bescheid vom 04.08.2009 nennt alle wesentlichen Tatsachen, die die Beklagte dazu bewogen haben, von dem Kläger Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu fordern. Im Widerspruchsverfahren hatte der Kläger Gelegenheit, zu diesen Gesichtspunkten Stellung zu nehmen. Mit den Einwänden des Klägers hat sich die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 26.05.2010 auseinander gesetzt. Auf neue Tatsachen, zu denen sich der Kläger nicht hat äußern können, hat sie ihre Entscheidung im Widerspruchsbescheid nicht gestützt.
Einer Anhörung des Hilfeempfängers selbst bedurfte es – anders als bei einer Überleitungsanzeige nach § 93 SGB XII (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 02.02.2010 – B 8 SO 17/08 R – Rn. 13) – nicht, weil dessen Rechte durch das reine Auskunftsersuchen von vornherein nicht betroffen sein können (vgl. LSG NRW, Urt. v. 07.05.2012 – L 20 SO 32/12 -, juris Rn. 22).
3. Der Bescheid vom 04.08.2009 ist auch materiell rechtmäßig. Insoweit kommt es entgegen der Auffassung des SG auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat an, da es sich bei der angefochtenen, ausdrücklich unbefristeten Verpflichtung zur Auskunftserteilung um einen belastenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt (vgl. insoweit Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 54 Rn. 33a). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII liegen und lagen jedoch jedenfalls in dem vom Kläger eingegrenzten streitgegenständlichen Zeitraum bis zum 31.10.2010 durchgehend vor.
a) Der Kläger ist, was die zivilrechtlichen Bewertungen betrifft, als Unterhaltspflichtiger im Sinne von § 117 Abs. 1 SGB XII anzusehen.
(1) Die Rechtmäßigkeit des hier streitigen Auskunftsverlangens setzt nicht voraus, dass dem Hilfeempfänger dem Kläger gegenüber ein zivilrechtlicher Unterhaltsanspruch tatsächlich und nachweislich zusteht. Der 20. Senat des LSG NRW hat hierzu in seinem Urteil vom 07.05.2012 – L 20 SO 32/12 -, juris Rn. 27 ff., Folgendes ausgeführt:
"Nach dem von der Rechtsprechung des BVerwG zu § 90 BSHG entwickelten Grundsatz der Negativ-Evidenz ist die Überleitung von (Unterhalts-)Ansprüchen nicht schon dann rechtswidrig, wenn der übergeleitete Anspruch nicht besteht, es sei denn, er besteht offensichtlich nicht (mehr) (vgl. u.a. BVerwGE 49, 311, 315 ff.; 56, 300, 302; 87, 217, 225); denn es ist nicht Aufgabe der Sozialgerichte, unterhaltsrechtlichen Fragen (näher) nachzugehen. Unter Beachtung der Aufgabenzuweisung in dem gegliederten Rechtsschutzsystem der Bundesrepublik Deutschland, das bereits verfassungsrechtlich vorgegeben ist (vgl. Art. 92 ff. GG), obliegt die Prüfung unterhaltsrechtlicher Fragen vielmehr den insoweit rechtswegmäßig kompetenten Zivilgerichten (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.10.1978 – V C 54.77). Nur wenn ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch nach objektivem, materiellem Recht offensichtlich ausgeschlossen ist – und insofern ist mit Blick auf die gegliederte Aufgabenzuweisung strikte Zurückhaltung geboten (BVerwG, Urteil vom 05.10.1978 – V C 54.77) – ist eine gleichwohl erlassene, erkennbar sinnlose Überleitungsanzeige aufzuheben (ständige Rechtsprechung des BVerwG, u.a. Urteil vom 06.11.1975 – V C 28.75; ferner BVerwGE 49, 311, 315 ff.; 56, 300, 302; 87, 217, 225).
Für die hier streitbefangene Auskunftspflicht nach § 117 Abs. 1 SGB XII, die – wie bereits eingangs dargelegt – verfahrensrechtlich die Vorstufe zum Übergang von Ansprüchen nach §§ 93 ff. SGB XII insbesondere gegen Unterhaltspflichtige bildet, gelten keine strengeren Anforderungen (BVerwG, Urteil vom 21.01.1993 – 5 C 22/90 zu der inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 116 Abs. 1 BSHG); denn ihr Zweck ist es, dem Sozialhilfeträger erst die Prüfung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang der Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) durch Inanspruchnahme Dritter, namentlich des zur Auskunft Herangezogenen, hergestellt werden kann (BVerwG, Urteil vom 21.01.1993 – 5 C 22/90), und bei Ungewissheit einer Unterhaltsverpflichtung zur Sachverhaltsklärung beizutragen (Blüggel, a.a.O., § 117 SGB XII Rn. 26). Dieser Zweck gebietet es, als "Unterhaltspflichtige" im Sinne von § 117 Abs. 1 SGB XII alle Personen anzusehen, die als Unterhaltsschuldner in Betracht kommen, d.h. nicht offensichtlich ausscheiden (BVerwG, Urteil vom 21.01.1993 – 5 C 22/90 zu § 116 Abs. 1 BSHG). Eine Negativ-Evidenz kann damit auch im Rahmen des § 117 Abs. 1 SGB XII nur dann vorliegen, wenn von vornherein, d.h. ohne nähere Prüfung, ohne Beweiserhebung und ohne eingehende rechtliche Überlegungen ersichtlich ist, dass der Unterhaltsanspruch nicht besteht (Sozialgericht Düsseldorf, Urteil vom 30.11.2010 – S 42 SO 132/09; Blüggel, a.a.O., § 117 SGB XII Rn. 26.1).
Das Urteil des 12. Senats des LSG NRW vom 01.09.2010 – L 12 SO 61/09, auf das die Klägerin sich in diesem Zusammenhang stützt, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Soweit der 12. Senat in den dortigen Gründen die Schlüssigkeit des klägerischen Vortrags ausreichen lässt, um im sozialgerichtlichen Verfahren Ermittlungen anzustellen (und wohl erst im Anschluss daran eine etwaige Negativ-Evidenz endgültig zu beurteilen), handelt es sich offenbar um eine – den besonderen Umständen des Falles Rechnung tragende – Einzelfallentscheidung; denn auch der 12. Senat hat sich der dargestellten Rechtsprechung des BVerwG in der genannten Entscheidung jedenfalls (grundsätzlich) angeschlossen (vgl. Rn. 21 bei juris). Der erkennende Senat sieht demgegenüber weitere Prüfungsnotwendigkeiten nicht allein rechtlicher, sondern auch bereits tatsächlicher Art als Ausschlusskriterium für eine Negativ-Evidenz an. Denn auch hinsichtlich der Beurteilung eines tatsächlichen Ermittlungsbedarfs (sowie hinsichtlich der Bestimmung von Art und Umfang solcher tatsächlicher Ermittlungen) kann im gegliederten Rechtsschutzsystem des deutschen Gerichtswesens nicht auf die jeweils eigene Kompetenz und Erfahrung des maßgeblichen Gerichtszweiges verzichtet werden. Unabhängig hiervon widerspricht die (ohnehin nur im Einzelfall vertretene) Auffassung des 12. Senats nicht nur der dargestellten Rechtsprechung des BVerwG zum Grundsatz der Negativ-Evidenz, sondern insbesondere auch dem Zweck des § 117 Abs. 1 SGB XII, der dem Sozialhilfeträger – wie bereits ausgeführt – erst die Prüfung ermöglichen soll, ob und in welchem Umfang der Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) durch Inanspruchnahme Dritter hergestellt werden kann."
Diesen Ausführungen schließt sich der erkennende Senat, der mittlerweile als einziger Senat neben dem 20. Senat beim LSG NRW für das Rechtsgebiet der Sozialhilfe zuständig ist, in vollem Umfang an, zumal mittlerweile auch das BSG die gegen die Nichtzulassung der Revision in dem zitierten Urteil eingelegte Beschwerde zurückgewiesen hat (BSG, Beschl. v. 20.12.2012 – B 8 SO 75/12 B -). Auch wenn im Sozialrecht zuweilen zivil- und arbeitsrechtliche Fragen inzident zu prüfen sind, z.B. im Rahmen von § 147a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 und 5 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der bis zum 31.03.2012 geltenden Fassung (vgl. dazu das Urteil des Senats vom 20.09.2012 – L 9 AL 286/11 -, juris Rn. 48 ff.), bedeutet dies nicht, dass auch im Rahmen von § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs detailliert zu prüfen ist. Der Wortlaut zwingt nicht zu einer entsprechenden Annahme. Der Sinn und Zweck des öffentlich-rechtlichen Auskunftsanspruchs als Vorbereitungsmaßnahme für die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs steht einer über die Feststellung einer potentiellen Unterhaltsverpflichtung hinausgehenden Prüfung entgegen. Weitergehende Einwände hat er Kläger insoweit nicht geltend gemacht, sondern ausdrücklich klargestellt, dass er die zitierte Rechtsprechung nicht angreife.
(2) Sind als "Unterhaltspflichtige" im Sinne von § 117 Abs. 1 SGB XII somit alle Personen anzusehen, die als Unterhaltsschuldner nicht offensichtlich ausscheiden, so ist der Kläger als potentiell Unterhaltspflichtiger zur Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse verpflichtet. Es ist nach objektivem materiellem Recht nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass er gegenüber dem Hilfeempfänger, seinem Sohn, für die Dauer der Leistungsgewährung durch den Beklagten gemäß § 1601 BGB (Unterhaltspflicht zwischen Verwandten in gerader Linie) zum Unterhalt verpflichtet war, da der Hilfeempfänger mangels Erwerbsfähigkeit im unterhaltsrechtlichen Sinne bedürftig war. Einwände macht der Kläger insoweit auch nicht geltend.
b) Der Einwand des Klägers, der Hilfeempfänger sei in Wirklichkeit dauerhaft voll erwerbsgemindert, ändert an seiner Auskunftspflicht gemäß § 117 Abs. 1 SGB XII nichts.
aa) Es ist allerdings richtig, dass der Kläger nicht nach § 117 Abs. 1 SGB XII auskunftspflichtig wäre, wenn feststünde, dass es bei dem Hilfeempfänger unwahrscheinlich ist, dass seine unstreitig vorliegende volle Erwerbsminderung im Sinne von § 43 Abs. 2 SGB VI behoben werden kann, und er deshalb nach § 41 Abs. 1, Abs. 3 SGB XII Leistungsberechtigter nach dem Vierten Kapitel des SGB XII wäre. Ein entsprechender Ausschlusstatbestand ist zwar in § 117 Abs. 1 SGB XII nicht normiert, er lässt sich jedoch dogmatisch tragfähig begründen.
(1) Als Anknüpfungspunkt kommt zum einen der Begriff des "Unterhaltspflichtigen" im Sinne von § 117 Abs. 1 SGB XII in Betracht. Es spricht viel dafür diesen Begriff nicht nur im zivilrechtlichen Sinne zu verstehen, sondern im systematischen Zusammenhang mit dem in § 94 SGB XII geregelten Übergang von Unterhaltsansprüchen auszulegen, denn die Auskunftspflicht nach § 117 Abs. 1 SGB XII soll die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen, die nach § 94 SGB XII kraft Gesetzes auf den Sozialhilfeträger übergehen, erleichtern und vorbereiten (Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl. 2012, § 117 Rn. 3). Soweit z.B. nach § 94 Abs. 1 Satz 3 SGB XII der Übergang des Unterhaltsanspruchs ausgeschlossen ist, bedarf es keiner Auskunft nach § 117 Abs. 1 SGB XII. Man könnte deshalb als "Unterhaltspflichtige" im Sinne von § 117 Abs. 1 SGB XII nur solche Personen ansehen, bei denen ein Übergang des Unterhaltsanspruchs nach Maßgabe von § 94 SGB XII nicht ausgeschlossen ist, mit der Folge, dass z.B. die im zweiten Grad Verwandten in gerader Linie (dazu: Blüggel, in: juris PK-SGB XII, § 117 Rn. 21) oder die Eltern bei Leistungsberechtigten nach dem Vierten Kapitel des SGB XII, bei denen ein Übergang des Unterhaltsanspruchs nach § 94 Abs. 1 Satz 3 SGB XII ausgeschlossen ist, nicht "Unterhaltspflichtige" im Sinne von § 117 Abs. 1 SGB XII wären. Für die Eltern oder Kinder eines nach dem Vierten Kapitel des SGB XII Leistungsberechtigten lässt sich dieses Ergebnis auch aus § 43 Abs. 2 (ab 01.01.2013: Abs. 3) SGB XII ableiten. Diese Vorschrift regelt speziell und abschließend die Berücksichtigung von Unterhaltsansprüchen von Eltern und Kindern des Leistungsberechtigten nach dem Vierten Kapitel und normiert in ihren Sätzen 4 und 5 auch Auskunftspflichten dieser Personen unter der einschränkenden Voraussetzung, dass Anhaltpunkte für ein jährliches Gesamteinkommen des jeweiligen Elternteils (in diesem Sinne nunmehr BSG, Urt. v. 25.04.2013 – B 8 SO 21/11 R -, gegenwärtig nur als Terminsmitteilung vorliegend) oder des jeweiligen Kindes von mindestens 100.000,- Euro bestehen. Diese besonderen Regelungen schließen die Anwendung von § 117 Abs. 1 SGB XII aus bzw. verdrängen die in § 117 Abs. 1 SGB XII allgemein geregelte Auskunftspflicht als leges speciales, mit der Folge, dass § 117 Abs. 1 SGB XII nur für die sonstigen Unterhaltspflichtigen, nicht aber für Eltern und Kinder von Leistungsberechtigten nach dem Vierten Kapitel des SGB XII gilt (vgl. insoweit Blüggel, in: jurisPK-SGB XII, § 117 Rn. 17 und 21).
(2) Zum anderen könnte die Leistungsberechtigung des Hilfeempfängers nach dem Vierten Kapitel des SGB XII im Rahmen der gesetzlichen Grenzen der Auskunftspflicht berücksichtigt werden. Die Auskunftspflicht nach § 117 Abs. 1 SGB XII besteht (nur), soweit die Durchführung des SGB XII es erfordert. Eine Auskunftspflicht besteht somit nur, solange und soweit die Heranziehung des Dritten zur Durchführung des SGB XII und damit der Klärung eines Leistungsanspruchs geeignet und erforderlich ist und den Dritten nicht unangemessen in Anspruch nimmt. Das schließt nach verbreiteter Auffassung die Prüfung der Übergangsfähigkeit des Unterhaltsanspruchs nach Maßgabe von § 94 Abs. 1 S. 2 bis 4 bzw. Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XII mit ein (vgl. LSG NRW, Urt. v. 07.05.2012 – L 20 SO 32/12 -, juris Rn. 50; Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl. 2012, § 117 Rn. 22). Steht fest, dass der Unterhaltsanspruch gegen Eltern und Kinder nach § 94 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz SGB XII nicht übergeht, weil der Hilfeempfänger nach dem Vierten Kapitel leistungsberechtigt ist, ist die geforderte Auskunft zur Durchführung des SGB XII nicht erforderlich.
bb) Es steht jedoch nicht fest, dass der Hilfeempfänger Leistungsberechtigter nach dem Vierten Kapitel ist bzw. zu irgendeinem Zeitpunkt seit Beginn der Sozialhilfeleistungen am 29.06.2009 bis zum 31.12.2010 war. Vielmehr ist im Gegenteil für das vorliegende, allein die Auskunftspflicht des Klägers betreffende Verfahren davon auszugehen, dass der Hilfeempfänger nicht nach dem Vierten, sondern nach dem Dritten Kapitel des SGB XII leistungsberechtigt ist und war.
(1) Es kann dahinstehen, ob dies bereits daraus folgt, dass die Leistungsbescheide, mit denen dem Hilfeempfänger Leistungen nach dem Dritten Kapitel bewilligt worden sind, bestandskräftig sind und deshalb die Frage, ob in Wirklichkeit eine Leistungsberechtigung nach dem Vierten Kapitel bestand, im vorliegenden Verfahren nicht mehr geprüft werden kann. Offen bleiben kann insbesondere, ob "Leistungsberechtigter nach dem Vierten Kapitel" im Sinne von § 94 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz SGB XII nur derjenige ist, der tatsächlich Leistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII erhalten hat. Hierfür spricht allerdings nicht nur die Systematik des SGB XII, das in § 43 Abs. 2 (ab 01.01.2013: Abs. 3) SGB XII die Berücksichtigung von Unterhaltsansprüchen und entsprechende Auskunftspflichten nur im Zusammenhang mit der Leistungsgewährung selbst vorsieht, sondern auch der Sinn und Zweck der §§ 43 Abs. 2, 94 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz SGB XII. Diese Vorschriften schützen in erster Linie die Interessen des Hilfebedürftigen selbst. Es soll verhindert werden, dass er aus Angst vor einem Unterhaltsrückgriff gegen seine nächsten Angehörigen auf die Inanspruchnahme von Sozialhilfe verzichtet (vgl. BT-Drucks 14/4595, S. 43, 72). Wenn der Hilfeempfänger selbst aber tatsächlich Sozialhilfe erhalten hat, mit der Gewährung von Leistungen nach dem Dritten Kapitel einverstanden war, die betreffenden Bewilligungsbescheide hat bestandskräftig werden lassen und zudem, wie für den hier streitgegenständlichen Zeitraum, nach § 116a i.V.m. § 136 SGB XII (letzter i.d.F. bis 31.12.2012) keine rückwirkende Korrektur mehr erreichen kann, ist seinen schutzwürdigen Interessen hinreichend Rechnung getragen. Die Rechte der zivilrechtlich betrachtet im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit uneingeschränkt unterhaltspflichtigen und gemäß § 1605 BGB ihrem Kind gegenüber ohnehin auskunftspflichtigen Eltern können nicht weiter gehen als die Rechte des Hilfeempfängers selbst.
(2) In jedem Fall greifen die Einwände des Klägers deshalb nicht durch, weil nicht offensichtlich ist, dass der Hilfeempfänger dauerhaft voll erwerbsgemindert im Sinne von § 41 Abs. 3 SGB XII ist oder zu irgendeinem Zeitpunkt während des Leistungsbezugs bis zum 31.12.2010 war.
Die Grundsätze der Negativ-Evidenz müssen im Rahmen der Auskunftspflicht nach § 117 Abs. 1 SGB XII auch für die Frage gelten, ob der Hilfeempfänger in Wirklichkeit nach dem Vierten Kapitel leistungsberechtigt war. Dies leuchtet unmittelbar ein, wenn man an das Tatbestandsmerkmal des "Unterhaltspflichtigen" angeknüpft; denn für die Auslegung diese Merkmals muss ein einheitlicher Prüfungsmaßstab gelten. Wenn es für die Frage, ob die in Anspruch genommene Person im zivilrechtlichen Sinne unterhaltspflichtig ist, darauf ankommt, ob sie als potentiell unterhaltspflichtige Person in Betracht kommt und ein Unterhaltsanspruch gegen sie nicht offensichtlich ausscheidet, kann für die Frage, ob diese Person im systematischen Zusammenhang mit §§ 43 Abs. 2 (ab 01.01.2012: Abs. 3), 94 Abs. 1 Satz 3 SGB XII als Unterhaltspflichtiger anzusehen ist, nichts anderes gelten. Aber auch wenn man an das Merkmal der Erforderlichkeit der Auskunft für die Durchführung des SGB XII anknüpft, gilt der Maßstab der Negativ-Evidenz dergestalt, dass die Relevanz der begehrten Auskünfte für die Prüfung des Leistungsbegehrens einerseits und möglicher Unterhaltsansprüche des Hilfebedürftigen andererseits nicht offensichtlich ausgeschlossen sein darf (vgl. insoweit deutlich LSG NRW, Urt. v. 07.05.2012 – L 20 SO 32/12 -, juris Rn. 46; VG Hamburg, Urt. v. 07.02.1997 – 4 VG 4196/96 -, juris Rn. 17, sowie die Urteile des Senats vom 20.12.2012 – L 9 SO 564/11 und vom 24.01.2013 – L 9 SO 408/11). Der eingeschränkte Prüfungsmaßstab ergibt sich in jedem Fall aus dem Sinn und Zweck des § 117 Abs. 1 SGB XII, als Vorstufe zur Realisierung etwaiger Unterhaltsansprüche den Nachrang der Sozialhilfe wiederherzustellen. Gemessen an diesem Zweck kann nur ein erkennbar sinnloses Auskunftsverlangen rechtswidrig sein (vgl. hierzu BSG, Beschl. v. 20.12.2012, – B 8 SO 75/12 B – m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerwG). Ein erkennbar sinnloses Auskunftsverlangen liegt jedoch nicht vor, solange nicht offensichtlich ist, dass ein Übergang des Unterhaltsanspruchs nach § 94 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz SGB XII ausscheidet. Ggf. kann die Frage, ob der Hilfeempfänger in Wirklichkeit Leistungen nach dem Vierten Kapitel hätte erhalten müssen, in dem familiengerichtlichen Unterhaltsverfahren geklärt werden.
Nach diesen Grundsätzen scheitert die Auskunftspflicht des Klägers nicht daran, dass der Hilfeempfänger in Wirklichkeit Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII gehabt hätte, denn es ist nicht offensichtlich, dass eine Behebung seiner vollen Erwerbsminderung im Sinne von § 41 Abs. 3 SGB XII unwahrscheinlich ist oder zu irgend einem Zeitpunkt während des Leistungsbezugs bis zum 31.12.2010 war. Hierfür spricht bereits, dass die Deutsche Rentenversicherung Rheinland dem Kläger bestandskräftig lediglich eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt hat und dementsprechend nicht davon ausgegangen ist, dass eine Behebung der Minderung der Erwerbsfähigkeit unwahrscheinlich ist (vgl. § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI). Zwar ist die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers nach § 45 Abs. 1 SGB XII für das Gericht nicht bindend (Umkehrschluss aus § 45 Satz 2 SGB XII; vgl. BSG, Urteil vom 23.03.2010, B 8 SO 17/09 R). Liegt jedoch ein bestandskräftiger Bescheid über die Bewilligung einer lediglich befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung vor, spricht dies als Indiz nicht dafür, dass offensichtlich eine dauerhafte volle Erwerbsminderung vorliegt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn, wie hier die Fehlerhaftigkeit des Rentenbescheids nicht evident ist. Zudem ist der Hilfeempfänger selbst jedenfalls bis Anfang 2012 davon ausgegangen, dass seine Leistungsfähigkeit gebessert werden kann, denn er hat gegen die Ablehnung einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation Widerspruch eingelegt und strebt nach den Ausführungen im Entlassungsbericht der Klinik in Bad T eine Ausbildung an. Auch bedeutet der Umstand, dass der Hilfeempfänger an einer unheilbaren schweren Erkrankung leidet, nicht zwangsläufig, dass auch seine Leistungsfähigkeit dauerhaft gemindert ist, zumal der Hilfeempfänger auch an einer Studie an der Charité in Berlin teilnimmt und deshalb von neuesten medizinischen Erkenntnissen profitieren kann. In jedem Fall könnte, wie auch der Kläger selbst annimmt, die Frage, ob die Behebung der Erwerbsminderung unwahrscheinlich ist, nur durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens geklärt werden. Abgesehen davon, dass die medizinische Begutachtung eines am Verfahren nicht beteiligten Dritten problematisch erscheint und allenfalls mit dessen Einverständnis möglich wäre, kann nicht offensichtlich sein, was sich erst nach Aufklärung eines Sachverhalts und Beweisaufnahme beantworten lässt (vgl. BSG, Beschluss vom 20.12.2012, – B 8 SO 75/12 -).
c) Die Beklagte hat im Übrigen die gesetzlichen Grenzen der Auskunftspflicht eingehalten; die verlangte Auskunft des Klägers ist zur Durchführung des SGB XII erforderlich.
aa) Die Beklagte hat Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII an den Sohn des Klägers erbracht. Die Leistungserbringung war nach Maßgabe von § 19 Abs. 1, §§ 27 ff. SGB XII für den alleinstehenden, einkommens- und vermögenslosen Hilfeempfänger, der nicht nur nach den Feststellungen des Rentenversicherungsträgers, sondern auch nach der übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten nicht im Sinne von § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) erwerbsfähig und damit gemäß § 21 Satz 1 SGB XII leistungsberechtigt nach dem SGB XII war, rechtmäßig. Jedenfalls war die Leistungsgewährung – wie zuvor dargelegt – nicht offensichtlich rechtswidrig.
bb) Es ist nicht ausgeschlossen, dass die begehrte Auskunft zur Einschätzung von Grund und Höhe eines etwaigen auf die Beklagte übergegangenen Unterhaltsanspruchs relevant ist.
cc) Auch der Übergang des Unterhaltsanspruchs selbst nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist nicht aus anderen als den in § 94 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz SGB XII genannten Gründen offensichtlich ausgeschlossen, sondern sehr wahrscheinlich. Ein Ausschlusstatbestand im Sinne von § 94 Abs. 1 Satz 2 und 4 SGB XII liegt nicht vor. Es ist auch nicht ersichtlich, dass und warum der Übergang des Unterhaltsanspruchs des Sohnes des Klägers auf die Beklagte eine unbillige Härte im Sinne von § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII bedeuten soll. Der Kläger hat insoweit nichts vorgetragen.
dd) Die begehrte Auskunftserteilung nimmt den Kläger schließlich auch nicht im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unangemessen in Anspruch. Hierfür ist nichts ersichtlich.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Weder der Kläger noch die Beklagte gehören zu dem in § 183 SGG genannten (kostenprivilegierten) Personenkreis.
IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
V. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 4, § 52 Abs. 1 und 2 sowie § 63 Abs. 2 GKG. Mangels konkreter Anhaltspunkte für die Bestimmung der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache für den Kläger ist von dem Auffangstreitwert in Höhe von 5.000,00 Euro auszugehen (vgl. § 5 Abs. 2 GKG), der bei Auskunftsansprüchen üblicherweise in Höhe der Hälfte festgesetzt wird (vgl … LSG NRW, Urt. v. 07.05.2012 – L 20 SO 32/12 -, juris Rn. 56). Gründe, im vorliegenden Fall hiervon abzuweichen, sind nicht ersichtlich.
Erstellt am: 02.12.2014
Zuletzt verändert am: 02.12.2014